Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

Wir wissen, dass der Klimawandel längst Realität ist. 2015 wird aller Wahrscheinlichkeit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wir sind damit bei einem Grad Erderwärmung angekommen. Das heißt, das einzige Ergebnis von Kopenhagen, nämlich die Vereinbarung, die Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, ist heute schon zur Hälfte erreicht. Ich darf an dieser Stelle Barack Obama zitieren. Er sagt: „Wir sind nicht die letzte Generation, die den Klimawandel erleben wird, aber wir sind die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel unternehmen kann.“

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Es ist auch schon längst klar, was zu tun ist. Das hat uns nämlich letztes Jahr der IPCC, der Weltklimarat, aufgeschrieben. Es geht jetzt darum, Investitionen umzusteuern. Der IPCC empfiehlt, jedes Jahr, von 2010 bis 2029, 400 Milliarden US-Dollar weniger in die Förderung fossiler Energien zu stecken. Deswegen müssen wir auch in Deutschland heraus aus den umweltschädlichen Subventionen!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

200 Milliarden US-Dollar mehr müssen jährlich in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden. Deswegen muss die Ausbaubremse weg aus dem EEG!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

650 Milliarden US-Dollar mehr müssen jährlich in Energieeffizienz investiert werden. Das ist ein Bereich, der mir sehr am Herzen liegt und in dem noch viele Schätze zu heben sind.

(Abg. Strohmann [CDU]: Das merkt man auch!)

Bei diesen Zahlen handelt es sich wohlgemerkt um Investitionen, die jedes Jahr bis 2029 aufzubringen sind. Hier können Deutschland und Europa vorangehen. Wer bitte soll diese Investitionen stemmen, wenn nicht eine der stärksten Volkswirtschaften in Europa und in der Welt? Wir müssen jetzt umsteuern, um den Klimawandel zu begrenzen. Wir müssen jetzt umsteuern, um einen Strukturwandel in der Energiewirtschaft, aber auch in den Bereichen Mobilität und Landwirtschaft zu initiieren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

In diesem Strukturwandel liegen auch viele Chancen für unsere Wirtschaft, aber die Wirtschaft braucht Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Dabei helfen klare Regeln, ambitionierte, aber machbare Ziele, und ein Staat, der nachschaut, ob diese Regeln umgesetzt werden.

Deswegen muss diese Klimakonferenz zu einem Erfolg werden. Seit 20 Jahren gibt es diese Konferenzen. Doch zu oft sind Ergebnisse verschoben worden, zu oft sind die Konferenzen ergebnislos beendet oder die Ergebnisse von den Industriestaaten verwässert oder von der Klimamafia der OPEC gar verhindert worden.

Klimaschutz ist eine Frage des Überlebens und eine Frage der Gerechtigkeit. Die Klimakrise wird Millionen Menschen in die Flucht zwingen. Über dieses Thema haben wir in den vergangenen Tagen häufig genug diskutiert. Wir können froh sein, wenn unsere Nachkommen nicht dazu gehören, denn auch die norddeutsche Tiefebene wird von Überschwemmungen bedroht sein. In diesem Sinne bitte ich Sie alle, dem Antrag zuzustimmen, und bedanke mich für die breite Unterstützung! – Vielen Dank!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Schierenbeck, auch wir unterstützen die Klimaziele der Bundesregierung.

(Beifall CDU, SPD)

Danke für den Applaus, dass Sie das auch unterstützen, und deshalb werden wir auch diesen Antrag unterstützen. Werden wir heute mit diesem Antrag die Welt ein bisschen sicherer machen und das Klima ein bisschen mehr schützen? Nein, das werden wir nicht! Alles, was Sie gesagt haben, ist soweit richtig, aber nur darüber zu sprechen, reicht nicht, sondern wir müssen etwas tun.

Ich gebe Ihnen insoweit recht, als Europa und besonders natürlich Deutschland hier eine Vorbildrolle hat, um den anderen Ländern zu zeigen, wie man es machen kann, wie man seine Energiegewinnung verändern kann, wie man eine Energiewende schafft. Ich meine, dass das ganz wichtig ist. Dafür ist die Führungsrolle Deutschlands ein wichtiger Aspekt. Gleichwohl dürfen wir nicht ausblenden, dass wir die Entwicklung der Weltwirtschaft und damit auch den Energieverbrauch – auch den Energieverbrauch von Erdöl, Steinkohle und dergleichen – nur bedingt verändern und beeinflussen können. Wir müssen uns nicht nur auf die Entwicklungsländer konzentrieren.

Wir müssen intensiver gerade auf die Schwellenländer eingehen, was den Klimaschutz angeht. Diese haben natürlich den höheren Energieverbrauch. Die Entwicklungsländer haben gar nicht den Energieverbrauch. Die Umweltsünder sind im Grunde genommen nach wie vor die Industriestaaten, allen voran die USA und China. Hinzu kommen natürlich auch die Europäische Union und die Schwellenländer. Da gibt es das Problem. Dort muss im Grunde genommen angesetzt werden. Die Menschen in diesen Ländern wollen auch in Wohlstand leben und lassen den Klima- und den Umweltschutz ein bisschen außen vor.

Trotzdem ist die Frage, was wir machen können. Darauf möchte ich eingehen. In diesem kleinen und beschaulichen Bundesland haben wir auch eine Vorbildrolle. Gerade im öffentlichen Bereich haben wir eine Vorbildrolle, weil Entschließungsanträge zu der Konferenz in Paris allein kein besseres Klima bringen. Sie führen vielleicht hier im Hause zu einem besseren Klima, wir kommen nach den vorherigen Debatten alle ein bisschen herunter. Letztlich werden wir damit das Klima nicht schützen. Ich muss ehrlicherweise sagen, es gibt einen kritischen Punkt. In dem Antrag, den Sie uns federführend vorgetragen haben und den wir mittragen, haben Sie geschrieben:

„Die Bürgerschaft... sieht in der Fortschreibung des Klimaschutz- und Energieprogramms 2020 einen wichtigen eigenen Beitrag, um aufzuzeigen, wie auch unser Bundesland das... Klimaschutzziel von - 40 Prozent CO2 bis 2020 erreichen kann.“

An der Stelle habe ich leider ein paar Bedenken, dass gerade Sie als Regierungsparteien noch eine Schippe drauflegen können. Wenn man sich den Energiebericht für öffentliche Gebäude der Stadtgemeinde Bremen und der Landesgebäude anschaut, geht das,

was explizit an energetischer Sanierung gemacht wurde, mehr in den Neubau. Wir müssen noch viel intensiver gerade in die Renovierung gehen. Den Altbestand zu sanieren ist im Grunde genommen der eigentliche Brocken. Neubau ist mehr oder weniger eine Selbstverständlichkeit. Dafür gibt es eine EnEV.

Das Thema Energiekonsens liegt Ihnen ja besonders am Herzen. Wenn man sich das ansieht, muss man sagen, es war auch kein solches Ruhmesblatt von RotGrün, dass man erst auf Druck der CDU im Parlament gesagt hat, wir legen noch ein bisschen Geld zu.

(Beifall CDU)

Das war auch keine Anerkennung der hervorragenden Arbeit in den Gemeinden Bremen und Bremerhaven.

(Zurufe SPD)

Ja, das muss man nun einmal selbstkritisch sagen. Wir hatten das in der letzten Baudeputation. Es ist nun einmal einfach so. Herr Pohlmann, dass mit den Bausteinen wiederholt sich auch. Ich würde an Ihrer Stelle ein bisschen vorsichtig sein, was das Thema Textbausteine angeht.

Wir sind da also an Ihrer Seite und werden das weiter konstruktiv begleiten. Ich sage aber, wir müssen hier in diesem Land als Vorbild vorangehen. Daran hapert es noch ein bisschen. Jede Energie, die wir nicht benötigen, sondern einsparen, muss nicht produziert werden. Die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude muss bei allen Problemen, die wir mit Flüchtlingen und dergleichen im Wohnungsbau haben, im Grunde genommen Maßgabe sein. Ich bitte Sie: Legen Sie da noch einmal eine Schippe drauf, und kämpfen Sie in Ihrer Fraktion dafür! – Ich weiß, das ist ein Herzensanliegen bei Ihnen und scheitert immer an den Finanzen. Ich verlasse mich auf Sie. Meine Unterstützung haben Sie. – Vielen Dank!

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Anfang kommender Woche beginnt die 21. UN-Klimakonferenz in Paris und nimmt ihre Arbeit auf. Es sind schon einige Verhandlungen im Vorfeld gelaufen. Wir fürchten, wir werden keine allzu großen Überraschungen erleben. Dennoch ist es gut, dass diese Konferenz stattfindet. Es ist auch gut, dass diese Zeit genutzt wird, um politische und gesellschaftliche Debatten weiterzuführen.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

In Paris verhandeln am Verhandlungstisch selbst zwar nur Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen über die Klimaschutzziele miteinander, die ab 2020

gelten sollen, vor Ort sind aber trotz der derzeit angespannten Situation zahlreiche internationale Klimaschutzorganisationen und initiativen, die die Verhandlungen auch außerhalb des Verhandlungstisches konstruktiv, progressiv und grundlegend mit Positionen begleiten und den Finger in die Wunde legen werden, wenn die Regierungen es im Zweifel nicht schaffen, die notwendigen Beschlüsse zu fassen, um unser Klima zu schützen. Diesen Initiativen gilt unser Dank.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Nicht nur Klimaschutzorganisationen tummeln sich dann in Paris, sondern auch Lobbyverbände von Wirtschaft und Industrie, die nicht nur durch bloßes Sponsoring versuchen, ihr Image reinzuwaschen, sondern auch versuchen werden, verbindliche Regelungen für Wirtschaft und Industrie abzuwenden. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass Verhandlungen auf dieser Ebene in der Vergangenheit leider oft auch an den Bedarfen der Wirtschaft gescheitert sind. Dem gilt es, sich entgegenzustellen.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ziel des Gipfels ist es auch, ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll aufzusetzen. Im Vorfeld ist bereits bekannt geworden, dass es nicht Bestandteil der Verhandlungen sein wird, die nationalen Emissionsreduktionen verbindlich zu übernehmen. Das ist ein Problem. Die derzeit beschlossenen und relativ zahnlosen Selbstverpflichtungen werden nicht Bestandteil der Verhandlungen sein und damit auch keinen rechtlich verbindlichen und sanktionierbaren Charakter erhalten.

Damit stehen wir vor einem großen Problem. Selbst wenn wir davon ausgehen würden, dass alle Staaten ihre Selbstverpflichtungen einhalten würden – das kann man sich ja wenigstens einmal für einen Moment vorstellen –, hätten wir eine Klimaerwärmung von 2,7 Grad. Das heißt, wir könnten so oft beschließen, wie wir wollen, dass wir nur eine Klimaerwärmung von zwei Grad haben wollen, wenn die nationalen Selbstverpflichtungen nicht einmal dieses Ziel erreichen würden.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Wir benötigen verbindliche Regelungen.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Es steht in diesem Antrag, und wir tragen den Antrag auch mit. Ein Ziel von zwei Grad bedeutet immer noch, dass der Meeresspiegel erheblich steigt, ganze Inselketten und ganze Uferstriche von Überschwemmungen bedroht sind, wir massive Verschärfungen der Extremwetterbedingungen wie Dürre haben und landwirtschaftliche Flächen vernichtet wer

den. Zwei Grad sind zwar das Ziel, auf das man sich einigen kann, sich damit aber langfristig zufriedenzugeben oder sogar darüber hinauszugehen, ist vollständig verantwortungslos.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Folgen des Klimawandels, die Wirkungen und die Begründung für den Klimawandel können wir nicht diskutieren, ohne auch über unser Wirtschaftssystem zu diskutieren. Wir können nicht über Klimawandel reden, ohne über globale Ungerechtigkeit und Umverteilung zu sprechen.

Seit einigen Jahren steht im Raum, Ausgleichszahlungen an den Süden der Erde zu leisten, um sowohl die Folgen des Klimawandels als auch die Möglichkeit zur Umstellung mit zu finanzieren. Es wurde gerade schon angesprochen, eine Diskussion über das Verursacherprinzip beim Klimawandel ist längst überfällig und wird nötig. Sie wird hoffentlich auch entsprechend geführt.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte den Raum nutzen, um ein paar konkrete Forderungen einzubringen, die von Klimaschutzorganisationen stammen und in Paris – vermutlich nicht in dieser Art, aber ähnlich – diskutiert werden und umgesetzt werden sollten. Wir erwarten völkerrechtlich bindende Beschlüsse, die die Staaten dazu verpflichten, die Ziele umzusetzen. Das bedeutet auch, dass realistische, aber leistbare Zwischenetappen ins Auge gefasst werden, die erfüllt werden. Das ist allemal besser als Selbstverpflichtungen und Lippenbekenntnisse. Wir benötigen hier klare rechtliche Regelungen.

(Beifall DIE LINKE)