Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Unser Vorschlag: Lasst die Leute einfach machen! Weg vom Kontrollzwang hin zu einer Politik der Akzeptanz von spontanen Freiluftpartys! Wenn es Lärmbeschwerden gibt, kann die Polizei die Veranstalter bitten, die Musik leiser zu machen. Wenn die Polizei Ansprechpartner haben möchte, dann ist auch das machbar. Es gibt viele Möglichkeiten, unbürokratischer mit Freiluftpartys umzugehen, aber das muss man dann auch wollen. Bis zum nächsten Frühjahr brauchen wir dringend einen neuen Weg, weg von der Verbotspolitik hin zu befriedigenden Lösungen für die Veranstalter!

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich finde, der Senat muss nicht tanzen, aber bewegen muss er sich auf jeden Fall. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Senkal.

(Zuruf: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herrn Mäurer würde ich – ehrlich gesagt – nicht gerade tanzen sehen. Das ist jetzt kein schönes Bild.

(Zurufe)

Willst du das sehen? Um Gottes Willen! Nein, lieber nicht. Dann lieber den Staatsrat, das sieht schon ein bisschen besser aus.

(Heiterkeit)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir von Freiluftpartys reden, kann man sagen, dass wir es mit Menschen aller Altersstufen zu tun haben, Menschen, die einiges verbindet, die Musik, die Natur, das friedliche Beisammensein und das Tanzen nach Elektrobeats, die von einem DJ aufgelegt werden. Ich selbst habe mir ein Bild von einer solchen Freiluftparty gemacht. Was mir besonders aufgefallen ist, war das friedliche Miteinander. Der Müll wurde sorgfältig weggeräumt, und die Abgabe von Alkohol wurde altersgerecht umgesetzt. Wir haben es hier also nicht mit irgendwelchen Grilleskapaden – die Kollegin hatte es schon gesagt – oder Saufgelagen zu tun, bei denen der hinterlassene Ort oft einer Müllhalde gleichzustellen ist. Alle sind sehr darauf bedacht, dass das Gelände im Anschluss so wiederhergestellt wird, wie man es vorgefunden hat. Diese Freiluftpartys sind nicht nur ein Zusammentreffen von Menschen, die den öffentlichen Raum zum Tanzen und zum Hören ihrer Musik nutzen, sondern sind ein Teil einer friedlichen Bewegung, die sich in ihrer Musik, der Natur und dem Tanz Ausdruck verleiht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein sehr friedliches Ereignis war auch die Demonstration vor einigen Wochen – die Kollegin hat auch das erwähnt –, die von einigen hier tätigen Kollektiven organisiert worden ist. Auf dieser Demonstration wurde beklagt, dass die Polizei immer wieder Freiluftpartys auflöst, da die Veranstalter keine Genehmigung vorweisen können, und genau hier ist das Problem. Die Nutzung der Naherholungsflächen bedarf einer Genehmigung, um sie für eine Sondernutzung beanspruchen zu können. Diese Genehmigung kann wiederum nur das Stadtamt aushändigen. Das Stadtamt kann und darf diese nur unter Auflagen erteilen, die in den meisten Fällen nicht realisierbar sind.

Die Frage, wem der öffentliche Raum gehört und wer ihn regelt, haben wir schon vor knapp einem Jahr gestellt. Auf unsere Nachfrage, wo es grundsätzlich möglich wäre, eine sogenannte Freiluftparty zu veranstalten, war die Antwort ernüchternd. Das Umweltressort war der Auffassung, dass es keine Fläche in Bremen geben würde, die einen Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie zur am nächsten gelegenen Wohn

bebauung einhält. Ich war schon damals anderer Meinung, und ich bin es noch heute. Mir erschließt sich der gewählte Abstand nicht. Wieso eigentlich 500 Meter?

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Grundvoraussetzung bedeutet, dass man Flächen braucht, die nicht dem Umweltressort zuzuschreiben sind, sondern Privaten. Dies gelang mit der Bremer Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Auch hier noch einmal mein Dank, dass sie diese zwei schon mehrmals angesprochenen Flächen zur Verfügung gestellt haben!

Ich betone dies ausdrücklich, um zu zeigen, dass das Land nicht grundsätzlich gegen sogenannte Freiluftpartys ist, sondern diese Bemühungen anerkannt werden sollten. Anschuldigungen, der Senat oder der Innensenator würden gezielt gegen Freiluftpartys vorgehen, weise ich zurück,

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

denn gerade das Innenressort hat im letzten Jahr viel Arbeitszeit auf die Suche nach Lösungen verwendet. Ich finde, dass man das anerkennen muss.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Von den Kollektiven wurden diese beiden Flächen leider aus vielen verschiedenen Gründen nicht angenommen, die auch von meiner Seite als berechtigt angesehen werden.

Aus der unbürokratischen Anmeldung ist ein Verwaltungsmonster entstanden, was auch nicht weiter förderlich gewesen ist. Auch das gebe ich zu.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir stehen heute vor der gleichen Problematik wie auch schon vor einem Jahr. Die Nutzung der Flächen – zum größten Teil Naherholungsbereiche, die dem Bremischen Naturschutzgesetz unterliegen – bedarf einer Genehmigung. Die Koalition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen will jetzt gemeinsam mit der LINKEN daran mitwirken, wie wir das Anliegen von Feiern im öffentlichen Raum ermöglichen können. Wir werden das sowohl in der Innendeputation als auch in der Umweltdeputation erneut aufrufen, um nach Lösungen zu suchen.

In diesem Zusammenhang sollte man auch die zugrunde liegenden bremischen Gesetze einer kritischen Betrachtung unterziehen. Naturschutzgesetz, Landesstraßengesetz und so weiter haben im Kern ihre Berechtigung und Wichtigkeit. Die kritische Betrachtung auch auf mögliche Anpassungen für diesen Zweck sollte aber trotzdem erfolgen; nicht um alles umzuwerfen und den eigentlichen Sinn und Zweck zu verschieben, sondern um, sofern möglich, flexibler zu werden.

Fragen nach einem Kataster, in dem mögliche Freiräume für Spontanpartys zu finden sind, wo es eventuell schon vorab eine Ausnahmeregelung beziehungsweise Nutzungserlaubnis geben könnte, oder auch einmal die Frage, an die Kollektive gestellt, an welchen Orten sie sich gern aufhalten würden, womit wir diese Orte dann in die Prüfung geben könnten, müssten dringend geklärt werden.

Eine andere Möglichkeit zu prüfen wäre, wieso eigentlich keine Genehmigung für einen bestimmten Platz vergeben werden kann, die für einen längeren Zeitraum gilt. Ein Beispiel: Eine Person bekommt eine Genehmigung für einen bestimmten Platz für zwei Monate. Dann muss man nicht immer wieder hinlaufen und ein neues Genehmigungsverfahren einleiten. Somit würde es keiner ständigen neuen Genehmigungsverfahren bedürfen. Auch die Art und Weise der Genehmigungsverfahren sollte hinterfragt werden.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Endeffekt wünschen sich alle die Situation zurück, die vor einigen Jahren geherrscht hat. Freiluftpartys gibt es nicht erst seit zwei Jahren, sondern schon seit sehr vielen Jahren. In vielen meiner Gespräche mit Partyveranstaltern wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass sie die alten Zeiten zurückhaben wollen. Man hat sich getroffen und gefeiert, es wurde lauter, die Polizei ist gekommen, hat ermahnt, und das war es! Kurze klare Ansagen: Entweder leise, oder wir beenden diese Party, ein Miteinander, und die Auflösung der Party war das letzte Mittel. Darauf sollten wir hinarbeiten.

Ich persönlich bin der Meinung, dass eine Stadt wie Bremen das verkraften kann, und ich bin der Meinung, dass wir auch nach Lösungen suchen sollten. Das machen wir in der Innendeputation. Ich glaube, das werden wir gemeinsam auch hinbekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Lübke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Bremen gibt es viele insbesondere junge Menschen, die im Sommer gemeinsam unter freiem Himmel die besondere Stimmung genießen und feiern möchten. Ich finde, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen kommerziellen Großveranstaltungen und privaten Partys – wie immer man das nennen will –, die von Privatpersonen ohne gewerbliches Interesse veranstaltet werden.

Meine Damen und Herren, die Stadt hat in einer Experimentierphase im Jahr 2014 in Absprache mit den Behörden und Beiräten zwei Veranstaltungsflächen für sogenannte Freiluftpartys ausgewiesen und ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren eingeführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass diese Flächen einen ausreichenden Abstand zur Wohnbebauung haben und dass den Bedürfnissen der Anwohner nach Ruhe Rechnung getragen wird. Außerdem sind bei diesen Flächen die Eigentumsverhältnisse geklärt, und die Nutzung dieser Flächen verstößt nicht gegen Umwelt- und Naturschutzgesetze.

Durch die Bereitstellung der Flächen sollte den überwiegend jungen Menschen die Möglichkeit gegeben werden, Freiluftpartys zu veranstalten. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass diese Flächen von den jungen Menschen aus verschiedenen Gründen nur sehr wenig in Anspruch genommen wurden.

Meine Damen und Herren, es gibt aber nicht nur das Interesse der Menschen, unter freiem Himmel spontan eine Party zu feiern, sondern es gibt sehr wohl auch berechtigterweise das Interesse der Anwohner nach Ruhe und Sauberkeit in der Stadt. Bei Freiluftpartys handelt es sich in der Regel um eine Sondernutzung der öffentlichen Fläche. Deshalb gibt es bei den zuständigen Behörden ein Anmelde- und Genehmigungsverfahren. Ich finde, das ist richtig so.

(Beifall CDU)

In dem Verfahren geht es zum einen darum, dass die Interessen der Anwohner und Bürger nach, wie ich erwähnt habe, Sauberkeit, Ruhe und Sicherheit gewahrt bleiben. Zum anderen geht es aber auch um die Interessen, die im Auftrag des Staates wahrgenommen werden müssen, wie zum Beispiel den Jugendschutz oder gewerberechtliche Angelegenheiten. Zudem muss verhindert werden, dass rechtsfreie Räume entstehen.

Dass es dieses Verfahren zu Recht gibt, zeigt auch die Tatsache, dass dem Umweltbetrieb Bremen in diesem Jahr mindestens 13 Beschwerden aufgrund von Vermüllung nach spontanen – ich nenne sie jetzt Grillpartys, wir können sie auch anders nennen – bekannt wurden.

Was die Ruhestörung der Anwohner betrifft, gab es im Betrachtungszeitraum 2014 bis 2015 bei 23 festgestellten Partys 14 Beschwerdelagen; zuletzt Anfang August an der Ochtum bei einer Freiluftparty, bei der es – bei einer Party! – 50 Beschwerden bei der Polizei gab.

(Zuruf DIE LINKE: Das war angemeldet!)

Wir diskutieren in Bremen seit Langem, wie wir die Stadt sauberer machen und den krank machenden Lärm bekämpfen können. Von daher gibt es überhaupt keine Veranlassung, von der aktuellen Rege

lung abzuweichen, um die Bürgerinnen und Bürger vor übermäßigem Lärm und Müll zu schützen.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, zusammengefasst betone ich für die CDU-Fraktion: Wir wollen, dass junge Menschen im Sommer unter freiem Himmel Partys veranstalten können, aber unter Beachtung der Gesetze, Regeln und öffentlichen Ordnung. Es gilt hier, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen. Wir unterstützen die Ausweisung von Flächen – wir können gern darüber reden, ob wir sie ausweiten – für solche Veranstaltungen, die einen ausreichenden Abstand zu Wohn- und Mischgebieten haben. Wir wollen, dass die Anwohner vor übermäßigem Lärm und Müll geschützt werden, aber junge Menschen auch Partys feiern können.

Die Möglichkeit, überall jederzeit und ohne Kontrolle durch die Behörden Freiluftpartys zu veranstalten, kommt für uns nicht infrage. – Herzlichen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zicht.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Grüne finden, wenn junge oder junggebliebene Menschen sich in verantwortungsvoller Weise den öffentlichen Raum aneignen, um Partys in einzigartiger Atmosphäre zu feiern, sollte uns das freuen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)