Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Wir debattieren heute die Studie der Bertelsmann Stiftung, zumindest federführend der Bertelsmann Stiftung, mit dem Titel: „Krankenhausqualität aus Patientensicht“. Der Kollege Bensch hat viel über die Studie, aber weniger über den Inhalt der Studie geredet. Ich werde versuchen, den Inhalt der Studie in drei Paketen abzuarbeiten. Das erste Paket ist die Studie selbst, das zweite Paket ist die Haltung der CDU, und das dritte Paket betrifft die Bremer Gesundheitspolitik.

Lassen Sie mich mit dem ersten Paket beginnen. Man muss feststellen, dass die Bertelsmann Stiftung, die ich immer sehr kritisch sehe, in dieser Studie in der Tat einen neuen Weg gegangen ist. Bisher bezogen sich Studien zur Qualitätssicherung auf ärztliche Handlungen und auf die Qualität der Prozeduren, die stattgefunden haben. Bei dieser Studie hat die Bertelsmann Stiftung einfach einmal gesagt, wir wollen schauen, wie die Patienten die Qualität der Krankenhäuser vor Ort bewerten, und ob das möglicherweise auch - so verstehe ich die Studie, sie sagen ja nicht, dass sie das allein Seligmachende sei - eine gute Ergänzung sei, um die Qualität in der Krankenhausbehandlung zu verifizieren.

Was machen sie in der Studie? Sie behandeln hauptsächlich das sogenannte WEB. Das hat in diesem Fall einmal nichts mit dem Internet zu tun, sondern es geht dabei um die Weiterempfehlungsbereitschaft. Es soll herausgefunden werden, inwiefern die Patienten sagen, ja, wir werden in diesem Krankenhaus gut behandelt, die Kommunikation - darauf hat der Bensch schon hingewiesen - läuft hier gut, und wir finden das Krankenhaus so gut, dass wir es unseren Freunden und Verwandten empfehlen können. Das ist die Weiterempfehlungsbereitschaft.

Um was kümmern sie sich in der Studie? Es sind zwei Stationen, die sie versuchen, statistisch zu bearbeiten, nämlich die ärztliche und die pflegerische Versorgung. Dementsprechend wird auch erhoben und nachgefragt. Damit Sie einmal einen Eindruck gewinnen, will ich einmal kurz einen Auszug aus den Ausführungen zur ärztlichen Versorgung zitieren:

„Wurden Ihre Wünsche und Bedenken in der ärztlichen Behandlung berücksichtigt? Wie beurteilen Sie den Umgang der Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus mit Ihnen? Wurden Sie von den Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus insgesamt angemessen informiert? Wie schätzen Sie die Qualität der

medizinischen Versorgung in Ihrem Krankenhaus ein?“

Die gleichen Fragen werden natürlich spiegelverkehrt für die pflegerische Betreuung gestellt. Das ist das Untersuchungsdesign, das hier angewendet wird.

Wenn man sich damit beschäftigt und fragt, ob dieses Untersuchungsdesign aussagekräftig ist, dann kann man das im Endeffekt validieren. Ich will einmal deutlich sagen, für den Aspekt, wie die Patienten vor Ort tatsächlich ihre Versorgung einschätzen, kann man das in jedem Fall so tun. Ich finde, dafür ist diese Studie durchaus valide. Es ist auch ein positiver und für die Zukunft gangbarer Weg.

Wenn man sich das Gesamtbild anschaut, dann muss man zum Beispiel feststellen, dass wir in Bremen den sogenannten Bremer Krankenhausspiegel haben. Der Bremer Krankenhausspiegel ist ein Qualitätssicherungsinstrument. Die Bürgerinnen und Bürger können sich den Bremer Krankenhausspiegel im Internet anschauen. Es sind elf Kliniken einbezogen und 19 der hauptsächlichen Krankheiten, die in den Kliniken behandelt werden. In diesem Fall würde ich auch sagen, dass der Bremer Krankenhausspiegel ein Qualitätssicherungsinstrument ist, das viel breiter aufgestellt ist als die Studie der Bertelsmann Stiftung, die uns hier vorliegt.

Wenn man mit den Beschäftigten der Kliniken Gespräche führt - und ich habe natürlich auch nach dem Vorliegen der Studie Gespräche geführt -, dann muss man feststellen, dass die meisten der Meinung sind, dass der Bremer Krankenhausspiegel ein sehr gutes Qualitätssicherungsinstrument ist und dass er eigentlich ausreichend ist. Natürlich kann man den Bremer Krankenhausspiegel um die Studie zur Patientenzufriedenheit ergänzen. Das zur Studie.

Natürlich muss man sagen, dass die Studie ein Ergebnis präsentiert, und das Ergebnis ist, dass die Bremer Kliniken im Hinblick auf die Weiterempfehlungsbereitschaft unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Sie schneiden nicht gut ab. In Bremen selbst kann man feststellen, dass die freigemeinnützigen Kliniken besser als die GeNo-Kliniken abschneiden.

Ist irgendetwas an der Studie zu kritisieren? Ich würde im Moment sagen, nachdem ich die Studie durchgelesen habe, dass es an den Feststellungen der Studie nichts zu rütteln gibt. Aus der Sicht der

Patienten werden die Bremer Krankenhäuser schlecht bewertet.

Ich gehe jetzt noch ein Stück weiter! Der Kollege Bensch von der CDU hat gesagt, das ist einmal wieder - und das kann man deutlich sehen - eine scheiß Regierung, scheiß Senatorin, irgendwie eine scheiß Gesundheitspolitik. Das ist nicht in Ordnung, und das ist nicht gut.

(Abg. Frau Böschen [SPD]: Oh! Einmal weniger „scheiß“ bitte! - Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Ir- gendwie hat er das so nicht gesagt! - Abg. Röwe- kamp [CDU]: Das ist auch nicht parlamentarisch!)

Ich habe es interpretiert!

(Glocke)

Ich habe es interpretiert, und ich entschuldige mich auch, wenn das nicht parlamentarisch gewesen sein sollte!

(Glocke)

Herr Kollege, nehmen Sie das wieder zurück?

Ich nehme das ausdrücklich zurück!

Man muss jetzt noch einmal schauen, zwar nicht zeitgleich, aber ein bisschen früher, dass es einen Gesundheitscheck, der von der Bertelsmann Stiftung herausgegeben wird, gegeben hat. Der Gesundheitscheck hat sich insbesondere mit dem Pflegepersonal beschäftigt. Es ist deutlich dabei herausgekommen, dass festgestellt worden ist - ich zitiere -: „Internationale Studien belegen, dass mehr Pflegekräfte zu einem besseren Behandlungsergebnis führen. Deutsche Krankenhäuser beschäftigen vergleichsweise wenig Pflegekräfte.“

Das heißt also, dass es eine andere Studie der Bertelsmann Stiftung gibt, die sich mit dem Pflegepersonal beschäftigt und die eigentlich feststellt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Personal- und Patientenzufriedenheit gibt. Ist ausreichendes Personal vorhanden, dann ist nicht nur die Patientenzufriedenheit größer, sondern dann ist die Qualität in den Krankenhäusern besser, und dann ist die Versorgung besser.

Man kann hier auch feststellen, weil sich manche fragen würden, welchen Unterschied es eigentlich

zwischen kommunalen Kliniken und freigemeinnützigen Kliniken gibt, dass die zweite Studie der Bertelsmann Stiftung festhält - ich zitiere -: „In allgemeinen Krankenhäusern in freigemeinnütziger oder in privater Trägerschaft lag der Anteil des Pflegepersonals mit 39 Prozent deutlich höher als in den öffentlichen Häusern, in den öffentlichen Häusern liegt er nämlich nur bei 32 Prozent.“

Das heißt, es wird deutlich ein Zusammenhang hergestellt, dass gesagt wird - ich kann die Gründe nicht ganz nachvollziehen -, man muss feststellen, dass in den freigemeinnützigen Kliniken der Anteil des Pflegepersonals in der Regel - so zumindest die Statistik - höher liegt als in den kommunalen Kliniken. Wenn das so ist, wenn dort also mehr Pflegepersonal beschäftigt wird, dann lässt sich daraus auch gut erklären, dass im Grunde genommen die Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten in diesen Häusern größer ist als bei den anderen.

In dieser Studie wird auch noch einmal ausgeführt, dass natürlich die Bertelsmann Stiftung und andere die Patientenzufriedenheit mit der pflegerischen und der ärztlichen Betreuung abgefragt haben. In diesem Teil kommt sie beispielsweise zu dem Ergebnis, wenn man eine Benotung nach Schulnoten vornimmt, dass Bremen auf die schlechteste Note kommt, nämlich auf 2,04. Danach kommen nur Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Hessen mit gleich schlechten Ergebnissen bei der Patientenzufriedenheit.

Allerdings muss man auch sagen, dass die Bertelsmann Stiftung ganz deutlich auf die Studie verweist, die später herausgegeben worden ist, nach der man feststellen muss, dass die wachsende Belastung der Pflegekräfte noch nicht unmittelbar dazu führt, dass die Patienten mit der Pflege im Krankenhaus unzufrieden sind. Grundsätzlich bewertet sie die pflegerische Betreuung im Jahr 2014 als gut, wobei ältere Menschen und Männer zufriedener sind als jüngere Menschen und Frauen. Man kann aber immer noch feststellen, dass die Patientenzufriedenheit im Augenblick immer noch hoch ist. Ich glaube, dass wir Gefahr laufen, dass sie kippt.

Warum habe ich die Befürchtung, dass die Patientenzufriedenheit kippt? Es gibt ein paar einfache Zahlen, man mag sie für plakativ halten, aber es gibt diese einfachen Zahlen, dass man einfach sagen kann, es gibt von 2015 im Vergleich zu 2000 3,4 Prozent Pflegekräfte weniger gibt. Das ist keine unerhebliche Zahl. Man kann weiter feststellen,

dass in Deutschland 19 Pflegekräfte 1 000 Krankenhauspatienten versorgen, in Norwegen sind es 40 Pflegekräfte. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass man sagen kann, dass eine Vollzeitkraft im Vergleich zum Jahr 2003 heute im Krankenhaus 11,7 Prozent mehr Patienten betreuen muss.

Das ist eine ganze Menge, und das führt einfach zu Belastungen und auch zu Überlastungssituationen in den Krankenhäusern. Das führt letztlich zu einer geringeren Zufriedenheit bei den Patienten und einer geringeren Weiterempfehlungsbereitschaft durch die Patienten.

An diesem Punkt möchte ich meine Ausführungen zunächst einmal beenden. Ich melde mich dann noch einmal wieder.

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dehne.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in dieser Aktuellen Stunde tatsächlich mehr Aufregung erwartet.

(Zuruf Abg. Bensch [CDU])

Man schaut sich das Thema an und fragt sich, in welchem Kontext das Thema von der Opposition eingebracht worden ist. Herr Bensch, ich habe Ihnen sehr konzentriert zugehört, die Essenz Ihrer Forderungen scheint die Erhöhung der Krankenhausinvestitionen, die Werbung für die Große Koalition im Bund

(Abg. Bensch [CDU]: Die Hauptaufgabe?)

und die Bitte um eine konstruktive Zusammenarbeit zu sein. Aha!

(Beifall SPD)

Lassen Sie mich mit der Bertelsmann Studie beginnen, weil sie ja das Thema dieser Aktuelle Stunde ist. Wir haben schon einiges gehört. Es liegt eine Studie mit 140 Seiten vor, sehr deskriptiv, viele Grafiken, viele Tabellen und es stellen sich die Fragen: Was versteht man unter Patientenzufriedenheit, und was versteht man unter einer Weiterempfehlungsbereitschaft? Wir haben eben schon vom Kollegen Erlanson gehört, dass das Wort Weiterempfehlungsbereitschaft in der Studie mit WEB abgekürzt wird.

Ich habe mir die Studie angeschaut. Ich konnte feststellen, dass sie zum großen Teil nur beschreibend ausgeführt ist. Irgendwelche Schlüsse oder Handlungsempfehlungen sind nicht Inhalt der Studie.

(Abg. Bensch [CDU]: Ja, die müssen wir ja festle- gen!)

Es wird geschrieben: In der Diskussion konnten keine Erklärungsansätze für die auffälligen Regionen mit Krankenhausstandorten gefunden werden. Die Studie sagt also selbst, dass Erklärungen für die Befunde in der Studie im Grunde nicht vorhanden sind.

(Abg. Bensch [CDU]: Aber Handlungsempfehlun- gen!)

Herr Kollege, ich komme gleich zu den Handlungsempfehlungen!

Sie haben die Krankenhausinvestitionen angesprochen. Sie wissen sehr genau - und das ist gerade in den Haushaltsberatungen vor nicht allzu langer Zeit beraten worden -, dass Bremen mehr als 38 Millionen Euro im Jahr bereitstellt. Das, finde ich, ist nicht wenig.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir liegen mit unseren Krankenhausinvestitionen - und das wissen Sie auch - im Vergleich der Bundesländer auf Platz drei. Natürlich kann man immer sagen, wir brauchen noch mehr. Das ist gar keine Frage, und das diskutieren wir auch immer wieder in der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz. Ich glaube, Sie finden auch keinen Gesundheitspolitiker, der sagt, die Mittel reichten aus, weitere Mittel seien nicht erforderlich. Natürlich haben wir einen Investitionsbedarf, und ich glaube, wir müssen da in Zukunft zulegen.

Gleichwohl steht in der Studie, und zwar gerade zu den ostdeutschen Bundesländern, in denen in den letzten Jahren und Jahrzehnten umfangreiche Investitionen in die Krankenhäuser stattgefunden haben, Folgendes: „Es gab Einigkeit, dass es in den ostdeutschen Bundesländern in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten zu einem überdurchschnittlichen Ressourceneinsatz gekommen ist.“ Es ist ja auch etwas Schönes, wenn dort Geld in die Krankenhäuser gesteckt wird.

„Die Weiterempfehlungsbereitschaft unterscheidet sich allerdings auch zwischen den einzelnen ostdeutschen Bundesländern nennenswert, und liegt in einigen Ländern über und in einigen Ländern unter den bundesdurchschnittlichen Vergleichswerten.“ Sie können also eben nicht sagen, mehr Investitionen gleich mehr Patientenzufriedenheit!