Zum Schluss möchte ich noch einen Satz zu meinem Lieblingsthema der Bildung sagen. Wir wissen, dass die Bildung in Bremen in den vergangenen Jahrzehnten wirklich eine Katastrophe war. Es ist nicht verwunderlich, dass das auch die Unternehmen spüren. Sie sind nämlich verpflichtet und in der Verantwortung, mit den Jugendlichen zu arbeiten und die Versäumnisse auf eigene Rechnung und aus eigener Verantwortung und eigenem Pflichtgefühl nachzubessern und aufzuholen.
Was macht der Senat? Was ist die Lösung? Er gibt eine Ausbildungsgarantie. Das ist ein typisch rotgrüner Ansatz, finden wir. Jedem Schüler und jeder Schülerin wird scheinbar ein Ausbildungsplatz garantiert. In Wahrheit scheint es ein leeres Versprechen zu werden. Notwendig ist stattdessen eine Ausbildungsreifegarantie. Damit wäre nicht nur den Metallern geholfen, sondern auch allen anderen Unternehmen und vor allem den Jugendlichen. Wir setzen uns für eine Garantie der bremischen Bildungspolitik ein, dass ein Jugendlicher nach dem Besuch einer bremischen Schule in der Lage ist, eine Ausbildung anzufangen.
Wir können noch einen Schritt weiter gehen. Wir können uns überlegen, ob wir über eine Studienreifegarantie für bremische Abiturienten nachdenken sollen. Es gibt mittlerweile leider auch von den Universitäten Beschwerden, dass das bremische Abitur nicht mehr zum Studieren befähigt. Wir sollten wieder die Qualität vor die Quantität stellen und uns nicht für die Anzahl der Abiturienten rühmen, sondern eher für die tolle Ausbildung, mit der wir sie ins Leben entlassen.
Tatsache ist - und darüber können Sie sich noch so sehr aufregen -, es ist nun einmal leider Ihr Verschulden, dass bremische Schüler vom Leistungsniveau her mindestens zwei Jahre hinter den Schülern aus Sachsen liegen.
Da ist etwas anderes gefragt. Da müssen wir endlich ansetzen. Ich fordere Sie auf, diese Warnsignale ernst zu nehmen, und anzufangen, umzuschalten.
Es ist viel zu schade zu sehen, welche Unzufriedenheit herrscht. Wir glauben, das geht besser, wenn man das will. Ich möchte gleich keine Relativierungsversuche der Koalition hören. Es werden immer andere Zahlen genannt, es kommen immer neue Dinge, mit denen Sie vom eigentlichen Zustand ablenken. Das ist nichts Neues. Das kann ich heute sagen, denn das machen wir seit zwei Jahren so. Sie nennen immer andere Zahlen, aber lenken nur vom Thema ab. Wo sind die Zahlen denn besser geworden? Das hilft uns hier einfach nicht weiter.
Lassen Sie uns endlich anfangen, über Lösungen zu diskutieren. Das ist das, was sich die Bürgerinnen und Bürger und auch die Unternehmen in Bremen wünschen. Die Sorgen der Bremerinnen und Bremer sollten Sie wieder ernst nehmen. Das haben sie verdient. Dann kommen wir auch zu besseren Zahlen. Das Land Bremen hat eine bessere Politik verdient und bekommt hoffentlich nächstes Mal ein besseres Zeugnis von den Metallern und vielen anderen. - Vielen Dank!
(Beifall FDP - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ging am Thema der Aktuellen Stunde vorbei!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Offensichtlich möchte niemand aus den Regierungsfraktionen den Senat verteidigen, dann versuche ich aus Sicht der CDU-Fraktion,
(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen - Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Das einmal zu tun? - Abg. Tschöpe [SPD]: Das einmal zu tun! - Abg. Frau Sprehe [SPD]: Jetzt bin ich gespannt! )
unsere Positionen und Einschätzungen zu geben. Ob Sie danach noch einmal klatschen, weiß ich nicht so genau, Herr Tschöpe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will aus unserer Einschätzung und unserer Meinung zu diesem Sachverhalt und dem Anlass der Aktuellen Stunde keinen Hehl machen. Ich bin persönlich überhaupt kein Freund davon, ein Ranking, das in der Weltgeschichte herumschwebt, zum Anlass von parlamentarischen Initiativen zu nehmen.
In der Studie wurden 158 Unternehmen befragt, davon sind 56 aus Schleswig-Holstein. Der Anlass war ja die Schleswig-Holstein-Wahl. Wenn man die übrig gebliebenen 102 Unternehmen auf die anderen vier Bundesländer herunterbricht, kann man sich fragen, wie repräsentativ eine solche Umfrage ist.
Frau Kollegin Steiner, so berechtigt Ihre Kritik auch ist - inhaltlich haben Sie hier nichts Falsches gesagt -,
so erweisen Sie der berechtigten Kritik einen Bärendienst, wenn Sie eine solch schwache Umfrage zum Anlass nehmen, um eine solche Debatte zu führen.
Das sollte die Regierungsfraktionen aber nicht dazu verleiten, sich in Selbstgefälligkeit zurückzulehnen.
Die Punkte sind, auch wenn sie vielleicht nicht repräsentativ sind, schon ein Thema in dieser Stadt und in dieser Region. Zur Frage, wie Wirtschaftsförderung, Verkehrspolitik und Bildungspolitik in Bremen und Bremerhaven wahrgenommen wird, gibt es genügend Anlässe und Ansätze, um eine selbstkritische Position einzunehmen. Neben der Realsatire, die wir gestern auf der Pressekonferenz des Senats zur Halbzeitbilanz wahrnehmen durften, und neben der Schönfärberei ist kritisch zu hinterfragen, wo es Punkte gibt, bei denen angesetzt werden muss.
Das können Sie gern im stillen Kämmerlein tun. Das tun Sie nicht, weil Sie offensichtlich glauben, was Sie sagen, dass es nämlich in Bremen aufwärtsgeht. Lassen Sie sich von den Zahlen, die Sie heranziehen, nicht täuschen. Fakt ist, dass in den letzten beiden Jahren das Wirtschaftswachstum
überdurchschnittlich war. Wenn Sie aber Ihre Leistungsbilanz seit 2007 heranziehen, hinken Sie dem Bundestrend an der Stelle immer noch weit hinterher.
Fakt ist auch, dass das Wirtschaftswachstum bei den Menschen nicht ankommt, insbesondere nicht bei den Bevölkerungsgruppen, die Sie in den Fokus genommen haben. Wie sieht es mit der Armutsgefährdungsquote bei Kindern aus? Sie ist massiv angewachsen, lieber Herr Bürgermeister! 2007 lag sie noch bei 26 Prozent, zehn Jahre später liegt sie bei 34 Prozent, obwohl wir seit Jahren einen wirtschaftlichen Aufschwung haben. Das ist das Problem der Politik hier in Bremen. Sie kommt bei den Menschen nicht an.
Darauf können Sie ja gleich noch eingehen. Sie werden sicherlich - wie immer an der Stelle - Lösungsansätze haben.
Das Gleiche gilt für die Beschäftigungszahl. Die Anzahl der Arbeitsplätze und Beschäftigten stagniert seit Jahren. In anderen Bundesländern steigt die Zahl, und zwar gerade in den Stadtstaaten. In Bremen bleibt sie dagegen relativ stabil. Das heißt, auch wenn sich Amazon in Achim ansiedelt, haben die Menschen in Bremen und Bremerhaven offensichtlich nichts davon, weil das an Bremen und Bremerhaven vorbeigeht. Auch das ist ein Beleg dafür, dass die Politik des Bremer Senats an den Menschen, an ihren Problemen und Schwierigkeiten des tagtäglichen Lebens vorbeigeht. Da muss angesetzt werden.
Da ist die Frage der Gewerbepolitik ganz wesentlich. Es müsste Sie eigentlich umtreiben, dass 34 Unternehmen in der Vergangenheit abgewiesen worden sind. Es müsste Sie noch mehr umtreiben, dass Ihre eigenen Fraktionen Sie inzwischen öffentlich auffordern - nachdem sie über Jahre Kritik in den entsprechenden Gremien und Deputationen vorbrachten -, endlich tätig zu werden und den Streit um Gewerbeflächen aufzugeben, um so viel zu erschließen, wie wir in Bremen und Bremerhaven benötigen. Das müsste Sie umtreiben, aber Sie lehnen sich selbstgefällig zurück in Ihren Stuhl
und tun nichts. Das ist auch ein Problem. Ihre Politik kommt bei den Menschen, bei den Unternehmen nicht an. Das ist das riesige Problem, das wir hier in Bremen und Bremerhaven haben.
Zum Thema „Wirtschaftsförderung“ wird darüber gesprochen, dass sich Amazon in Achim ansiedelt. Die Wirtschaftsförderung sagt dazu aus: Davon wussten wir gar nichts.
Denken Sie einmal einen Moment darüber nach. Was heißt das eigentlich? Die Wirtschaftsförderung in Achim akquiriert fleißig - ob das Coca-Cola ist, ob das Amazon ist oder ob das Daimler ist -, und die Wirtschaftsförderung in Bremen weiß das noch nicht einmal. Denken Sie einmal einen Moment darüber nach. Ist das eine Entschuldigung, eine Anklage oder eine Erklärung? Sie haben über Jahre die Wirtschaftsförderung in Bremen geplündert. Sie haben sie nicht ausreichend ausgestattet. Es geht nicht darum, dass die Mitarbeiterinnen der Wirtschaftsförderung nicht engagiert sind. Im Gegenteil, sie sind engagiert. Sie haben die Wirtschaftsförderung in Bremen aber in den letzten Jahren geplündert. Sie ist nicht in der Lage, genau das zu tun, wozu offensichtlich die Wirtschaftsförderung in Achim in der Lage ist, nämlich solche internationalen Konzerne zu akquirieren und zu motivieren, sich in Achim anzusiedeln, statt in Bremen. Das ist doch das Problem, das wir hier offensichtlich haben.
Ich möchte auf die einzelnen Punkte, die Kollegin Steiner berechtigterweise genannt hat, gar nicht vertieft eingehen. Mich würde vielmehr interessieren, mit welchen Impulsen der Senat gedenkt, den versprochenen Neuanfang, den Sie seit zwei Jahren vor sich her tragen, Herr Bürgermeister, endlich in die Tat umzusetzen.
Wir können nichts erkennen. Offensichtlich können es auch die Menschen allgemein nicht erkennen. Ich konnte auch Ihrer Broschüre, die Sie gestern verteilt haben, nicht entnehmen, woraus der Aufbruch abzuleiten ist. Für Sie persönlich war es ein Neuanfang.