Meine Damen und Herren, das Bundesratsverhalten wird ohne die FDP nicht wirklich zu einem guten Ende führen.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Enthaltung ist gleich Nein! Das ist leider so im Bundesrat!)
Deshalb sage ich Ihnen: Es ist außerordentlich wichtig – so ist unser Antrag angelegt: wie Herr Milde es zu Recht gewürdigt hat –, dass mit der Steuerentlastung eine Aufgabenkritik des Staates insgesamt einhergeht. Herr Riebel und Herr Koch, das vermisse ich noch in Ihrem Antrag. Sie sagen alle, wir brauchen eine Gegenfinanzierung. Das unterstellt, dass der Haushalt nicht nur gleich hoch bleibt, sondern dass er auch noch wächst. Sie wissen, dass wir gemeinsam gesagt haben: Der Haushalt 2003 in Hessen muss in seiner Verschuldungssituation eine Ausnahme bleiben. – Ich glaube, darin stimmen Sie nach wie vor mit uns überein. Das müssen wir bewältigen.
Das heißt aber doch, dass wir neben den kurzfristigen Maßnahmen, um bestimmte Zuwächse des Staates zu garantieren, die langfristigen Aufgaben nicht vergessen dürfen. Wir müssen klar und deutlich fragen: Muss der Staat diese Leistung, die sich in den letzten 50 Jahren so ent
wickelt hat, auf Dauer erbringen, oder müssen wir nicht gerade diese Situation als Chance nutzen, eine wirklich grundlegende prinzipielle Aufgabenkritik des Staates zu beginnen.– Dazu möchte ich ganz deutlich sagen:Die hessische FDP hat keine Scheuklappen, auch darüber nachzudenken, ob die Eigenheimzulage, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat, und die Entfernungspauschale, über die man viel sagen kann – ich habe nicht viel Zeit, das darzulegen –, mit in die Thematik des Subventionsabbaus einbezogen werden.
Das ist für uns eine ganz klare Absicht. – Nein, es steht in Ihrem Antrag,dass Sie das herausnehmen wollen,dass Sie es komplett streichen wollen.Wenn Sie sagen: „anders gestalten“, dann sind wir wieder beieinander. In Ordnung.
Herr Koch, zweiter Punkt. Jürgen Jeske sagt heute in einem Kommentar in der „Frankfurter Neuen Presse“: Wenn man jetzt wirklich z. B. die Teilprivatisierung von Sparkassen und Banken, die das deutsche Wirtschaftsinstitut vorgeschlagen hat, beginnen würde, würde man allein 13 Milliarden c einsparen. – Verehrter Herr Milde, ich werde Sie noch einmal daran erinnern, dass Ihre gestrige Ablehnung des Sparkassengesetzes so schnell wie möglich auf den Prüfstand kommt, weil es auch in Hessen Strukturveränderungen gibt, die auf Dauer sinnvoller und kostengünstiger sind.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns bei einer solchen Frage – das haben Sie selbst auch angedeutet – nicht von denjenigen ausgehen, die dort in den Vorständen und Aufsichtsräten sitzen. Wenn man einen Sumpf trockenlegen will, dann darf man nicht die Frösche fragen.Wir müssen an die Strukturen herangehen. Deshalb sage ich: Privatisierung ernst nehmen. 13 Milliarden c wären schon zwei Drittel der Gegenfinanzierung.
Herr Präsident, ja. – Meine Damen und Herren, schließlich ist der Bürokratieabbau dringend erforderlich. Das sind die zwei Bedingungen, die wir gestellt haben. Dann kann man die Verschuldung, die die einzige Lösung des Problems von SPD und GRÜNEN ist, ganz vermeiden oder zumindest weitgehend vermeiden. Deshalb denke ich, dass wir im Ausschuss noch einmal über die beiden Anträge von CDU und FDP nachdenken sollten.
Verehrte andere Opposition, ich sage Ihnen: Die hessische FDP macht keine Fundamentalopposition gegen einen einsichtsvollen Ministerpräsidenten, der sich in den letzten fünf Tagen auf die FDP zubewegt hat.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wagner. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich für den Hinweis aus der Fraktion der GRÜNEN Verständnis habe, dass Ihr Hinweis auf die Wendehälse etwas Befremden ausgelöst hat,
im Hinblick auf die Tatsache, dass wir damit eigentlich diejenigen meinen, die wir 1989 in der DDR abgelöst haben. Ich habe mitzuteilen, dass ich das verstehe. Sie können über die Bank sagen, dass Sie das nicht gemeint haben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Ministerpräsident hat mich gebeten, zu dem einen oder anderen Stellung zu nehmen,was er hier vorgetragen hat. Herr Ministerpräsident, ursprünglich hatte ich Sie gebeten, Stellung zu der Frage zu nehmen, warum das, was Sie vor zwei Jahren für richtig hielten, heute nicht mehr gelten soll, dass nämlich das Vorziehen einer Steuerreform – auf Deutsch: den Menschen mehr Geld in den Taschen zu lassen – Wachstumsimpulse bringen kann und auf der anderen Seite dafür sogar Einnahmeausfälle in Kauf genommen werden können. Diese Frage haben Sie im Prinzip an uns zurück gestellt, weil Sie gesagt haben, vor zwei Jahren wären wir anderer Auffassung gewesen.
(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Dann haben Sie nicht zugehört! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))
Das mag sein. Aber Sie fragen, warum wir jetzt plötzlich unsere Meinung geändert haben. Das ist aber nicht die Frage, die im Raum steht, warum die hessische SPD möglicherweise so etwas jetzt anders sieht. Zentrale Frage ist, dass die Bundesregierung ein klares Angebot gemacht und gesagt hat: Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr Geld in der Tasche haben. – Da kommt es nicht ganz unwesentlich auf Sie an, wie Sie im Bundesrat Ihre Rolle ausüben werden, entweder im Sinne einer Blockade – das Wort ist vielleicht an dieser Stelle zu vereinfachend –, oder Sie sind bereit, konstruktiv mit einer Regierung zusammenzuarbeiten, und sagen: Wir wollen das hinbekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,ich glaube,dass das der zentrale Punkt ist, ob man in so eine Debatte mit dem Wollen hineingeht, es soll scheitern – aus welchen Gründen auch immer –, oder ob man in eine solche Debatte geht und sagt: Wir wollen das gemeinsam. – Bei Ihrem Kollegen Stoiber – möglicherweise hat das mit Wahlkampf zu tun, das will ich nicht beurteilen – und bei Frau Merkel haben wir momentan den Eindruck, dass ein Wollen da ist, dass das Vorziehen tatsächlich umgesetzt werden kann.
Sie können jetzt grinsen. Die Gründe will ich gar nicht hinterfragen. Das mögen sehr menschliche sein. Wenn man mit dem Wollen in eine solche Diskussion geht und sagt: „Ich will das nicht“, und dann Anträge so verklausuliert stellt – Sie haben selbst gesagt, mit dem Subventionsabbau, wenn man die großen Brocken außen vor lässt, werde es nicht gehen, das in einem Jahr gegenzufinanzieren; das sagen viele –, dann wird das Ergebnis auch so sein, dass diese Steuerreform nicht vorgezogen wird. Deshalb finde ich Ihre ursprüngliche Einlassung viel redlicher, zu sagen: Das wird nicht funktionieren, den Begriff der seriösen Finanzierung, den meine Bundesvorsitzende
jetzt gewählt hat, kann ich guten Herzens mittragen, aber die seriöse Finanzierung halte ich für ausgeschlossen, und deshalb werde ich gegen das Vorhaben der Steuerreform stimmen.
Das wäre die wahrhaftere und die redlichere Position an der Stelle. Herr Ministerpräsident, nur im Ergebnis, und das ist das Problem, wird diese Position dazu führen, dass es im Bundesrat keine Mehrheit für das Vorziehen der Steuerreform geben wird, was wiederum auf der anderen Seite das Ergebnis hat, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr Geld in den Taschen haben. Das ist aber der zentrale Wachstumsimpuls, von dem Sie vor zwei Jahren gesprochen haben. Um diesen Wachstumsimpuls, um diese Chance, die natürlich auch mit Risiken behaftet ist, vergeben wir uns.
Jetzt ein Punkt zum Landeshaushalt Hessens. Sie sagen: Wir sind im Mittelfeld. – Es wäre schlimm, wenn das reiche und starke Land Hessen nicht einmal mehr wenigstens im Mittelfeld wäre. Wir waren einmal sehr stark gewesen. Sie haben keine Antwort darauf gegeben, warum nur im Lande Hessen, was die Ausgabensteigerung angeht – im Vergleich ist das Saarland bei 0,7 % plus,alle anderen Länder mit Ausnahme der beiden Ostländer,die ich erwähnt habe, haben sogar reale Ausgabenminderung, d. h. da gehen die Ausgaben zurück –, im Jahre 2003 die Ausgaben um so einen enorm relevaten Bereich steigen Wie Kollege Al-Wazir gesagt hat: Sie selbst haben sich für das Land Hessen gegenüber dem Bund mit verpflichtet, die Ausgabensteigerung auf 1 % zu begrenzen. Wir sind doppelt so hoch.Wir sind auf 1,9 %.
Ich versuche,das mit Ruhe zu machen.Wir sind auf 1,9 %. Daran muss man doch sehen, wir haben auch in Hessen Probleme. Der Finanzminister lacht dann immer. Entweder ist er resigniert, oder er lacht – eines von beiden. Deshalb rede ich mit dem Herrn Ministerpräsidenten, weil er wenigstens noch ansprechbar ist. Wir haben in Hessen auch Probleme, was die Ausgabenseite angeht. Wir müssen uns in Hessen auch um die Ausgabenseite kümmern.
Ein dritter Punkt zu den Subventionen. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, wir haben in Ihrer Rede gehört, man müsse an alles heran.Darüber kann man reden.Dann gibt es aber bei Einzelnem, ob die jetzt bei Ihnen unter Subventionstatbestände fallen, verschiedene Ansätze. Sie selbst haben, als Sie sich mit dem Kollegen Steinbrück zusammengesetzt haben, zu Recht gesagt: Bei allen diesen Zahlungen und Leistungen, nennen wir sie technisch „Subventionen“, wird es immer gute Gründe für den einen oder für den anderen oder eine gewisse Interessengruppe geben, gerade diese Subvention zu verteidigen. Es war vielleicht nicht der unsinnigste Ansatz zu sagen:Wenn wir das auf der breiten Ebene machen, dann treffen wir alle irgendwo, und dann ist das vielleicht auch noch richtig.
Wir halten die Rasenmähermethode nicht für richtig. Sie wissen auch, das wird so nicht machbar sein. Sie selbst reden davon, es wird in Hessen in der Priorität Bereiche geben, wo das Kürzen sogar zu Einnahmeausfällen führen wird, weil es Folgewirkungen gibt. Das wird es in den Bereichen geben. Deshalb wird es in anderen Bereichen, wenn man die Prioritätensetzung in dem einen Bereich so durchhält, dass ich sage, hier will ich nichts machen, möglicherweise sogar Sinn machen, in diesen Bereichen noch
etwas draufzulegen, wenn die Folgewirkungen so sind, dass man damit weitere positive Wirkungen erzielt. Aber dann ist es sachlogisch notwendig, auf der anderen Seite nicht nach diesen 10 % weitere 3 % Einschnitte zu machen. Dann ist es sachlogisch notwendig, an anderen Stellen auch grundlegende Einschnitte zu machen. Die Eigenheimzulage ist eine, wo wir über 10 Milliarden c reden.
Herr Ministerpräsident, an dieser Stelle spielen Sie wieder dieses alte Ritual, zu sagen: Hier wird einer Gruppe etwas weggenommen – ich sage übrigens, diese eine Gruppe wird finanziert, das ist eine Art von staatlicher Umverteilung, die ich an dieser Stelle nicht für richtig halte –, und Sie machen sich zum Fürsprecher dieser Gruppe. Das ist das übliche Oppositionsritual, das auch meine Partei – mein Gott, wir haben über die Geschichte geredet – an vielen anderen Stellen gemacht hat, sich zum natürlichen Verbündeten derjenigen zu machen, die von der Regierung etwas weggenommen bekommen.
Wenn wir dieses Ritual nicht verlassen, dann werden wir an solchen zentralen Fragen wie die, über die wir momentan reden, nicht weiterkommen.
Deshalb abschließend: Ich glaube auch, dass Sie natürlich durch die innerparteilichen Streitigkeiten gebunden sind. Ich versuche, das Ganze jetzt gar nicht so hochzuziehen. Ich glaube, dass Sie eine Linie haben und mit der Linie Ihrer Parteivorsitzenden, die auch Herr Stoiber möglicherweise aus Wahlkampfgründen vertritt, nicht einverstanden sind. Ich glaube aber, dass dies nicht der einzige Grund ist, warum Sie tatsächlich gegen das Vorziehen der Steuerreform sind. Jetzt zitiere ich einmal, weil das angemessen ist, die „Financial Times“:
Den selbsternannten Sanierer Roland Koch plagt ein dickes Haushaltsloch. Koch muss aufpassen, heißt es nicht ohne Schadenfreude in der CDU,dass er auf dem Weg ins Kanzleramt nicht im Schuldensumpf versinkt.
Herr Ministerpräsident, die Schulden, die Sie in den letzten Jahren angehäuft haben, werden möglicherweise dazu führen, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Lande nicht durch das Vorziehen der Steuerreform entlastet werden. Das wäre tatsächlich ein Skandal der Verschuldenspolitik der letzten Jahre in diesem Land.
Meine Damen und Herren, das war die letzte Wortmeldung. Ich komme jetzt zu den Anträgen, über die wir gesprochen haben.
Ich rufe zunächst den Antrag der SPD-Fraktion betreffend Steuersenkung vor ziehen, Drucks. 16/300, auf. Ich
stelle ihn zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen möchte,den bitte ich um das Handzeichen.– Wer ist gegen diesen Antrag? – Wer enthält sich? – Dann ist der Antrag gegen die Stimmen der CDU-Fraktion mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP nicht angenommen worden.
Ich rufe den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/303, auf. Wer diesem Antrag zustimmen möchte,den bitte ich um das Handzeichen.– Wer stimmt dem Antrag nicht zu? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit ist dieser Antrag abgelehnt bei Gegenstimmen der Fraktion der CDU und bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Enthaltung der FDP-Fraktion.
Ich rufe den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform, Drucks. 16/337, zur Abstimmung auf. Wer diesem Dringlichen Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme?
Damit ist der Dringliche Entschließungsantrag mit den Stimmen der Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN,bei Stimmenthaltung der Abgeordneten der CDU und Zustimmung der Abgeordneten der Antragsteller, der Fraktion der FDP, abgelehnt.