Protokoll der Sitzung vom 12.12.2018

und deshalb sind Sie jetzt dagegen. Na ja. Ich erhebe übrigens auch gar kein Urheberrecht darauf. Die Frage, wie man mit differenzierten Sozialquoten umgehen soll, wird doch schon seit zwei Jahren auf Beiratsebene bei unseren Leuten, bei Ihren Leuten, bei den Grünen und überall diskutiert. Wenn Sie die Idee früher, vor eineinhalb Jahren, gehabt haben, dann finde ich das gut, dann bekenne ich hier öffentlich, ich habe bei Ihnen geklaut. Dann wäre es aber doch auch schön, wenn Sie einfach bekennen würden, unsere Idee von vor eineinhalb Jahren ist immer noch gut.

(Beifall SPD)

Ich kann das nicht verstehen, warum hier so ein bisschen kleinlich – –. Ich fände es schön, wenn Sie mitmachen würden.

Was mich am meisten geärgert hat, ist die Aussage, dass man den sozialbelasteten Stadtteilen mit dem Wegfall der Sozialquote etwas wegnimmt. Da sehen Sie mein Gesicht ähnlich wie das Gesicht von Herrn Buchholz gerade, als ich versucht habe, den Kapitalismus zu erklären. Das verstehe ich nicht.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir wollen, dass dort Menschen einziehen, die den Marktpreis bezahlen können, um in diesem Stadtteil die soziale Durchmischung zu verbessern. Was Sie sagen: Damit, dass wir das ermöglichen, nehmen wir dem Stadtteil etwas weg, das lässt einen völlig fassungslos zurück. Auch da, ein bisschen nachdenken! Dafür gibt es wesentlich mehr Sozialwohnungen in Oberneuland, wenn es bei Neubauprojekten in Gröpelingen weniger Sozialwohnungen gibt. Es muss eigentlich einem LINKEN einleuchten, dass das Verteilungsgerechtigkeit par excellence ist.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Bücking, unterkomplex – es ist ja vielleicht kennzeichnend für diese graue Maus Sozialdemokratie, dass man sagt, wir drehen so an kleinen Schrauben. Wir versuchen vielleicht ein Projekt aufzulegen über zwei Millionen Euro um Menschen irgendwo hinzubekommen. Wir versuchen vielleicht die Sozialquote nur um fünf Prozent anzuheben – das ist nicht die Rettung des Weltklimas, und das ist auch nicht das darauf drängen, dass wir die Segregation in Bremen völlig beseitigen könnten. Das ist doch ein schönes Projekt und auch unterkomplexe Projekte sind den Grünen in der Vergangenheit nicht fremd gewesen.

(Heiterkeit Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb fände ich das schön, wenn Sie an dieser Stelle auch mit Freuden mitgehen würden. – Danke!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bücking.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Tschöpe! Das räume ich sofort ein, ein politisches Handeln ist üblicherweise unterkomplex. Man hat eine Antwort und weiß, es sind viele Antworten notwendig. Man weiß, dass die Fokussierung auf eine Antwort die Voraussetzung ist, dass sie überhaupt in das Gesamtfeld der zu entscheidenden Veränderungen eingeht. Darüber brauchen wir nicht diskutieren.

Ich glaube nur, dass, wenn wir jetzt gemeinsam darüber nachdenken, – und ich fand das war die Aufgabe –, was gegen Segregation wirkt und wie städtisches Handeln auf die von Armut gekennzeichneten und dominierten Quartiere reagieren kann, dann bin ich Anhänger der Auffassung: Das nennt man integrierte Stadtentwicklung, dass man sehr viel mehr Stellschrauben im Blick haben muss, als die von Ihnen aufgezählten und nur darauf wollte ich aufmerksam machen.

In Gröpelingen haben wir eine andere Situation als in Tenever und wiederum eine andere Situation als in Blumenthal oder in Marßel. In Gröpelingen ist die Situation eher dadurch gekennzeichnet, dass es ein bisschen Geschosswohnungsbau gibt, dass die GEWOBA nur eine Randrolle spielt, dass neben der GEWOBA die Vonovia und die BREBAU noch eine Rolle spielen und dass es viele Häuser im privaten Besitz gibt, im klassischen Stil Bremer Häuser.

Auch in diesen Bremer Häusern sitzt die Armut. Und auch diese Bremer Häuser zeigen, dass dort die Armut sitzt. Da fragt man sich doch, was sind jetzt unsere Antworten?

In Bezug auf Neubautätigkeit hat Herr Tschöpe ein paar Vorschläge gemacht, die wir ja mittragen. Ich glaube nur, darüber hinaus ist es notwendig, erstens: Diese drei Wohnungsbaugesellschaften zu koordinieren, – wenn es denn mit der dritten möglich ist, mindestens aber die zwei, – was Sie bisher noch nicht tun. Zweitens: Ich glaube, dass es genau richtig war, was wir in den POP-Projekten aufgezählt haben. Das waren ungefähr ein Dutzend Eingriffe in den öffentlichen Raum, mit denen wir versuchen kleine Parks, Spielplätze, Dinge dieser Art so herzurichten, dass man dort wieder gern ist. Und wir haben diesen großen Campus Ohlenhof verabredet, ein irrsinnig teures Projekt.

Alles im Konsens der Koalition, keine Frage, aber ich glaube darüber hinaus, dass es notwendig ist, sich zu fragen, ob man sich zum Beispiel in Bezug auf die Baubestände vornimmt, Teile von diesen kleinen Häuschen zu kaufen, dass man da hingeht und sagt: Die sanieren wir und wir steuern ein bisschen, wer darin wohnt. Ich halte das für sinnvoll. Das macht im Übrigen in Bremerhaven die STÄWOG, die kauft in der Albrechtstraße oder im Goethe-Quartier Häuser, weil sie genau das erkannt hat. Ich glaube, dass es ein Fehler ist, sich das nicht auch noch vorzunehmen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Das wollte ich zur Vervollständigung des Bildes beitragen.

Wenn wir uns jetzt noch einmal kurz vergegenwärtigen, wie so eine neue Regel wirken würde. Ich weiß nicht genau, was sich Herr Tschöpe unter Abschlägen vorstellt, bis wohin die gehen sollen. Ich habe aber nachgefragt, wie viele Wohneinheiten in den Quartieren ungefähr in der Planung sind, von denen wir hier reden, also die ärmer sind und für die dieses Kriterium gilt. Es sind ungefähr 1 500 Wohneinheiten, für die wir ein neues Planungsrecht schaffen müssen, die zum Teil auf städtischem Grund sind und dergleichen mehr. 30 Prozent von diesen Wohneinheiten wären 450, 25 Prozent wären 375 und 20 Prozent wären 300. Nur noch einmal, damit man sich kurz klarmacht, es geht darum, eine Größenordnung von maximal 150 Wohneinheiten sozial an anderer Stelle unterzubringen als ursprünglich vorgestellt. Das ist die Größenordnung, über die wir hier reden. Da muss

jetzt in Oberneuland und in Schwachhausen oder auch im Viertel keine Panik ausbrechen, sondern das kann man gut hinbekommen.

Deswegen, ich glaube, das, was wir hier tun, ist in der Tat Uhrmacherschrauben bewegen und wir werden sehen, wie stark es in der sozialen Realität der Stadt wirkt, und es gehört dazu, dass man das immer schön evaluiert. Und, wir werden uns noch ein bisschen mehr vornehmen müssen. – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Sachlage ist nicht einfach, das will ich einräumen. Ich könnte mir maximal noch eine Enthaltung vorstellen. Ich komme über diesen Punkt nicht hinweg: Was zum einen heißt wirklich Abschläge? Das hat gerade Kollege Bücking erklärt, das ist nicht präzise.

Ich finde, erst einmal widerstrebt es einem schon grundsätzlich, zu sagen, wir ziehen staatliche Fördergelder aus sozial belasteten Stadtteilen ab. Darauf läuft es ja hinaus, dort soll es ja weniger geben. Das heißt also, der Zwang zu Sozialwohnungen wird in Gröpelingen geringer. Das ist doch so. Das ist doch genau das, was gewollt ist.

(Abgeordneter Tschöpe [SPD]: Neue Wohnungen!)

Ja, genau, neue Wohnungen. Ich denke mir, wir müssten doch eigentlich einmal schauen, in welchen Stadtteilen die Angebotsmieten sehr gestiegen sind und das sind letztendlich eher die Ortsteile Osterholz, Huchting, Obervieland und die Vahr. Wenn man sich das zum Vergleich einmal anschaut: Was ich auch immer beobachte ist, dass im Zuge – –. Vonovia ist das ganz schwärzeste Beispiel. Dass die Menschen im Grunde genommen gezwungen sind, ihre Stadtteile zu verlassen, quasi ihren sozialen Kontext zu verlieren, weil entsprechende Mietsteigerungen zuschlagen. Das ist etwas, das man ja auch nicht möchte. –

(Zurufe)

Doch, das passiert. Wenn es jetzt darauf hinausläuft, dass die Neubauwohnungen, die im Übrigen in der Überseestadt im Wesentlichen von der GEWOBA und so – –, da ballt sich das ganz extrem,

dort nicht mehr gebaut werden sollen, sondern teure Wohnungen entstehen, finde ich das problematisch. Den Zusammenhang gibt es auch.

Ich glaube nach wie vor nicht, dass die Sogwirkung durch teure Wohnungen in Gröpelingen sich so auswirken wird, dass es zu einer entsprechenden Durchmischung kommt. Das geht einfach nicht nur durch das Wohnungsangebot, das greift zu kurz, das funktioniert nicht. Deswegen finde ich diesen Punkt so interessant: Wie kommen wir eigentlich mit welchen Stellschrauben zu einer Durchmischung. Das ist tatsächlich nicht so einfach wie man sich das vorstellt und deshalb wäre das ein winziger Schritt.

Umgekehrt zu sagen, wir wollen das auch in anderen Stadtteilen, die als die Betuchten gelten, finde ich völlig sinnvoll, das ist ganz und gar nachvollziehbar. Wir haben die Auseinandersetzung am Osterdeich genauso intensiv wie ich das in Horn kenne, wo Alleinerziehende es kaum schaffen, aufgrund dieser Entwicklungen in dem Stadtteil zu bleiben. Das ist ein gewaltiges Problem, deswegen finde ich den Teil der Rechnung vollkommen zutreffend.

Bei dem anderen habe ich nach wie vor Fragezeichen. Das mit den Abschlägen ist ja auch nicht definiert. In der Überseestadt haben wir eine ganz spezielle Entwicklung: Dort haben wir auf der einen Seite hochpreisigen Wohnraum, auf der anderen Seite, mit dem was die GEWOBA relativ massiv in einem Areal zusammenfasst, haben wir fast schon wieder eine Entwicklung zu sozialen Problemen. Das ist nicht besonders gelungen, wie wir es dort gemacht haben. Dazwischen befindet sich herzlich wenig. Das liegt aber natürlich auch an der fehlenden Infrastruktur, die dort eine ganz spezifische Entwicklung genommen hat, was im Grunde genommen jetzt auch diese krasse Polarisierung auslöst. Damit kommen wir mit diesem Modell auch nicht weiter. Wie gesagt, bestenfalls Enthaltung zu Punkt eins. Getrennte Abstimmung, ich hatte das gerade vergessen zu erwähnen. Zwei bis fünf ist in Ordnung. – Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Neumeyer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tschöpe, erst einmal, in unserem Antrag war das ein Punkt mit vielen anderen Punkten zusammen,

die dieses Konzept begleiten. Ich habe gesagt, wir sind gegen eine generelle 30-Prozent-Quote, die machen wir nicht mit. Und das unterscheidet ihre Forderung von unserer Forderung, erster Punkt.

Zweitens ärgere ich mich. Vielleicht sollten Sie einmal an der Sitzung des Bündnisses für Wohnen teilnehmen, ich bin dort jedes Mal. Da höre ich mir auch jedes Mal, auch von Ihrem Bürgermeister, der jetzt leider weg ist, an, wie wunderbar das klappt und welche Projekte umgesetzt sind und wie toll er doch ist und wie toll auch der Bausenator ist.

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Beim letzten haben Sie Recht!)

Und dann stellen Sie sich hier hin und sagen, die meisten erfüllen das nicht und gehen auf 49 Gebäude, damit sie die Sozialquote nicht erfüllen müssen. Das ist gelogen, das finde ich eine Frechheit gegenüber den Bauunternehmen, die sich wirklich bemühen, auch wenn es ihnen manchmal schwerfällt, – denn Unternehmer wollen auch etwas verdienen –, sie es trotzdem machen und schaffen und es Menschen gibt, die sogar noch freiwillig auf 30 erhöhen.

(Beifall CDU, FDP)

Das will ich hier noch einmal ganz deutlich sagen. Das hat auch nichts mit Zickigkeit zu tun.

(Abgeordneter Tschöpe [SPD]: Ein bisschen schon!)

Ich ärgere mich auch, wenn man mir erzählt, in einem Bericht der Deputation, den haben Sie scheinbar nicht vorliegen, Herr Pohlmann wird den haben, der kann Ihnen den ja einmal geben, da steht als Begründung zur Ablehnung unseres Antrages, dass man schon jetzt flexibel sein kann und da stimmt etwas nicht. Man kann mir nicht erzählen, das könne man jetzt schon machen, man brauche unseren Antrag nicht und ein paar Wochen später reichen Sie einen Antrag mit der ähnlichen Intention ein. Das verstehe ich nicht. – Danke!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Deutschendorf.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Umsetzung der bisherigen Wohnraumförderprogramme seit dem Jahr 2012 ist ein Erfolg, es entstehen neue geförderte Wohnungen. Im Land Bremen sind über

2 400 Wohnungen zur Förderung angemeldet, 20 weitere Baugebiete sind vorangemeldet. Die drei bisher beschlossenen Programme mit einer weiteren Aufstockung haben ein Gesamtvolumen von knapp 160 Millionen Euro und sind ausgebucht. Mittlerweile sind über 500 Wohneinheiten fertiggestellt worden. Mehrere hundert sind im Bau. Es entsteht hier ein differenziertes Wohnangebot, das für unterschiedlichste Zielgruppen zur Verfügung steht und die Bauaktivität verteilt sich auch durchaus über fast alle Stadtteile.

Diesen Weg, meine Damen und Herren, gilt es fortzusetzen, diese Aktivitäten zu verstetigen und bestenfalls noch zu verstärken. Dabei ist sicherzustellen, dass diese Entwicklung städtebaulich vertretbar stattfindet, dabei finde ich es an dieser Stelle durchaus auch einmal erwähnenswert, dass überall dort, wo 25 Prozent geförderte Wohnungen entstehen, auch 75 Prozent freier Wohnungsbau stattfindet. Das hat positive Auswirkungen auf die Stadtteile und das wird auch mit einer Anpassung auf 30 Prozent weiterhin gewährleistet sein. Ich finde es durchaus richtig, unser bisher angewandtes Instrument weiterzuentwickeln. Wichtig, und das will ich voranstellen, ist durchaus die Ausgestaltung, wir brauchen einen verlässlichen Rahmen für alle Beteiligten und das hat bisher auch zum Erfolg der laufenden Programme geführt. Das heißt, wir haben klare Regeln und klare Prozesse, die für alle Beteiligten gleichermaßen angewandt werden und das ist, glaube ich, auch ein wichtiger Garant für die Akzeptanz, die wir hier insgesamt gefunden haben und das muss für die Zukunft sichergestellt sein.