Protokoll der Sitzung vom 26.11.2015

(Senator Günthner: Das war Jörg Bode!)

Es war zunächst Walter Hirche, und Jörg Bode hat die Terminals fertiggestellt! Das ist eine Politik für Wachstum und Beschäftigung.

Wenn man sich die Berechnungen in der Antwort des Senats auf die Große Anfrage anschaut, dann stellt man fest, dass der Großteil der Berechnungen schöngerechnet ist. Sie prognostizieren 7 000, wenn nicht sogar 12 000 neue Arbeitsplätze. Die Berechnung beruht auf Annahmen, Hoffnungen und Entwicklungsprognosen, die doch deutlich infrage zu stellen sind.

Sie sprechen davon, dass der Anteil der Turbinenhersteller von 25 Prozent auf 50 Prozent wächst. Diese Annahme haben Sie selbst dann nicht revidiert, nachdem sich Siemens in Cuxhaven angesiedelt hat. Die Ansiedlung ist im Übrigen auch für Bremerhaven ein Gewinn. Herr Bödeker hat es gesagt, es ging um Hull oder Esbjerg, wir können deshalb froh sein, dass sich Siemens im direkten Umfeld Bremerhavens angesiedelt hat. Das wirkt sich positiv auf den Standort Bremerhaven aus.

Wenn Sie aber – und an dieser Stelle möchte ich aus Ihrer Antwort auf die Große Anfrage zitieren, Antwort auf die achte Frage – schreiben, „die gutachterliche Aussage, dass Bremerhaven auch im Vergleich zu Cuxhaven Standortvorteile hat, ist nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund der vorherigen Ausführungen weiterhin plausibel“, dann ist es erst einmal schön, dass Sie dieser Auffassung sind, leider haben Sie aber versäumt, Siemens von diesem Standortvorteil zu überzeugen. Vielleicht haben Sie ja noch einen anderen Turbinenhersteller als Ass im

Ärmel. Diese Annahme steht genauso auf wackeligen Beinen wie im Anschluss die Ausführungen zur Finanzierung.

Sie wissen im Hinblick auf die Finanzierung schon jetzt, dass die BLG und die Bremer Landesbank nicht in der Lage sein werden, die angestrebte Gewinnausschüttung von jährlich zehn Millionen Euro darzustellen, trotzdem halten Sie grundsätzlich an dieser Darstellung fest. Es ist daher wahrscheinlich, dass Ausfälle bei der Finanzierung auftreten werden. Es gilt die Frage zu beantworten, ob Sie es schaffen, den Terminal in fünf Jahren zu finanzieren oder ob Sie aus anderen Ressorts, vielleicht aus Soziales oder Bildung, Mittel abziehen müssen, um diesen Bereich zu finanzieren.

Es ist auch die Frage unbeantwortet, wie viele Güter über die bestehenden Hafenanlagen verschifft werden können. Ich habe in diesem Zusammenhang noch die Tradeports auf der ABC-Halbinsel vor Augen, die mittlerweile auch eingebaut worden sind.

Bremen ist längst an dem Punkt angekommen, an dem wir uns alle die Frage stellen müssen, was wir uns noch leisten können. Die Argumente, die ich von Ihnen auch kürzlich auf der Maritimen Konferenz gehört habe, sind: Bei anderen Großprojekten waren auch immer alle dagegen –

(Glocke)

ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin! –, und es ist auf 50 Jahre gesehen die letzte Chance, den Hafen auszubauen. Das ist für uns Freie Demokraten, mit Verlaub gesagt, zu wenig.

(Abg. Kottisch [SPD]: Was wollen Sie denn?)

Sie bleiben uns auch hier die Argumente schuldig, mit denen Sie sagen könnten, es sei sinnvoll, das Geld hier zu investieren. Bremerhaven hat mehr als einen schlecht geplanten und in dieser Form nicht benötigten Offshore-Terminal verdient.

(Beifall FDP – Abg. Kastendiek [CDU]: Was will die FDP eigentlich? Das war genauso um den heißen Brei herumgeredet wie bei der LINKEN! Nichts!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schäfer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir heute die sehr wichtige Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE doch noch beraten können, nachdem es ja eine Zeit lang noch so aussah, als ob wir die Beratung nicht mehr vor dem Planfeststellungsbeschluss durchführen könnten, der jetzt zeitnah gefasst werden soll.

Ich glaube, wir müssen die Diskussion über dieses notwendige und zukunftsweisende Projekt führen, um sicherzustellen, dass dieses Projekt nicht in einer langen Tradition notwendiger, zukunftsweisender Projekte Bremens steht, wie zum Beispiel das Musicaltheater, der Space Park oder der JadeWeserPort, und zwar eine er Tradition, die dadurch geprägt ist, dass man eine Welt gern so sieht, wie man sie gern hätte, aber nicht so, wie sie wirklich ist.

Die Beratung findet heute an einem Tag statt, an dem aus dem Bundeswirtschaftsministerium bekannt wird, dass man bei der Subventionierung des Ökostroms über das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz künftige keine festen Fördersätze mehr verwenden möchte, sondern Ausschreibungen für die benötigten Strommengen stattfinden sollen. Das bedeutet, dass dieser Zustand, dass die Gesetze der Marktwirtschaft durch Subventionen außer Kraft gesetzt worden sind, zumindest teilweise, revidiert wird und die Wirtschaftlichkeit doch irgendwo eine Rolle spielt.

Es ist leider so, dass die Offshore-Windenergie von allen erneuerbaren Energien die wirtschaftlich unsinnigste und teuerste Energieform ist. Wir haben bisher in der Bundesrepublik über 20 Milliarden Euro in die Offshore-Windenergie investiert, dabei liegt der Beitrag zu den erneuerbaren Energien per dato bei ungefähr 1,0 bis 1,3 Prozent.

(Abg. Tsartilidis [SPD]: Und mit wie viel wurde die Atomkraft subventioniert? – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Gute Frage!)

Ich weiß es nicht, aber die Atomkraft ist ein anderes Thema, wir reden jetzt über eine unsinnige Energieform aus Offshore-Windenergie!

Es ist in der Tat so, dass die Antwort des Senats auf die Große Anfrage sehr kurzfristig zur Verfügung gestanden hat. Ich will mich deswegen auf die Punkte beschränken, bei denen die Antwort des Senats Sachverhalte beinhaltet, die bereits durch die Gutachten von Prognos und PLANCO belegt sind und auf die sich der Senat bezieht. Ich beziehe mich auf die Punkte sechs bis neun der Antwort des Senats. Sie beziehen sich auf die Aussagen von Prognos und PLANCO, dass in einem 300-Seemeilen-Radius um Bremerhaven herum ein Offshore-Windpotenzial von 5 400 Anlagen bis zum Jahr 2030 bestehen würde. Das bedeutet, Prognos spekuliert, dass für die Turbinenhersteller in Bremerhaven bis zum Jahr 2030 vielleicht 1 500 bis 1 800 Anlagen als Aufträge vorhanden sein würden. Das ist aus unserer Sicht eine sehr unseriöse Prognose.

Sie sagen, für 24 der 87 Offshore-Windparks gäbe es bereits Aussagen im Hinblick auf die Turbinen, die installiert werden sollen. Es wurde behauptet, dass von 1 850 Turbinen 500 von AREVA-Adwen und Senvion geliefert werden. Das ist falsch. Es sollen lediglich 144 Anlagen geliefert werden, und zwar 72 von AREVA-Adwen für den Windpark Wikinger in

der Ostsee und 72 von Senvion für den Windpark Nordsee One und Nordergründe. Diese Anlagen werden im Zeitraum von 2015 bis 2017 geliefert. In Europa liegt der Marktanteil Bremerhavens gerade einmal bei acht Prozent. Prognos hat sich mit seiner Aussage von 500 zu 144 Turbinen um 250 Prozent, bei der Berechnung des Marktanteils um den Faktor drei geirrt. Von 2004 bis 2015 wurden 1 800 Offshore-Windanlagen außerhalb Deutschlands in Europa installiert. Das ist der Markt für den Export, über den wir hier reden.

Von diesen 1 800 Windanlagen kamen im Zeitraum von 2006 bis 2015 lediglich 90 Anlagen aus Bremerhaven. Das ist ein Exportanteil von gerade einmal fünf Prozent. Rein rechnerisch sind das pro Jahr neun Anlagen, die exportiert worden sind. Ist dafür ein Hafen notwendig?

AREVA-Adwen hat von 2008 bis 2015 gar keine Anlagen exportiert. Es ist nicht erkennbar, dass sich der Exportanteil aus Bremerhaven in den Jahren 2015 bis 2025 verbessern könnte. Denken Sie daran, dass wir im Übrigen die Deckelung haben!

Die Windanlagenhersteller aus Bremerhaven haben im Zeitraum vom Sommer 2014 bis zum September 2015 Aufträge für circa 600 Offshore-Windanlagen an Siemens, Vestas und Alstom verloren. Weder Siemens noch Alstom produzieren in Bremerhaven oder planen, die Produktion in Bremerhaven aufzunehmen. Diese drei Firmen haben im September 2015 einen Auftragsbestand für circa 1 300 Anlagen mit einer Leistung von 8 000 Megawatt. Bremerhavener Firmen verfügen von 2015 bis 2018 über einen Auftragsbestand für 140 Anlagen.

Für den Windpark Wikinger, Projektträger IBERDROLA, werden im Übrigen nur die Gondeln in Bremerhaven hergestellt, die weiteren Bauteile werden in Spanien, Dänemark, Rostock und Stade produziert, und der Logistikhafen ist Sassnitz auf Rügen.

Bei den deutschen Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee liegt der ausländische Lieferanteil der Windanlagen bei 70 Prozent. Von 1 289 Anlagen kamen 890 aus dem Ausland. Senvion aus Bremerhaven und Hamburg hat mit fünf Werken weltweit im Zeitraum von 2005 bis 2015 6 000 Onshoreanlagen hergestellt, aber nur 140 Offshore-Anlagen. Was die Bilanz angeht, kann man sagen, der Lieferanteil von Bremerhaven wird von Jahr zu Jahr geringer, er lag im Jahr 2011 bei 30 Prozent, 2015 nur noch bei zehn Prozent.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir alle können uns angesichts einer stärker werdenden Bedeutung von Wirtschaftlichkeit unsere Gedanken über die Bedeutung der Offshore-Windenergie machen.

(Glocke)

Ich komme zum Schluss!

Die Offshore-Energie ist nicht wettbewerbsfähig im Vergleich zur Onshore-Windenergie. Bremerhaven

ist kein bedeutendes Zentrum für die Entwicklung dieser Form der erneuerbaren Energien. Deswegen halten wir dem OTB für eine Fehlentscheidung. – Vielen Dank!

(Beifall ALFA)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte noch auf ein paar Fragen eingehen, die sich in der Debatte ergeben haben.

Herr Bödeker, ich finde es etwas schwierig, dem BUND, der sich an dem Planungsverfahren beteiligt hat, Unzuverlässigkeit vorzuwerfen. Der BUND hat in dem Diskussionsprozess wegen der Bedeutung für die Energiewende die Bereitschaft signalisiert, der Bebauung in diesem Naturschutzgebiet zuzustimmen. Das war sozusagen ein Tausch. Das war wahrscheinlich auch für den BUND keine einfache Diskussion. Trotzdem hat er diese Entscheidung mitgetragen. Die Grundlagen haben sich aus der Sicht des BUND verändert. Damit muss auch eine Veränderung der Entscheidungsgrundlage möglich sein. Ihm deshalb Unzuverlässigkeit vorzuwerfen, finde ich, ehrlich gesagt, unredlich.

(Beifall DIE LINKE)

Die SPD hat mir nach meiner Rede Vorwürfe auch hinsichtlich der Absicht unserer Anfrage gemacht. Wenn Sie in den letzten Tagen die Presseartikel verfolgt haben, wird Ihnen wahrscheinlich aufgefallen sein, dass die Fragen, die wir mit unserer Anfrage angestoßen haben, nicht etwa im luftleeren Raum entstanden sind. Vielmehr handelt es sich um Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Ansiedlung in Cuxhaven, im Zusammenhang mit der Finanzierung, im Zusammenhang mit den Veränderungen im Baurecht und im Zusammenhang mit Veränderungen in der Umweltrechtsprechung auf europäischer Ebene ernsthaft gestellt haben. Dass Sie als Regierungsfraktionen vielleicht einen leichteren Zugriff auf solche Antworten haben als wir, mag ja sein, aber ich finde es angesichts der Bedeutung dieses größten Investitionsprojektes des Landes absolut notwendig, das hier im Parlament zu diskutieren. Das werden wir uns auch für die Zukunft vorbehalten.

(Beifall DIE LINKE)

Sie haben außerdem in Ihrer Rede versucht, mir die Worte in den Mund zu legen, es gebe eine aussichtslose Konkurrenzsituation gegenüber Cuxhaven. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: Die Annahme, dass wir den Marktanteil von derzeit 26 Prozent auf 40 bis 50 Prozent steigern können, wie dies vor

einigen Jahren prognostiziert wurde, ist angesichts der veränderten Situation vor Ort nicht mehr haltbar. Das ist eine andere Aussage als: Wir befinden uns in einer aussichtslosen Konkurrenzsituation.

Sie gehen derzeit davon aus, dass es keine Änderungen hervorruft, wenn der Weltmarktführer in unmittelbarer Nähe Turbinen der neuesten Generation produziert, die bei dem derzeitigen Entwicklungsstand in Bremerhaven noch nicht produziert werden können. Ich habe nicht gesagt, das sei aussichtslos, ich glaube aber, dass die Potenzialanalyse, die vorgenommen wurde, so wie sie damals ausgefallen ist, nicht mehr haltbar ist.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt bestimmt noch viele Punkte, auf die man eingehen könnte. Ich möchte aber lediglich noch auf eine Sache hinweisen, die auch bereits in dem Gutachten vorgekommen ist. In dem ersten Gutachten wurde verglichen, wie sich das Potenzial in Bremerhaven und in Cuxhaven darstellt, Neuansiedlungen zu bewerkstelligen. In dem Gutachten steht: Cuxhaven wird es im Vergleich zu Bremerhaven nicht gelingen, Neuansiedlungen zu bewerkstelligen.

Wohin ist Siemens gegangen? Nach Cuxhaven! Natürlich können sich derartige Gutachten irren, aber wenn ein Gutachten auf einer solchen Grundannahme basiert und auf der Basis einer solchen Grundannahme Marktanteile berechnet werden, müssen wir uns Gedanken darüber machen, auch andere Angaben in diesem Gutachten neu zu diskutieren. – Danke!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schierenbeck.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich die Große Anfrage und viele der Fragen, die DIE LINKE gestellt haben, vor dem Hintergrund der öffentlichen Kritik und der Diskussion, die wir erleben, richtig fand.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Ich möchte mich beim Senat für die Antwort bedanken. Ich finde es auch richtig, dass wir jetzt einmal schnell und aktuell sind und die Anfrage heute diskutieren, denn der Planfeststellungsbeschluss wird voraussichtlich nächste Woche kommen.