Ein gezieltes Augenmerk wollen und müssen wir auf den Bereich der Nachwuchsgewinnung richten. Hier gibt es zunehmende Probleme, die zuletzt für die Staatsanwaltschaft besonders deutlich geworden sind. Wie die jüngere Generation erreicht und angesprochen werden muss, damit sie sich für die Justiz als Arbeitgeber wieder stärker interessiert, haben wir im Rechtsausschuss Anfang September für die Bereiche Rechtspflege, Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften und für den Justizvollzug bereits berichtet.
Ein entsprechendes Konzept wird für die Richter und Staatsanwälte in Kürze folgen. Es zeigt sich allerdings, dass es mit einer PR-Kampagne zur verbesserten Darstellung der Justiz als Arbeitgeber in der Öffentlichkeit allein nicht getan ist. Vielmehr ist auch die finanzielle Anerkennung ein wesentlicher Faktor für die Attraktivität der Justiz. Wir wissen, dass uns geeignete Bewerberinnen und Bewerber verloren gehen, weil die umliegenden Bundesländer eine höhere Besoldung bieten.
Wertschätzung und Anerkennung dürfen keine leeren Worte bleiben. Sie müssen sich auch in einer guten Bezahlung widerspiegeln. Nur so kann die Justiz in Zeiten des demografischen Wandels junge
Menschen dafür begeistern, sich mit ihrem Talent, Engagement und Fähigkeiten in der dritten Gewalt einzubringen. Insofern werden wir, ich hatte das bereits an anderer Stelle angekündigt, uns dem Thema Besoldungsanpassung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts widmen müssen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt ansprechen: Das bayerische Justizministerium hat ganz aktuell eine Untersuchung zur Belastungssituation von Richterinnen und Richtern in Zivil- und Familiensachen in Auftrag gegeben, da trotz eines stetigen Rückgangs der Eingangs- und Erledigungszahlen die Richterinnen und Richter zunehmend über eine hohe und weiter steigende Arbeitsbelastung geklagt haben. Ohne auf die Untersuchungsergebnisse an dieser Stelle im Detail eingehen zu wollen, so lässt sich als zentrale Erkenntnis festhalten, dass die Möglichkeit der sozialen Unterstützung für die Kolleginnen und Kollegen durch Supervision, durch Coaching verbessert werden sollte.
An diesen Themen haben wir bereits gearbeitet und werden das fortsetzen. Meine Damen und Herren, das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Ausstattung der Justiz sind ein Thema, das wir sehr ernst nehmen müssen. Es ist ein Thema, das die Verantwortlichen im Bund und den Ländern bewegt. Nicht zuletzt deswegen hat es Eingang in den Koalitionsvertrag auf Bundesebene gefunden. Dort ist neben einer Kampagne für den Rechtsstaat auch ein Pakt für den Rechtsstaat vorgesehen.
Dieser soll zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder zur Schaffung von 2 000 zusätzlichen Stellen für Richter und Staatsanwälte zuzüglich Folgepersonal geschlossen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der CDU, wenn sie es mit ihrer Sorge um den Rechtsstaat wirklich ernst meinen, bitten Sie die Bundeskanzlerin, den Ministerpräsidenten zur Umsetzung dieses Paktes für den Rechtsstaat endlich einen Vorschlag vorzulegen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ein neuer Impuls für Bremen. Machbarkeitsstudie für medizinische Fakultät in Auftrag geben Antrag der Fraktion der CDU vom 15. Mai 2018 (Drucksache 19/1657)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion möchte mit dem heute vorgelegten Antrag erreichen, dass der Senat eine Machbarkeitsstudie zu der Frage in Auftrag gibt, ob es wissenschaftspolitisch, gesundheitspolitisch, aber eben auch volkswirtschaftlich sinnvoll ist, an der Universität Bremen mittelfristig eine medizinische Fakultät aufzubauen.
Dabei reklamieren wir als CDU-Fraktion für diese Idee keine Geburtsrechte. Wer sich mit der Geschichte der Universität Bremen befasst, weiß, dass bereits in der Gründungsphase vor über 40 Jahren diese Idee bei den Planungen für die Gründung der Universität eine Rolle gespielt hat. Wer sich die alten Pläne anschaut, sieht, dass auf dem Universitätsgelände sogar ein Standort für ein Universitätsklinikum geplant war.
Damals ist die Idee verworfen worden, aus welchen Gründen auch immer. Das habe ich nicht recherchiert, kann ich auch nicht sagen. Aber ich glaube, von denen, die damals die Entscheidung befördert haben, ist heute keiner mehr dabei, sodass auch keiner die Geburtsrechte für sich in Anspruch nehmen kann. Ich gebe auch für die CDU-Fraktion zu: Der erste Impuls in die neue Debatte kommt auch nicht von uns. Dieser Impuls kommt gar nicht aus der Politik, sondern wir wissen, dass das Universitätsklinikum in Göttingen über viele Jahre ja schon mit unserem kommunalen Klinikverbund, der GeNo, zusammenarbeitet und mit der Frage an die GeNo herangetreten ist, ob sie sich vorstellen könnten, den Teil der klinischen Ausbildung für diejenigen Absolventen der Universität Göttingen zu übernehmen, die zurzeit unversorgt geblieben sind.
Stichwort unversorgt ist übrigens ein Thema, das man, glaube ich, an dieser Stelle auch wissenschaftspolitisch noch einmal erörtern will. Ich kann zumindest niemandem erklären, warum wir auch in Bremen Schwierigkeiten haben und Bedarfe haben, Lehrerinnen und Lehrer für die Tätigkeit zu gewinnen. Rund 80 offene Stellen, glaube ich, Frau Senatorin Bogedan, in Bremen und Bremerhaven meine ich jetzt, in Bremen und Bremerhaven jeweils 38, habe ich mir gemerkt, also ungefähr 80 könnte stimmen. Wir haben den Bedarf, 100 Sozialpädagogen im öffentlichen Dienst in Bremen und Bremerhaven einzustellen und können die Stellen nicht besetzen. Wir haben das Problem, dass wir nicht nur in den kommunalen Kliniken, sondern insgesamt Schwierigkeiten haben, Ärzte für den Dienst in unseren Kliniken zu gewinnen. Obwohl
wir all diese Bedarfe haben, haben wir genug Menschen, junge Menschen, die sich für diese Berufe interessieren, die wir am Ende brauchen und die aufgrund zu knapper Kapazitäten diesen Wunschberuf nicht studieren.
Ich kann das niemandem erklären, dass wir deutschlandweit händeringend Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, Ärztinnen und Ärzte suchen und man gleichzeitig einen Numerus clausus von mindestens 1,0 braucht, um Medizin zu studieren, einen Numerus clausus von 2,2 braucht, um Sozialpädagogik zu studieren und an einigen Hochschulen und Universitäten, auch in Bremen, für das Lehrerstudium einen Abiturdurchschnitt von unter 2,0 braucht. Meine Damen und Herren, ich finde, wir müssen darüber reden, dass sich auch die Ausbildungskapazitäten an unseren Hochschulen wieder an dem tatsächlichen Bedarf, den wir später haben, orientieren. Das gilt gerade auch für die Medizinerinnen und Mediziner.
Das gilt für diese Berufe umso mehr, weil es ja nicht so sehr eine Frage ist, ob derjenige oder diejenige, die sich für dieses Studium interessiert, es kann oder es nicht kann, sondern es sich entweder nach der Note richtet oder nach der Frage, ob die Eltern sich das erlauben können, diesem Kind den Ausbildungsgang dennoch zu ermöglichen. Denn die Eltern, die das Geld haben, die ermöglichen ihren Kindern, das Studium außerhalb Deutschlands zu beginnen, viele in osteuropäischen Ländern, um dann zu versuchen, später über einen Studienortswechsel dann doch wieder ins deutsche System zurückzukommen. Das kann doch nicht die Antwort sein, meine sehr verehrten Damen und Herren in der Wissenschaftspolitik, dass nur noch die mit einem Abiturdurchschnitt von 1,0 und diejenigen, die aus wohlhabenden elterlichen Verhältnissen kommen, in Deutschland Medizin studieren können.
Zurück zu der Frage: Was ist in Göttingen los? In Göttingen war die Situation so, dass nicht für alle Absolventen ein klinischer Studienplatz angeboten werden konnte, das heißt, für die praktische Ausbildung. Das hing damit zusammen, dass es auch in Göttingen viele Teilzeitstudentinnen und -studenten gibt, für die sich dann nach dem Abschluss der vorklinischen Ausbildung die Situation ergab, dass sie teilweise mehrere Jahre darauf warten mussten, in die klinische Ausbildung zu wechseln.
Deswegen ist die Universität Göttingen mit der Frage an die GeNo herangetreten, ob sie sich nicht vorstellen könnte, einen Teil dieser Studentinnen und Studenten, die in Zukunft Vollzeitstudienplätze belegen sollen, hier klinisch auszubilden. Eine im Prinzip gute Kooperationsidee, die sich aber zumindest nach meinen Informationen, Herr Staatsrat Kück, überholt hat.
Ich hatte eben auch das Vergnügen, noch mit der Senatorin unter vier Augen zu sprechen, weil wir beide Kontakt zum niedersächsischen Wissenschaftsminister haben und sie letzte Woche noch mit ihm gesprochen hat. Fakt ist, im April dieses Jahres hat das niedersächsische Wissenschaftsministerium eine Vereinbarung getroffen, wonach sich die Studentinnen und Studenten, um die es ging, in Zukunft in Braunschweig klinisch ausbilden lassen. Die Kapazitäten wurden dort massiv ausgeweitet, in den letzten Jahren nochmals um 50 zusätzliche Plätze. Damit ist der Bedarf aus Göttingen gedeckt. Deswegen – das ist auch die Auskunft der GeNo – besteht aktuell kein Interesse mehr in Göttingen, diese Ausbildung in Bremen fortzusetzen, was nicht ausschließt, dass das zukünftig wieder entstehen kann, aber Stand heute und Stand des Koalitionsvertrags der SPD und der CDU in Niedersachsen ist: Sie wollen die Ausbildung im eigenen Land organisieren. Deswegen ist dieser Impuls zwar wichtig gewesen, aber vom Tisch.
Wir als CDU-Fraktion haben diesen Impuls und diese Debatte aber zum Anlass genommen, der Frage nachzugehen, ob es in Anbetracht der gesamten Umstände nicht doch sinnvoll ist, in Bremen perspektivisch mit einem Vollstudium der Medizin zu beginnen. Was spricht eigentlich dafür? Nun, dafür spricht zunächst der Riesenbedarf an Medizinerinnen und Medizinern. Bis zum Jahr 2035 werden wir 100 000 neue Ärztinnen und Ärzte brauchen. Man muss dazu auch sagen, anders als in Vorabendserien vermittelt, sieht der klinische Alltag von Ärzten und auch der freiberufliche Alltag von Ärzten anders aus als das öffentliche Bild, das dort verbreitet wird. Der Arzt, der nur Porsche fährt und Schönheitsoperationen durchführt, ist eben nicht die Realität, sondern die Realität ist die teilweise kleine landärztliche Praxis oder die kleine fachärztliche Praxis, in der ein Arzt allein mit Bereitschaftszeiten, Notdiensten und Patientenversorgung so beschäftigt ist, dass, selbst wenn er ausreichend Geld verdient, er gar keine Gelegenheit hat, es auszugeben. Wir bekommen keine Praxisnachfolge in ländlichen Räumen organisiert. Viele Ärzte arbeiten deswegen bis über die Altersgrenze
Ich will nicht sagen, dass wir einen Ärztenotstand in Deutschland haben. Wir haben immer noch eine gute Versorgungsquote, aber meine Damen und Herren, klar ist, wir brauchen in den nächsten Jahren deutlich mehr Ärztinnen und Ärzte, und wir wissen, viele junge Menschen wollen trotzdem diesen Beruf ergreifen. Auf 9 000 Studienplätze kommen 43 000 Bewerberinnen und Bewerber, meine Damen und Herren. Wir werben dafür, dass wir in Deutschland, aber eben auch in Bremen, diese Nachfrage am Markt nach Ärzten und nach Studienplätzen in Zukunft auch in Bremen befriedigen können.
Der Bedarf ist das erste Argument. Das zweite Argument ist: Wir sind in Bremen – das habe ich ehrlicherweise, muss ich sagen, an dieser Stelle auch erst gelernt – wir sind eigentlich schon gut vorbereitet auf die Aufnahme eines medizinischen Studiums hier am Standort in Bremen. Die Universität Bremen zweifelsohne als Zugpferd des Wissenschaftsstandortes hat zwar in ihrer Gründungsphase zweifelsohne darauf verzichtet, aber inzwischen hat sich an der Universität eine Vielzahl von Kompetenzen entwickelt, die man im medizinischen Studium gut gebrauchen kann.
Ich will nur sagen, dass wir im Fachbereich der Human- und Gesundheitswissenschaften die Studiengänge Public Health, Psychologie und Pflegewissenschaften haben. Wir haben die naturwissenschaftlichen Institute. Wir haben die Studiengänge für Pflegemanagement und Therapiewissenschaften an der Hochschule Bremen, die Medizintechnik in Bremerhaven. Wir haben sogar den Schwerpunkt Medizinrecht an der Universität Bremen in der juristischen Fakultät.
Wir finden in verschiedenen außeruniversitären Forschungseinrichtungen bundesweit beachtete Forschung und entsprechend auch Lehre. Hier seien nur das Bremer Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie genannt, besser bekannt als BIPS – ist auch leichter auszusprechen – und das Fraunhofer Institut für bildgestützte Medien MEVIS, das uns sicherlich auch allen bekannt ist.
dern wir haben eine ganze Menge, die man im Zusammenhang mit der Neugründung eines medizinischen Studiums bündeln könnte. Wir haben darüber hinaus auch die Situation, dass wir gut aufgestellte Kliniken im Bundesland Bremen haben. Es ist die Situation, dass wir fast an allen städtischen, aber auch nicht in städtischer Trägerschaft befindlichen Krankenhäusern bereits Hochschulanbindungen haben.
Beispielsweise das RKK ist seit 2005 Landeskrankenhaus für die medizinische Hochschule Hannover. Wir haben das DIAKO, das mit der Verteilung von Haupt- und Wahlfächern auch bereits breit aufgestellt ist. Wir haben fast an allen kommunalen Kliniken in Bremen und auch an einigen in Bremerhaven die Situation, dass wir Professoren haben, dass wir Lehraufträge haben, dass wir schon an der Ausbildung teilnehmen. Also auch im Bereich der klinischen Ausbildung gibt es vieles, auf das man aufbauen kann.