Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

Wir haben leider noch nicht die Lösung, sonst wäre unsere Klimabilanz besser, als sie ist, aber wir müssen sie auf jeden Fall finden. – Ich bedanke mich!

Als Nächstes erhält der Abgeordnete Janßen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Ja, die Schülerinnen und Schüler haben Recht, radikale und konsequente Forderungen aufzustellen, und nein, ich finde nicht, dass diese Forderungen

auf die Straße gehören und die abgeschwächte Realpolitik in das Parlament, sondern ich finde, dass genau diese Forderungen auch in dieser Klarheit hier in das Parlament gehören. Da künstlich die Trennlinie zu ziehen finde ich nicht richtig.

(Beifall DIE LINKE)

Zwölf Jahre lang stellen Bündnis 90/Die Grünen das zuständige Ressort für Umwelt und fordern in der Aktuellen Stunde: Jetzt konsequenter Klimaschutz! Zwölf Jahre grünes Umweltressort und heute die Forderung, den Klimanotstand auszurufen. Da halte ich es dann doch an der einen oder anderen Stelle mit Frederike Oberheim, die ja auch auf der LNV noch einmal geschrieben hat: Früher hattet ihr einmal Biss. Ich glaube, es muss auch dazu gehören.

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Kommen Sie einmal in einer Regierung an, dann werden wir sehen, wie viel Biss Sie haben!)

Sie agieren ja gerade aus der Regierung heraus und ich finde das schon bezeichnend.

Wir diskutieren heute gar nicht über die Umsetzung konkreter Klimaschutzprogramme, sondern wir diskutieren heute in einer eher allgemein gehaltenen Aussprache über die Frage: Wie kommen wir zu einem konsequenten Klimaschutz, der auch darauf eingeht, welchen gesellschaftlichen Protest wir derzeit haben? Die Wahrheit ist, das Bremer Klimaschutzgesetz wird schlicht gebrochen, es wird nicht eingehalten. Die Forderung, 40 Prozent CO2-Reduktion gegenüber dem Basisjahr 1990 zu erhalten, werden wir nicht umsetzen. Jetzige Berechnungen laufen ja eher Richtung 16 Prozent. Konsequenter Klimaschutz jetzt – das wäre eine Einhaltung der eigenen Ziele.

Der Senat hat einiges nicht gemacht, was wir immer wieder thematisiert haben und was auch hier diskutiert wurde. Wir hatten ja einmal beantragt, zu sagen, dass wir uns auf den Weg machen müssen, den Kohleausstieg zu planen. Wir müssen uns auf den Weg machen, in die Diskussion mit den Betreibern einzutreten

(Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist doch längst passiert!)

und mit den Betriebsräten und Gewerkschaften. Das wurde hier abgelehnt mit dem Verweis darauf, in diesen Markt könne man ja so nicht eingreifen,

da habe man keinen staatlichen Handlungsrahmen. Wir haben gelernt, jetzt ist es anders, jetzt kann man bis 2023 den Ausstieg fordern.

Meine Damen und Herren, konsequenter Klimaschutz jetzt – das wäre auch die Aufgabe, hier eine regionale Kommission zu bilden und in den Ausstieg aus der Kohlekraft aktiv einzusteigen und dann auch Nägel mit Köpfen zu machen.

(Beifall DIE LINKE, CDU)

Es gibt ja einen umfangreichen Verkehrsentwicklungsplan.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Aber nur in Bremen, in Bremerhaven nicht!)

Ich durfte vor drei Wochen stellvertretend für meinen Kollegen einmal daran teilnehmen. Das war sehr spannend. Darin stehen einige Punkte, die umgesetzt werden sollten. Ich kann Ihnen sagen, die Punkte, die Grau oder Rot haben, was für „nicht umgesetzt“ oder „noch nicht in Bearbeitung“ steht, sind in der Mehrheit. Auch Themen wie Weserquerung, wie Premiumrouten sind nicht in dem Umsetzungsstand, den wir eigentlich gern hätten. Heute Morgen bin ich in eine Straßenbahn eingestiegen, in die Linie 1 auf dem Weg vom Hauptbahnhof hierher, zur Domsheide, da klebte außen auf der Straßenbahn ein Sticker. „Fridays for Future“ stand darauf, „ÖPNV statt SUV“. Ich glaube, das ist richtig. Wenn wir die Verkehrswende wollen, bedeutet konsequenter Klimaschutz auch die gezielte Umverteilung von Geldern im Haushalt, weg vom Auto, hin zu Rad und ÖPNV.

(Beifall DIE LINKE)

Stichwort ÖPNV, Stichwort Verkehrswende: Die Fahrgastzahlen stagnieren derzeit. Die Preise im ÖPNV steigen. Wenn wir dann Anträge stellen, die einfach nur eine Minimalforderung nennen – keine weiteren Preiserhöhungen, ein Preismoratorium – oder wenn wir Anträge stellen, die sagen, wir müssen schauen, wie wir für die Auszubildenden die Möglichkeit finden, ähnlich den Studierenden Ticketpreise zu haben, die Mobilität grundsätzlich ermöglichen, dann werden die hier von einer Regierungsmehrheit abgelehnt. Konsequenter Klimaschutz jetzt bedeutet Einstieg in den kostenlosen ÖPNV und einen konsequenten Ausbau der Netze, ansonsten bleibt es bei der Sonntagsrede.

(Beifall DIE LINKE – Abgeordnete Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer hat denn den Aus- bau der Linie 1 abgelehnt?)

Auch beim Stadtklima haben wir doch eine ähnliche Debatte, meine sehr geehrten Damen und Herren. Zwischen 2015 und 2018 wurden für drei gefällte Bäume rechnerisch zwei nachgepflanzt, und das unter einem grünen Umweltressort. Also auch hier: Konsequenter Klimaschutz jetzt! Das würde bedeuten, aktiv die Stadtökologie zu schützen, Nachpflanzungen nicht unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen, sondern Handlungen zum Schutz des Klimas zu ermöglichen.

(Beifall DIE LINKE)

Diese Liste ist weder vollständig noch abschließend, das wissen Sie genauso gut wie ich. Mein Problem mit dieser Auseinandersetzung ist aber: Sie fragen die Aktivistinnen und Aktivisten der Demonstrationen oder die Leute von Ende Gelände und sagen: Ihre Demo war doch jetzt erfolgreich, wir haben es doch debattiert. Nein, die Demo ist dann erfolgreich, der Streik ist dann erfolgreich, wenn die Forderungen der Klimabewegung Eingang in die Politik finden und wenn diese Forderungen dann auch ernst genommen und umgesetzt werden und nicht bloß einmal gesagt wird: Vielen Dank dafür, dass ihr gestreikt habt, jetzt kommen wir wieder zur Realpolitik. Nein, die Konsequenz müsste sein, Handlungen zu verändern und den Systemwandel in Hinblick auf Klimaschutz auch wirklich zu vollziehen.

(Beifall DIE LINKE)

Ein paar Punkte vielleicht noch zum Verlauf der Debatte. Die FDP hat natürlich gesagt: Wir machen Klimaschutz irgendwie mit dem Marktmechanismus, mit diesem Zertifikathandel. Da sind sie die Einzigen, die noch daran glauben. Alle anderen sagen: Der Zertifikathandel als klimapolitischer Ablasshandel ist gescheitert, das wird so nicht funktionieren. Wir müssen, wenn wir Klimaschutz ernst nehmen wollen, auch die Auseinandersetzungen mit der Form, wie wir profitieren, wie profitorientierte Konzerne kein Interesse an Klimaschutz haben, führen. Das können wir nicht gemeinsam, sondern wir müssen auch die Kraft haben, es gegen Industrieinteressen durchzusetzen. Das werden wir nicht über einen Marktmechanismus regeln können.

(Beifall DIE LINKE)

Eine Anmerkung noch zu der Frage, wann man eigentlich einen Streik macht. Ich finde es immer wieder faszinierend, wenn es einen Aufruf gibt, einen Streik in seiner Freizeit zu machen. Ich weiß nicht genau, woher Sie dann diesen Streikbegriff nehmen. Die Forderung ist natürlich klar. Es ist ein Streik, wenn ich mich verweigere, die Tätigkeit auszuführen, um mit einem Ziel etwas durchzusetzen. Das kann ich nicht in meiner Freizeit machen, dann wäre es kein Streik. Diese Auseinandersetzung muss auch an der Stelle geführt werden, an der sie die Aufmerksamkeit bekommt. Ich finde das richtig und ich ziehe meinen Hut, auch wenn ich keinen habe, vor den Aktivistinnen und Aktivisten der Klimaschutzbewegung und hoffe, in der Zukunft dann auch hier davon sprechen zu können, dass wir konsequenten Klimaschutz tatsächlich in die Tat umsetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner erhält der Abgeordnete Tassis das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen des Hohen Hauses! Ich denke, die kindliche und jugendliche Seele lehnt vor allem Anbiederung von Erwachsenen ab. Was sich Bündnis 90/Die Grünen hier heute an Anbiederung geleistet haben, das ist, glaube ich, auch nicht im Sinne von demonstrierenden Jugendlichen. Vielmehr glaube ich – ich habe vergangenen Freitag mit ein paar Leuten geredet, die mich mit einigen Apps und Links versorgt haben –, die Jugendlichen sind sehr viel entspannter als einige Vorredner hier, die nicht wissen, was ein totalitärer Eingriff in die Gesellschaft ist, was völlig absurd ist. Vielmehr durfte ich Folgendes lernen – so haben mir die Schüler einen Link geschickt –, ich zitiere etwa wörtlich: „Selbst das IPCC sagt aus, dass der Klimawandel, der neuere der letzten 150 Jahre der Industrialisierung, nur wahrscheinlich zu über 50 Prozent durch den Menschen gemacht worden ist.“ Das hört sich ja schon wesentlich entspannter an als irgendwelche Dramatisierungen.

(Unruhe)

Ich denke vielmehr, dass die Jugendlichen viel weiter sind, dass die Jugendlichen sehr viel kritischer hinterfragen, als das ihnen hier in der Bürgerschaft unterstellt wird. Zwei konkrete Dinge: Warum ist denn kein Meter Straßenbahn in den letzten zwölf Jahren gebaut worden? Ich als langjähriger ÖPNV-Nutzer bedaure das sehr. Das wäre doch

einmal ein Beitrag gewesen, den Sie zum Klimaschutz tatsächlich hätten leisten können. Da waren wir doch vor zehn, zwölf, fünfzehn Jahren weiter. Auch die Auseinandersetzung hier zwischen Herrn Crueger und Herrn Remkes scheint mir nicht auf der Höhe zu sein, auf der die Diskussionen bei den Schülern sind. Es ist den Schülern, soweit ich das verstanden habe, durchaus klar, dass China führend in der Elektromobilität ist und dass das ein großer Markt ist. Den Schülern ist offensichtlich aber gerade auch die Problematik klar, dass jene von Herrn Remkes erwähnten Kohlekraftwerke wahrscheinlich den Strom für die E-Mobile in China liefern und dass die Sache doch nicht ganz so einfach ist, wie man das gern hätte.

Ich möchte mich zum Schluss dem Kollegen Imhoff anschließen. Was kann man den Schülern denn Positives sagen? Ich glaube, dass im Studium der Naturwissenschaften und der Ingenieurwissenschaften die Probleme gelöst werden, wie Kollege Imhoff es gesagt hat. Dort werden in den nächsten Jahrzehnten völlig neue Antriebsarten und Energieliefersystem erfunden werden, die uns von heutigen Diskussionen um Dekarbonisierung oder anderen Diskussionssträngen befreien werden. Das ist es doch. Sie müssen doch gerade auch jungen Leuten die Angst nehmen, in ihre Zukunft zu schauen. Sie sollten für Naturwissenschaften werben, für Ingenieurwissenschaften, egal ob man die in Bremen oder an einem anderen Ort studiert. Dort werden jene Probleme gelöst, die real sind, und auch für ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland und einen Hochindustriestandort wie Bremen Lösungen vorgeschlagen, die keine Deindustrialisierung, sondern ein vernünftiges Leben für alle Menschen auf dieser Erde ermöglichen.

Ich hoffe, dass Bremen und eine wache Schülerschaft dazu beitragen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Dr. Schaefer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Imhoff, ich möchte erst einmal auf Sie eingehen. Wenn wir uns solidarisch mit Demonstrierenden erklären, dann ist das kein Anbiedern, dann geht es darum, das Anliegen in das Parlament zu bringen, weil die Demonstranten nämlich die Politik ansprechen, und dann gehört das Anliegen auch hierher.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wir laden uns auch nicht Fridays for Future, Herr Janßen, auf unseren Parteitag ein, um Lob zu bekommen, sondern um uns mit den Jugendlichen kritisch auseinanderzusetzen und klarzumachen, dass wir für Klimaschutz stehen. Die Umsetzung ist aber leider nicht immer so einfach, wie man sich das vorstellt, zumindest in der Realpolitik. Vielleicht kommen Sie da eines Tages einmal an, dann werden Sie sehen, dass es etwas anderes ist, in der Opposition alles zu fordern und schön zu finden oder in Regierungsbeteiligung nun einmal anderen Rahmenbedingungen ausgesetzt zu sein.

Und ja, wir konnten nicht so viel umsetzen, wie wir uns vorgenommen haben, und dann finde ich es auch gut, wenn Jugendliche uns den Spiegel vorhalten und mehr einfordern. Dass Sie aber, Herr Imhoff, sich hinstellen und so tun, als ob die CDU jetzt die Klimaschutzpartei ist, das finde ich absurd. Ein Beitrag zum Klimaschutz sind zum Beispiel Tempolimits auf Autobahnen. Da habe ich keinen Herrn Scheuer erlebt, der mit wehenden Fahnen vorangegangen wäre und gesagt hätte: Das machen wir.

(Abgeordneter Röwekamp [CDU]: Der ist ja auch nicht in der CDU! – Heiterkeit)

In der Schwesterpartei, gut.

Dann haben Sie gesagt, die CDU sei quasi die Windpartei. Wann immer hier in letzter Zeit Windkraftanlagen in Bremen gebaut werden sollten, war es die CDU, die dagegen war. Beim Bultensee war es Herr Rohmeyer. In Seehausen waren Sie es, Herr Imhoff, da ging es um Repowering. Und in Arsten war es Frau Ahrens, die sich der Bürgerinitiative dort angeschlossen hat. Also tun Sie doch nicht so, als ob hier Windkraft nur mit der CDU gegangen wäre, das Gegenteil war der Fall in den vergangenen Jahren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Dann werde ich nicht müde, auch wenn Herr Eckhoff – er ist jetzt gerade nicht da – sonst immer Pulsrasen bekommt, zu sagen: Es sind auch die CDU und die große Koalition in Berlin gewesen, die Offshore gedeckelt haben, die Solarenergie gedeckelt haben. Sie sind doch keine Klimaschutzpartei, meine Damen und Herren, Sie sind die Klimabremser.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Glocke)

Frau Dr. Schaefer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jetzt keine Zwischenfrage, weil meine Zeit nämlich läuft und wir ja gleich noch eine Debatte haben.

Was ich erwartet hätte, wäre, dass Sie hier selbst einmal Lösungswege aufzeigen, und das habe ich nicht gehört. Aber ich nehme Ihren Redebeitrag und alle anderen jetzt einfach so auf, dass Sie, wenn wir in Zukunft Klimaschutzmaßnahmen in Bremen fordern, diese auch unterstützen werden.

Dann haben Sie noch die Atomkraft angesprochen, da muss man auch einmal sagen, wie es wirklich war. 2010 hat Frau Merkel der Atomindustrie noch die Verlängerung der Atomenergie versprochen. Dann ist 2011 im März ein schreckliches Unglück passiert, Fukushima. Da waren viele Wahlen hinterher, kurz darauf auch in Bremen. Bündnis 90/Die Grünen haben die ganze Zeit für den Atomausstieg geworben und da konnte man dann plötzlich sehen, dass die Bundesregierung es nach einem schlimmen Unglück dann erst einmal geändert hat, weil es keinen gesellschaftlichen Konsens mehr für Atomenergie in Deutschland gab.