Protokoll der Sitzung vom 25.11.2015

Ich bitte um Ruhe!

Wer der Überweisung des Nachtragshaushaltsgesetzes der Freien Hansestadt Bremen für das Haushaltsjahr 2015, Drucksache 19/148, des Nachtragsproduktgruppenhaushaltes und des Nachtragshaushaltsplanes für das Haushaltsjahr 2015 zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist entsprechend.

(Einstimmig)

Außerdem bitte ich Sie um ihr Einverständnis, dass die bei der Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft noch eingehenden Anträge und Änderungsanträge zu dem Nachtragshaushalt 2015 unmittelbar an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss weitergeleitet werden. Ich stelle Einverständnis fest. Ich unterbreche die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis um 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.00 Uhr)

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet. Auf dem Besucherrang begrüße ich recht herzlich eine Gruppe Senioren der IG Metall,

(Beifall)

Studentinnen und Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Herrn Junior Nzita Nsuami, einen ehemaligen Kindersoldaten aus der Demokratischen Republik Kongo, der im Alter von 12 Jahren aus der Schule entführt und von der kongolesischen Befreiungsarmee AFDL zwangsrekrutiert wurde. Er verbrachte die nächsten zehn Jahre in militärischer Gefangenschaft und war schweren Gewaltakten ausgesetzt, wurde aber auch gezwungen, solche Taten selbst zu begehen. Nach seiner Demobilisierung 2006 und Reintegration 2010 gründete er die Organisation „Paix pour I´enfance“. Diese Organisation zielt auf die Wiedereingliederung von Kindern, die aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen zu Waisen wurden. Herr Nzita ist Botschafter der Vereinten Nationen und im Rahmen einer Veranstaltung in Bremen. Des Weiteren begrüße ich recht herzlich Herrn Mische von Amnesty International, der Herrn Nzita begleitet.

Herzlich willkommen!

(Beifall)

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Asyl- und Flüchtlingskompromiss zügig umsetzen! Antrag der Fraktion der CDU vom 10. November 2015 (Drucksache 19/132)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht –

(Zurufe)

das freut mich! –, aber unabhängig davon, dass es Ihnen gut geht, werden doch die vielen Gespräche, die wir sowohl in unserer politischen Aufgabe, aber auch privat führen, ganz häufig vom gleichen Thema bestimmt. Wir werden immer wieder gefragt, wie es mit den Flüchtlingen und dem Zustrom von Flüchtlingen nach Europa und in Deutschland weitergehen soll.

Wir als Bremische Bürgerschaft hatten im Landtag schon zweimal die Gelegenheit, über dieses Thema zu debattieren, einmal im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels der Bundesregierung mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder, als Bürgermeister Dr. Carsten Sieling seine Sicht auf die notwendigen Handlungsbedarfe hier im Parlament erläuterte. Wir haben – zugegeben etwas turbulent und emotional – im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat auch hier im Parlament darüber debattiert, wie die Ergebnisse dieses Flüchtlingsgipfels zu bewerten seien und wie mit diesen Ergebnissen in unserem Bundesland Bremen umzugehen sei.

Der Senat hat in dieser Debatte angekündigt, das Abstimmungsverhalten erst unmittelbar vor der Sitzung des Bundesrates festzulegen, und darauf hingewiesen, dass es noch eine Vielzahl offener Punkte gebe. Umso gespannter war ich natürlich auf das Ergebnis der Beratungen im Deutschen Bundesrat. Umso enttäuschter war ich, Frau Bürgermeisterin Linnert, als ich dann das Protokoll gelesen habe. Dass Bremen nicht die Kraft gehabt hat, diesem parteiübergreifenden Kompromiss als eines von zwei Bundesländern im Bundesrat zuzustimmen, ist medial schon transportiert worden,

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Drei!)

aber dass Sie, Frau Bürgermeisterin Linnert, und Herr Bürgermeister Dr. Sieling nicht einmal die Traute, nicht einmal den Schneid, nicht einmal die Verantwortung hatten, im Bundesrat selbst zu begründen, warum sich Bremen dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe im Bundesrat versagt, hat mich wirklich überrascht, sehr geehrte Frau Linnert.

(Beifall CDU, ALFA)

Das war eine spannende Debatte zum Nachlesen, das will ich an dieser Stelle einmal sagen. Ich zitiere ei

nige Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern, die Verantwortung in Ihren Ländern haben und ihr Abstimmungsverhalten anders als unser Senator und unsere Regierung im Bundesrat erklärt haben. Da hat Herr Sellering, Ministerpräsident einer Großen Koalition, erklärt:

„Unsere Aufgabe als politisch Verantwortliche ist es, heute im Bundesrat klare Signale auszusenden und überzeugende Lösungen und Regelungen auf den Weg zu bringen, mit denen der Flüchtlingskrise zu begegnen ist.“

Die Kollegin Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin einer rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen, sagt:

„Ich freue mich darüber, dass nach unserer Einigung in der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz und die dazugehörige Verordnung jetzt schnell auf den Weg gebracht werden können. NordrheinWestfalen wird zustimmen, weil wir den Gesamtkompromiss für tragbar halten...“

Der Kollege Olaf Scholz, Erster Bürgermeister Hamburgs und Ministerpräsident einer rot-grünen Koalition, sagt:

„Ich glaube, dass wir stolz sein können auf das, was wir heute beschließen. Es zeigt, dass der deutsche Föderalismus und die Bundesrepublik Deutschland in der Lage sind, nach heftigen Diskussionen einen Kompromiss, einen Konsens in entscheidenden Fragen zu finden, die vorangebracht werden müssen. Das hätte uns wahrscheinlich nicht jeder vorhergesagt. Das Gesetzespaket, das heute beschlossen wird, ist sehr wohl eine Leistung der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland.“

Ich sage, recht hat er, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Kollege Scholz aus Hamburg!

(Beifall CDU, ALFA)

Der Kollege Winfried Kretschmann, Bündnis 90/Die Grünen, Ministerpräsident des grün-rot regierten Baden-Württembergs, sagt:

„Mit dieser Grundüberzeugung sind wir in die Verhandlungen des Flüchtlingsgipfels gegangen. In der Krise braucht es Konsensbereitschaft statt Konfliktorientierung. In der Krise ist Klarheit gut, aber Kompromissbereitschaft unerlässlich; denn nur wenn die Menschen spüren und sehen, dass wir als Politik in der Lage sind, entschlossen und geschlossen zu handeln, können wir den bestehenden gesellschaftlichen Konsens erhalten. Nur im breiten gesellschaftlichen Konsens können wir auch diese historische Herausforderung meistern.“

Meine Damen und Herren, Herr Kretschmann hat das verstanden, was unsere Regierung nicht zu verstehen in der Lage ist!

(Beifall CDU, ALFA – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Zitieren Sie einmal Niedersach- sen! Das ist auch ein rot-grün regiertes Land!)

Frau Schaefer, Niedersachsen hat sich genauso wenig wie Bremen im Bundesrat erklärt. Sie haben sich einfach der Abstimmung verweigert, sich enthalten und damit gegen die Mehrheit dieses Konsenses gestimmt, ohne es den Kolleginnen und Kollegen gegenüber auch nur mit einem einzigen Satz zu begründen! Nicht einmal eine Protokollerklärung hat Bremen abgegeben, Frau Dr. Schaefer!

(Beifall CDU, ALFA)

Das ist – sage ich Ihnen ehrlich – für eine Regierung in einer solchen zentralen gesellschaftlichen Frage nicht nur blamabel, sondern es ist verantwortungslos!

(Beifall CDU, ALFA)

Herr Scholz sagt, er sei stolz darauf, dass dieser Kompromiss zwischen SPD-regierten Ländern, CDU-regierten Ländern und unter Mitwirkung von grün regierten Ländern gefunden worden sei. Ich sage: Ja, ich wäre auch stolz gewesen auf meine Regierung hier im Land Bremen, wenn sie diesem Kompromiss zugestimmt hätte! Ich schäme mich dafür, dass Bremen diesem Kompromiss im Bundesrat nicht zugestimmt hat, Frau Dr. Schaefer!

(Beifall CDU, ALFA – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Ich aber nicht!)

Worum ging es denn in der Sache, Frau Dr. Schaefer?

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Um eine Asylverschärfung ging es in der Sache!)

Frau Linnert, wenn Sie endlich einmal ein Gespür dafür hätten, was die Menschen von einer Landesregierung auch in Bremen erwarten, dass Sie ihre Probleme ernst nehmen und dass Sie als Regierung verantwortlich handeln und nicht 40 wild gewordene Parteimitglieder der Grünen darüber entscheiden, wie es in Deutschland mit der Flüchtlingspolitik weitergeht, dann hätte ich Respekt vor Ihnen!

(Beifall CDU, ALFA)

Dass sich diese Regierung zur Geisel einer knappen Mehrheit der grünen Mitgliederversammlung gemacht hat, ist ein Armutszeugnis für die Demokratie in unserem Land!