Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Einmal ganz davon abgesehen, dass es so etwas wie Notwehr gibt, die auch Gewalt ist, und ganz davon abgesehen, dass jetzt meine Redezeit zu Ende ist und ich gleich noch einmal kurz nach vorn kommen muss, bedanke ich mich jetzt für die Aufmerksamkeit und sage zu der Thematik Hooligan und Ultras gleich noch ein paar Worte. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir reden über Gewalt bei Fußballspielen, insbesondere in Bremen. Fußball ist ein schöner Sport.

(Beifall FDP)

Er ist der Königssport in Deutschland, König Fußball, und 99,5 oder 99,9 Prozent gehen zum Fußball, verhalten sich anständig, wollen den Sport erleben und Spaß im Stadion haben. Dennoch wird das Bild des Fußballs durch Krawall und Gewalttätigkeiten in Mitleidenschaft gezogen, und dies kann von uns, der Gesellschaft, nicht toleriert werden.

(Beifall FDP)

Es ist auch für die vergangenen Jahre aufgezeichnet worden, wie viele Straftaten es gegeben hat, Beleidigungsdelikte will ich jetzt einmal als nicht so gravierend bewerten, aber Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung oder größere Delikte sind einfach nicht hinnehmbar. Das hat mit dem Fußballsport alles absolut nichts zu tun!

(Beifall FDP)

Die Beantwortung dieser Anfrage macht auch deutlich, und das stimmt bedenklich, dass Fußballspiele für, wie ich einmal sagen will, faschistoide Verhaltensweisen sowohl von links als auch von rechts genutzt werden. Für mich ist faschistoides Verhalten immer Verhalten, bei dem Gewalt angewendet wird, und Gewalt gehört einfach nicht in den Raum des Sports, ganz egal, was damit verfolgt wird. Wir wollen Fußballspiele sehen, wir wollen

Sport erleben, aber nicht Krawall und politische Auseinandersetzung mit fadenscheinigen Argumenten irgendwelcher Gruppen, wodurch unsere Gesellschaft und der Sport beschädigt werden. Das geht nicht!

(Beifall FDP)

Es bringt aber nichts, nur darüber Klage zu führen, dass wir diese Zustände haben. In der Beantwortung wird sehr ausführlich dargelegt, welche Maßnahmen getroffen werden, um dem Einhalt zu gebieten, und dies schon seit einigen Jahren. Wir haben den Ausschuss für Sicherheit und Sport, wir haben viele Fanprojekte, wir haben auch vorbildliche Fanprojekte von Werder Bremen. Werder Bremen ist bei der Gestaltung und bei der Handhabung der Fanprojekte in der Bundesrepublik im Vereinsleben vorbildhaft, und dies muss man einfach honorieren und auch weiter ausbauen.

Das Thema Pyrotechnik wurde angesprochen. Wir sehen es etwas anders. Werder ist für ein Verbot, wir haben auf der Bundesebene der FDP überlegt und auch beschlossen, in gesicherten Verhältnissen sollte man dies zulassen, aber das geht nur dann, wenn alle Bundesligavereine entsprechend mitwirken, und zurzeit gibt es Überlegungen, ob man auch eine sogenannte kalte Pyrotechnik - ich glaube, in Skandinavien ist das schon Praxis - einführen könnte

(Beifall FDP)

Das Streichen der Stehplätze als Alternative würden wir auch nicht begrüßen. Es macht sicherlich Sinn, wenn man lang im Fußball zu Hause gewesen ist, die gute Stimmung durch Stehplätze - ich denke an Dortmund und auch an andere Vereine - zu erhalten. Das macht für eine Stimmung im Stadion etwas her, und Stehplätze müssen nicht automatisch Gewaltanwendung oder anderes negatives Verhalten bedeuten.

(Beifall FDP)

Worum geht es? Wie bekommen wir diese Krawalle, diese Körperverletzungen und diese Beschädigung des Fußballsports in den Griff? Der erste Vorschlag von uns ist, dass wir die Straftaten rund um den Fußball in Statistiken ausweisen sollten - das ist bisher nicht der Fall -, damit wir in Zukunft mehr Vergleichsmaterial finden und auch Möglichkeiten sehen, wie wir mit Einzelmaßnahmen aufwarten können.

Der zweite Vorschlag: Stadionverbote werden von den Bundesligavereinen durchgesetzt, aber wir brauchen darüber hinaus auch Platzverbote um das ganze Stadion herum.

(Beifall FDP)

Wir brauchen die Durchsetzung für die Leute, die sich danebenbenehmen und Straftaten begangen haben, das ist klar! Wir brauchen die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, wenn sich Leute etwas haben zuschulden kommen lassen. Wir brauchen die Durchsetzung von Strafverfahren, damit die Personen merken, was ihr Fehlverhalten bedeutet hat.

(Glocke)

Ich komme noch ein zweites Mal wieder. - Danke!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will doch noch einmal kurz auf einige Vorredner eingehen.

Herr Rupp, Sie haben auf die zurückgehenden Zahlen hingewiesen, Sie müssen sich dieses Phänomen bundesweit ansehen! Die Bremer sind auch außerhalb tätig, und da sehen die Zahlen durchaus ein bisschen anders aus.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Aber die stehen nicht in der Anfrage!)

Sie wissen es aber ja trotzdem, wenn Sie sich interessiert um die Situation in Deutschland kümmern.

Darüber hinaus wissen Sie auch, dass Züge der Deutschen Bahn regelmäßig auf dem Hinweg wie auf dem Rückweg auch von Bremer Fans massiv beschädigt werden. Sie werden sogar in Hannover auf dem Weg nach Wolfsburg angehalten, und weit über 100 sogenannte Fans werden aus den Zügen entfernt. Auf diese Einzelheiten will ich hier jetzt aber gar nicht weiter eingehen.

Entscheidend ist in dem Zusammenhang, dass wir offensichtlich vermehrt in eine politische Auseinandersetzung zwischen rechts und links geraten, in Stadien und außerhalb der Stadien. Da stellt sich wirklich die Frage: Was hat das noch mit Fußball zu tun? Jeder sollte eigentlich der Meinung sein, ich gehe zum Fußball und schaue mir Fußball an, das hat mit Politik nur sehr am Rande etwas zu tun.

Dagegen spricht so etwas, was der Präsident von Eintracht Frankfurt deutlich gesagt hat, vor wenigen Tagen ist er im Sportstudio gewesen: Linke Gewalt ist dann okay, wenn sie gegen rechts praktiziert wird, im Stadion oder außerhalb des Stadions. Damit wird natürlich nicht nur dokumentiert, Fußball habe etwas mit Politik zu tun, was ich verneine, sondern es wird auch dokumentiert, dass es aus seiner Sicht gute Gewalt und schlechte Gewalt gibt. Das hat am Rande von Fußballspielen überhaupt nichts zu suchen!

(Beifall CDU, FDP)

Herr Senkal, Sie haben deutlich gemacht, wenn man eine Gebühr erhebe, dann sei alles in Ordnung. Nein, dann ist nichts in Ordnung, denn die Gewalt am Rande von Fußballspielen, über die wir hier sprechen, ist damit doch in keiner Weise verhindert. Nein, die Gewalt muss diskriminiert werden. Es nützt nichts, wenn man die DFL oder letztendlich die Vereine dazu bringt zu zahlen.

(Abg. Senkal [SPD]: Dann haben Sie mir nicht rich- tig zugehört!)

Es geht gar nicht so sehr darum, ob sie zahlen müssen oder nicht, das wird ja gerichtlich geklärt werden, sondern wir müssen dafür sorgen, dass diese Gewalt endlich beseitigt wird, und dafür sind die Vereine in die Pflicht zu nehmen, damit sie dafür sorgen, dass ihre Fans, ihre Ultras, ihre Hooligans, die in irgendeiner Form im Stadion oder außerhalb des Stadions vagabundieren, endlich begreifen, dass das am Rande des Fußballs nichts zu suchen hat! - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir vollständig sicher, dass die meisten Fußballfans, Vereine, Funktionäre und Fanprojekte aller Vereine in der Bundesrepublik meinen, dass Gewalt und gewalttätige Auseinandersetzungen in Stadien und um Stadien herum nichts zu suchen haben.

(Abg. Hinners [CDU]: Die meisten gehen ja auch friedlich hin!)

Jetzt habe ich mich mit der Vergangenheit der letzten Jahre von Werder Bremen und der Frage der

Ultras und Hooligans beschäftigen müssen, weil ich Frau Vogt heute vertrete. Es war klar, dass es eine Zeit gegeben hat, in der rechtsgerichtete Hooligans, Neonazis, in die Stadien gegangen sind, eigene Leute rekrutiert und andere Leute angegriffen haben. Als Reaktion darauf - so hat man mir berichtet - haben sich die Ultras entschlossen, dieser Form von Aggression in einem Akt der Selbstverteidigung entgegenzutreten, und das finde ich legitim.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn jemand in die Stadien geht und dort aggressiv ist, dann muss er auch damit rechnen, dass die, die dort sind, ihm deutlich machen: So etwas machen wir jetzt einmal nicht!

(Abg. Hinners [CDU]: Dafür ist die Polizei da! - Abg. Kastendiek [CDU]: Haben Sie schon einmal etwas vom Gewaltmonopol gehört?)

Würde mich persönlich jemand angreifen, hätte ich auch das Recht, mich zu verteidigen.

(Abg. Hinners [CDU]: Persönlich, ja!)

Jeder Einzelne, ja, und ich kann auch andere um Hilfe bitten, mich zu verteidigen. Das finde ich in diesen Stadien auch völlig legitim. Faschisten haben in Stadien nichts zu suchen, sie haben den Fußball nicht für ihre Zwecke zu missbrauchen!

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde es richtig, auch politisch, in den Stadien dafür zu sorgen, dass sie dort nichts zu sagen haben und nicht wieder hineinkommen. Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Es ist angesichts der dreistelligen Millionensummen, die in der Bundesliga bewegt werden und von Vereinen wie Bayern München und Dortmund, die Finanzierungen haben, von denen Werder nur träumen kann, verlockend zu sagen: Wir brummen euch jetzt die Strafe dafür auf, dass ihr solche Fans habt, die randalieren. Ich bin sehr skeptisch, ob das der richtige Weg ist.

Die Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen, ist und bleibt unseres Erachtens eine hoheitliche Aufgabe. Sie kann nicht in irgendeiner Weise verkauft werden, finde ich, und es ist meines Erachtens nicht legitim, Rechnungen dafür auszustellen, denn unabhängig von der Frage, ob sie im Einzelfall bezahlt werden könnten oder nicht, stellt sich die Frage:

Wo endet das? Wann fangen wir an, für den nächsten Polizeieinsatz eine Rechnung zu schreiben?