Protokoll der Sitzung vom 28.03.2019

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Vogt.

Herr Präsident! Vielen Dank, Herr Staatsrat, ich hätte diese Frage nämlich auch gestellt, was der Unterschied von zeit- und inhaltsgleich zu systemgleich ist. Das hat sich mir jetzt tatsächlich erschlossen. Vielen Dank! Eine Anmerkung müssen Sie mir aber erlauben, Frau Aulepp: Ehrlich gesagt ist das, glaube ich, das dritte oder vierte Mal, dass wir diesen Antrag hier gestellt haben. Die CDU hat, glaube ich, in der Vergangenheit auch schon entsprechende Anträge gestellt.

Da können Sie sich als Regierungspartei tatsächlich nicht hier hinstellen und sagen, Sie hätten gern die Bundesbesoldung, denn erstens müssten Sie dann natürlich auch das in den Haushalt einstellen und hätten das seit 2006 in den Haushalt einstellen müssen. Zweitens ist es relativ egal, ob Wahlkampf ist oder nicht. Wir haben ihn vor zwei Jahren auch gestellt, wir haben ihn auch 2013 gestellt, diesen Antrag.

(Zuruf Abgeordnete Aulepp [SDP])

Wir haben diesen Antrag auch 2013 gestellt, da waren keine Wahlkämpfe. Ich finde es eher traurig, dass wir diese Anträge stellen mussten, weil Fakt ist, dass dieser Tarifvertrag der Länder nie eins zu eins für die Beamten übernommen wurde. Entweder gab es zeitliche Verzögerungen oder es gab Abschläge oder Einmalzahlungen wurden nicht gewährt oder Zulagen wie das Weihnachtsgeld wurden gekürzt. Ich erinnere an die berüchtigte Nullrunde 2013, die durch das NRW-Gerichtsurteil einkassiert worden ist, und die Debatten, Frau Aulepp.

Frau Schaefer hat das sehr geschickt und auch sehr gut gemacht. Sie hat gesagt, wir haben darüber geredet, wir haben einmal durchgerechnet, was das kostet. Sie aber haben sich hier hingestellt und haben ein Getöse veranstaltet.

(Unruhe)

Ich glaube, dass Ihnen das wirklich nicht gut ansteht, denn gerade bei der Nullrunde waren Bremens Beamtinnen und Beamte so derartig sauer, weil es eine Frage der Wertschätzung ist. Deswegen rate ich Ihnen im Guten: Wenn Frau Schaefer sich hier hinstellt und sagt, wir haben daraus unsere Lehren gezogen und wir werden es diesmal anders machen, dann wird das wahrscheinlich draußen mehr honoriert, als würden Sie hier sagen, diesen Antrag hätte es nicht geben müssen, denn wir sind ja so toll und setzen ohnehin alles um.

Das ist genau das, was Ihnen vielleicht bei dieser Wahl auf die Füße fällt. – Dankeschön!

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 19/2096 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, DIE LINKE, FDP, Abgeordneter Schä- fer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD], Abgeordnete Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Abgeord- neter Patrick Öztürk [SPD, fraktionslos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Strategien gegen Übergewicht, Adipositas und Diabetes durch zu viel Zucker in der Ernährung Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 26. September 2018 (Drucksache 19/1847)

Dazu

Mitteilung des Senats vom 6. November 2018 (Drucksache 19/1897)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Prof. Dr. Quante-Brandt.

Ich gehe davon aus, dass der Senat die Antwort auf die Große Anfrage nicht mündlich wiederholen möchte, sodass wir direkt in die Aussprache eintreten können. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Saffe.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Worüber wir jetzt sprechen, das ist eigentlich nichts

Neues, das ist nichts Überraschendes, die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage zu den Folgen des übermäßigen Zuckerkonsums auf die Gesundheit von uns, Jugendlichen und Kindern. Große Teile der Antwort dürften uns auch bekannt sein. Es ist dennoch immer wieder erschütternd, so etwas zu lesen, und es ist sehr angezeigt und angemessen, dass wir dieses Thema einmal in der Bremischen Bürgerschaft besprechen.

Ich werde meinen Beitrag in drei Bereiche aufteilen: gesundheitliche Auswirkungen, die zum Teil perfiden Methoden und Strategien, mit denen wir und andere frühzeitig in Richtung Süßes verführt werden sollen, in den Konsum von diesem Süßen, und die Maßnahmen, die die Politik ergreifen kann und muss.

Ich habe ein paar Stichpunkte, denn darin steht sehr viel Gutes. Ich finde, das ist eine sehr gute Antwort. Zum Beispiel: 9,9 bis 11,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Bremen sind bei der Schuleingangsuntersuchung übergewichtig oder adipös. Bundesweit sind 15,4 Prozent der Mädchen und Jungen zwischen 3 bis 17 Jahren übergewichtig. Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit von Übergewicht. 6,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes, darunter eine ganze Menge an Diabetes 2, das ist der so genannte Altersdiabetes. Den haben mittlerweile auch schon Kinder zwischen elf und zwölf Jahren. Ich finde, das ist richtig erschütternd. Nach Angaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes Bremen werden aus übergewichtigen Kindern auch übergewichtige Erwachsene und umgekehrt haben übergewichtige Erwachsene auch oft übergewichtige Kinder.

Begleit- und Folgekrankheiten sind zum Beispiel Diabetes, Stoffwechselerkrankungen, höhere Asthmaanfälligkeit, Herz- und Kreislauferkrankungen oder auch Krebs. Wir haben auch gefragt, welche volkswirtschaftlichen Kosten anfallen. Diese betrugen im Jahr 2003 in Deutschland 13 Milliarden Euro. Im Jahr 2017 waren es schon 21 Milliarden. Das sind die externen Kosten. Das ist das, was die Lebensmittelindustrie und der Handel nicht mitbezahlen. Ich will das einmal kurz mit einer Kilowattstunde Kohlestrom vergleichen, die kostet 27 Cent, aber die Klimakosten sind darin nicht enthalten. Hier ist das auch so. Damit wird richtig viel Geld verdient, die schädlichen Folgen werden jedoch nicht von der Lebensmittelindustrie bezahlt.

Dies wird ganz frühzeitig bei den Kindern angelegt. Unsere Zunge wird in Zusammenarbeit mit

Zusatzstoffen, mit Geschmacksverstärkern in Richtung süß konditioniert, in Richtung richtig den Geschmackssinn verderben. Ich war einmal im deutschen Zusatzstoffmuseum in Hamburg. Dort kann man lernen, wie zum Beispiel Himbeergeschmack künstlich kreiert wird, nicht eine Himbeere ist dabei im Spiel. Die Kinder wissen gar nicht mehr, wie eine richtige Erdbeere oder Himbeere schmeckt.

(Abgeordneter Prof. Dr. Hilz [FDP]: Das können die auch in Bremerhaven lernen!)

Ein Beispiel: Neulich in einem Rewe-Markt unten im „Quengelzonenbereich“, links vier Etagen mit Cerealien, Kellogg’s und Nestlé; oben auf meiner Augenhöhe inhaltliche Texte; etwas niedriger in Kinderaugenhöhe bunte Bilder, Princess, Walt Disney, StarTrek, Tierbilder, Plastikspielzeug in der Packung. Ich habe mir den Filialleiter herangeholt und ihn gefragt: „Was ist das hier eigentlich?“ – „Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Die Kinder sollen dahingehend gezüchtet werden. Ich kann hier auch direkt Süßigkeiten in dem Bereich platzieren, dann verdiene ich noch mehr Geld.“ Das hat der mir erzählt.

Ein Ausschnitt aus einer Untersuchung der Universität Hamburg dazu – die haben sich mit dem Zusammenhang von Werbung und Konsum von Süßem beschäftigt: Darin steht, bei einem Fernsehkonsum von täglich 90 Minuten sehen Kinder im Durchschnitt 33 Werbespots. Über das Jahr summiert sich die Zahl auf mehr als 12 000. Jeder fünfte Spot wirbt für Lebensmittel. Bei 73 Prozent der beworbenen Lebensmittel handelt es sich um Produkte mit einem geringen Gehalt an Nährstoffen und hohem Gehalt an kalorienreichen fett- und zuckerhaltigen Stoffen. In einem internationalen Vergleich zwischen neun westlichen Industrieländern sowie China und Brasilien schnitt Deutschland sogar am schlechtesten ab.

Jetzt komme ich zu den Maßnahmen, die darin stehen. Es tut sich einiges. Sehr vorbildlich sind diese sieben Gesundheitsfachkräfte, die in zwölf Schulen eingesetzt werden. Das ist sehr gut. Die machen dort so etwas wie Erwachsenenbildung. Erwachsenenerziehung steht auch darin, das finde ich auch sehr positiv, also Auswirkungen zwischen Karies und süßen Stoffen, zwischen zu wenig Bewegung und Übergewicht. Das wird alles ganz gut dargestellt.

Es wird mir aber zu oft nur gefordert, zu prüfen: Wir bitten die Bundesregierung, eine Herstellerabgabe

auf Zucker zu prüfen. Wir bitten, eine Nährstoffampel oder juristische Schritte gegen diese Werbung, mit der Kinder zum überhöhten Konsum dieser zuckerhaltigen Waren verführt werden sollen, zu prüfen. Das ist uns deutlich zu wenig. Meine Fraktion, wir fordern mehr. Das ist einfach nötig. Eine Bundesratsinitiative für eine Zuckerabgabe! In England hat das gut funktioniert. Das war zu der Zeit als sie sich noch mit etwas anderem als dem Brexit beschäftigt haben, da haben die einen Beschluss gefasst, einen Moment, dass die Zuckerabgabe – –.

(Heiterkeit)

Bevor die Zuckerabgabe im britischen Parlament verabschiedet wurde, haben Coca-Cola und Andere den Zuckergehalt schon reduziert. Ich will das einmal kurz illustrieren, das darf ich noch: Das sind Salzheringe von Haribo.

(Heiterkeit)

Darin steht, das muss man wirklich suchen, manchmal mit der Lupe: 67 Gramm Zucker auf 100 Gramm insgesamt. Hierin sind aber 200, das muss man dann verdoppeln: 134 Gramm Zucker sind hierin. Laut Weltgesundheitsorganisation ist

(Glocke)

25 Gramm angezeigt. Das ist schon die fünffache Menge. Wir haben also einen starken Anlass, wirklich etwas zu tun. Wir sind das den Kindern, den Jugendlichen und auch uns schuldig. Ich finde, das ist ein großes Thema, dessen wir uns annehmen müssen.

(Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Prof. Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist in der Tat ein wichtiges Thema, an das wir heranmüssen und bei dem schon einiges passiert. Das geht auch aus dieser Antwort hervor. Wir sind mit einigen Bereichen sehr zufrieden und finden, da kann man so weitermachen. Das ist in dem Bereich, in dem es um Verbraucherbildung geht. Ernährungsbildung würde ich das nennen. Sie haben „Ernährungserziehung“ geschrieben. Das, finde ich, klingt immer so ein bisschen wie vor 50 Jahren.

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Das war gar nicht so schlecht, die Erziehung!)

Die Verbraucherbildung und auch der Umgang mit Lebensmitteln muss in der Schule wieder eine wichtigere Rolle spielen, weil wir das nur dadurch hinbekommen. 18 Prozent der Erwachsenen sind krankhaft übergewichtig, also adipös. Das ist eine Zahl, die natürlich bedenklich ist. Bei den Kindern sind es etwas weniger, erstaunlicherweise sind mehr Mädchen krankhaft übergewichtig als Jungen. Woran das genau liegt, geht aus der Antwort nicht hervor, ist mir auch nicht ganz klar, aber da müssen wir besonders aufpassen, weil das ganz schnell in das Gegenteil umschlagen kann, nämlich in Bulimie und Magersucht. Das müssen wir auf jeden Fall verhindern.

(Beifall FDP)