Protokoll der Sitzung vom 24.08.2017

Welche Blockheizkraftwerke befinden sich derzeit in der Planung und sollen wann umgesetzt werden?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Lohse.

Landtag 3644 48. Sitzung/24.08.17

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Der Ausbau der dezentralen KraftWärme-Kopplung gehört zu den Handlungsstrategien des von Senat und Bürgerschaft beschlossenen bremischen Klimaschutz- und Energieprogramms. Mit dem angesprochenen Bau von zusätzlichen Blockheizkraftwerken könnte ein Potenzial zur Minderung der CO2-Emissionen in der Strom- und Wärmeversorgung erschlossen werden. Der Senat bewertet dies deshalb positiv.

Zu Frage zwei: Bereits heute sind im Bereich Blockheizkraftwerke neben vielen privaten und gewerblichen Akteuren auch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften aktiv. Nach eigenen Angaben betreibt die STÄWOG mittlerweile zehn Blockheizkraftwerke, die GEWOBA hat bisher im Land Bremen zwölf Blockheizkraftwerke in Betrieb genommen. Der Senat begrüßt das Engagement der Wohnungsbaugesellschaften für eine klimaschonende und kostengünstige Wärme- und Stromversorgung und sieht derzeit keinen Anlass, einen stärkeren Einfluss bei der Planung von Blockheizkraftwerken auszuüben.

Zu Frage drei: Mitgeteilt haben die Unternehmen, dass auch zukünftig, zum Beispiel im Rahmen von umfassenden Sanierungs- oder Neubauvorhaben, der Einsatz von BHKW vorgesehen ist, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Die Mieterinnen und Mieter werden im Zuge der Planung und Umsetzung durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften informiert.

Ob, wo und wann sich BHKW-Projekte wirtschaftlich und mit positiven Auswirkungen auf das Klima durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften realisieren lassen, hängt von den konkreten Standortbedingungen im Einzelfall ebenso ab wie vom Sanierungsfahrplan der Unternehmen für ihren Siedlungsbestand sowie von den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen für Förderung und Betrieb von BHKW und von möglichen alternativen Versorgungslösungen zum zukünftigen Zeitpunkt der Inbetriebnahme. - Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? - Bitte sehr!

In der Antwort zu Frage zwei haben Sie geäußert, dass sie keinen Anlass sehen. Gerade im Hinblick auf das Klimaschutzgesetz in Bremen und auch die Evaluierung mit den katastrophalen Zahlen: Sind Sie mit dem Ausbau somit zufrieden? Sie sehen also keinen Anlass, das noch voranzutreiben, habe ich das richtig verstanden?

In der Antwort war ja ein Komparativ, einen „stärkeren“ Einfluss. Wir üben ja im Moment Einfluss aus. Wir haben ein Förderprogramm, das von den Unternehmen auch intensiv nachgefragt wird. Die Unternehmen machen es in dem Tempo, wie sie es selbst auch mit ihren Kapazitäten schaffen, die GEWOBA hat eigens eine Tochtergesellschaft gegründet. Auf der anderen Seite ist es so, dass gerade dort, wo die GEWOBA ihre Wohnungsbestände hat, häufig ja auch das Fernwärmenetz der swb liegt, sodass man dort schauen muss, ob es sinnvoll ist, weiterhin an der Fernwärme daran zu bleiben. Es mag sein, dass ein BHKW als örtliche Insellösung klimaeffizienter ist, aber wenn ich dafür ein Kraftwerk weiter betreibe, das einen Abnehmer für Wärme weniger hat, dann habe ich praktisch eine zusätzliche Brennstelle und nichts für den Klimaschutz erreicht. Das heißt, wir schauen uns das dann auch ganzheitlich an, wie der Ausbau am besten vonstattengeht.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!

Habe ich es bei der Antwort auf Frage drei richtig verstanden, dass im Moment keine Blockheizkraftwerke in Planung sind?

Bei den betreffenden Gesellschaften sind zahlreiche Blockheizkraftwerke in Planung. Wie gesagt, die GEWOBA hat die GEWOBA Energie Gesellschaft als Tochtergesellschaft, die eine konkrete Ausbaustrategie verfolgt. Wenn es von Interesse ist, kann ich für Sie noch einmal schauen, ob das Unternehmen bereit ist, die Daten für die konkreten nächsten Anlagen, die jetzt in der Planung sind, zur Verfügung zu stellen, dann würde ich sie Ihnen gern im Nachgang noch zukommen lassen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? - Bitte sehr!

Ich habe noch eine Verständnisfrage: Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass es im Prinzip eine Abwägung ist zwischen einem autonomen Blockheizkraftwerk und dem Umgang mit Fernwärme, wo Probleme entstehen können oder gerade entstehen?

Für die Unternehmen ist es eine unternehmerische Entscheidung, die sie im Wesentlichen unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten treffen, aber auch unter Berücksichtigung der Klimaziele, die sie sich zum Teil selbst auferlegt haben. Die Frage, in welcher Art und Weise ich als Senator Einfluss nehme, hängt tatsächlich von dieser Abwägung ab, und dort müssen wir genau schauen, welche Konsequenzen daraus folgen, indem wir ganzheitlich über das

Landtag 3645 48. Sitzung/24.08.17

Thema nachdenken und nicht ein Einzelthema isoliert betrachten.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Bevor ich die nächste Anfrage aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne eine Seniorengruppe des DGB aus Verden.

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Die fünfte Anfrage bezieht sich auf Messerverbrechen im Land Bremen. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Timke, Leidreiter und Gruppe BIW.

Bitte, Herr Abgeordneter Timke!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie viele Straftaten unter Einsatz von Stichwaffen sind im Land Bremen in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres zur Anzeige gebracht worden, und wie hat sich die Zahl dieser Straftaten im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Dezember 2016 entwickelt? Bitte getrennt nach Jahren sowie nach Bremen und Bremerhaven angeben.

Zweitens: Wie viele Menschen sind zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 30. Juni 2017 im Land Bremen Opfer von Messerattacken geworden, und wie viele davon sind als Folge eines solchen Angriffs verstorben? Bitte getrennt nach Jahren sowie nach Bremen und Bremerhaven angeben.

Drittens: Wie viele Tatverdächtige, denen eine Straftat unter Einsatz einer Stichwaffe zur Last gelegt wurde, konnten zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 30. Juni 2017 von der Polizei ermittelt werden, und wie viele davon wurden verurteilt? Bitte getrennt nach Jahren und den fünf wichtigsten Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen ausweisen.

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Mäurer. Senator Mäurer: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden 214 Straftaten unter Einsatz von Stichwaffen in Bremen und Bremerhaven zur Anzeige gebracht. Aufgrund der Umstellung auf das Vorgangsbearbeitungssystem

@rtus am 1. Januar 2014 in Bremen und Bremerhaven, beläuft sich der Erhebungszeitraum der nachstehenden Zahlen auf den 7. Januar 2014 bis zum 30. Juni 2017. In Bremen wurden in 2014 294, in 2015 313 und in 2016 349 Straftaten zur Anzeige gebracht. In Bremerhaven wurden im selben Zeitraum in 2014 74, in 2015 99 und in 2016 139 Straftaten registriert.

Zu Frage zwei: Zwischen dem 7. Januar 2014 und dem 30. Juni 2017 sind 1 952 Personen Opfer von Messerattacken in Bremen und Bremerhaven geworden. In Bremen wurden in den drei zurückliegenden Jahren in 2014 375, in 2015 431 und in 2016 469 Personen Opfer einer Messerattacke. Im ersten Halbjahr 2017 wurden 197 Opfer in Bremen und registriert.

In Bremerhaven wurden im selben Zeitraum in 2014 95, in 2015 138 und in 2016 165 Opfer registriert. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden 82 Personen Opfer einer Messerattacke. In der Stadt Bremen sind im angeforderten Berichtszeitraum 11 Menschen durch den Einsatz von Messern getötet worden. In Bremerhaven sind im Jahr 2016 zwei Opfer an den Folgen multipler Stichverletzungen verstorben.

Zu Frage drei: Zwischen dem 7. Januar 2014 und dem 30. Juni 2017 konnten insgesamt 1 474 Tatverdächtige in Bremen und Bremerhaven ermittelt werden, denen eine Straftat unter Einsatz einer Stichwaffe zur Last gelegt wird. In Bremen konnten in den vergangenen drei Jahren in 2014 261, in 2015 308 und in 2016 393 Tatverdächtige ermittelt werden. Im ersten Halbjahr 2017 wurden bereits 144 Tatverdächtige ermittelt. Die fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten der Tatverdächtigen in der Reihenfolge sind deutsch, türkisch, syrisch, algerisch und polnisch.

In Bremerhaven konnten im selben Zeitraum in 2014 87, in 2015 94 und in 2016 123 Tatverdächtige ermittelt werden. In den ersten sechs Monaten 2017 wurden 64 Tatverdächtige ermittelt. Die fünf häufigsten Staatsangehörigkeiten in der Reihenfolge sind deutsch, türkisch, bulgarisch, serbisch und syrisch.

Was die Verurteilungen anbetrifft, werden die erforderlichen Daten statistisch nicht erfasst. Das Kriterium „Einsatz einer Stichwaffe“ ist in den amtlichen Justizstatistiken nicht vorgesehen. Deshalb wäre zur Beantwortung der Frage eine Einzelfallauswertung sämtlicher Strafakten erforderlich. Eine solche war mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht zu leisten. - Soweit die Antwort des Senats!

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Timke!

Landtag 3646 48. Sitzung/24.08.17

Wie erklärt sich der Senat die deutlich höhere Zahl von Messerattacken im Vergleich zwischen den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven, wenn man die Taten prozentual auf die Einwohnerzahlen umlegt? Gibt es irgendwelche Erkenntnisse?

Bitte, Herr Senator!

Vielleicht gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, weil diese Zahlen möglicherweise überraschend sind! Wenn man sieht, auf welche Weise diese Antwort gestern in der „Bild“Zeitung genutzt worden ist, um zu vermitteln, dass man eigentlich an jeder Ecke in Bremen befürchten muss, dass man auf einen Messerstecher trifft, dann ist Folgendes anzumerken:

Diese Zahlen sind natürlich nur so zu erklären, weil die Fragen entsprechend gestellt worden sind. Jedes Jahr werden im Rahmen einer Pressekonferenz die Zahlen der Statistik präsentiert. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann haben wir im Jahr 2016 insgesamt sechs Todesfälle in Bremen und zwei in Bremerhaven gehabt. Schaut man sich die letzten 20 Jahre an, dann wird man sehen, dass sich in diesem Spektrum kaum etwas verändert hat. Wir haben keine 20 oder 30 Tötungsdelikte im Jahr, sondern drei bis vier, manchmal sind es sechs bis acht Tötungsdelikte.

Wir wissen aus Erfahrung, dass die Mehrzahl dieser Delikte Beziehungstaten sind, das heißt, dass sich die Täter und die Opfer meistens kennen. Es ist nicht so, dass die meisten als Tatwaffe eine Pistole benutzen, sondern die klassische Form ist das Messer, weil es meistens greifbar ist, oder es werden andere Gegenstände genommen, mit denen gewaltsam zugeschlagen wird. Das heißt also, unter der heute verkündeten Nachricht mit der Überschrift „Messerverbrechen im Lande Bremen“ verbirgt sich einfach die alte Realität, die besagt, dass wir jedes Jahr eine Handvoll Tötungsdelikte haben und dass sie überwiegend mit Messern begangen werden.

In diesem Jahr und im Jahr 2014 ist es zu keinen Tötungsdelikten mit einem Messer gekommen. Das heißt also, die Legende, die hier gestrickt wird, dass gesagt wird, es sei ein massiver Anstieg der Tötungsdelikte vorhanden, gibt es überhaupt nicht, sondern es sind die alten Zahlen, die man nur so abfragt, dass man herausnimmt, in welcher Form diese Taten begangen worden sind. Das ist nichts Neues. Es war immer das Messer, das vorwiegend als Tatwerkzeug eingesetzt worden ist.

Richtig ist allerdings, dass in der Tat im Bereich der jungen Männer - das sind die Täter, die in erster Linie zu sehen sind - der Einsatz von Messern in der Vergangenheit zugenommen hat. Das ist unstreitig. Wie gesagt, die Annahme, dass man befürchten muss, dass man an jeder Ecke in dieser Stadt in die Arme eines Messerstechers läuft, ist einfach absurd. Das wollte ich Ihnen nur noch einmal gesagt haben.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? - Bitte!

Herr Senator, Sie haben viel gesagt, allerdings haben Sie meine Frage noch nicht beantwortet. Sie haben Ihre Vorbemerkung gemacht, aber ich möchte Sie doch bitten, dass Sie meine Frage beantworten. Ich habe Sie gefragt: Wie erklärt sich der Senat die deutlich höheren Zahlen für Bremerhaven im Verhältnis zu Bremen?

Bitte, Herr Senator!

Das habe ich schon erklärt. Ich vermute einmal, dass man diese Dinge gar nicht aufklären kann, weil es reine Zufälle sind, die hier miteinander verbunden werden. Ich sehe das überhaupt nicht als ein Problem zwischen Bremen und Bremerhaven an, insbesondere dann nicht, wenn wir genau hinschauen.