Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine Gruppe italienischer Jungsozialisten, Giovani Democratici, die auf Einladung der bremischen Jungsozialisten in Bremen sind.
Personalvertretungsgesetz reformieren: Enquetekommission einsetzen Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU vom 4. April 2017 (Drucksache 19/999)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Eigentlich ist es doch so, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, oder? So hält man es jedenfalls im Bund, und so hält man es auch in den anderen 15 Bundesländern, nur in Bremen sieht es offensichtlich ganz anders aus, denn in Bremen geht nicht die gesamte Staatsgewalt vom Volke aus, sondern genau genommen nur die Hälfte, und die andere Hälfte – so will es nämlich das Bremische Personalvertretungsgesetz – liegt in den Händen der Personalräte.
Sie sind aber nur von den etwa 30 000 Beschäftigten der öffentlichen Verwaltung gewählt worden. Die Personalräte seien in allen Fragen frühzeitig – also praktisch von Beginn an – zu beteiligen, der Personalrat soll nach dem Willen des Gesetzes bei allen hoheitlichen Aufgaben von Anfang an dabei sein.
Wir halten diese Allzuständigkeit und vor allem auch die Beteiligung der Personalräte bereits in den frühen Planungsphasen für den falschen Weg, da ihnen für einen derart tief greifenden Gestaltungsanspruch schlicht die Legitimation einer demokratischen Wahl durch das Volk fehlt. Das ist unsere Position als FDPFraktion, und dafür stehen wir auch.
Wir waren uns natürlich bewusst, dass das Personalvertretungsgesetz hier ein sehr sensibles Thema ist, das konnte man ja auch den Debatten in den letzten Wochen entnehmen. Wir waren uns auch bewusst, dass wir mit dieser Maximalforderung vermutlich keinerlei Verbesserung beim Personalvertretungsgesetz erreichen können, aber trotzdem ist es uns wichtig, hierzu eine Verständigung über Parteigrenzen hinweg herbeizuführen. Wir wollen dieses wichtige Thema eben nicht dem parteipolitischen Klein-Klein opfern.
Wir Freien Demokraten stehen hier auch nicht allein da, sondern die CDU-Fraktion und genau genommen auch Maike Schaefer hat mit der Fraktion der Grünen ein grundsätzliches Interesse an einer Fortentwicklung des Personalvertretungsgesetzes angemeldet. Dieser Schritt von den Grünen war in unseren Augen damals ein sehr mutiger, wichtiger und richtiger Vorstoß. Dass sie es damit beim Koalitionspartner nicht einfach haben würden, war uns bewusst, aber uns war nicht bewusst, dass sie hier so knallhart abprallen und scheinbar wieder einmal gegen die rote Wand laufen würden.
Wir haben dazu uns entschlossen, einen Weg zu wählen, der in den meisten anderen Landesparlamenten für solche Themen üblich ist: Wir schlagen Ihnen nämlich heute gemeinsam mit der CDU vor, dafür eine Enquetekommission einzurichten, die unter Begleitung von Experten eine sehr gute Kompromisslösung erarbeiten soll.
Wir sind uns als FDP-Fraktion auch bewusst, dass dieser Kompromissvorschlag von uns die Bereitschaft erfordern würde, über unseren eigenen Schatten zu springen, und das erfordert Mut, Mut, den offenkundig aus diesem Hause nur die CDU-Fraktion zusammen mit uns aufbringen möchte. Als gewählte Abgeordnete sind wir hier alle zuallererst unserem Gewissen verpflichtet, und das eigene Gewissen sollte man nicht dem Druck des Koalitionspartners opfern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich würde es verstehen, wenn man aus Koalitionsräson Nein zu einem fertigen Gesetzentwurf sagen würde – das wäre ja verständlich –, aber den legen wir hier gar nicht vor, sondern nur den Vorschlag, eine Enquetekommission einzurichten.
Ich weiß ja, dass Sie da durchaus offen sind, Frau Schaefer. Sie haben selbst gesagt, dass man das Thema nicht totschweigen dürfe, auch wenn ich das nach der Reaktion auf Ihren Vorstoß hier verstehen könnte: Die gewählte Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Dr. Maike Schaefer wird wie ein Schulmädchen zum Schulleiter zitiert. Ich frage mich dann schon: Wer ist hier eigentlich demokratisch legitimiert? Frau Schaefer, es liegt doch dann an Ihnen, sich einmal gegen den Fortschrittsverweigerer SPD-Fraktion in Bremen durchzusetzen!
Die SPD argumentiert ja noch nicht einmal sachlich gegen eine Weiterentwicklung des Personalvertretungsgesetzes,
nein, sie zieht es vor, sich der Diskussion entweder ganz zu verweigern oder der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Ich kann gern noch ein paar Beispiele nennen, aber in Anbetracht der Redezeit komme ich später darauf zurück.
Im Endeffekt geht es doch darum, dass die von Herrn Dr. Sieling genannte Abstimmung – in einem Interview mit dem „Weser-Kurier“ hat Herr Dr. Sieling erklärt, dass die Mitbestimmung in Bremen durch eine Volksabstimmung legitimiert sei und damit das höchste Maß an Demokratie erreicht sei – aus dem Jahr 1947 stammt. Sie hat also zwei Jahre vor der Abstimmung über das Grundgesetz stattgefunden. Für uns Freien Demokraten erschöpft sich die Demokratie für die Bürger nicht darin, dass man vor 70 Jahren eine Volksabstimmung zur Bremischen Landesverfassung durchgeführt hat, in der über die Mitbestimmung nicht einmal abgestimmt worden ist. Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich kann hier verstehen, wenn der „Weser-Kurier“ diese Haltung durchaus für arrogant hält.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns zusammen fraktionsübergreifend eine Enquetekommission
einsetzen und gemeinsam an der Weiterentwicklung des Personalvertretungsgesetz arbeiten! Es geht uns nämlich nicht um die Ideologie, sondern um eine fachliche Prüfung. Ich fordere Sie daher auf, heute eine Gewissensentscheidung zu treffen: Wenn Sie wirklich der festen Überzeugung sind, dass dieses PVG alle Anforderungen an eine Verfassungskonformität und vor allem an Gerechtigkeit erfüllt, dann stimmen Sie gleich mit Nein. Andernfalls würden wir uns aber sehr freuen, wenn wir in der neuen Enquetekommission gemeinsam konstruktiv zusammenarbeiten, um letztlich ein reformiertes Personalvertretungsgesetz vorzulegen. Stimmen Sie dem von der FDP-Fraktion und der CDU-Fraktion gemeinsam eingebrachten Antrag zu!
Damit das Abstimmungsverhalten messbar ist und jeder das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten nachvollziehen kann, beantrage ich namens der FDPFraktion namentliche Abstimmung. – Vielen Dank!
Ich kann nur nach der Reihenfolge der Wortmeldungen verfahren! Er hat sich bisher nicht gemeldet. Wenn Sie nicht sprechen möchten, dann ist das etwas anderes.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade gehört, dass die FDP und auch die CDU zusätzliche Steuergelder dazu benutzen wollen, um sich im Bereich der Personalvertretung und Mitbestimmung klug zu machen. Letzteres kann nicht schaden, vor allem, wenn man gerade Frau Steiner zugehört hat und sie es ernst meinte, was sie gerade gesagt hat, aber Ersteres ist unnötig.
Bei der Senatorin für Finanzen gibt es regelmäßig organisierte Weiterbildungsveranstaltungen zum Personalvertretungsgesetz, und deswegen brauchen wir keine Enquetekommission mit zusätzlichem Personal und erheblichen zusätzlichen Kosten. Vielleicht sollten Sie diese einmal besuchen. Wir von der SPD-Fraktion werden Ihren Antrag deswegen ablehnen.