Protokoll der Sitzung vom 30.05.2018

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE mit der Drucksachen- Nummer 19/1673 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Entschließungsantrag einstimmig zu.

(Beifall)

Kontinuität der musischen Ausbildung in den Bremer Schulen ermöglichen Antrag der Fraktion der CDU vom 9. Februar 2016 (Drucksache 19/266)

Wir verbinden hiermit:

Kontinuität der musischen Ausbildung in den Bremer Schulen ermöglichen Bericht der staatlichen Deputation für Kinder und Bildung vom 29. November 2017 (Drucksache 19/1421)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Pietrzok.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war einmal! Es war einmal eine Gruppe von engagierten Bremerinnen und Bremern, die im Jahr 2008 den Verein Bremer Notenschlüssel gegründet hat. Das ist ein Verein, der sich um die Frühförderung von Kindern in der Musik kümmert, sie mit Instrumenten ausstattet und Mittel auftreibt sowie Unterrichtungen gewährleistet, die im Stadtteil Osterholz an der Grundschule Andernacher Straße begonnen wurden. Es hätte ein so schönes Märchen sein können, wenn nicht die Bremer Bildungspolitik und Protagonisten, zu denen ich gleich noch komme, dieses Märchen nicht gut hätten enden lassen können, und der traurige Endpunkt ist der Bericht, der später hier noch zur Abstimmung steht.

(Beifall CDU, BIW)

Im Jahr 2008 wurde begonnen, und wie es in der Grundschule so ist, die Kinder werden älter, und das Ende der Grundschulzeit steht an. Wie es die glückliche Fügung so will, befindet sich gar nicht weit von der Andernacher Straße kein Hexenhäuschen, sondern die Gesamtschule Ost, und die Gesamtschule Ost ist ja mittlerweile dank eines weisen Beschlusses der damaligen Großen Koalition Heimstatt der Deutschen Kammerphilharmonie.

Sehr viele der Damen und Herren hier auf der Senatsbank freuen sich auch darüber und drängen sich auf jedes Pressefoto, das sich ihnen dort bietet, denn dort wird die musikalische Förderung von älteren Kindern und Jugendlichen in Zusammenarbeit mit Profimusikern exzellent fortgesetzt. Das ist eine wahre Erfolgsgeschichte, die dort an der GSO passiert.

(Beifall CDU)

Jetzt wäre es wunderbar gewesen, wenn diese beiden Erfolgsgeschichten – die Arbeit des Vereins Bremer Notenschlüssel an der Andernacher Straße und die Arbeit der Deutschen Kammerphilharmonie an der Gesamtschule Ost – hätten zusammengeführt werden können. Ja, es ist der Konjunktiv! Es hat Gespräche gegeben. Der damalige Schulleiter der Gesamtschule Ost – der von mir wirklich hoch geschätzte Franz Jentschke, inzwischen Mitglied der Bildungsdeputation für die SPD – war und ist Feuer und Flamme dafür, dass die Schüler der Andernacher Straße, die in dieser Musikförderung waren, ein Anwahlrecht für die Gesamtschule Ost insofern haben, als sie aufgrund ihrer dort erfolgten musikalischen Förderung dort einen Platz bekommen können, wenn sie ihn wollen.

Es ist ja überhaupt kein Ding der Unmöglichkeit. Wir haben ja so etwas in Bremen, denn an der Oberschule Ronzelenstraße, einer Schule, die von der Bildungsbehörde zur Schule mit besonderem sportlichen Profil ernannt wurde, gibt es das. Schülerinnen und Schüler, die im sportlichen Bereich in der Grundschule gefördert wurden, können mit diesem Zusatz die Oberschule Ronzelenstraße anwählen und werden bevorzugt aufgenommen. Auch da gibt es Kriterien, und es hat viele Gespräche gegeben.

Die Staatsrätin für Kultur, Carmen Emigholz, hat mit warmen Worten, wie man es von ihr kennt, den Vertretern der Schule und dem Verein Bremer Notenschlüssel ihre Unterstützung zugesagt. Der Senator für Kultur und Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, Jens Böhrnsen, hatte dieses Projekt zu seinem Projekt gemacht, das er persönlich unterstützt. Dem damaligen Staatsrat für Bildung – mittlerweile ist er Staatsrat für Wissenschaft und Gesundheit –, Herrn Kück, ist dieser Sachverhalt sehr bekannt, denn wir haben im Jahr 2014 Gespräche geführt und in den Gesprächen, die es dann noch in der damaligen Legislaturperiode gegeben hat, darauf vertraut, dass wir der mündlichen Zusage, ja, wir erreichen etwas, glauben können.

Wir haben dann zu Beginn dieser Legislaturperiode festgestellt – neue Handelnde, manche Handelnde wie die damalige Bildungssenatorin, mittlerweile auf anderer Position! –, in Teilen konnte man sich nicht mehr erinnern. Dann haben wir zum Beginn des Jahres 2016 einen Antrag eingebracht, das ist mittlerweile auch fast zweieinhalb Jahre her. Dieser wurde fast zwei Jahre später in der Bildungsdeputation mit dürren und wenig inhaltlich überzeugenden Formulierungen abgelehnt,

(Abgeordneter Güngör [SPD]: Waren Sie eigentlich dabei?)

und diesen Bericht und Antrag der Deputation werden wir heute hier zu beraten haben.

Meine Damen und Herren, mich ärgert, dass Sie keine inhaltlichen Gründe haben. Bei Ihnen geht es nicht um Idealismus, sondern um Ideologie.

(Beifall CDU)

Sie wollen nicht, dass man aufgrund einer besonderen Neigung, einer geförderten Leistung einen besonderen Zugang zu einer Schulform bekommt. Bei Musik ist es wie mit den Fremdsprachen: Ohne Üben, ohne Förderung funktioniert es nicht. Ich wäre Ihnen dankbar – spätestens im nächsten Jahr nach der Bürgerschaftswahl werden wir dieses Thema nämlich wieder aufrollen, haben Sie keine Angst davor! –, das Bremer Schulgesetz, das Bremer Schulverwaltungsgesetz auch gegebenenfalls einmal ändern zu können. Ich weiß, dass Sie Angst davor haben, dass ein Gericht Sie, wie in der Vergangenheit, deshalb wieder dafür rügen könnte – damals auch zu Recht! –, aber es kann nicht sein, dass Kinder unter Ihrer dogmatischen ideologischen Sturheit leiden. Es kann nicht sein, dass Sie Ehrenamtlichen so offen demonstrieren, wie egal Ihnen Ehrenamt in Bremen ist, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU, BIW – Glocke)

Wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie nicht wollen, und wir sagen Menschen, dass Sie nicht wollen, und wir wollen und werden es machen, wenn wir können. – Vielen Dank!

(Beifall CDU, BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herr Güngör.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Rohmeyer, mir fehlen so ein bisschen die Worte, weil Sie das ganze Thema hier völlig schräg und völlig realitätsfern dargestellt haben. Das war nicht in Ordnung, so wie Sie das hier dargestellt haben.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Ja, Ihre Kleinkariertheit!)

Hören Sie zu, es hat auch nichts mit kleinkariert zu tun.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Natürlich ist es kleinkariert!)

Ich hätte zum Beispiel gern von Ihnen das Wort Anwahlverfahren gehört, das haben Sie mit keiner Silbe erwähnt, oder welche juristische Grundlage. Deshalb versuche ich, es vielleicht noch einmal anders darzustellen. Vielleicht hätten Sie sich auch die Mühe machen sollen, den Bericht der Deputation vernünftig zu lesen, dann würden Sie auch sehen, dass wir das gar nicht ablehnen.

Meine Damen und Herren, man darf an dieser Stelle trotzdem sagen, dass dieser Antrag und auch dieses Vorhaben zeitlich nicht unbedingt unter einem besonders guten Stern standen. Deshalb will ich mich auch noch einmal hier an dieser Stelle bei Herrn Dr. vom Bruch für die Geduld bedanken, dass wir, nachdem wir den Antrag hier in der Bürgerschaft in die Deputation überwiesen haben, einen intensiven Beratungsbedarf gehabt haben.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Genützt hat es nichts!)

Genützt hat es schon etwas, das sehen Sie ja am Bericht. Wir haben in der Tat als Fraktion der SPD hier einen intensiven Beratungsbedarf gehabt. Das ist bei Diskussionen um das Anwahlverfahren, was wirklich ein schwieriges ist, auch immer so. Wenn wir uns einmal die Debatte um die Geschwisterkinderregelung anschauen, dann werden Sie auch sehen, dass hier viele Juristen am Tisch gesessen haben und wir immer noch nicht glücklich und zufrieden mit dem sind, was wir jetzt an Anwahlverfahren auf dem Tisch haben. Warum? Weil, lieber Herr Rohmeyer, ein Aufnahmeverfahren auf der anderen Seite eben auch rechtssicher sein muss. Es hat nichts mit Angst zu tun, sondern wir bewegen uns hier auf dem Boden der Verfassung, und das verfassungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit muss hier gewährleistet sein.

(Beifall SPD – Abgeordneter Rohmeyer [CDU] mel- det sich zu einer Zwischenfrage – Glocke)

Ich habe nur fünf Minuten, ich glaube, Sie tun gut daran, wenn Sie jetzt eben zuhören, Herr Rohmeyer. Auf der anderen Seite, vor Ihnen habe ich noch nie Angst gehabt, Herr Rohmeyer.

(Abgeordneter Rohmeyer [CDU]: Faktenlage!)

Es sei denn, ich würde Ihnen irgendwann im Dunkeln begegnen, dann vielleicht, aber politisch auf keinen Fall. Auf der anderen Seite muss es neben der Chancengleichheit, die verfassungsrechtlich wichtig ist, eben auch möglich sein, begründete Ausnahmen darzustellen. Wir haben wenige Schulen, die so eine Sonderregelung haben. Das ist, Sie haben es erwähnt, das Sportprofil mit der Oberschule Ronzelenstraße oder das Sprachprofil am Gymnasium Horn. Gegenstand der langen Diskussion war ja, ob wir diese musische Bildung auch an der Gesamtschule Bremen-Ost (GSO), die sich eben zu einem hervorragenden Kulturprofil entwickelt hat, berücksichtigen können. Die Gesamtschule Ost – und an dieser Stelle darf man der Schule noch einmal herzlich zum Deutschen Schulpreis gratulieren, besonders dem gesamten Kollegium –

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

hat sich mittlerweile wirklich zu einem Vorzeigemodell für gelingende Schule mit Kultur im Mittelpunkt entwickelt, und die regelmäßig stattfindenden Stadtteilopern sind bundesweit bekannt. Was noch fehlt, sind Schülerinnen und Schüler, die ein Streichinstrument beherrschen. Bislang kann die GSO nämlich nur mit ausgezeichneten Bläsern aufwarten, aber allen sollte eigentlich bekannt sein, dass das Vorzeigeorchester, im Übrigen eines der besten Kammerorchester der Welt, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, kein Blasorchester ist, sondern im Mittelpunkt dieses Orchesters stehen die Streichinstrumente.

Konkret geht es darum, ob wir Schülerinnen und Schülern an zwei Grundschulen in Osterholz – es ist nicht nur die Andernacher Straße – die ein Streichinstrument erlernen möchten, eine bevorzugte Aufnahme realisieren können. Das muss aber eben juristische Hürden überwinden und entsprechend gerichtsfest sein. Der rechtliche Rahmen ist da nicht einfach, aber aus unserer Sicht auch nicht unmöglich. Profilentwicklung ist im Übrigen etwas, das wir auch politisch wollen und künftig weiter ausbauen und auch fördern möchten. Daher geht

es in der gesamten Diskussion dann auch nicht nur um eine einzelne Schule. Schulen sind alle herausgefordert, sich zu profilieren und mit interessanten, gut begründeten Ideen auf den Weg zu einer besseren Schule zu machen. Gerade eine profilorientierte Weiterentwicklung des Aufnahmeverfahrens könnte eine konstruktive Weichenstellung für eine bessere Schulentwicklung sein.

Meine Damen und Herren, das Allerwichtigste im Bericht der Deputation zu dem vorliegenden Antrag, der vorerst abgelehnt werden soll, ist im Fazit zu lesen. Bei einer künftigen Novellierung des Aufnahmeverfahrens wird geprüft werden, wie ausnahmsweise Veränderungen und Öffnungen des Aufnahmeverfahrens für Schulen der Sekundarstufe I zur verbesserten Talentförderung gestalten werden können.

(Abgeordneter Dr. vom Bruch [CDU]: Das ist der Stand von vor drei Jahren!)

Das wollen wir, dafür benötigen wir auch ein Regelwerk für die Bewertung. Bei einer sportbetonten Schule macht das der Landessportbund mit entsprechenden Fachgruppen. Ob das der Verein machen kann, der auch das Sponsoring für die Musikinstrumente macht, das ist im Augenblick noch fraglich. Insofern sind ein Musikprofil und ein solches Vorhaben vorstellbar, muss aber eben noch intensiv ausgearbeitet werden.