Wenn man sich mit den Mitarbeitern unterhält, dann kann man ein Gefühl dafür entwickeln, wie viele junge Menschen kein Studium aufnehmen, weil sie nicht - ich weiß nicht, ob sie Angst haben, aber sie können nicht kalkulieren - absehen können, welche Kosten für das Studium entstehen und wann sie das erste Geld verdienen. Stellen Sie sich doch bitte einmal vor, Sie haben gerade Abitur gemacht und wollen zum 1. Oktober - es ist ja jetzt soweit - ein Studium aufnehmen. Sie beantragen jetzt BAföG und erhalten die erste Zahlung in einem halben Jahr.
Also, bitte! Wir brauchen weniger Bürokratie. Wir müssen den Übergang vom Abitur zum Studium so gestalten, dass sich junge Menschen nicht mit ihren Eltern streiten müssen. Es sind viele junge Menschen - man kann sich wirklich erkundigen -, die gezwungen sind, ihre Eltern zu verklagen, weil sie nicht freiwillig bereit sind, die Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren.
Wir müssen eine Lösung dafür finden, dass junge Menschen ein Studium aufnehmen können, ohne dass sie sich mit ihren Eltern streiten müssen und ohne dass die Eltern finanziell blankziehen und 1 000 Formulare ausfüllen müssen. Es ist ebenfalls zu regeln, dass die Studierenden die erste BAföG-Zahlung mit dem Studienbeginn bekommen, aber nicht erst Wochen später. So, das war jetzt mein Ausbruch für heute! - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! 50 Prozent eines Jahrgangs fangen ein Studium
an, so ist es eben in den Raum gestellt worden. Es sind sogar noch mehr, es sind 59 Prozent eines Jahrgangs, die in Deutschland ein Studium anfangen. Es sind allerdings nur 38 Prozent eines Jahrgangs, die ein Studium abschließen. Das heißt, circa ein Drittel derjenigen, die in unseren Tagen ein Studium anfangen, werden das Studium überhaupt nie abschließen. Das ist ein weiteres Problem, das wir haben, was man einmal separat besprechen müsste, was das eigentlich kostet, was das auch für die Lebensentwürfe der Leute bedeutet, die sich offensichtlich für eine falsche Sache entscheiden.
Kommen wir aber einmal zu dem Thema BAföG! Es ist sicherlich richtig, das Ganze elternunabhängig zu gestalten. Wir wollen ja jedem die gleichen Chancen geben, wir wollen den Leuten auch Eigenverantwortung beibringen. Das ist sicherlich dem Grunde nach richtig. Die Frage ist bloß, ob das immer alles als Zuweisung laufen muss oder eben nicht teilweise auch über Kredite laufen kann, wenn man einmal bedenkt, dass ein junger Mensch, der ein Studium eigenverantwortlich aufnimmt, auch eine Investition tätigt, und zwar eine Investition in seine Zukunft, aber nicht nur in seine Zukunft, sondern auch eine Investition in die Zukunft unseres Staates, denn er wird ja irgendwann einmal Steuer- und Abgabenzahler sein.
Wenn ich mir einen Unternehmer anschaue, der eine Investition in eine Maschine oder in was auch immer tätigt: Der kann die Kosten für diese Investition von der Steuer absetzen, und wenn er in diesem Jahr eben kein Geld verdient, dann kann er den Verlust vortragen und in der Zukunft ansetzen. Deswegen glauben wir, dass die Förderung über direkte BAföG-Zuschüsse, wie hoch auch immer sie dann sein mag - 500 Euro oder was auch immer, das ist ja eine Detailfrage -, ein Element sein muss.
Was uns aber fehlt, ist eine steuerliche Betrachtung. Wir sagen, der Kredit, den der junge Mensch dann aufnimmt - wie viel auch immer das dann sein mag - ist eine Investition in seine Zukunft und muss grundsätzlich steuerlich absetzbar sein. Das heißt, wenn er neben dem Studium arbeitet, muss das entsprechend absetzbar sein, aber auch als Verlustvortrag für die Zukunft, wenn er dann als hochqualifizierter Mensch hoffentlich einen vernünftigen Job hat.
Damit erreichen wir, glaube ich, die maximale Leistungsgerechtigkeit, die maximale Eigenverantwortung und die maximale Flexibilität, weil dann im Zweifelsfall die Leute auch selbst darüber entscheiden können, wie sie ihren Lebensentwurf planen. Wir kommen dann dahin, in der Bemessung der Steuergrenzen eben nicht nur das zu betrachten, was jemand in einem Jahr
verdient, sondern eben auch zu berücksichtigen, dass jemand mit der akademischen Laufbahn zwar pro Jahr mehr verdient, aber insgesamt weniger Jahre hat, in denen er verdient, und dass er eben auch in seine Ausbildung investiert hat. - Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei uns standen nur einmal fünf Minuten, aber offensichtlich ist es hier eine Debatte mit zweimal fünf Minuten Redezeit. Die Äußerungen von Frau Dr. Müller zu der Organisation Arbeiterkind haben mich dann doch noch einmal bewogen, nach vorn zu kommen, denn auch ich hatte mit dieser wunderbaren Organisation mehrfach Begegnungen.
Sie sprechen von Angst. Wir sind uns alle einig, dass der Anteil steigen muss, aber in solchen Kommunikationen haben dann wohl Sender und Empfänger häufig auch eine sehr unterschiedliche Wahrnehmung. In meinen Augen tun sie dort unglaublich viel Positives dafür, und dieser Anteil steigt auch ständig, sodass mein Satz, dass heute niemand mehr auf ein Studium verzichten muss, weil er sich das finanziell nicht mehr leisten kann, nach wie vor richtig ist. Mich wundert dabei nur in der Tat, wenn Frau Strunge sagt, sie sei für die soziale Gerechtigkeit in diesem Land allein verantwortlich, mit welchen Ansprüchen das einhergeht, wie stark man junge Menschen damit pampert und wie wenig Zutrauen man in sie hat, dass sie auch ein bisschen für sich selbst sorgen können sollen, denn das ist Leben!
Ich wollte noch einmal in Richtung DIE LINKE und SPD deutlich machen, dass in unserem Modell Steuerfreibeträge wegfallen - und das hat natürlich volkswirtschaftlich auch noch Auswirkungen, auch auf die Höhe dessen, was finanziert werden muss - und dass wir natürlich elternunabhängig fördern wollen. Das heißt aber natürlich nicht, dass das eigene Einkommen, das eigene Vermögen nicht angerechnet wird. Das heißt natürlich, dass das in so einem System betrachtet
werden muss und dann nicht einfach nur multipliziert werden kann, wie Herr Gottschalk einmal eben in seiner Milchbubenrechnung vorgeführt hat.
Ich wollte an dieser Stelle noch sagen, dass es uns darauf ankommt, dass dann eben Darlehen vom BAföG-Amt gezahlt werden. Es mag ja sein, dass es Spaß macht, FDP-Bashing mit Banken zu betreiben,
Der letzte Punkt: Ich bin Frau Müller sehr dankbar, dass sie noch einmal deutlich gemacht hat, welche Probleme in Familien herrschen, wenn es denn schon zu einem Streit mit den Eltern und unter den Eltern gekommen ist, diese Nachweise zu führen. Dann ist es nicht ein halbes Jahr, bis man BAföG bekommt, sondern manchmal dauert es ein, zwei Jahre, bis man BAföG bekommt - oder gar nicht! -, und das kann es doch nicht sein! Deswegen: Elternunabhängiges BAföG für die Studenten, die dessen von ihrer eigenen Einkommenssituation her bedürfen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine wunderbare Diskussion, die Sie hier im Parlament führen. Es geht um Anträge, die Sie hier beschließen sollen, erlauben Sie mir deswegen nur zwei, drei Anmerkungen aus der Sicht des Senats!
Beide Anträge, finde ich jedenfalls, sind so nicht akzeptabel, weil sie sozial nicht ausgewogen sind, denn Sie erreichen damit nicht die Personengruppe, die wir eigentlich mit dem BAföG ansprechen müssen, und das sind die Abiturientinnen und Abiturienten, die insbesondere eben aus bildungsfernen oder sozial schwächer gestellten Familien kommen. Für sie ist das BAföG organisiert!
Dass wir uns jetzt über die Bundestagswahlprogramme der FDP und der LINKEN zu diesem Thema hier heute noch einmal austauschen, ist das eine, aber ich finde, wir brauchen jenseits einer Wahlkampfdebatte eine Diskussion über
die Frage, wie wir zukünftig das BAföG gestalten wollen. Das BAföG zu gestalten, heißt jetzt nicht unbedingt, wir räumen immer alles ab. Es ist für Bremen einfach, jetzt darüber zu diskutieren, weil der Bund alles bezahlt. Insofern sind Anträge immer etwas leichter zu stellen.
Ich finde, wir brauchen eine Verlässlichkeit, wenn es darum geht, dass die BAföG-Sätze regelmäßig angepasst werden. Wir brauchen eine regelmäßige Anhebung der Freibeträge. Wir dürfen das nicht immer wieder einer erneuten Diskussion überlassen, sondern da muss eine Verlässlichkeit für die Erhöhung auch dieser Freibeträge eingerichtet werden.
Ich finde, wir brauchen eine Festlegung eines maximalen Rückzahlungsbetrags, damit auch jeder weiß, worauf er sich zukünftig dann nach Abschluss des Studiums einzustellen hat. Wir brauchen eine Anhebung der Altersgrenzen, und wir brauchen -da stimme ich den Vorrednerinnen und -rednern auch zu - eine Entbürokratisierung des Antragsverfahrens.
Ich erlaube mir noch den Hinweis: Ob das mit einer Bundesverwaltung so einfach ist, das ist noch die Frage, aber ich glaube, den Ansatz sollten wir auf jeden Fall verfolgen. Dies sind jetzt nur ein paar Randbemerkungen aus der Sicht des Senats zu diesem Thema.
Herr Gottschalk hat angekündigt, dass er hier im Parlament einen gemeinsamen Antrag zur Frage der weiteren Gestaltung des BAföG erarbeiten möchte. Ich jedenfalls kann für mein Ressort anbieten, dass wir uns an diesem Diskussionsprozess auch im Wissenschaftsausschuss gern beteiligen. - Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 19/1236 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!