Zu Frage 3: Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Meldung und Erfassung von pflegenden Minderjährigen. Dem Senat liegen daher keine Daten zur Anzahl und zum Alter vor. Auch deutschlandweit gibt es keine valide Datenbasis zur Anzahl pflegender Kinder. – So weit die Antwort des Senats!
Die vierte Anfrage trägt den Titel: „Wird die Unabhängigkeit der Patientenberatung durch Eigentümerwechsel zur Farce?“ Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Frau Dehne, Frau Grotheer, Tschöpe und Fraktion der SPD.
Erstens: Was ist dem Senat über den Verkauf beziehungsweise den erfolgten Eigentümerwechsel der „Unabhängigen Patientenberatung Deutschland“, UPD, bekannt?
Zweitens: Wie bewertet der Senat die Auswirkungen des Eigentümerwechsels auf die Unabhängigkeit und Neutralität der Patientenberatung, die die UPD für sich beansprucht?
Drittens: Welche Auswirkung hat dieser Eigentümerwechsel auf die Patientenberatungsstelle im Land Bremen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:
Zu Frage 1: Die Eigentümerin der UPD, die Sanvartis GmbH Duisburg wurde verkauft. Neue Eigentümerin ist die Sanvartis Group GmbH. Diese gehört der Careforce Sanvartis Holding GmbH, die gleichzeitig die Eigentümerin der Careforce GmbH ist. Die Carforce GmbH ist ein Personal- und Vertriebsdienstleistungsunternehmen. Das Unternehmen beschäftigt circa 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und rekrutiert und qualifiziert unter anderem Pharmareferentinnen und Pharmareferenten für die Pharmaindustrie. Dem Senat ist diese
Zu Frage 2: Die Arbeit der UPD wird durch die Prognos GmbH evaluiert. Der Evaluationsauftrag wurde mit der Gründung beschlossen. Zur Sicherung der Neutralität und Unabhängigkeit wurde bereits 2016 ein unabhängiger Auditor benannt. Über den Verkauf wurden die Prognos GmbH und die Auditorin informiert. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass aktuell keine Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit vorliegen. Durch die Evaluation und die Auditorentätigkeit sowie den beratenden Beirat soll sichergestellt werden, dass die UPD auch in Zukunft eine unabhängige und neutrale Beratung anbietet und keine Einflussnahme durch Dritte erfolgt.
Schon die Übernahme der gemeinnützigen Beratungsstelle UPD durch die Sanvartis GmbH in 2016 wurde vom Senat kritisch gesehen. Der aktuelle Wechsel zur Careforce GmbH, die ein Personal- und Vertriebsdienstleister für die pharmazeutische Industrie ist, verstärkt die Sorge an Unabhängigkeit und Neutralität der Patientenberatung.
Zu Frage 3: Aktuell sind keine Auswirkungen auf die Unabhängige Patientenberatung in Bremen zu erkennen. Am 30. Oktober 2018 ist der Deputation für Gesundheit und Verbraucherschutz von der Entwicklung der Beratungszahlen der UPD in Bremen berichtet worden. Die Beratungszahlen sind von 2016 auf 2017 gestiegen, liegen aber weit unterhalb der Vergleichszahlen aus dem Jahr 2014, Bremer Modell. Es wurden noch nicht einmal 50 Prozent der Beratungen aus dem Vergleichsjahr 2014 durchgeführt.
Die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz hat einen Brief an den Patientenbeauftragten der Bundesregierung geschrieben. Darin wurden mögliche Problemursachen, unter anderem fehlende feste Ansprechpartner und weitgehende Umstellung auf Telefonberatung durch ein Callcenter, benannt und eine verschärfte Evaluation gefordert. – So weit die Antwort des Senats!
Frau Senatorin, Sie sprachen an, dass Sie das Thema schon in der Deputation hatten. Das ist ja noch nicht so lange her. Sind Sie mit mir der Meinung, dass es schwierig ist, gerade wenn man die Zahlen betrachtet, die die
UPD liefert, dass dort noch nicht einmal nach Beratungsleistungen für Männer und für Frauen unterschieden wird?
Ich bin mit dem Angebot, das die UPD vorhält, nicht zufrieden. Deswegen haben wir nun auch Herrn Dr. Brauksiepe angeschrieben. Wir haben diese Unzufriedenheit auch im Planungsgremium 90a diskutiert und sind dort gemeinsam zu der Auffassung gelangt, dass man sich überlegen muss, eine Bundesratsinitiative in Gang zu setzen, dass es darum gehen muss, dass man eine neue gesetzliche Regelung zu initiieren versucht, die wieder die Möglichkeit eröffnet, dass regionale Angebote über eine Bundesfinanzierung abgesichert werden.
Frau Senatorin, Sie haben eben auch den Beirat angesprochen, der ja beraten und die Unabhängigkeit sicherstellen soll. Im Beirat sind vor einiger Zeit, gerade als jetzt dieser Wechsel passiert ist, einige Menschen zurückgetreten und haben gesagt, wie kritisch sie das sehen, weil sie die Unabhängigkeit gefährdet sehen. Sind Sie mit mir der Auffassung, dass dies auch ein Zeichen dafür ist, dass dort etwas gewaltig misslingt?
Also auf alle Fälle muss man feststellen, dass das, was versprochen wurde, was man damit erreichen wollte, nämlich mehr in die Breite zu kommen, mehr und qualifiziertere Beratung zu erzeugen, dass das nicht erfolgt. Auch die Skepsis gegenüber der Sanvartis Gruppe, die relativ breit getragen war, ist, seitdem sie die Tätigkeit aufgenommen hat, nicht zurückgegangen, sondern hat sich eher verstärkt. Hierbei spielt natürlich der Hintergrund auch eine Rolle, dass wir das aus der Presse erfahren haben. Wir sind ja nicht die einzigen, die diesen Verkauf aus der Presse erfahren haben, sonders das ist grundsätzlich auf diese Art und Weise umgesetzt worden.
Frau Senatorin, Sie haben gesagt, Sie sehen die Arbeit der UPD kritisch. Sie haben Ihren Wunsch geäußert, dass es auf Bundesratsinitiative gelingen könnte, wieder ein regionalspezifisches Angebot zu implementieren. Was meinen Sie damit genau?
Wir haben es im 90a-Gremium so diskutiert, dass wir eine gesetzliche Veränderung möchten, die regionale Umsetzungen möglich macht, ohne dass Doppelstrukturen aufgebaut werden, weil das natürlich nicht geht, denn es wird von den Kassen finanziert und man kann nicht ein Angebot, dass über das Land und die ortsansässige Kasse finanziert wird – –. Stattdessen muss jetzt versucht werden, für die Ansätze, die es regional gegeben hat, wie in Bremen – das war ein Modell, das alle sehr positiv bewertet haben – die gesetzlichen und damit auch die finanziellen Strukturen zu schaffen, sodass es wieder aufleben kann. Das ist etwas, das wir in das Ausschreibungsverfahren im Jahr 2021 einzubringen haben.
Frau Senatorin, es ist schon angesprochen worden. Die Beratungszahlen sind um die Hälfte zurückgegangen. Damit wir einmal eine Vorstellung bekommen, was bedeutet das in absoluten Zahlen? Wie viele Beratungen finden überhaupt noch statt?
Im Land Bremen wurden im Jahr 2014 4 843 Beratungen durchgeführt und in 2017 2 874. Also kann man im Grunde sagen, es hat sich etwa halbiert. Der Grund, den wir als Erklärung dafür sehen, ist, dass es ein Callcenter ist. Man weiß nicht genau, mit wem man spricht. Dann wird der Name aufgenommen und aus diesem Aufnehmen der Namen und auch der Telefonnummer kann dann eine persönliche Fachberatung erfolgen. Dies trägt dazu bei, dass die Leute sich einfach Sorgen machen, ob das, was sie vorzutragen haben, vielleicht doch andere Wege geht als sie es sich wünschen. So lautet unsere Erklärung, warum es diese Rückgänge gegeben hat.
Es wird jetzt gerade auch in der Bewertung dieses Wechsels sehr auf die Neutralität abgestellt. Nun sind ja aus Patientensicht oder aus Betroffenensicht, wenn man es allgemeiner fasst, nicht nur die Neutralität wichtig, sondern auch die Kompetenz, die Qualität einer solchen Beratung. Gibt es irgendwelche Informationen darüber, wer überhaupt in den Callcentern
Nein, die Callcenter nehmen erst einmal das Interesse des Patienten auf und verweisen dann. Es ist eine Verweisberatung. Das, was sie beantworten können, beantworten sie. Wenn es sich um stärker fachlich orientierte Fragestellungen handelt, vermitteln sie an Fachärzte oder an Fachpersonal weiter. Ich hatte eben versucht, zum Ausdruck zu bringen, dass hier ein Problem liegt, dass die Menschen die Sorge haben, dass sie ihre Telefonnummer herausgeben müssen, um dann einen Rückruf zu erhalten. Das war bei dem Bremer Modell völlig anders. Bei diesem konnte man hingehen, man konnte telefonisch einen Termin vereinbaren, hatte dann eine Ansprechperson in der bremischen Beratungsstelle und hatte dann über Face-to-face die Sicherheit, dass das Problem, das man hat, dort bearbeitet wird.
Auch wenn wir ein solches Vermittlungsmodell haben, eine der großen Herausforderungen in so einer Erstberatung besteht ja darin, das Problem überhaupt erst einmal zu erkennen, es einzuordnen und eine mögliche Weiterverweisung zu tätigen. Insofern muss schon eine Qualität vorhanden sein, die für diese Einschätzung ausreicht. Erhalten Sie irgendwelche Informationen darüber, welche Besetzung dort erfolgt, bzw. die andere Frage, wird das von der Prognos AG im laufenden Verfahren geprüft oder erst zu einem deutlich späteren Termin?
Sie evaluieren natürlich die Qualität und die Anzahl der Beratungen und vermutlich auch diejenigen, die die Beratung durchführen. Dies findet parallel statt. Man schaut dort genau, ob das Angebot zu den Fragen passt. Ob die Verweisberatung keine hohe oder eine geringe Qualität hat, kann ich derzeit noch nicht sagen. Ich kann Ihnen hierzu nur sagen, die Leute nehmen es nicht so in Anspruch. Es findet also eine Abstimmung mit Füßen statt, weil die Leute sich nicht so gut aufgehoben fühlen. Soviel kann ich dazu nur sagen. Wir können aber der Frage nachgehen, welche Qualifikationen die Mitarbeiter in den Callcentern haben, die die Erstberatung vornehmen. Sachkenntnisse im medizinischen Feld werden sie auf jeden Fall haben, denn sie müssen ja zumindest in der Verweisberatung wissen, wohin die Patienten sich zu wenden haben.
Ich denke, gerade in diesen Bereichen – –. Wer selbst einmal damit zu tun hatte, weiß, dass solche Fragen sehr sensibel sind. Sie gehen in intime Bereiche. Da benötigt man eine vertrauensvolle Ansprache, die über Callcenter in der Tat – hier gebe ich Ihnen recht – mit Sicherheit nicht zu erreichen sein wird. Können Sie uns noch sagen, wie lange dieser Vertrag mit der UPD noch läuft? Wann können wir erwarten, dass eine Neuregelung erfolgt und wir möglicherweise die Chance haben, wieder eine regionale Lösung zu finden?
Im Jahr 2021 geht es darum, dass ein neuer Vertrag geschlossen werden muss. Deswegen findet jetzt unsere Initiative statt, dass man gesetzliche Rahmenbedingungen dafür schafft, dass regionale Modelle wieder ihren Anfang finden können. Ich sagte ja bereits, regionale Lösungen sind ohne eine bundesgesetzliche Regelung nicht möglich, weil es eine bundesgesetzlich finanzierte Aufgabe ist.
Liegen Ihrem Haus Erkenntnisse darüber vor, dass sich Menschen bei Ihnen direkt in der Verwaltung melden, die das alte Angebot vermissen oder die irgendwelche Rückmeldungen geben?
Es gibt natürlich viele Rückmeldungen. Wir haben das hier ja auch sehr kontrovers diskutiert. Was heißt kontrovers diskutiert? Die Sanvartis hat die Ausschreibung gewonnen gegen die UPD, gegen den Antrag der UPD. Insofern haben sie den Zuschlag erhalten, und wir haben dieses Angebot hier in Bremen mit sehr viel Kümmernis beenden müssen, weil es keine Doppelfinanzierung an der Stelle geben kann, denn die Kassen müssen auf Bundesebene dieses Angebot nun mitfinanzieren. Insofern gibt es natürlich viele, die dieses Angebot, das wir in Bremen hatten, das hohe Qualität aufwies dank der sehr guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, die sich das gern zurückwünschen werden. Das ist überhaupt keine Frage!
Frau Senatorin, wir haben das ja auch in der Gesundheitsdeputation diskutiert. Ich glaube, Sie sind mit mir der Meinung, dass dies wieder einmal ein Beispiel für eine schlechte Privatisierung im Gesundheitsbereich ist, die dort vorgenommen wurde. Ich würde, auch im Anschluss an das, was Herr Gottschalk gefragt hat, wissen wollen: Gibt es denn überhaupt keine Möglichkeit, dass wir uns wegen Schlechtleistung oder Ähnliches von diesem Bundesvertrag lösen können? Ich habe soeben noch einmal nachgeschaut: In dieser Beratungsstelle wurden jetzt 29 000 Beratungen weniger durchgeführt als vorher. Sie sprachen von einer Abstimmung mit den Füßen. Dies ist ein deutliches Abstimmen mit den Füßen. Kommen wir da nicht heraus?
Also im Moment hat Sanvartis diesen Auftrag. Mein Agieren ist, dass ich alles dafür tun möchte, dass dieser Auftrag nicht fortbesteht.
Daher möchte ich die GMK damit befassen. Deswegen befürworte ich eine Bundesratsinitiative. Aufgrund dessen möchte ich dieses Thema noch einmal auf die GMK bringen, um genau jetzt eine politische Haltung dafür zu erzeugen, dass man solch einen Weg, den man damals beschritten hat, mit einer Ausschreibung, die dann Sanvartis gewonnen hat – –. Hier muss man erst einmal feststellen, das Ausschreibungsverfahren war nicht anfechtbar. Auch dazu hat es ja Überlegungen gegeben. Es wurde geprüft, ob sie alles richtig machen, ob sie bei der Ausschreibung und bei der Auswahl alles richtig gemacht haben. Dabei gab es keine Hinweise. Insofern ist meine politische Haltung und die politische Haltung des Senats, jetzt von uns aus das zu tun, was man tun kann, nämlich darauf hinzuwirken, dass es keine Fortsetzung findet. Die Kriterien für eine Ausschreibung müssen geändert werden. Die Anforderungen für eine solche Umsetzung müssen dann derart formuliert werden, dass so etwas callcentergesteuert nicht funktionieren kann.
Bevor ich die nächste Anfrage aufrufe, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine Ausbil