Protokoll der Sitzung vom 08.11.2017

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte mich gefragt, warum diese Debatte geführt wird, wenn das Problem im Grunde genommen gelöst ist. Ich glaube, sie war doch gut, weil in ihr viele Missverständnisse deutlich geworden sind. Ich will versuchen, ein paar Dinge zu erklären.

Deutlich geworden ist die dramatische Zunahme der Anzahl der Transportgenehmigungen. Vor fünf Jahren hatten wir tatsächlich Probleme. Das ist richtig. Damals hatten wir rund 25 000 Anträge im Jahr. Frau Sprehe hat die Zahl genannt. Jetzt haben wir fast die dreifache Anzahl.

Herr Strohmann, Sie haben völlig richtig gerechnet. Es sind nicht ganz fünf Jahre. Es sind gut viereinhalb Jahre gewesen, die Bremen im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut dagestanden hat. In der Zwischenzeit haben wir die

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Debatte aus guten Gründen nicht geführt, nämlich weil wir diese Probleme viereinhalb Jahre nicht gehabt haben.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Na, dann braucht man sie ja auch nicht zu besprechen, oder?)

Im Jahr 2011 sind drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich beschäftigt gewesen. Um den Stau 2012 aufzulösen, haben wir die Zahl verdoppelt, auf sechs Personen aufgestockt. Es ist völlig richtig: In diesem Frühjahr, ab Mai, ist uns das aus dem Ruder gelaufen. Allerdings ist es kein rein bremisches Problem gewesen. Der Brief mit den vielen Logos, der eben angesprochen worden ist, ist an alle 16 Ministerinnen und Minister und das Bundesministerium gegangen, weil es ein bundesweites Problem ist. Wir waren für einen kurzen Zeitraum mit fast sieben Wochen Bearbeitungszeit tatsächlich das langsamste Bundesland. Man soll der Ehrlichkeit halber auch dazusagen: In dieser Zeit haben andere Länder fünf bis sechs Wochen und nicht sieben Tage gebraucht, um diese Anträge zu bearbeiten.

Dafür gab es zwei wesentliche Gründe, die bundesweit Wirkung gezeigt haben. Der eine ist ein bundesweit sprunghafter Anstieg der Zahl der Anträge in diesem Frühjahr, im Monat Mai gewesen. Dies ging einher mit einer Änderung der Richtlinie des Bundes, was die Anzahl der Fahrzeugkombinationen auf einem Antrag anbelangt. Auch dadurch hat sich die Zahl der Anträge deutlich erhöht. Außerdem hatten wir in den Monaten Mai und Juni, in denen es bekanntermaßen viele Feiertage gibt, sodass nicht so viele Werktage zur Verfügung stehen, intern Probleme mit einem erhöhten Krankenstand. Daher ist das bei uns aus dem Ruder gelaufen. Ich bedauere das. Ich habe auch öffentlich gesagt, dass ich das bedauere. Ich habe gesagt, wir lösen das Problem.

Für Anfang August hatten wir dann die Logistikwirtschaft zu einem Gespräch eingeladen. Wir waren das erste Bundesland, das zu einem solchen Gespräch eingeladen hat. Das ist auch gewürdigt worden. Vertreter der Unternehmen bundesweit und aus den europäischen Nachbarländer Dänemark, Österreich, Holland waren dankbar, dass wir diesen Gesprächsrahmen geboten haben, um die Dinge miteinander zu besprechen. Es ist eine Reihe von Wünschen vorgetragen worden.

Wir hatten beispielsweise auf Drängen der Logistikwirtschaft für Transporte mit Schiffsterminen ein beschleunigtes Verfahren eingeführt, damit sie nicht so lange warten müssen. Wir hatten das Transportfenster relativ stark einge

engt, damit die Schiffstermine glaubhaft vorgetragen werden konnten. Das haben wir auf Drängen der Logistikwirtschaft gelockert, weil sie uns glaubhaft gemacht hat, dass sie ein bisschen mehr Flexibilität braucht.

In dem Gespräch ist auch deutlich geworden, dass es für die Unternehmen das Wichtigste ist, dass sie wieder eine Planbarkeit bekommen, dass wir verlässlich sagen, wann wir das in den Griff bekommen und wie der Weg bis dahin sein wird. Ich habe das damals zugesagt und habe, wie versprochen, Ende August schriftlich mitgeteilt, dass wir Ende November wieder bei zwei Wochen sein wollen.

Was wir nicht erfüllen konnten, ist der Wunsch nach Dauergenehmigungen, der von verschiedenen Unternehmen geäußert wurde. Dieser Wunsch konnte deshalb nicht erfüllt werden, weil der Flaschenhals eben nicht die Behördenschreibtische sind - Ralph Saxe hat es gesagt , sondern unsere Straßen und Brücken. Darin liegt unser eigentliches Problem.

Dazu muss ich deutlich sagen: Nur weil ein Brief viele Logos von Verbänden und Unternehmen trägt, stehen darin noch lange keine guten Vorschläge. Die Vorschläge, die darin standen, laufen alle darauf hinaus, dass wir unsere Infrastruktur ungeprüft und ohne Monitoring weiter kaputtfahren und in kürzester Zeit überhaupt keine schwerlastfähigen Trassen mehr haben. Das kann nicht im Sinne der Logistikwirtschaft sein. Wir gehen mit diesen Themen verantwortungsbewusst um und sagen: Wir machen nur Dinge, die wir auch verantworten können. Wir lassen nur die Transporte zu, von denen wir wissen, dass sie zu einer bestimmten Zeit dort auch fahren können.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Personal ist manches gesagt worden. Ich möchte es erläutern. Wir haben jetzt noch einmal aufgestockt. Ich bin dankbar, dass ich vom Senat die Möglichkeit bekommen habe, in der Spitze auf bis zu 13 Personen zu gehen, zum Teil mit Springerkräften innerhalb des Amtes für Straßen und Verkehr, zum Teil mit Verstärkung, die wir von außen geholt haben. Das sind Stellen, die wir noch entfristen müssen. Sie sind derzeit befristet. Eine Debatte wie die heutige hilft uns, weil sie deutlich macht, dass dies ein längerfristiger Trend sein wird.

Ein Problem war, dass, anders, als wir das vor fünf Jahren gesagt haben, die Stellen phasenweise nicht vollauskömmlich refinanziert waren. Deshalb hatten wir Schwierigkeiten, eine der zugesagten Stellen zu besetzen. Wir haben im

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Rahmen der Haushaltsnotlage ein relativ striktes Regime. Wir können eben nicht beliebig Personal auf Vorrat einstellen. Das heißt, wir müssen dann auch einen Nachweis erbringen.

Deutlich sehen muss man: Selbst wenn wir hier in Bremen die Genehmigung innerhalb weniger Tage aussprächen, was teilweise der Wunsch der Opposition war,

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Und der Unter- nehmen!)

führen die Transporte nicht einen Tag früher, weil wir 15 andere Bundesländer haben. Es nutzt so lange nichts, solange andere Bundesländer die Zeit auch überschreiten. Deswegen muss man mit seinen Vorschlägen realistisch bleiben und Vorschläge machen, die der Sache nutzen. In dem Moment, in dem wir bei der Genehmigung nicht mehr das langsamste, sondern das schnellste Bundesland sind, haben wir unseren Job gemacht. Dann brauchen wir nicht noch weiter zu beschleunigen - außer bei den innerbremischen Transporten. Aber dafür bekommen die Leute ohnehin in der Regel innerhalb von zwei Tagen ihre Genehmigung. Das heißt, dort, wo wir es selbst in der Hand haben, machen wir das auch schnell. Das ist unser Vorteil als kleiner Standort mit kurzen Wegen. Was die anderen Bundesländer anbelangt, muss es insgesamt in der Fläche abgestimmt gehen. Sonst kann ein solcher Transport nicht fahren.

Das gilt auch für alle anderen Vorschläge, die gemacht worden sind. Ich fahre morgen auf die Verkehrsministerkonferenz der Länder nach Wolfsburg. Das stand auch in dem Interview. Dort werden Vorschläge vorgetragen, die auf Arbeitsebene in den letzten fünf Jahren ausgearbeitet worden sind. Herr Strohmann, Sie wissen das möglicherweise. - Sie nicken.

(Abg. Strohmann [CDU]: Ja!)

Man unterhält sich tatsächlich darüber. Aber das kleine Bundesland Bremen kann das bundesweite VEMAGS-Verfahren, das IT-Anmeldeverfahren, nicht eigenständig ändern. Das ist nur bundesweit möglich. Solange man diesbezüglich keinen Gesamtkonsens hat, werden sich die Dinge nicht entwickeln. Wir haben jetzt noch einmal gesagt, wir wollen sehen, ob sich die IT-Verfahren zur Anmeldung der Transporte weiter automatisieren lassen. Wie gesagt, das kann ein Bundesland nicht allein tun, sondern das muss bundesweit gemacht werden.

Wir wollen, dass die Richtlinie des Bundes, die im Frühjahr einer der Auslöser für den Stau war, angepasst und wieder in den ursprünglichen

Zustand versetzt wird. Der entscheidende Vorschlag wird sein, dass man sich auf Schwerlastkorridore verständigt, die tatsächlich in der Lage sind, diese sehr schweren Transporte in großer Zahl aufzunehmen. Ich darf noch einmal daran erinnern: Seit der Zeit, in der die meisten Autobahnen und Brücken gebaut worden sind, über die diese Transporte laufen, hat sich das bundesweite Transportvolumen im Straßengüterverkehr von damals 40 Milliarden Tonnen auf mehr als 440 Milliarden Tonnen pro Jahr mehr als verzehnfacht.

(Abg. Rupp [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

(Glocke)

Ich möchte den Gedanken zu Ende bringen. - Gleichzeitig ist die Tragfähigkeit neuer Brücken mehr als verdoppelt worden. Wenn wir es erreichen, solche schwerlastfähigen Transportwege auszuweisen und sie gezielt zu ertüchtigen, können wir möglicherweise auch Anmeldeverfahren nutzen, die keine aufwendige Prüfung erfordern. Bisher müssen wir, um Auflagen zu erteilen, die Anmeldung prüfen. Aber ob es „Anmeldung“ oder „Antrag“ heißt, macht die Prüfung nicht schneller. Solange die Prüfung der Flaschenhals ist, werden wir die Transporte nicht quasi per Dauergenehmigung fahren lassen können.

Ein Letztes. Die Beauftragung externer Dienstleister haben wir weiter im Blick. Dies hätte aber in diesem Jahr keine kurzfristige Lösung bedeutet, weil sie bundesweit akkreditiert, also auch von den anderen Ländern anerkannt werden müssen, damit ihre Tätigkeit als hoheitliche Aufgabe akzeptiert wird.

Im Jahr 2021 - auch das müssen wir im Blick haben - wird aller Voraussicht nach das Bundesfernstraßenamt diese Aufgaben übernehmen. Somit ist jetzt bei allem, was wir tun, auch im Hinblick darauf zu planen, dass das möglicherweise nur für einen Übergangszeitraum ist. So viel auch zu der Frage, wie viel Personal man dauerhaft einstellt. Wir müssen einfach sehen, dass wir die Prozesse verantwortungsbewusst steuern.

Mein Ziel ist es, dass wir den Stand der letzten viereinhalb - nicht fünf - Jahre wieder halten, dass wir das Bundesland mit den schnellsten Genehmigungsverfahren in diesem Bereich sind. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das auch erreichen werden. - Vielen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

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Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Senator! Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist nicht die Situation als solche, sondern - das habe ich gestern in der Stadtbürgerschaft schon gesagt - dass Sie nur reagieren, aber nicht agieren. Sie geben nichts vor. Die Mitarbeiter können gut rechnen, das ist keine Frage. Sie können auch Daten hinsichtlich der Brücken berechnen. Es müssten nur ein paar Menschen mehr sein, dann könnten sie schneller rechnen. 2012 gab es aus Ihrer Behörde eine Prognose für 2016/2017. Darin wurde ziemlich genau die Situation prognostiziert, die heute besteht. Sie haben auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber eine Verantwortung. Die haben Sie einfach hängen lassen und haben gesagt: Wir muddeln uns da irgendwie durch.

Das ist konträr zu dem, was uns der Bürgermeister, der Wirtschaftssenator, wer auch immer erzählen: Wir sind Logistikstandort, wir sind so stolz, dass wir hier Windenergie haben. Wer weiß, dass wir Offshore-Windenergiezentrum sind, weiß auch: Die Geräte sind ziemlich groß und lang und haben etwas mit Schwerlasttransporten zu tun.

(Beifall CDU, FDP, BIW)

Sie sind haben sehenden Auges in die Katastrophe hineingesteuert. Das ist mein größter Vorwurf. Das ist bei Ihnen politisch, ideologisch besetzt. Sie haben das nicht übersehen, weil Sie so viel zu tun haben. Es ist ideologisch besetzt. Das haben Sie auch heute Morgen in dem Interview deutlich gemacht. Das ist symptomatisch. Gefragt wurde danach, dass Sie sich zur Verkehrsministerkonferenz in Wolfsburg, der wunderschönen Autostadt, treffen. Welches war Ihre Antwort? Nicht: Ich werde dafür kämpfen, dass wir automatisieren, dass wir uns bei diesem wichtigen Thema der Digitalisierung einsetzen, sondern: Ich schaue einmal, was mit den Katalysatoren und den Abgasen ist. Das ist Ihre größte Sorge. Das ist wichtig.

(Beifall CDU, FDP, BIW - Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

Sie fahren als Verkehrssenator nicht dorthin, um für die Interessen der Unternehmen, der Speditionen, für die Arbeitsplätze hier zu wirken. Das ist mein Vorwurf.

(Beifall CDU, BIW)

Noch etwas zu Herrn Dobrindt. Ich finde es ganz lustig, wie Sie sich an Herrn Dobrindt abarbeiten. Das können Sie gern machen. Die Maut ist so, wie sie ist. Aber was dieser Minister in den letzten Jahren gerade im Bereich der Digitalisierung für dieses Land geleistet hat - -.

(Zurufe)

Sehen Sie, das ist, weil Sie es teilweise nicht verstehen! Wer hat denn die Automatisierung vorangebracht? Sie würden noch mit Karteikarten arbeiten!

(Beifall CDU)

Abschließend zum Thema Infrastruktur. Es ist immer schön, nach Berlin zu schauen, aber Berlin ist nicht immer das Problem bei der Infrastruktur. Berlin ist nicht schuld, dass wir bei der Verlängerung der A 1 noch nicht weiter sind. Die Planungshoheit liegt bei den Ländern. Wenn Frau Linnert immer mehr Planungsmittel herauszieht, dann haben wir keine Planung. Dieses Problem der maroden Infrastruktur gibt es kurioserweise in rot-grün geführten Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, aber nicht in Bayern, nicht in Baden-Württemberg. Das hat etwas mit Planung zu tun.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, das ist deutschlandweit! Fahren Sie einmal über alle Autobahnen!)

Deswegen bin ich froh, dass das bald zu Ende ist und der Bund auch die Planung übernimmt.