Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

Wir haben heute einen sehr langen Tag vor uns. Wir werden die einzelnen Haushalte beraten. Ich werde mich in meinem Beitrag auf die übergeordneten Dinge des Haushalts konzentrieren. Die Einzelberatung werden andere zu den Senatsressorts leisten.

Der Senat hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der sich durch klare Schwerpunkte auszeichnet. Der Bereich Kinder und Bildung wird eindeutig gestärkt. Das betrifft sowohl bauliche Maßnahmen als auch die Aufstockung des Personals.

(Beifall SPD)

Der Senat reagiert damit auf den angestiegenen Bedarf sachgerecht sowie mit einem finanziellen Mehreinsatz, den es nach meiner Kenntnis in der bremischen Geschichte so noch nicht gegeben hat.

Mit den Verstärkungsmitteln werden zusätzliche Ressourcen für eine saubere und auch eine sichere Stadt eingestellt. Das hier zusätzliche Anstrengungen notwendig sind, wird sicherlich niemand bestreiten können.

Die öffentliche Verwaltung soll ertüchtig werden, das Stichwort lautet Digitalisierung. Bremen wird sich noch besser auf die digitalen Anforderungen unserer Zeit einstellen können. Damit greift der Senat die drängendsten akuten Probleme auf und wird sie in den beiden Haushaltsjahren einer Lösung zuführen können. Der Senat hat deshalb auch unsere Unterstützung.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Koalitionsfraktionen haben die Schwerpunktsetzung noch durch ein besonderes Kapitel im Bereich des Wohnungswesens ergänzt. Es werden mehr Mittel für studentisches Wohnen bereitgestellt. Das entlastet einerseits den Wohnungsmarkt, andererseits wird damit der Wirtschaftsstandort gestärkt.

Dieser Doppelhaushalt ist in die Fortsetzung des Konsolidierungspfades eingebettet. Das wird uns die Zinsbeihilfen in den Jahren 2018 und 2019 sichern. Darauf wollen und können wir auch nicht verzichten. Es ist gelungen, die Deckungsquote des Haushalts im Jahr 2016 auf nunmehr 94,4 Prozent zu führen. 2010 waren es nur 73,2 Prozent. Der Primärsaldo ist seit 2015 positiv. Das Finanzierungsdefizit ist von 922 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 135 Millionen Euro im Jahr 2016 gesunken. Der vorgelegte Doppelhaushalt wird es ermöglichen, die Vorgaben der Schuldenbremse im Jahr 2020 einzuhalten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Trotzdem ist nicht zu verschweigen, dass es weiterhin Einschnitte geben wird. Milch und Honig werden nach wie vor nicht fließen. Die PEP-Quote wird ein letztes Mal zur Anwendung kommen. Kollege Eckhoff hat den Konsens im Haushalts- und Finanzausschuss beschrieben. Über die Wege, wie mit der öffentlichen Verwaltung, was Ihre Personalstärke angeht, insgesamt umgegangen werden muss, wird zukünftig entschieden werden müssen. In diesem Haushalt kommt die PEP-Quote also noch zur Anwendung. Allerdings sind weite Bereiche der öffentlichen Verwaltung schon von dieser Quote ausgenommen. Es wird eine deutliche Aufstockung der Kernbereiche der öffentlichen Verwaltung geben, insbesondere im Bereich Kinder und Bildung. Das ist auch gut und richtig so.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir begrüßen auch, dass heute das Zulagensystem aktualisiert wird. Insbesondere begrüßen wir, dass

es im Rahmen des Gesetzes bezüglich der besoldungsrechtlichen Vorschriften eine Aufstockung im Bereich von A 12 gibt, weil wir damit einen Beitrag dazu leisten, uns an die finanzielle Entwicklung der Gehälter und der Besoldung in Niedersachsen anzupassen und einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftegewinnung für unsere beiden Städte leisten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wenn wir auf der einen Seite über Mehrausgaben reden, müssen wir auf der anderen Seite auch über Mehreinnahmen reden. Durch Eigenanstrengungen, insbesondere durch Personaleinsparungen, aber auch durch Steuer- und Abgabenerhöhungen hat die Freie Hansestadt Bremen seit dem Beginn der Sanierungsvereinbarung 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. Bremen ist den Anforderungen des Stabilitätsrats insoweit gerecht geworden.

Aktuell stehen zwei durchaus strittige Veränderungen an. Die erste Veränderung betrifft die Tourismusabgabe. Die Tourismusabgabe wird, wie in anderen Kommunen auch, auf eine prozentuale Abgabe umgestellt. Damit erwartet der Senat eine deutliche Steigerung der Mehreinnahmen, die notwendig ist, um in den Schwerpunktbereichen eingesetzt werden zu können.

Im Übrigen - lassen Sie mich das bei der Gelegenheit sagen - hat es nie den Automatismus gegeben, der hier immer beschrieben wird, wonach Mehreinnahmen bei der Tourismusabgabe automatisch in den Kulturbereich fließen müssten, sondern es war immer allgemeines Haushaltsgeld. Ich finde, diese Legende kann jetzt endlich begraben werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch die Erhöhung der Gewerbesteuer für die Stadtgemeinde Bremen ist ein Beitrag zur Erzielung von Mehreinnahmen. Der erhöhte Hebesatz soll aber eben nicht auf Dauer, sondern nur für zwei Jahre erhoben werden, um die finanziellen Herausforderungen des letzten Schrittes auf dem Konsolidierungspfad bewältigen zu können. Wir halten das für zumutbar und bitten insbesondere die Wirtschaft, dies als einen befristeten Solidarbeitrag zu begreifen.

Meine Damen und Herren, der Senat hat die Haushaltsentwürfe vorgelegt, die die drängendsten Probleme lösen werden. Er hat sichergestellt, dass der Konsolidierungspfad weiterhin beschritten

werden kann und die Ziele erreicht werden. Er hat verstärkte Planungsfristmittel für die Zeit nach 2019 zur Verfügung gestellt, auf dass wir auf das Jahr 2020 vorbereitet sind und weiter investieren können.

2020 wird nicht, wie es im CDU-Antrag steht, das goldene Zeitalter anbrechen. Es wird mit Sicherheit nicht so sein. Dafür müssen wir in viel zu vielen verschiedenen, ja in fast allen Politikbereichen, noch Investitionen tätigen. Aber dieser vorgelegte Doppelhaushalt bereitet die Grundlage für die weitere Gestaltung von Politik, eröffnet die Möglichkeit, über die kommenden zwei Jahre hinaus Politik in diesem Lande zu gestalten. Deshalb bitten wir um Unterstützung für diesen Doppelhaushalt. - Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle aus Sicht der CDU ein paar Bemerkungen zum allgemeinen Teil des Haushalts machen. Den Rest werden die Kollegen in den Einzeldebatten sagen.

Lieber Herr Kollege Liess, in der Politik ist es ganz wichtig, dass Reden und Handeln tatsächlich übereinstimmen. Sie haben zu Beginn Ihrer Rede den LINKEN und der FDP dafür gedankt, dass sie Änderungsanträge gestellt haben. Allerdings haben Sie alle 97 Änderungsanträge der LINKEN und alle 42 Änderungsanträge der FDP abgelehnt. Das hat mit einer glaubwürdigen Haushaltsberatung nichts zu tun.

(Beifall CDU, FDP, BIW, LKR)

Wenn man zusammenrechnet, wie Sie mit den Koalitionsanträgen den Haushalt verändert haben, stellt man fest, dass wir auf der Ausgabenseite über Veränderungen von 3,2 Millionen Euro im Jahr 2018 und über 3,2 Millionen Euro im Jahr 2019 sprechen. Das sind, auf die Gesamtlaufzeit gerechnet, 0,6 Promille des Haushaltsvolumens. Es ist in Deutschland zwar verboten, mit 0,5 Promille noch Auto zu fahren, aber ab 0,6 Promille dürfen Regierungsfraktionen schon noch weitere Anträge schreiben, um einen Haushaltsentwurf zu verändern.

(Beifall CDU)

Dass gerade Sie uns jetzt bei dieser Gemengelage vorwerfen, dass wir keinen Änderungsantrag zum Haushalt eingebracht haben, halte ich für ein völlig falsches Zeichen.

Ich will deutlich machen, wieso wir glauben, dass dieser Haushalt insgesamt nicht zukunftsgerecht ist, und fange mit dem Sanierungsstau an, wobei die genannten Zahlen alle Circa-Zahlen sind: Schulen 675 Millionen Euro, Krankenhäuser knapp 500 Millionen Euro, Häfen mindestens 250 Millionen Euro, Straßen 240 Millionen Euro, Wissenschaft knapp 500 Millionen Euro. Das sind die Fakten. Auf keine dieser Fakten haben der Senat oder die Regierungsfraktionen bis heute eine Antwort gefunden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir vertagen die Probleme, die wir heute haben, wieder einmal auf die nächste Generation.

(Beifall CDU)

Wir müssen zusätzliche Einnahmen erzielen. Richtig, Herr Kollege Liess. Dabei befinden wir uns in einer schwierigen Situation, beim Thema Wohnen auch in einer Wettbewerbssituation mit den Umlandgemeinden. Bis heute nutzen wir zum Beispiel in der Stadt Bremen das Instrument, das wir mit einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft haben, nur unzureichend. Das könnte man viel intensiver machen. Das ist übrigens im Haushalts- und Finanzausschuss diskutiert worden.

Wohnungsgebiete, die eigentlich fertig geplant sind, wie zum Beispiel Brokhuchting, werden aus politischen Gründen nicht angegangen, weil man sich in der Koalition nicht einigen kann. Familien ziehen verstärkt ins Umland. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das kommt, was Herr Weil für den Bereich der Kitas in Niedersachsen angekündigt hat - alle drei Jahre beitragsfrei -, dann können wir unsere Grundstücke hier verschenken, und die jungen Familien werden trotzdem nach Niedersachsen ziehen. Darauf brauchen wir Antworten, aber darauf gibt es leider durch Sie in den Regierungsfraktionen keine Antwort.

Wenn die Opposition dann einmal einen Vorschlag macht - Thema Neustädter Häfen -, brauchen Sie keinen Tag, sondern nur zwei Stunden, um einen solchen Vorschlag in Bausch und Bogen abzulehnen.

(Abg. Tschöpe [SPD]: Der ist auch bescheuert! So etwas Bescheuertes!)

Das ist keine verlässliche Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU)

Glaubwürdigkeit beim Thema Sondervermögen. Als Frau Bürgermeisterin Linnert noch Oppositionsführerin war, hat sie Sondervermögen immer wieder abgelehnt. Jetzt ist sie seit zehn Jahren Finanzsenatorin. Die Sondervermögen gibt es immer noch. In den Jahren 2018 und 2019 werden den Sondervermögen jeweils um die 50 Millionen Euro entzogen, und diese Mittel werden in den allgemeinen Haushalt überführt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das glaubwürdige Politik? Meiner Ansicht nach nein.

(Beifall CDU)

Steuererhöhungen auf Zeit - glaubt uns das wirklich noch jemand? Die Sektsteuer ist 1902 eingeführt worden. Die gibt es heute noch. Der Soli ist 1991 eingeführt worden. Wenn ich die Signale aus der SPD hinsichtlich möglicher GroKo-Verhandlungen in Berlin deute, habe ich nicht den Eindruck, dass auf Nummer eins der Agenda steht, den Solidaritätsbeitrag abzuschaffen, zu reduzieren, auslaufen zu lassen oder was auch immer.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Aber die CDU! - Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ich hatte auch das Gefühl, dass ihr das wolltet!)

Ich wusste gar nicht, lieber Herr Dr. Hilz, dass Sie in Berlin dabei waren und mit am Tisch gesessen haben.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Aber lieber langsam den- ken als gar nicht!)

Ehrlich gesagt, ist es besser, einen Soli über zehn Jahre abzuschaffen, als jetzt eventuell gar nicht, weil Herr Lindner davongelaufen ist.

(Beifall CDU - Abg. Tschöpe [SPD]: Recht hat er!)

Ich darf Folgendes sagen: Das Signal, das in dem Wettbewerb, den wir haben, mit der Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes jetzt wieder in die Wirtschaft ausgesandt wird, ist unserer Meinung nach falsch, gerade vor dem Hintergrund, dass in den Haushaltsberatungen noch einmal deutlich wurde, dass die Finanzsenatorin allein beim Thema Zinsen einen Sicherheitspuffer von circa 20 Millionen Euro eingebaut hat, während die Erträge der „zeitweisen‟ Erhöhung der Gewerbesteuer nur 9 Millionen

Euro betragen sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, verlässliche Politik funktioniert anders.

Sie haben das Thema City-Tax angesprochen. Das finde ich spannend, denn im Jahr 2012 ist von der Bremischen Bürgerschaft beschlossen worden, die entsprechenden Haushaltseinnahmen sollten für den Tourismus fördernde Aktivitäten und die Attraktivitätssteigerung kultureller Angebote eingeplant und damit gezielt für Tourismuszwecke und Kultureinrichtungen in Bremen und Bremerhaven eingesetzt werden. Jetzt wird die City-Tax erhöht. Wir stehen diesem Thema schon immer kritisch gegenüber. Wenn nun die ersten Anmerkungen aus den Kultureinrichtungen kommen, dass sie ein attraktives Standortangebot nicht mehr aufrechterhalten können, um Menschen nach Bremen zu locken, dann läuft doch auch bei der City-Tax etwas falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Regierungskoalition.

(Beifall CDU)