Protokoll der Sitzung vom 10.05.2017

(Heiterkeit)

Das ist wohl wahr. Das ist auch nachvollziehbar, aber das ist der einzige Neuanfang, den ich hier im rot-grünen Senat zur Kenntnis nehmen durfte.

Kommen Sie endlich aus dem Quark, kommen Sie mit Impulsen, von denen auch die Menschen, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer etwas haben, und verwalten Sie sich nicht weiter selbst. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir konnten der Aktualität dieser Fragestellung nicht so unglaublich viel abgewinnen, dass wir sagen könnten, es gibt einen Aufhänger, der das begründet hätte. Kollege Kastendiek hat es gerade schon angesprochen. Die Umfrage ist ja in keiner Weise repräsentativ. Unter den 158 Unternehmen ist der bremische Anteil an dieser Umfrage gering.

Der Arbeitgeberverband NORD hat im Grunde genommen Flächentarifflucht betrieben. Das finde ich bedenklich. Wir haben 440 Unternehmen, die den Flächentarif verlassen haben. Das sind Zusammenhänge, die hier noch einmal deutlich geworden sind.

(Beifall DIE LINKE)

Ich bin unzufrieden damit, dass die IG Metall jetzt quasi eine Hintertür bezüglich der Leiharbeit gefunden hat. Das sind Zusammenhänge, die hierbei auch aufstoßen. Trotzdem - da gebe ich meinem Vorredner und meiner Vorrednerin recht -, liegt ein Körnchen Wahrheit darin. Das betrifft tatsächlich die Wirtschaftsförderung, weil hier der Fokus immer gezielt auf die großen Player gefahren wird. Man hat immer die Stahlwerke. Wir haben Daimler. Wir haben Luft- und Raumfahrt. Die kleinen und mittleren Betriebe stehen nicht so sehr im Fokus. Das zeigt sich auch, wenn es um diese Gewerbegebiete geht. Es gab diese 34 Anfragen. Gut, diese sind nicht differenziert aufgegliedert. Wir können nicht nachvollziehen, ob es nicht tatsächlich mittlere und kleine Unternehmen auch aus dem Bereich der metallverarbeitenden Industrie sind. Das ist ein Problem. Es geht eben nicht nur um Autos und Windenergie.

(Abg. Senkal [SPD]: Aber auch!)

Wir haben Hidden Champions in dieser Stadt, über die wir in keiner Weise reden. Sie sind zum Teil Weltmarktführer, spielen aber in dieser Diskussion überhaupt keine Rolle. Wenn sie klammheimlich irgendwo anders hinziehen, würde uns das womöglich sogar entgehen. Das sind Zusammenhänge, wo wir uns um eine Wirtschaftsförderung bemühen

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müssen, die darum kämpft. Was heißt Standortsicherheit? Welche Infrastruktur benötigen wir? Da müssen wir tatsächlich eine ganze Menge einbeziehen. Ob das Bildung, Kinderbetreuung oder Verkehr ist, ist völlig egal. Darüber müssen wir nachdenken. Es geht darum, die Firmen mit einer hohen Standortverbundenheit zu unterstützen und uns statt um die international arbeitenden Betriebe mehr darum zu kümmern. Das wäre wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Dasselbe Missverhältnis gibt es im Hafenbereich. Wir fokussieren auf den OTB. Da sind die Umschlagzahlen natürlich von großem Interesse. Das andere ist die Frage, wie das Interesse des Senats für den Neustädter Hafen ist. Wenn keine Kaje hinunterkippt, wird womöglich kein so großer Fokus darauf gerichtet. Darum sollte man sich noch einmal differenziert kümmern. Es wäre interessant gewesen, das in den Mittelpunkt eine Anfrage zu stellen.

Ich möchte klar einräumen, dass dieser Aufhänger der Schleswig-Holstein-Umfrage das nicht hergegeben hat. Das schrappt, ehrlich gesagt, meilenweit an unseren Verhältnissen vorbei. Vor allen Dingen ist es nicht dermaßen erhellend. Dahinter steht aber eine Frage, die hier durchaus mit angesprochen wird. Das ist die Frage, wie es wirklich für die Wirtschaftsförderung aussieht.

Wir haben immer eine Tatsache bekrittelt. Klar, es gibt einen Aufschwung. Dieser geht aber praktisch an ganz vielen Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Langzeitarbeitslosen vorbei. Wir werden heute oder morgen noch über das WAB reden. Daran kann man glasklar erkennen, dass unsere Arbeitsmarktmaßnahmen überhaupt nicht funktionieren. Sie sind nicht umzusetzen. Wir haben nach wie vor eine Langzeitarbeitslosigkeit, die eher steigt als sinkt. Wir sind inzwischen bundesweites Schlusslicht. Ich finde, das steht im Zusammenhang damit.

Die Wirtschaftsförderung muss das mit reflektieren. Sie kann nicht einfach sagen: Das ist euer sozialpolitisches Ding, seht zu, wie ihr damit klarkommt. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob Darlehensförderung der Weisheit letzter Schluss ist. Auch diese Fragen stehen im Raum. Wir haben umgestellt. Das hatte finanzpolitische Gründe, aber letztendlich lautet die Frage: Wen wollen wir mit was wo fördern? Wie können wir diese Maßnahmen mit entsprechender Bildungspolitik und Qualifizierungsmaßnahmen untermauern, um unseren Arbeitsmarkt entsprechend voranzubringen? Das finde ich exorbitant wichtig.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern schlage ich vor, dass wir das hier noch einmal zum Thema machen.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: „Thema“ ist ein gutes Stichwort! )

Diese Aktuelle Stunde gibt das nicht her, aber diese Auseinandersetzung um die Wirtschaftspolitik ist wichtig. Ich sage immer, dass wir leider, leider, leider eine große Geschlechterblindheit in der Wirtschaftspolitik haben. Das ist nach wie vor der Fall. Wir haben männerdominierte Branchen. Es ist sattsam bekannt, dass das Thema letztendlich immer hinten herunterfällt und wir eine Wirtschaftsförderung bräuchten, die auch ganz andere Branchen mit in den Blick nimmt. Das wäre eine interessante Idee. Da müssen wir uns für die Zukunft anders aufstellen. Das ist keine „linke“ Idee. Das ist etwas, was letztendlich allgemein nachvollziehbar ist. Ich hoffe, dass wir in der Form weiterdiskutieren. - Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren! Bevor ich dem Kollegen Reinken das Wort gebe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Mitglieder der Bürgerinitiative „Kein Windrad am Bultensee“.

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde Aktuelle Stunden aus Sicht der Regierung anstrengend.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das ist aber schade! - Zurufe FDP: Oh!)

Die Aktuelle Stunde dient immer dazu, so richtig auf ein aktuelles Thema einzudreschen. Als Regierungspartei und Regierungsfraktion ist man dann natürlich immer ein bisschen in der Defensive.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Wir können das gern um- drehen! - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir machen es mal anders!)

Andererseits sind aktuelle Stunden auch Höhepunkte parlamentarischer Debatten. So habe ich zum Beispiel gestern ganz viele Sachen in den beiden Aktuellen Stunden zu den Themen „Wohnungsbau“ und „GeNo“ anders gesehen, aber es war - auf die Sache bezogen - Streit auf hohem Niveau.

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(Abg. Röwekamp [CDU]: Danke! - Zurufe SPD, Bündnis 90/Die Grünen: Ja!)

Das kann ich bei dieser Aktuellen Stunde nicht erkennen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE - Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Fangen Sie doch mal an zu streiten!)

Wenn ich mir die Diskussionsbeiträge so anhöre, dann rühren wir doch jetzt alles in einen großen Pott zusammen, was man so zusammenrühren kann. Vorhin kam Frau Bernhard noch mit dem total wichtigen Thema der Geschlechtergerechtigkeit. Das meine ich gar nicht abfällig. Das ist wirklich wichtig. Wir rühren alles zusammen in einen großen Pott und sagen: So, das ist der Alltag in Bremen. Dazu muss man immer wieder einmal etwas sagen und tun, und man muss sagen, was einem nicht passt. - Das machen wir alles im Rahmen einer Aktuellen Stunde. Die einen haben dieses Thema, die anderen haben jenes Thema. Wo ist die parlamentarische Fokussierung auf den Kern der Dinge? Ich kann sie nicht erkennen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich sehe das so, Frau Steiner: Man nimmt eine Pressemeldung über die Umfrage, die NORDMETALL und der Arbeitgeberverband NORD gemacht haben. Man denkt sich, das könnte vielleicht den Anspruch auf Aktualität erfüllen, aber es erfüllt zumindest das eigene dringende Bedürfnis, wahrgenommen zu werden, wenn man darüber diskutiert.

(Heiterkeit und Beifall SPD, Bündnis 90/ Die Grü- nen)

Warum haben NORDMETALL und der Arbeitgeberverband NORD diese Umfrage überhaupt gemacht? Ich war nicht in deren Vorstandssitzungen.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Reden Sie doch einmal darüber, was die gefragt haben und was ge- antwortet wurde!)

Dazu komme ich gleich noch!

(Abg. Fecker [Bündnis 90/ Die Grünen] : Zum Thema! - Zurufe)

Dazu komme ich gleich noch!

Sie haben diese Umfrage kurz vor der SchleswigHolstein-Wahl gemacht. Weil man als Lobbyverband natürlich nicht in eine bestimmte Ecke gedrängt werden will, sagt man: Wir machen eine Umfrage für ganz Norddeutschland, und zwar in

Mecklenburg-Vorpommern, im nordwestlichen Niedersachsen, in Hamburg, Schleswig Holstein und Bremen. Dann ist das wenigstens nichts, was sich auf die Schleswig-Holstein-Wahl bezieht. - So sieht doch diese Umfrage am Ende des Tages aus. Wenn Sie genau hineinsehen und auf die Sache selbst sehen,

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Kein Wort zur Sache selbst!)

dann ist das so dünn, dass Sie damit überhaupt nichts anfangen können. Ich will Ihnen das mal an einem Beispiel zeigen: Herr Kastendiek und Frau Bernhard haben eben als ein Beispiel für eine negative Infrastruktur die Häfen den Absturz der Columbuskaje genannt.

(Zuruf FDP)

Sie nicht!