Ja natürlich, Sie machen ja nur Dinge, die richtig sind, das wissen wir. Insofern gehe ich davon aus, dass wir an dieser Stelle vermutlich noch einmal oder noch häufiger über diese Frage diskutieren können, aber wir gehen den Weg der Sanierung, der Qualitätssteigerung im Bestand und dann der Analyse der Flächen. Danach können wir weiter darüber sprechen, was für uns aus unserer Sicht erforderlich ist. – Herzlichen Dank!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Hier ist Überweisung zur Beratung und zur Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit vorgesehen. Wer der Überweisung des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/60 und des Antrags der Fraktion der CDU mit der DrucksachenNummer 19/65 zur Beratung und zur Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist entsprechend.
Jetzt möchte ich auf der Besuchertribüne eine Gruppe von Mitgliedern des Vereins ehemaliger Heimkinder und eine Gruppe des Instituts für Berufs- und Sozialpädagogik begrüßen. Herzlich willkommen hier im Haus!
Opfer von Unrecht und Misshandlung in Heim- und Behindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949 bis 1990 müssen entschädigt werden Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU vom 12. Oktober 2015 (Neufassung der Drucksache 19/61 vom 8. September 2015) (Drucksache 19/105)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne! Nach dem Zweiten Weltkrieg bis hinein in die Mitte der Siebzigerjahre war eine Heimunterbringung in Deutschland für viele Kinder und Jugendliche Alltag und häufig schrecklicher Alltag. Die Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe war noch längst nicht auf dem Stand, auf dem wir heute debattieren. Inklusion gab es noch nicht einmal als Wort, geschweige denn als Haltung. Auch die psychiatrischen Hilfesysteme folgten einer völlig anderen Vorstellung, als wir es heute für gang und gäbe halten, auch wenn da heute noch einiges zu verbessern ist, wie Sie wissen. Wegsperren war etwas Normales, und der Heimaufenthalt der etwa 800 000 betroffenen Kinder war vielfach von traumatisierenden Lebens- und Erziehungsverhältnissen geprägt.
Heute, ich habe es gerade schon erwähnt, sind wir der Inklusion verpflichtet, und wir arbeiten alle gemeinsam an deren Umsetzung.
Für ehemalige Heimkinder, denen zwischen 1949 und 1990 in der ehemaligen DDR Unrecht widerfahren ist, wurde inzwischen ein Fonds für Entschädigungszahlungen eingerichtet. Auch für Heimkinder, die in der Bundesrepublik zwischen 1949 und 1975 Unrecht erlebt haben, gibt es inzwischen einen Entschädigungsfonds, und das finden wir auch gut so.
Wenn wir über Entschädigungsfonds reden und damit das Wort Entschädigung in den Mund nehmen, finde ich wichtig zu bedenken, dass es Entschädigung im engeren Sinne nicht geben kann. Wird ein Kind, ein Jugendlicher von denjenigen Menschen schlecht behandelt, denen er oder sie Vertrauen schenken will und Vertrauen schenken muss, weil niemand anders da ist, so erzeugt das in der Regel Wunden, die nie wieder vollständig heilen. Das kann nicht entschädigt werden, nicht durch Geld und auch nicht auf andere Weise.
Aber das Leid kann anerkannt werden, und es kann gewissermaßen ein Schmerzensgeld gezahlt werden. Das kann der Verarbeitung des Erlittenen dienen. Das ist, wie ich finde, das Mindeste, was wir tun können.
reits gibt, bis heute ausgeschlossen ist, nämlich Kinder und Jugendliche, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder psychiatrischen Einrichtungen misshandelt wurden. Für sie gibt es bis heute diese Wiedergutmachungszahlung nicht. Wir finden, das darf so nicht bleiben. Ein Ausschluss von Behinderten und psychisch Kranken widerspricht in jeder Hinsicht nicht nur dem menschlichen Empfinden, sondern auch der UN-Behindertenrechtskonvention. Selbstverständlich müssen wir hier zu einer Gleichbehandlung kommen und dafür setzen wir uns in unserem Antrag ein.
Schon 2013 wurde auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz beschlossen – Frau Stahmann wird es bestätigen –, dass eine Gleichbehandlung aller Personenkreise durch eine Fondslösung angestrebt wird, aber bis heute ist dies nicht passiert. Es wird zwischen Bund, Ländern und Kirchen immer wieder diskutiert, wer was zu bezahlen hat.
Die Betroffenen aber können nicht mehr lange warten. Sie sind überwiegend alt und sollten noch zu Lebzeiten erfahren, dass ihr Unrecht gesehen und mit einer Zahlung anerkannt wird. Wir werden dieses Unrecht nie wiedergutmachen können. Wir können es aber anerkennen, uns in Respekt verbeugen und sehr zügig einen Hilfsfonds einrichten. Das ist das Mindeste, was wir tun können.
Abschließend möchte ich unser aller Augenmerk noch einmal ganz kurz auf das Jetzt richten. Entschädigungsfonds für vergangenes Unrecht sind das eine. Das andere aber ist es, heute, hier, jetzt und immer dafür einzutreten, dass die Rechte von Behinderten und psychisch Kranken nicht nur schön in der UNBehindertenrechtskonvention aufgeschrieben werden – es ist gut, dass das dort steht –, sondern wir überall darauf drängen, dass die Rechte von Behinderten und psychisch Kranken in allen Lebensbereichen geachtet und gewahrt werden. Es ist noch einiges zu tun, bitte unterstützen Sie unseren Antrag! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede – ich kann es nicht lassen – möchte ich einen Gast auf dem Besucherrang begrüßen, nämlich Rolf Michael Decker. Herr Decker war einer der Urheber der an den Deutschen Bundestag gerichteten Petition, der im Jahr 2013 entsprochen worden ist. Das ist bei Petitionen nicht immer der Fall, das kennen wir ja aus Bremen. Sein Engagement – er ist
Mitglied im Verein Heimkinder e. V. – hat wesentlich dazu beigetragen, dass wir heute die Situation dieser speziellen Gruppe der Heimkinder überhaupt erörtern. Ich darf Herrn Decker recht herzlich begrüßen.
Erst 2012 – ich glaube, es hat sehr lange gedauert, um es einmal so auszudrücken, Frau Dr. KappertGonther hat es auch schon erwähnt – wurden die „normalen Heimkinder“ über einen Fonds für das an ihnen begangene Unrecht entschädigt. Ich weiß, „entschädigt“ ist ein schwieriges Wort, aber man kann es wohl nicht anders ausdrücken. Bei der Einrichtung des Fonds ist es zu einem kleinen Geburtsfehler gekommen. Es ist ein runder Tisch eingerichtet worden. Interessanterweise waren an diesem runden Tisch die Heimkinder, die nicht nur den Opferstatus als wehrlose Kinder hatten, sondern zusätzlich noch geistig und körperlich behindert waren oder die aufgrund ihrer Situation an psychischen Krankheiten litten, also gerade die Hilflosesten der Hilflosen, um es einmal so zu sagen, nicht beteiligt, weil gesagt worden war, dass dies nicht der Auftrag des runden Tisches sei.
Die Gruppe der Hilflosen ist durch Aktivitäten in der letzten Zeit in den Fokus geraten, man hat erneut diskutiert und runde Tische eingerichtet, um festzustellen, auf welche Weise gegebenenfalls verfahren werden könne. Frau Dr. Kappert-Gonther hat es bereits erwähnt, das Ganze hat einen etwas schalen Nachgeschmack, es geht nämlich sehr vielen eigentlich wieder nur darum, wer den Fonds in welcher Höhe mit Finanzmitteln ausstattet.
Allerdings gibt es immer wieder auch Hoffnungsvolles. Es haben sich beispielsweise die vier Behindertenbeauftragten des Deutschen Bundestages nachdrücklich dafür ausgesprochen, dass es einen Fonds für Entschädigungsleistungen auf jeden Fall geben sollte.
Im November 2014 wurde ein weiterer runder Tisch ins Leben gerufen. Die Gespräche führten unter anderem zu dem Ergebnis, dass die meisten Länder die Einrichtung eines Fonds ablehnten, weil sie befürchteten, dass der Länderanteil zu hoch ausfallen könne. Das war das Problem, und damit war die Angelegenheit erneut auf Eis gelegt. Stattdessen diskutierte der runde Tisch – und das kann man natürlich machen, wenn man keine Fondslösung anstrebt – eine rechtsverbindlichere Variante, und zwar eine Problemlösung über das Rentensystem.
Diese Variante wurde heiß und innig diskutiert. Man muss im Augenblick feststellen – und das zeigt der Antrag der Bremer Regierungskoalition –, dass mehrere Länder erneut die Fondslösung prüfen und man sie gegebenenfalls bevorzugt. Das ist aus meiner Sicht in Ordnung, denn es ist besser, wenn die Betroffenen eine Entschädigung erhalten, aber nicht leer ausgehen. Das ist der Punkt.
Ich will auch noch einmal sagen, dass die Diskussion immer wieder von sehr unterschiedlichen Modellen gekennzeichnet gewesen ist. Selbst meine Partei – und das will ich hier auch einmal erwähnen – hat eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft für selbstbestimmte Behindertenpolitik gegründet, in der sich viele betroffene Heimkinder versammelt haben, und zwar auch aufgrund von Frustrationen, die sie an anderen Stellen erfahren haben. Die Arbeitsgemeinschaft hat die Forderung formuliert, dass sie es als richtig ansehe, wenn eine monatliche Rente in Höhe von 300 Euro gezahlt werden würde beziehungsweise die Zahlung eines einmaligen Betrages, soweit gewünscht, in Höhe von 54 000 Euro. Ich will damit sagen, dass es auch andere Modelle gibt, die verfolgt werden können.
Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz sagen wir als LINKE: Man kann natürlich die Position einnehmen, wenn für den einen Bereich eine Fondslösung etabliert wird, dann sollte das auch für den anderen Bereich geschehen. Das ist vertretbar.
Ich finde, das Schwierigste ist – und deswegen werden wir dem vorliegenden Antrag zustimmen –, dass wirklich die Hilflosesten der Hilflosen erst einmal ausgeschlossen werden, denn sie müssen darum kämpfen, dass man sie bedenkt, und mittlerweile ist schon so viel Zeit vergangen, dass man wirklich die Befürchtung haben muss, dass einige, selbst wenn sie etwas zugesprochen bekämen – was auch immer, ob Fonds oder Rente –, es gar nicht mehr genießen könnten. Das ist der eigentliche Skandal.
Deswegen sagen wir in aller Deutlichkeit: Ein Fonds ist besser als kein Fonds, und deshalb stimmen wir dem Antrag zu. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn es so ist, dass die Opfer von Unrecht und Misshandlungen in Heimen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie – und dies über Jahrzehnte hinweg – nicht entschädigt worden sind, dann ist es höchste Zeit, politisch zu handeln.
Wir als CDU schließen uns den auch inhaltlich begründeten Forderungen an. Wenn es so ist, dass die Regelsysteme, die wir haben, einfach nicht helfen können, wenn also die Rentenversicherung und das
Opferentschädigungsgesetz keine Chance zulassen, um helfen zu können, dann müssen wir neue Wege finden. Wenn der Bund inzwischen signalisiert hat, ja, wir wollen einen Fonds einrichten, die Länder, die dieser Regelung eigentlich zustimmen wollen, es aber dennoch noch nicht tun, also den Druck der Landesparlamente brauchen, dann sind wir als CDU sehr gern bereit, diesen Weg zu gehen. Wir unterstützen deshalb nicht nur voll und ganz den Antrag, sondern wir hatten sogar angeboten, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren.
Wir unterstützen mit Nachdruck das Anliegen, und wir freuen uns, dass wir hier im Parlament eine breite Mehrheit haben, vielleicht stimmt auch das gesamte Parlament dem Antrag zu, um endlich den notwendigen Druck zu machen, damit es zu einer Entschädigung der Betroffenen kommt. Die Nichtentschädigung muss einfach ein Ende haben.
Frau Kollegin Dr. Kappert-Gonther hat zum Schluss ihres Beitrags etwas ganz Wichtiges, das außerhalb des Antrags steht, nämlich die UN-Behindertenrechtskonvention erwähnt. Man sollte sie nicht nur auf dem Papier gut finden, sondern man sollte danach leben und politisch handeln. Wir als Parlament können das heute hier demonstrieren und unseren Beitrag dazu leisten, dass die UN-Behindertenrechtskonvention mit Leben gefüllt wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!