Protokoll der Sitzung vom 21.09.2017

Landtag 3890 50. Sitzung/21.09.17

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abg. Frau Wendland [parteilos]) Stimmenthaltungen? (Abg. Patrick Öztürk [SPD], fraktionslos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/1242 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, Abg. Schäfer [LKR], Abg. Tassis [AfD])

Stimmenthaltungen?

(Abg. Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos], Abg. Frau Wendland [parteilos])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt diesen Antrag ab.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Bildungsurlaubsgesetzes Mitteilung des Senats vom 8. August 2017 (Drucksache 19/1172) 2. Lesung

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Änderung des Weiterbildungsgesetzes Mitteilung des Senats vom 8. August 2017 (Drucksache 19/1173) 2. Lesung

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Dr. Bogedan.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat die Gesetzentwürfe des Senats in ihrer 47. Sitzung am 23. August 2017 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen jetzt zur zweiten Lesung der Gesetzesvorlagen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir alle wissen um die Bedeutung der Weiterbildung. Das haben wir an dieser Stelle schon sehr häufig debattiert, und obwohl die Weiterbildungsbeteiligung in Bremen durchaus besser ist als in vielen anderen Bundesländern, sind wir alle gemeinsam der Meinung, dass sie weiter erhöht gehört, insbesondere bei bestimmten Gruppen. Wir wissen, dass geringer qualifizierte Menschen deutlich weniger an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, genauso wie Migrantinnen und Migranten. Auch da sind wir, glaube ich, einer Meinung.

(Beifall SPD)

Der Bildungsurlaub ist hier ein Format, das eine durchaus stärkere Beteiligung der Arbeiterinnen und Arbeiter abbildet. Wir haben dankenswerterweise vor einiger Zeit einmal eine Studie vorgestellt bekommen, die sehr deutlich macht, dass hier circa 30 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchaus Arbeiter und Arbeiterinnen sind, während es für andere Formate eher bei sieben Prozent liegt. Insbesondere Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeiter nehmen an Bildungsurlaubsveranstaltungen teil. Das ist aus unserer Sicht sehr zu begrüßen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Um die Weiterbildungsbeteiligung insgesamt zu erhöhen, wissen wir alle, dass es natürlich vielfältiger Maßnahmen bedarf. Andrea Nahles hat einen entsprechenden Vorstoß auf Bundesebene gemacht. Die uns heute vorliegenden gesetzlichen Veränderungen sind im Vergleich dazu nur ein ganz kleiner Mosaikstein, aber ein wichtiger.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben es mit zwei Gesetzesänderungen zu tun. Einerseits geht es um das Weiterbildungsgesetz. Hier geht es um den Landesausschuss für Weiterbildung, um entsprechende Regelungen zu den Unterausschüssen. Ich denke, das wird in der Öffentlichkeit relativ wenig wahrgenommen werden, aber bei den Änderungen, beim Urlaub, beim Bildungsurlaubsgesetz nehmen wir eine Diskussion auf, die wir hier schon häufiger geführt haben. Wir bekommen es nämlich mit der Änderung des Begriffs jetzt zu tun. Wir waren uns hier, glaube ich, über alle Fraktionen hin einig, dass dieser Begriff Bildungsurlaub etwas suggeriert, das so gar nicht stattfindet. Es geht mitnichten um Urlaub. Es geht um Lernen. Es geht um Bildung, das sicherlich in

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ganz unterschiedlichen Konstellationen. Deshalb begrüßen wir sehr, dass wir es nun zukünftig mit dem Begriff der Bildungszeit zu tun haben.

Die Kompetenzorientierung, die zukünftig greifen wird, trägt der Heterogenität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rechnung. Wir kennen die Kompetenzorientierung bereits in den Schulen. Dort ist sie umgesetzt. Bremen ist jetzt das erste Bundesland, das dies auch für das Format des Bildungsurlaubs aufgreift. Das war auch -.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Bildungszeit jetzt!)

Herzlichen Dank, Herr Buhlert! Daran muss ich mich noch gewöhnen. Für die Bildungszeit aufgreift. Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg, dass die kulturelle Bildung zukünftig ebenfalls Berücksichtigung findet, hat unsere vollständige Zustimmung.

(Beifall SPD)

Das über die gesetzlichen Änderungen ist schon gesagt worden, liegt uns heute in zweiter Lesung vor. Es hat Anhörungen dazu gegeben. Wir haben bereits in der Deputation darüber diskutiert. Die Anhörungen haben in der großen Masse Zustimmung signalisiert. Daher gehe ich davon aus, dass sich das hier in der Debatte in der Bürgerschaft heute genauso widerspiegeln wird, obwohl wir bei dem Thema Bildungszeit ja durchaus unterschiedliche Positionen haben. Die spielen hier aber in der Gesetzesänderung keine Rolle.

Während wir immer dafür eingestanden haben und das auch weiterhin tun werden, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbstbestimmt das Thema ihrer Bildungszeit wählen können, waren Sie als FDP zum Beispiel eher der Meinung, dass hier die Arbeitgeber stärker Einfluss nehmen sollten, dass der Bereich der beruflichen Weiterbildung stärker berücksichtigt werden muss. Wie gesagt, da hatten wir unterschiedliche Positionen, die sich hier nicht wiederfinden.

Ich denke, dass hier von allen Seiten Zustimmung kommt, und in diesem Sinne bedanke ich mich für ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich da

sehr weitgehend meiner Kollegin Frau Böschen anschließen, möchte nur auf einige Aspekte noch zusätzlich hinweisen.

Ich glaube auch, dass die Veränderungen im Gesetz zur Weiterbildung eher so struktureller Art sind, nämlich dass der Landesausschuss für Weiterbildung und die Förderungsausschüsse neu strukturiert werden mit Unterausschüssen und so weiter, dass das im Wesentlichen sich doch des weiteren öffentlichen Interesses entzieht. Gleichwohl ist es Konsens, auf Empfehlung des Landesausschusses, die er an uns ausgesprochen hat, dass wir heute dieses Gesetz in der entsprechenden Art und Weise ändern, was wir als grüne Fraktion auch empfehlen.

Das bisherige Bildungsurlaubsgesetz, und ich habe viele Leute getroffen, die sagen, es wird Jahre dauern, bis man sich an den Begriff Bildungszeit dann wirklich auch in der Sprache gewöhnt hat. So etwas dauert ja, wenn sich das einmal über Jahrzehnte eingespielt hat, das finde ich durchaus sehr erwähnenswert, weil noch einmal deutlich wird in der gesamten Diskussion Arbeitgeber versus Arbeitnehmer, ist das nun irgendwie eine Freizeitveranstaltung zulasten der Arbeitgeber? Frau Böschen hat es angedeutet, dass es da ja auch politische Unterschiede gab in der Einordnung, dass nun ganz deutlich noch einmal festgestellt wird und letztendlich es auch im Namen festgehalten wird, dass diese Bildungszeit eine Weiterbildungszeit ist, also im weitesten Sinne in den Begriff des lebenslangen Lernens gehört, und da auch hingehört und da auch eine Errungenschaft ist, die wir nicht missen wollen, und in dieser neuen Ausführung, wie sie jetzt im Gesetz beschlossen werden soll, auch ausdrücklich begrüßen und glauben, dass das diesen Bereich auch nachhaltig stärkt.

Nicht zuletzt ist diese Bürgerschaft durch ihren Beschluss, den wir gefasst haben, Beteiligung am Bildungsurlaub, hieß es damals noch, erhöhen, ja vorangegangen, hat den Senat gebeten, Maßnahmen aufzuzeigen, wie das geschehen kann. Die Gesetzesvorlage ist ja eine Reaktion auf unseren Beschluss, den wir hier in der Bürgerschaft in diesem Sinne gefasst haben.

Es gehört zu diesem Gesetz, das sei auch noch erwähnt, eine Verordnung, in der mehrere Dinge im Konkreten dann geändert werden, die durchaus auch sehr positiv aufgenommen worden sind. Es war bisher verboten, Maßnahmen im Ausland durchzuführen. Das wurde gestrichen, sodass es jetzt möglich ist, nämlich im europäischen Wirtschaftsraum können Bildungszeitveranstaltungen stattfinden. Es war des

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Weiteren verboten, Exkursionen und Besichtigungen aufzunehmen. Auch dieser Passus ist in der neuen Verordnung gestrichen, sodass selbstverständlich auch eine Exkursion, wo man sich vor Ort bestimmte Dinge anschaut, die zu dem Inhalt des jeweiligen Seminars gehören, was ja außerordentlich sinnvoll ist, was man auch aus der Schule kennt, aus vielen anderen Bereichen, dass das jetzt nach dem neuen Gesetz und der neuen Verordnung auch tatsächlich erlaubt ist.

Nicht zuletzt wird die Kompetenzorientierung festgeschrieben. Frau Böschen ist darauf eingegangen. Das finden wir richtig. Das stärkt sowohl, finden wir, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Bildungszeit in Anspruch nehmen, weil klar festgelegt wird, welche Kompetenzen sie dort vermittelt bekommen. Es stärkt meines Erachtens aber auch das Interesse der Arbeitgeber, und kommt so beiden Seiten, die dort beteiligt sind, zugute, dass diese Kompetenzorientierung in der Verordnung jetzt ausdrücklich festgeschrieben worden ist.

Ich bin im Vorfeld der Beratung, in der Deputation und auch heute noch einmal konfrontiert worden, dass es einige gibt, die Befürchtungen rund um diese Kompetenzorientierung hegen, nämlich die Befürchtung, dass durch den Begriff Kompetenzorientierung eine Ausrichtung rein an Arbeitgeber und Verwertungsinteressen stattfindet. Ich sehe das in dieser Verordnung gar nicht, sondern ich sehe, dass dieser Begriff Kompetenzorientierung doch eine sehr positive Wendung hat.

Es wird ja ausdrücklich auch festgehalten, dass es eine Kompetenzorientierung im Allgemeinwohl ist, sodass es sich natürlich deutlich von etwaigen Weiterbildungsmaßnahmen im innerbetrieblichen Sinne unterscheidet, die ja auch nach dem Bildungszeitgesetz ausdrücklich nicht vorgesehen sind. Deswegen halten wir es für richtig, dass der Begriff Kompetenzorientierung in den einschlägigen Weiterbildungseinrichtungen auch kritisch diskutiert wird. Das ist eine Diskussion, die wir auf jeden Fall auch gern mit führen, wir lassen uns da auch hinterfragen, wollen sehen, wie das funktioniert.

Einige haben auch gesagt, da kommen auf die Träger zusätzliche Belastungen zu, weil man doch ein paar Dinge mehr ausfüllen muss, als das bisher der Fall war. Hier hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2019 es den Trägern erlaubt, jetzt noch zwei und ein viertel Jahre die alte Verordnung anzuwenden, wenn sie es möchten, und sich intern darauf vorzubereiten, dass diese neue Kompetenzorientierung, die da

gefordert ist, dann auch umgesetzt werden kann.