Sehr geehrter Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Folgen des Klimawandels sind mittlerweile weltweit unübersehbar. Extremwetterereignisse nehmen zu, Dürreperioden und Verwüstung im Sinne von Ausbreitung der Wüsten nehmen zu. Der menschengemachte Klimawandel betrifft damit derzeit vor allen Dingen den globalen Süden, während die Ursachen hier liegen, im globalen Norden, in den Industriestaaten des globalen Nordens. Eine Flucht aus den Landstrichen, die derzeit oder absehbar landwirtschaftlich oder auch sonst nicht mehr genutzt werden können, ist eine der Folgen des Klimawandels und wird eine globale Herausforderung der Zukunft werden.
Auch in Bremen wappnen wir uns derzeit für die Folgen des Klimawandels. Frau Dr. Schaefer hat es schon angesprochen, wir haben hier Klimaanpassungsstrategien, weil wir wissen, der Klimawandel wird in der Zukunft auch das Land Bremen erreichen. Neu ist das Thema nicht, aktuell ist es nach wie vor.
Anlass für die heutige Aktuelle Stunde war ja die Studie – das wurde auch schon angesprochen – mit dem Titel „Wie Deutschland sein Klimaziel noch erreichen kann“, in der vom Fraunhofer-Institut im Auftrag von Greenpeace noch einmal geforscht wurde. Darin geht es darum, zu überlegen, wie die Klimaziele bis zum Jahr 2020 noch erreicht werden können.
Zentral ist die Erkenntnis, dass die Klimaziele nur dann zu erreichen sind, wenn die großen Einsparpotenziale im Energiesektor genutzt werden können und der CO2-Ausstoß vermindert wird, indem der Ausstieg aus der Kohleverstromung endlich eingeleitet wird. Das bedeutet eine Stilllegung der alten Kraftwerke und Drosselung weiterer Kraftwerke. Nur so kann ernsthaft eine CO2-Reduktion erfolgen, die auch ein Beitrag zum Klimawandel sein kann. Es ist höchste Zeit, diese Fakten nicht
nur zur Kenntnis zu nehmen und immer wieder zu wiederholen, es wird Zeit, daraus Schlüsse zu ziehen: Der Kohleausstieg muss kommen, und zwar schnell.
Währenddessen wird in Nordrhein-Westfalen der Hambacher Forst – ein ökologisch wertvoller Wald – seit Jahren immer wieder gegen Proteste gerodet, und das Abbaugebiet wird ausgeweitet.
Innerhalb der nächsten Tage beginnt gegen jeden gesunden Menschenverstand wahrscheinlich die nächste Rodungssaison. Der Braunkohletagebau frisst eine ganze Region. Er frisst aber nicht nur einen Wald, er hat bereits Dörfer gefressen. Der Abbau der Braunkohle hat verheerende Folgen für das Gebiet, nicht nur ökologische, sondern er hat auch soziale Folgen. Nach dem Raubbau an der Natur wird dieses Gebiet für Jahrhunderte nicht wieder in den Zustand gelangen, in dem es derzeit ist oder auch derzeit schon nicht mehr ist, weil die Rodungen erhebliche Folgen haben.
Ein Zögern beim Kohleausstieg bedeutet auch immer zu akzeptieren, was in den Kohleabbaugebieten passiert, was in der Lausitz und auch in Nordrhein-Westfalen passiert. Deutschland ist weltweit Nummer eins bei der Förderung von Braunkohle, und dieser Spitzenplatz ist kein Grund, stolz zu sein. Dieser Spitzenplatz hat nichts mit einer Klimakanzlerin zu tun, er ist eindeutig ein Rückschritt.
Nun können wir alle nach NRW fahren, den Braunkohleabbau ansehen und uns selbst ein Bild davon machen. Bei Steinkohle sieht das anders aus, da liegen die Quellen woanders, unter anderem in Kolumbien. Der Abbau der Steinkohle erfolgt unter krassesten Folgen nicht nur für die Natur, sondern auch für die Beschäftigten im Kohleabbau. Wir wissen auch von Kohleabbaugebieten in Kolumbien, für die ganze Dörfer brutalst geräumt wurden. Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten haben wegen der Zustände immer wieder Alarm geschlagen. Auch diese blutige Kohle wird in Deutschland verbrannt, und das wissen auch die Vorstände von Vattenfall und ENRW, aber trotzdem wird darauf nach wie vor keine Rücksicht genommen. Der Kohleausstieg hat damit nicht nur eine ökologische Dimension, der Kohleausstieg hat
eine soziale Dimension, er hat eine globale Dimension, und es stellt sich die Frage des Verhältnisses zwischen globalem Norden und globalem Süden.
Weil aber weder CDU noch SPD auf Bundesebene so richtig überzeugt sind, gibt es jetzt eine Kommission, die aber interessanterweise nicht Kohleausstiegskommission, sondern einfach nur Kohlekommission heißt, das finde ich irgendwie auch bezeichnend. Darüber gab es übrigens eine Debatte, man wollte sie nicht Kohleausstiegskommission nennen, damit hätte man ja dem Ergebnis vorweggegriffen. Ich bin sehr skeptisch, dass hier so richtig weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Ein notwendiger Schritt, um die Ernsthaftigkeit der Bundesregierung zu zeigen, wäre beispielsweise, die anstehenden Rodungen aufzuschieben, statt hier durch private Konzerne Fakten schaffen zu lassen.
Aber zurück nach Bremen: Auch Bremen verfehlt seine Klimaziele. Ambitioniert und richtig war das Ziel, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Davon sind wir derzeit aber noch weit entfernt. Etwa ein Viertel dieses Ziels haben wir wohl erreicht, auch wenn wir die aktuellsten Zahlen noch nicht haben. Etwa 30 Prozent dieser Emissionen sind auf die Kohleverstromung zurückzuführen. 57 Prozent des Stroms im Land Bremen stammen aus Kohlekraftwerken. Klar ist daher, ein ernst zu nehmender Beitrag zum Klimaschutz kann auch in Bremen nur dann geleistet werden, wenn wir den Ausstieg aus der Kohleverstromung hinbekommen.
Vor einiger Zeit hatten wir in der Fragestunde einmal das Thema, wie es mit dem möglichen Verkauf von Kraftwerken aussieht. Meine Sorge ist nach wie vor, wenn Kraftwerke heute verkauft werden, dass Investorinnen oder Investoren, die diese Kraftwerke erwerben, diese mit Sicherheit nicht 2025 vom Netz nehmen werden, sondern weiterbetreiben wollen. Deshalb müssen wir hierauf ein Augenmerk legen. Ich weiß noch, dass in dieser Fragestunde auch Frau Dr. Schaefer dem Senat zur Seite gesprungen ist und gesagt hat, in diesem Fall könne man ja nichts tun, das wäre ja alles im privatrechtlichen Bereich, wenn ein Kraftwerk verkauft wird. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, so geht es auch nicht!
Wir können nicht nur appellieren. Wir können nicht nur durch gute Argumente den Kohleausstieg hinbekommen. Das wird nicht funktionieren. Wir müssen uns im Zweifelsfall dann auch mit den Profitinteressen von Energieunternehmen anlegen.
Ich bin davon überzeugt, dass es Handlungsmöglichkeiten gibt. In Hamburg wird zum Beispiel erwogen, die Einspeisung in die Fernwärmenetze zu unterbinden. Es gibt immer Möglichkeiten, wie derartige Investitionsinteressen erschwert werden können.
Machen wir uns auch nichts vor, wir wissen, dass der Kohleausstieg nicht einfach so funktionieren wird, nicht einfach so von heute auf morgen! Wir müssen das natürlich in Zusammenarbeit mit den Stromerzeugern hinbekommen, mit den Beschäftigten. Es gibt in Bremen eine Bremer Runde, Beschäftigte, die sich durchaus innerhalb der Kohlekraftwerke für einen Kohleausstieg einsetzen, allerdings zu Recht anmahnen, dass das nicht völlig über ihren Kopf hinweg geschehen kann. Dafür gibt es die Möglichkeit, auch mit Sozialplänen und Ähnlichem eine soziale Steuerung hinzubekommen. Das ist in Bremen leichter als in NRW. Das heißt aber auch, dass wir diesen Schritt entschlossen gehen könnten.
Wenn man in den Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung schaut, dann findet man auch den Kohleausstieg, es wird dort allerdings nur relativ zaghaft auf die Bundesebene verlagert, man möge sich dort für einen Kohleausstieg einsetzen. Wenn wir im System der Bürgerschaft schauen, was in den letzten drei Jahren hier wirklich faktisch beschlossen wurde, dann gab es einen Antrag von uns, mit dem wir damals nicht beantragt hatten, dass wir übermorgen aussteigen, sondern wir hatten beantragt, eine Gruppe, eine Kommission gemeinsam mit den Beschäftigten und den Betreibern zu gründen, um uns auf den Weg zu machen, einen Kohleausstieg zu ermöglichen. Das ist dann an der Fraktion der SPD gescheitert, nachdem es in die Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft überwiesen wurde.
Ein solcher Antrag, ein solcher Beschluss, der auch wirklich festlegt, ja, man macht sich auf den Weg, man versucht hier auch, etwas zu tun, wäre hilfreich. Er wäre auch hilfreicher als der Austausch,
der hier stattfindet, der bestimmt nicht verkehrt ist, der uns aber nicht weiterbringt bei der Frage des ernsthaften Ausstiegs.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir erörtern heute das Thema „Klimaziele in Bremen und Deutschland durch Ausbau von Offshore erreichen – Ausstiegsdatum aus Kohlekraft jetzt vereinbaren!“. Lassen Sie mich einleitend vorweg sagen: Klimaschutz und Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind existenziell wichtig. Weltweit wachsen die Bevölkerung und der Wohlstand. Dadurch steigen auch der Verbrauch von Rohstoffen und der Ausstoß von CO2. Wir alle müssen beweisen, dass intakte Umwelt, Wachstum und Wohlstand keine Gegensätze sind,
sondern zwei Seiten derselben Medaille. Deshalb gehen Europa und Deutschland beim Klimaschutz und Umweltschutz voran. Deshalb stehen wir zum weltweiten Klimaabkommen in Paris, und Deutschland macht etwas! Doch dazu komme ich später noch.
Als Erstes fragt man sich ja, wenn so eine Aktuelle Stunde beantragt wird: Warum wird gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt, dieses Thema beantragt? Klar, als Erstes liegt auf der Hand: Dürre! Letztes Jahr war der Sommer verregnet, dieses Jahr ist die Dürre. Die extremen Wetterereignisse nehmen weltweit und auch in Bremen immer mehr zu.
Oder war es vielleicht der Grund, weil die Gewinnerin des Deutschen Umweltpreises, die in Bremen arbeitende Antje Boetius, sich beklagt hat, dass ihre Forschung in der Politik kein Gehör findet? Oder vielleicht weil es eine innerparteiliche Wahl gibt und man sich noch einmal profilieren will? Man weiß es nicht. Oder vielleicht doch die offizielle Version, dass ein Teilbericht der Studie vorliegt, die Greenpeace in Auftrag gegeben hat?
Nun steht in der Überschrift „Klimaziele in Bremen und Deutschland durch Ausbau von Offshore erreichen“. Da stellt man sich ja schon die Frage: Wie können gerade die Grünen in Bremen so etwas in eine Aktuelle Stunde einbringen, wo gerade sie doch die eigentlichen Verhinderer des OffshoreTerminals in Bremerhaven sind?
Ich finde das schon ziemlich bizarr, die eigene Wirtschaft schwächen und der Offshore-Wirtschaft einen Bärendienst zu leisten und dann hier im Parlament den stärkeren Offshore-Ausbau zu fordern! Das ist ein Spagat, denn man erst einmal hinbekommen muss. Für mich ist das schwer.
Aber okay, man kann das so machen, doch man sollte sich dabei auch immer selbst hinterfragen. Die rot-grüne Landesregierung hier, elf Jahre grüner Senator für Umwelt, Bau und Verkehr, was wurde denn geschafft? Wie sieht es mit den eigenen gesteckten Klimazielen aus? Frau Dr. Schaefer hat das zwar so leicht angerissen und ganz nebenbei erwähnt – ja, wir haben unsere Klimaziele auch verfehlt, aber wir arbeiten daran –, aber ich finde, das sollte man doch noch einmal ein bisschen mehr beleuchten! Hier muss Bremen sich nämlich deutlicher anstrengen. Bis 2020 wollte der Senat 40 Prozent der CO2-Emissionen gegenüber 1990 einsparen. Geschafft hat man bisher circa gute zehn Prozent.
Rechnerisch würde der Senat also 100 Jahre brauchen, um sein Ziel zu erreichen. Ich meine, das muss man auch einmal zur Kenntnis nehmen. Der BUND Bremen sagt sogar, dass es hier in Bremen ein klimapolitischer Offenbarungseid ist. Das stimmt so.
Wie kommt es jetzt, dass der grüne Senator für Umwelt, Bau und Verkehr hier in Bremen solch eine schlechte Klimabilanz aufweist, wo doch viele meinen, dass Sie die eigentliche Klimapartei sind? Im neu beschlossenen Flächennutzungsplan der letzten Legislaturperiode wurde für Windkraft fast gar nichts, und wenn ja, dann nur in umstrittenen Gebieten ausgewiesen. Wir hätten uns gewünscht, dass das Umweltressort einmal nach neuen Wegen für Standorte sucht. Wenn wir, die Fraktion der
CDU, hier solch einen Flächennutzungsplan mit so wenig Windkraftflächen vorgelegt hätten, wir wären klimapolitisch durch das Dorf getrieben worden, das sage ich Ihnen!
Dann haben wir den Ausbau des Straßenbahnnetzes, der massiv zur CO2-Reduzierung beitragen würde. Der hat ja unter Rot-Grün gar nicht stattgefunden, war gar nicht da, –
obwohl seit 2005 die Pläne vorlagen und man so hätte anfangen können. Ebenso fehlt die Verbesserung der Taktfrequenz der Regio-S-Bahn. Wir haben jeden Tag 137 000 Einpendler nach Bremen, und die meisten fahren mit Autos, Tendenz steigend. Faktisch also kein Ausbau, Klimaziel verfehlt!