Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

hat in der Vergangenheit in Bremen schon einmal eine Debatte gegeben, ob es regelmäßig wiederkehrende Brandverhütungsschauen geben sollte. Dafür hat sich damals – ich selbst war noch nicht hier – auch die Bauverwaltung ausgesprochen. Man hat aber damals gesagt, man möchte es anlassbezogen tun, wenn man glaubt, eine Immobilie verdient besondere Aufmerksamkeit. Geregelt ist das in dem Bremischen Hilfeleistungsgesetz, das unter der Regie des Innenressorts in regelmäßigen Abständen überprüft wird. Dort ist man im Moment dabei, in Abstimmung mit unserem Haus eine Änderung zu erarbeiten, zu überlegen, ob man nicht doch die regelmäßigen Brandverhütungsschauen einführt.

Ich kann sagen, ich finde das richtig. Ich habe mich selbst vor zwei Jahren zum Brandschutzhelfer ausbilden lassen. Ich sitze im 13. Stock des SiemensHochhauses und habe nach dem Brand im Grenfell Tower auch gedacht, auf vielen Etagen haben wir keine Brandschutzhelfer im Siemens-Hochhaus. Das heißt, wir appellieren immer an die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich ausbilden zu lassen. Dabei muss man gelegentlich einmal selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn man dann aber auch sieht, was es heißt, dass keine Brandlasten in den Fluren sein dürfen, dass die Fluchtwege erkennbar sein müssen, dass keine Fluchttüren verschlossen sein dürfen, dass die Alarmanlagen funktionieren müssen, dass Löschmittel erreichbar sein müssen und nicht hinter Schränken versteckt oder mit verriegelter Klappe, alle diese Dinge, bis hin dazu, dass man die Rettungswege findet, aber auch auf fehlerhafte Heizgeräte, kaputte Elektrogeräte achtet, alles das ist notwendig.

Dafür braucht man aber nicht die Kommission, die Brandschutzkommission, sondern dafür braucht man die regelmäßigen Brandverhütungsschauen. Deswegen glaube ich, das Thema, das die LINKE gesetzt hat, ist richtig, aber das Instrument ist ein etwas anderes. Ich glaube, in dem Sinne sollten wir das Thema weiter bewegen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/1131 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Stimmenthaltungen?

(CDU, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht der staatlichen Deputation für Umwelt, Bau, Verkehr, Stadtentwicklung, Energie und Landwirtschaft, Drucksache 19/1807, Kenntnis.

„Solidarische Ökonomie“ stärken Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 12. September 2018 (Drucksache 19/1820)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Siering.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pirooznia.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, und die SPD-Fraktion haben gemeinsam einen Antrag mit dem Titel „Solidarische Ökonomie“ eingebracht. Ich möchte nicht verhehlen, dieser Antrag lässt mein grünes Herz höherschlagen. Im Folgenden möchte ich Ihnen aufzeigen, warum.

Nicht nur die technischen Entwicklungen verändern die Art und Weise unseres Wirtschaftens, sondern auch neue gesellschaftliche Vorstellungen, Genossenschaftsmodelle, Gemeinwohlökonomie und solidarische Ökonomie erhalten einen immer größeren Stellenwert. In den vergangenen Jahren hat sogar die Europäische Kommission auf Initiative des Europäischen Parlaments ausdrücklich die Förderung der sozialen und solidarischen Ökono

mien zur Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung und zu hochwertigen Dienstleistungen aufgenommen. Damit wird also der Tatsache Rechnung getragen, dass zwischen klassischer Gewinnorientierung und einer Non-Profit-Ausrichtung ein wachsender Bereich wirtschaftlicher Selbstorganisation existiert, in dem soziale und ökologische Ziele mit unternehmerischer Selbstverständlichkeit verbunden werden.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Bei diesen Unternehmen, Genossenschaften, Vereinen oder Stiftungen steht das Ziel der Gemeinwohlsteigerung im Vordergrund und nicht die Steigerung des Shareholder Values. Das erfreut natürlich das grüne Herz. Die Messung dieser Effekte kann durch die Erstellung von Gemeinwohlbilanzen erfolgen, welche eine Betrachtung aller Aktivitäten dieser Akteure aus einer 360-Grad-Perspektive ermöglicht und sich mit Fragestellungen befasst wie: Wird die Menschenwürde geachtet? Wird soziale Gerechtigkeit gefördert? Wird ökologische Nachhaltigkeit sichergestellt? Wie transparent, solidarisch oder demokratisch werden unternehmerische Ziele erreicht? Welche Auswirkungen haben wirtschaftliche Aktivitäten auf die allgemeine Lebensqualität heute und morgen? Durch eine solche mehrdimensionale Betrachtung kann auch Verbraucherinnen und Verbrauchern transparent sein, in welchen Bereichen diese Akteure eine Überfüllung von Mindeststandards erbringen. Daher gilt es für die Erstellung von Gemeinwohlbilanzen zu werben und diese auch öffentlich zu würdigen.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wie durch die Antwort des Senats in der Fragestunde im März 2018 deutlich wurde, sind die Potenziale für die Neugründungen von Genossenschaften sowie anderen solidarisch wirtschaftenden Unternehmungen im Land Bremen noch nicht ausgeschöpft. Eine genaue Bestandsaufnahme der Situation dieses Sektors gibt es für das Land Bremen bislang nicht. Hier gibt es noch Evaluations- und vor allem auch politischen Handlungsbedarf, um die Rahmenbedingungen der solidarischen Wirtschaft zu stärken, sodass die Akteure nicht durch das klassische Raster von bestehenden Beratungsangeboten und Förderprogrammen fallen.

Die Akteure der solidarischen Ökonomie lassen sich in den unterschiedlichsten Branchen und Sektoren der Wirtschaft antreffen, so zum Beispiel in der Wohnungswirtschaft – hier dürfte als Beispiel das Mietshaussyndikat bekannt sein –, die durch

ihr Engagement langfristig bezahlbaren Wohnraum und Raum für Initiativen schaffen, bei Finanzdienstleistungen, bei der Kinderbetreuung, der Nahrungsmittelversorgung, der dezentralen Energieversorgung, auch hierzu ein Beispiel aus Bremen: der Bremer Solidarstrom, bei dem alle Erträge der Solaranlagen in gemeinnützige Projekte fließen und nicht in die Taschen der Eigentümer. Die Quartiersentwicklung sowie die Pflege sind auch Bereiche, in denen die solidarische Ökonomie zu Hause ist. Anhand dieser Breite von Möglichkeiten wird deutlich, dass durch die Stärkung der solidarischen Ökonomie eine Vielzahl von zusätzlichen Potenzialen für das Land Bremen freigesetzt werden kann.

Daneben sind die Akteure der solidarischen Wirtschaft und Ökonomie häufig auch mit dem Bereich des bürgerlichen Engagements eng verbunden und sorgen so auch für eine Stärkung lokaler Wirtschaftskreisläufe und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Daher gilt es, unter anderem auch zu überprüfen, ob und wie im Bremischen Tariftreue- und Vergabegesetz der soziale Mehrwert beziehungsweise der gesellschaftliche Zusatznutzen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen für diese solidarischen Unternehmen berücksichtigt werden kann.

Ich hoffe, ich konnte durch meine Ausführung auch Ihr Herz höherschlagen lassen und bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Reinken.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Solidarische Ökonomie stärken; das ist ja immer so eine Sache mit den Begrifflichkeiten. Ich muss gestehen, dass ich mit solchen Begriffen wie solidarische Ökonomie und Ähnlichem immer etwas fremdle, immer etwas gefremdelt habe, denn aus solchen Begriffen kann man auch immer Begriffsgegensätze konstruieren: solidarische Ökonomie – unsolidarische Ökonomie. Ist nur die solidarische Ökonomie mit Elementen der Solidarität behaftet, oder gibt es auch Elemente der Solidarität in der klassischen Ökonomie? Ähnlich habe ich immer mit der Bezeichnung sozialer Arbeitsmarkt gefremdelt. Heißt das eigentlich, dass der normale Arbeitsmarkt unsozial ist, wenn er

nicht die Überschrift sozial, also öffentlich gefördert, trägt? Daher fremdle ich dort immer ein bisschen.

Ich habe aber auch gelernt, dass in der Wahrnehmung dieser Entwicklung – Kollege Pirooznia hat zu Recht darauf hingewiesen – nicht völlig neu ist, in der Wahrnehmung, in der, ich will nicht sagen, Gleichberechtigung, aber in der deutlichen Wahrnehmung dieser Entwicklung auch immer eine Aufgabe von politischem Handeln steht. Ich habe gelernt, solidarisches Wirtschaften ist in der heutigen Zeit in hohem Maße mit bürgerschaftlichem Engagement verbunden. Jedoch, meine Damen und Herren, auch in der Vergangenheit: Die Genossenschaftsbewegung hat eine lange Tradition, insbesondere auch in der Arbeiterbewegung sehr stark determiniert auch durch Fragen der Selbstversorgung, des Zugangs zu Wohnungen, des Zugangs zu Lebensmitteln. Wir haben auch noch ein bisschen gelernt, die Älteren unter uns, die Jüngeren vielleicht nicht, wie das leider in den Siebzigerjahren dann endete angesichts anderer Entwicklungslinien, die den Kapitalismus dominierten.

Das macht es umso wichtiger, dass man sich diesen Themen widmet und erkennt, in welchen dieser Fragen Potenzial steckt, in welchen dieser Fragen Entwicklungschancen bestehen für das Gemeinwesen, für die Region, für Arbeitsplätze, für das Zusammenleben der Menschen. Wir sehen aber auch, wir wissen nicht genau, was sich aus Bereichen, die sich möglicherweise heute in Nischen entwickeln, in einigen Jahren entwickeln kann, wo dort Bedürfnisse von Menschen befriedigt werden, wo sich dort jenseits von solchen Faktoren wie Selbstausbeutung, die wir in hohem Maße natürlich auch in dieser solidarischen Wirtschaft, in dieser solidarischen Ökonomie finden, möglicherweise Potenzial zeigt, in dem hoch qualifizierte, gute Arbeit und Wertschöpfung produziert werden.

Hätte etwa irgendjemand gedacht, dass aus dieser niedlichen Bioladenszene, die wir Anfang der Siebzigerjahre kennenlernen durften, einmal Konzerne werden, die sich sogar trauen, wie im Fall der Kollegin Wargalla, Betriebsratswahlen zu boykottieren. Also man weiß nie, was aus den Dingen wird, und es ist gut, sie im Blick zu haben und Dinge, die sich gut entwickeln, zu unterstützen.

Ich glaube, dass es richtig ist, wie in diesem Antrag in den einzelnen Punkten formuliert, Kollege Pirooznia hat eine Reihe davon vorgetragen, diesem Bereich Aufmerksamkeit zu schenken, ohne, das sage ich aber auch, seine Bedeutung zu überhöhen.

Es ist ein Teilbereich der Ökonomie, aber auch, ohne es zu verniedlichen, ein Teilbereich der Ökonomie, den wir im Auge haben müssen. Das ist allerdings in der Vergangenheit auch schon geschehen, wir hatten es seinerzeit im Koalitionsvertrag schon vereinbart, dass wir diesen Bereich nicht aus den Augen auch der klassischen Wirtschaftspolitik verlieren.

Wir wissen, dass es eine ganze Reihe von Versuchen gegeben hat, gerade auch im genossenschaftlichen Sektor, auch durch Beratung seitens der Wirtschaftsförderung, seitens der BAB Dinge auf den Weg zu bringen. Wir wollen, dass das weitergeht, wir wollen, dass hier noch einmal darauf geschaut wird, uns auch berichtet wird, an welchen Stellen es Bewegung gibt und wo wir möglicherweise erkennen, dass es keine Bewegung gibt und dass es nicht Ergebnis staatlichen Handelns sein kann, hier einen Bereich in Schwung zu bringen. Wir sehen positive Effekte für zusätzliche Angebote, für zusätzliche Arbeitsplätze, für die wichtigen Elemente des sozialen Zusammenhalts. Das ist für uns der Grund, dass wir diesen Antrag unterstützen und dass wir darum bitten, dass dieser Antrag, nicht nur hier freundlich durch Abstimmung begleitet wird, sondern auch erwarten, dass er dann in der Abarbeitung durch die entsprechenden Fachbereiche begleitet wird. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße es ja, dass wir uns tatsächlich schon intensiv über die Aufgaben der nächsten Legislaturperiode Gedanken machen, und auch dieser Antrag ist geeignet, zu sagen: Da gibt es ein Feld, auf dem es auch nach zwölf Jahren Rot-Grün durchaus noch Nachholbedarf gibt. Da gibt es Dinge zu justieren, und da gibt es vielleicht auch Dinge anders zu machen als in der Vergangenheit, denn meiner Wahrnehmung nach, wenn ich mir die Strategien der Wirtschaftsförderung und dergleichen anschaue, ist das Feld der sogenannten solidarischen Ökonomie eher unterrepräsentiert und hat auch, glaube ich, in der Tat nicht die Bedeutung, die es haben sollte und es haben kann.

Es ist so. Wir setzen uns natürlich als DIE LINKE auch immer mit Alternativen zum Kapitalismus auseinander. Wir haben möglicherweise so einen gentechnischen Defekt, dass wir gar nicht anders

können, als darüber nachzudenken, wie Dinge, die dumm laufen, zu verbessern sind. Das ist auch hier der Fall. Es gibt ja gute Beispiele für Wohnungsbaugenossenschaften, für Genossenschaften für alternative Energien und auch kleinräumige Initiativen von Tauschringen. Das mag, wie gesagt, alles zunächst, wie der Kollege Reinken sagt, niedlich sein, aber wo und wie da Dinge entstehen, die in der Zukunft wichtig sind, das weiß man unter Umständen nicht so genau. Von zehn Ideen mögen vielleicht acht nicht so gut sein, aber die zwei, die gut sind, sollte man dann auch nicht im Ansatz zertreten.

Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. Wir finden auch, solidarische Ökonomie soll und kann deutlich mehr Bestandteil einer zukünftigen Wirtschaftsförderungsstrategie sein. Wir können schauen, an welcher Stelle wir das eigentlich behindern.

Wir stimmen dem zu, denn selbst wenn damit nicht alle Probleme gelöst werden, ist es trotzdem gut. Wir dürfen gleichwohl nicht aus den Augen verlieren, dass über der Frage der solidarischen Ökonomie auch die Frage der Handlungsfähigkeit des Staates, Handlungsfähigkeit der Kommunen, Handlungsfähigkeit dieses Bundeslandes steht. Da ist die Frage nicht nur die Frage der solidarischen Ökonomie, da ist auch die Frage, wie viel eigentliche Handlungskompetenz, Umsetzungskompetenz wir noch in Form von kommunalen Betrieben, in Form von rekommunalisierten Betrieben haben. Was machen wir eigentlich mit unseren Gebäuden, mit unseren Grundstücken? Das hat damit zu tun, denn dort können wir auch auf andere Art und Weise eine Form von solidarischer Ökonomie einziehen lassen.

Es ist auch kein Ersatz für Mitbestimmung in den Betrieben. Es ist kein Ersatz für Demokratisierung von Wirtschaft, denn auch da kann man sozusagen Elemente von Solidarität im Sinne von Demokratie einziehen lassen. Deswegen, glaube ich, ist es notwendig, nicht nur heute in fünf Minuten einmal solidarische Ökonomie auf ein Transparent zu schreiben und zu sagen: Wir sind alle dafür. Sondern wenn wir uns ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen, müssen wir präzise, detailgenau, aber auch mit offenen Augen für Alternativen sein, und wir müssen selbstkritisch sein: Was kann diese Form von solidarischer Ökonomie? Was kann sie nicht, und wie kann man das erreichen, was sie nicht kann? – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, was soll ich sagen?