Protokoll der Sitzung vom 24.09.2015

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Da nahm das Schicksal seinen Lauf!)

und bewusst gesagt, dass wir ein Klima für den Wohnungsbau schaffen wollen. Herr Dr. Buhlert, Sie haben eben gesagt, es wäre wichtig, dass endlich gebaut wird und die Bauverhinderungspolitik aufhört. Das hat mit der Realität nichts zu tun, ich darf Ihnen einmal die Anzahl der Baugenehmigungen von Wohneinheiten nennen: Es waren 900 im Jahr 2010, 1 200 im Jahr 2011, 1 360 im Jahr 2012, 1 618 im Jahr 2013, 1 722 im Jahr 2014, und in diesem Jahr haben wir per 31. August bereits 1 300 genehmigte Wohneinheiten, und ich rechne damit, dass wir in diesem Jahr über 2 000 Wohneinheiten genehmigen werden. Das heißt, das, was Sie vermuten, nämlich dass hier eine Bauverhinderungspolitik betrieben wird, ist exakt nicht der Fall, sondern das Gegenteil!

Wir haben hier eine sehr erfolgreiche Politik betrieben, und zwar mit unserem Wohnbauförderungsprogramm mit der Bindungsquote von 25 Prozent für sozialen Wohnungsbau, das wir gemeinsam aufgelegt haben. Alles dies ist erfolgreich, obwohl die Bauwirtschaft am Anfang skeptisch war, ob es funktioniert, und gesagt wurde, es würde nicht funktionieren.

Wir haben daran geglaubt, dass es funktioniert, und wir haben einen so großen Erfolg – Frau Bernhard, Sie haben gesagt, der Anreiz, den wir liefern, wäre nicht interessant, aber warum war denn dann das erste Wohnraumförderungsprogramm so schnell vollständig abgerufen, dass wir im Februar dieses Jahres ein zweites aufgelegt haben? –, und wenn wir jetzt daran denken, ein drittes aufzulegen, weil wir dieses hohe Tempo beim Wohnungsbau haben, meine Damen und Herren, dann ist dann ein Erfolg.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte, damit kein falscher Eindruck bleibt, kurz auf einen Satz eingehen, den Robert Bücking gesagt hat. Es ist richtig, die Durchschnittsmieten bei der GEWOBA betragen in dem genannten Bereich 5,30 Euro, inzwischen, glaube ich, in Richtung 5,50 Euro, das ist wahrscheinlich eine Zahl vom letzten oder vorletzten Jahr. Diese durchschnittlichen Mieten sind nicht gefährdet durch auslaufende Bindung – das ist mir ganz wichtig! –, weil die GEWOBA eine verantwortungsvolle Politik der Vermietung auch dann betreibt, wenn die Bindungen ausgelaufen sind. Richtig ist, dass bei anderen Wohnungsbaugesellschaften, wo die Bindungen auslaufen, dann der spekulative Ankauf und all das, was wir dort erleben, passiert, und dass wir dem entgegenwirken wollen.

(Abg. Eckhoff [CDU] meldet sich zu einer Zwischen- frage. – Glocke)

Herr Senator, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eckhoff?

Sehr gern, Herr Eckhoff!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Senator, da Sie das Thema GEWOBA gerade selbst angesprochen haben, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie vielleicht einen Satz sagen könnten zu einer Formulierung, die die Kollegin Wendland gerade in ihrer Rede getätigt hat. Gibt es in Ihrem Hause konkrete Pläne zur Gründung einer neuen Wohnungsbaugesellschaft in Bremen oder vielleicht auch von zwei neuen kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Bremen und Bremerhaven?

Herr Eckhoff, wenn Sie sich noch ungefähr fünf Minuten gedulden möchten, dann kann ich im Verlauf meiner Rede auf diese Frage eingehen. Ich arbeite dann einmal die Themen ab, so wie ich es mir hier vorbereitet habe. Bleiben Sie einfach aufmerksam dabei.

(Heiterkeit SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte zunächst auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE eingehen, der es immer zu wenig ist, was wir im Wohnungsbau machen, das kennen wir, das ist bekannt, und da haben wir dann auch gelegentlich einmal einen Dissens. Die Debatte, die wir heute geführt haben, haben wir ja ähnlich schon im Jahr 2013 geführt. Damals hatten Sie gefordert, das Sondervermögen in den Sanierungsvertrag einzubeziehen. Sie hatten dazu eine Anfrage und einen Antrag gestellt, ein Sondervermögen Wohnen einzurichten. Damals haben wir Ihnen dasselbe gesagt, was wir Ihnen heute

sagen. Wir haben nicht die Möglichkeit, so etwas kreditfinanziert aufzulegen, weil das den Finanzierungssaldo belasten würde. Wir dürfen seit dem Jahr 2011 keine Nettokreditaufnahme mehr betreiben, das ist heute Morgen auch ausführlich erörtert worden, das heißt, so etwas würde nur gehen mit einer Kürzung im Haushalt an einer anderen Stelle, und dazu müsste von Ihnen ein Vorschlag unterbreitet werden, wo Sie eine solche Kürzung vornehmen wollen.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Entschuldigung, das ist jetzt richtiger Quatsch!)

Zu einem anderen Punkt, den Sie, Herr Rupp, Frau Bernhard, ansprechen! Den Rück- oder Ankauf von Wohnungen, die man ehemals privatisiert hat, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, denn es hätte die Folge, dass man Wohnungen, die man vor einigen Jahren in einem guten Zustand preiswert verkauft hat, jetzt in einem schlechten Zustand teuer zurückkauft, weil die Buchwerte höher sind als die realen Werte dieser Wohnungen, und das kann doch nicht der Weg sein, wie wir mit spekulativen Investoren umgehen. Wir müssen unsere Mittel, die wir hier aufbringen können, effektiver einsetzen als für ein solches Rückkaufprogramm.

(Abg, Rupp [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage. – Glocke)

Herr Senator, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Ja, gern!

Bitte, Herr Rupp!

Meine Frage ist, Herr Senator, können Sie mir noch einmal erläutern, warum eine Nichtausschöpfung der Kreditobergrenze in den letzten vier Jahren ungefähr in Höhe von 750 Millionen Euro, warum eine einmalige Zuführung in ein Sondervermögen zum Beispiel vor zwei Jahren, als wir den Abstand von circa 250 Millionen Euro hatten, beispielsweise von 100 Millionen Euro in ein solches Sondervermögen, warum das den Sanierungspfad gefährdet hätte? Es hätte weder die Sanierungsvereinbarung verletzt, noch hätte es Zinsen und Kredite gekostet, wenn damit Wohnungen geschaffen wären, die dann zumindest ein oder zwei Prozent Plus machen. Das müssen Sie mir noch einmal erläutern, warum aus Ihrer Sicht die Forderung nach einer Zuführung in ein Sondervermögen den Sanierungspfad gefährdet hätte.

Ich möchte, Herr Rupp, mit einer Gegenfrage antworten. Können Sie mir erläutern, warum Sie die letzten vier Jahre von der Finanzsenatorin

gefordert haben, dass sie den Sicherheitsabstand für diese und ähnliche Vorhaben aufbietet, warum Sie bei der letzten Bürgerschaftssitzung der Senatorin vorgeworfen haben, sie habe nicht ausreichend vorgesorgt, der Sicherheitsabstand sei so klein geworden, dass man nicht mehr genügend Spielraum habe, und warum Sie in dieser Bürgerschaftsdebatte jetzt fordern, dass man wieder an diesen Sicherheitsabstand herangeht? Ich verstehe das nicht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir können das jetzt hier nicht diskutieren, wir können dies hinterher tun.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Herr Senator, das kann ich Ihnen erläutern!)

Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen die Zahlen der Baugenehmigungen genannt, die ich noch einmal gegenüberstellen möchte mit den Zielzahlen, die uns die Prognosen des Instituts GEWOS aufgegeben haben. Wir hatten die GEWOS-Studie, die schon etwas älter ist, mit der Zielvorgabe, zwischen den Jahren 2009 und 2020 14 000 Wohnungen zu errichten, das ist ein Durchschnitt von 1 300 Wohnungen pro Jahr.

Wir haben eine aktualisierte GEWOS-Studie seit dem Frühjahr dieses Jahres, in der ermittelt wurde, dass im Zeitraum von 2012 bis 2030 – also ein verlängerter Zeitraum mit dem Basisjahr 2012 – rund 19 000 Wohnungen benötigt werden, das heißt, ab dem Jahr 2020, bis zu dem wir die Zielzahl von 1 300 Wohneinheiten haben, gibt es für die darauffolgende Dekade eine Zielzahl von 1 000 Wohneinheiten. Das ist die Prognose, die wir im Frühjahr erhalten haben, die auf den demografischen, den bevölkerungsstatistischen Daten des Statistischen Landesamtes basiert, und das sind die Zahlen, von denen wir bis zum Frühjahr ausgehen mussten. Inzwischen – und das ist, glaube ich, allen hier im Raum klar – hat sich die Lage vollständig verändert, und darauf müssen wir reagieren. Ich bin natürlich auch davon überzeugt, dass wir hier reagieren müssen.

Ich möchte auch dazu sagen, dass Flächen im Moment nicht der Engpass sind. Wir haben schon im Frühjahr im Bündnis für Wohnen berichtet, dass wir uns ein Flächenpotenzial von 15 000 Wohneinheiten in diesem Zeitraum bis zum Jahr 2030 locker zutrauen. Ich habe die Zahlen überprüfen lassen, die wir auch demnächst der Deputation berichten werden. Das Ganze geht tendenziell nach oben, weil die ersten Schätzungen, die die Kolleginnen und Kollegen bei uns im Fachbereich Bau erheben, immer eher konservativ sind, das heißt, sie bleiben eher auf der vorsichtigen Seite. Wenn die Fläche dann weiter entwickelt wird – das haben wir bei der Gartenstadt Werdersee in Huckelriede gesehen, die im Übrigen mit Hochdruck vorangetrieben und nicht ewig diskutiert

wird, da sind Sie überhaupt nicht im Film, was dort in Huckelriede passiert –, dann erleben wir, dass eben letzten Endes mehr Wohnungen auf solchen Flächen realisiert werden können als ursprünglich vorsichtig die Annahme getroffen worden ist. Wir werden über diese Zahlen noch im Herbst in der Deputation berichten und können uns das dann auch gemeinsam anschauen.

Wenn uns Flächen ausgehen, dann gehen sie uns sicher nicht dieses, nicht im nächsten oder übernächsten Jahr aus, aber natürlich müssen wir schauen, sollte die Entwicklung so rasant wie in diesem Jahr weiter anhalten, dann müssen wir natürlich auch über weitere Flächen Diskussionen führen, die ich aber jetzt hier nicht vertiefen möchte.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Schade!)

Diese veränderte Situation führt jetzt zu Folgendem: Wir müssen eine Abschätzung treffen, und da haben wir im Moment noch täglich schwankende Zahlen, deswegen ist es schwierig, quantitative Prognosen zu treffen. Wir haben auf der einen Seite jetzt die Schätzung von 8 000 bis 10 000 Flüchtlingen, die dieses Jahr zu uns nach Bremen kommen. Wir müssen versuchen, noch etwas genauer zu ermitteln, wie viele von denen tatsächlich hier bleiben. Ich höre dann auf der anderen Seite von 90 Menschen, die eines Nachts mit einem Sonderzug in Bremen auf dem Hauptbahnhof angekommen sind, davon haben fünf die Hand gehoben auf die Frage, ob sie in Bremen bleiben wollen, 85 Menschen wollten weiter nach Skandinavien, das heißt, wir haben hier noch starke Schwankungen, hohe Unsicherheiten, aber im Rahmen dieser Unsicherheiten müssen wir jetzt trotzdem eine Annahme treffen und sagen, das ist die Anzahl Wohneinheiten, die wir zusätzlich benötigen und bauen wollen.

Wir müssen aber auch wissen, in welchen Familienstrukturen diese Menschen leben wollen, ob es Singles, Kleinfamilien oder größere Familien sind, denn es besteht doch auch ein hohes Risiko, dass wir am Bedarf vollkommen vorbeibauen, wenn wir uns jetzt nicht noch ein paar Tage Zeit nehmen, wirklich die Datenlage zu ergründen. Das kann auch gar nicht das Bauressort alleine tun, wir machen es gemeinsam mit dem Innenressort, wo die Erfassung der Menschen erfolgt, sowie mit dem Sozialressort, das die Menschen dann betreut.

Dies wird im Moment mit Hochdruck vorangetrieben, und dann – das ist mir auch wichtig – brauchen wir auch nicht für jeden Flüchtling und nicht für jede Flüchtlingsfamilie eine Neubauwohnung, denn wir haben schon jetzt die sehr erfolgreiche Praxis, dass wir diese Menschen in den Wohnungsbestand vermitteln, das ist vor zwei Jahren begonnen worden aufgrund einer Zusage der Wohnungswirtschaft, für die ich bis heute außerordentlich dankbar bin. Eine Zusage, zu der die Wohnungsunternehmen auch

weiterhin stehen, die sie inzwischen sogar noch angehoben haben. Die Mengen, die dort aufgenommen werden können: Es waren im vergangenen Jahr rund 950 Menschen, die in Bestand vermittelt werden konnten. In diesem Jahr waren es schon zum Sommer rund 900 Menschen, das heißt, es geht eher in Richtung des Doppelten, und das ist natürlich ein Anteil, den man berücksichtigen muss, wenn man schaut, für wie viele Menschen man dann noch zusätzlich Wohnungen errichten muss.

Wir bereiten eine solche Senatsentscheidung vor, um wirklich zu sagen, wir wollen eine bestimmte Anzahl an Wohnungen zusätzlich ermitteln, und wir sind in intensiven Gesprächen.

Herr Eckhoff, jetzt nähere ich mich langsam Ihrer Frage an.

(Abg. Eckhoff [CDU]: Ich bin schon extra nach vorn gerückt, um Ihnen zu folgen!)

Ja, ja, das freut mich auch, da kann man sich ja viel besser unterhalten!

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Wir sind ja schon ganz aufgeregt!)

Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Immobilienwirtschaft, mit den Unternehmen, die wir haben, wie leistungsfähig sie sind, was sie bereit sind zu leisten, und es stellt sich schon jetzt heraus, sie können noch deutlich mehr leisten als sie in der Vergangenheit geleistet haben, und davon wird es abhängen, ob am Ende ein Delta bleibt zwischen dem Bedarf, den der Senat formuliert, bei dem wir sagen, es sollen soundso viel Wohnungen – 1 500, 2 000 kurzfristig, mittelfristig muss man dann wahrscheinlich nachsteuern – entstehen, und dann wird sich die Frage stellen, ob wir zusätzlich einen kommunalen Hochbau benötigen werden oder nicht, das kann ich Ihnen heute nicht beantworten. Bislang gehe ich davon aus, dass die Unternehmen, die wir haben, sehr leistungsfähig sind und noch deutlich mehr leisten können.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Eindeutiges Nein!)

Meine Damen und Herren, wir werden im Dialog mit der Wohnungswirtschaft die erfolgreiche Vermittlung von Menschen in Bestandswohnungen fortsetzen.

Wir werden das hohe Tempo bei den Baugenehmigungen, das wir im Moment haben, beibehalten. Wir werden zeitnah ein drittes Wohnraumförderungsprogramm auflegen, wenn sich abzeichnet, dass das zweite zur Neige geht. Wir werden auch das STEP Wohnen erarbeiten, das wird vollständig erst nächstes Jahr sein können, aber wir werden schon in diesem Jahr, in diesem Herbst dem Senat einen ersten Zwischenbericht zu unseren Vermutungen vorlegen, wie viele Wohnungen benötigt werden. Wir werden noch

im Jahr 2015 das Bündnis für Wohnen erneut einberufen, um sowohl die Akteure der Wohnungswirtschaft als auch die Verbände der Mieterinitiativen und die sozialen Verbände zusammenzuholen und diese Fragen gemeinsam zu besprechen.

Mein Ziel ist, dass wir der Deputation sehr kurzfristig zusätzlich zu dem, was wir bisher haben, Flächen für mindestens 2 000 Wohneinheiten vorschlagen können, und dann müssen wir gemeinsam sehen, dass wir diese Flächen auch mobilisiert bekommen. Das Baurecht ist immer das eine, die Frage, wem die Flächen gehören, wie man sie auch verfügbar machen kann, ist das andere. Wir werden, wie ich angedeutet hatte, dann einen Senatsbeschluss über die kurzfristig zu errichtende Anzahl von Wohnungen fassen, der – und das ist mir ganz wichtig! – für alle bedürftigen Gruppen gleichermaßen zur Verfügung stehen soll, also nicht nur für Flüchtlinge. Das wird kein Sonderwohnbauprogramm für Flüchtlinge, sondern es wird ein Wohnungsbauprogramm, das Flüchtlingen, Alleinerziehenden, Studierenden oder Senioren, die darauf angewiesen sind, Unterstützung zukommen lassen soll!

Wir werden auch – und das muss sorgfältig vorbereitet werden – die Gespräche mit den Beiräten führen. Die Menschen in den Stadtteilen müssen mitgenommen werden, auch dort, wo wir verdichten, wo wir in die Höhe bauen. Wir haben ja nur drei Dimensionen, in die wir bauen können. Wir können entweder verdichten, wo schon bebaut ist, wir können auf freie Flächen gehen, oder wir können in die Höhe bauen,

(Abg. Pohlmann [SPD]: Jawohl, Hochhäuser! Sehr gut!)

aber all dies werden wir diskutieren, denn wir müssen natürlich sehen, wo wir die Menschen am Ende unterbringen wollen.