Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Damit ist der Dringliche Entschließungsantrag mit den Stimmen der Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN,bei Stimmenthaltung der Abgeordneten der CDU und Zustimmung der Abgeordneten der Antragsteller, der Fraktion der FDP, abgelehnt.

Ich rufe jetzt den Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU betreffend Steuer senken, Arbeitsrecht flexibilisieren, Sozialversicherungssysteme reformieren, Drucks. 16/340, zur Abstimmung auf.Wer diesem Dringlichen Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist gegen die Annahme dieses Dringlichen Antrags? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit hat dieser Dringliche Antrag eine Mehrheit gefunden. Die Mitglieder der CDU-Fraktion haben zugestimmt,die Mitglieder der FDP sich der Stimme enthalten.Abgelehnt haben die Mitglieder der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 57 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend Transrapid – Drucks. 16/321 –

Ich rufe ihn zusammen mit Tagesordnungspunkt 41 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend freie Metrorapid-Gelder für Transrapidverbindung Frankfurt – Hahn – Drucks. 16/301 –

Hinzu kommt noch Tagesordnungspunkt 48:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Magnetschwebebahn „Transrapid“ – Drucks. 16/309 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Präsident, mit aufgerufen werden muss noch Tagesordnungspunkt 75!)

Entschuldigung.Tagesordnungspunkt 75 steht im Nachtrag? – Den habe ich vergessen. Hinzu kommt also noch Tagesordnungspunkt 75:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend schnelle Verbindung der Flughäfen Frankfurt und Frankfurt-Hahn – Drucks. 16/344 –

Das Wort hat Herr Kollege Reif.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Transrapid steht als Symbol für den deutschen Erfindungsgeist, für die Kreativität in unserem Land und für den technischen Fortschritt. Der Transrapid ist ein einzigartiges Symbol der Hochtechnologie der Wirtschaft und der Industrie der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen zu Beginn meiner Rede aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 8. Juli 2003 zitieren. Die „Frankfurter Rundschau“ ist wahrlich nicht das Zentralorgan der Hessischen Landesregierung. Sie ist auch nicht die Hauspostille der den Transrapid herstellenden Firma. Mich entzweit distanzierender Respekt von dieser Zeitung. Das, was ich Ihnen jetzt zitieren will, ist aber bemerkenswert. Der Mitarbeiter der Firma ThyssenKrupp Transrapid GmbH, Heinz Trost, der 48 Jahre alt ist, wird dort mit folgenden Worten wiedergegeben:

„Wenn es so weiter geht“, so Trosts düstere Vision, „wird man in zehn Jahren vielleicht sagen, dass in China ein Wunderwerk gebaut wurde – aber keiner wird mehr von Kassel reden.“ Für Trost steht fest,

so schreibt die Frankfurter Rundschau –

dass es eine Strecke in Deutschland geben muss,

dann wird er wörtlich zitiert –

„damit wir hier zeigen können, dass es funktioniert“.

Auf die Frage, wie er sich fühlt, sagt er schlicht und ergreifend: „Ganz beschissen“. Rot-Grün gehöre an den Pranger, schimpft er ungehemmt auf die nordrhein-westfälische Landesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

So weit wollte ich Aussagen eines Mitarbeiters der Firma ThyssenKrupp Transrapid GmbH aus Kassel zitieren.

Ich glaube, man muss schon sagen, dass wir, die Vertreter der CDU, mit diesem Antrag keine Eintagsfliege vorgelegt haben. Dazu steht schon etwas in unserem Regierungsprogramm. Ich betone: Es steht in unserem Regierungsprogramm, nicht in unserem Wahlprogramm. – Denn manchmal unterscheiden sich Regierungsprogramm und Wahlprogramm sehr deutlich.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Demonstrativer Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

In unserem Regierungsprogramm steht, dass wir den Hochtechnologiestandort Nordhessen vorangebracht haben. Der Transrapid steht exemplarisch für die innovative Kraft der Region Nordhessen. Die von der CDU geführte Landesregierung hat sich in den letzten Jahren maßgeblich für den Erhalt der Hightechindustrie in Deutschland und auch in Nordhessen eingesetzt.

(Manfred Schaub (SPD):Wie denn?)

Dass China Interesse an dieser Technologie hat, ist für Kassel ein Glücksfall. Allerdings wird dieser Vorteil nur gesichert werden können, wenn neben einer Strecke in China, auf der diese Technologie angewandt wird, auch Strecken in Deutschland realisiert werden, auf denen diese Technologie angewandt wird. Die CDU Hessen

spricht sich deshalb für den schnellen Bau innerdeutscher Transrapidstrecken aus. Dies sollten nicht nur Strecken für den Nahverkehr, sondern auch welche für den Fernverkehr sein. Dafür bietet es sich an, ergebnisoffen den Bau einer solchen Strecke zwischen den Flughäfen Frankfurt am Main und Frankfurt-Hahn zu prüfen. Diese Strecke könnte bis Luxemburg oder Brüssel weitergeführt werden.

Wie Sie sehen, werden wir hinsichtlich des Transrapides etwas fortführen, was wir in unserem Regierungsprogramm im März dieses Jahres niedergeschrieben haben. Somit ist es folgerichtig, dass unmittelbar, nachdem Nordrhein-Westfalen auf den Bau einer Strecke für den Metrorapid verzichtet hat, der Hessische Ministerpräsident und der hessische Wirtschaftsminister gefordert haben, zwischen dem Frankfurter Hauptbahnhof, dem Flughafen Frankfurt am Main und dem Flughafen Frankfurt-Hahn solle eine echte Referenzstrecke in Deutschland für den Transrapid und die Magnetschwebetechnik gebaut werden. Wir brauchen eine überzeugende Referenzstrecke, um die Exportchancen unseres Landes bei der Hochtechnologie der Magnetschwebebahnen zu sichern,bei der wir weltweit führend sind.

(Beifall des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Wer, wenn nicht wir, kann zeigen, dass diese Technologie funktioniert? Wie können wir eigentlich von anderen draußen in der Welt erwarten, eine Technologie zu gebrauchen und zu kaufen, die in unserem Land, hier in Deutschland erfunden wurde, wenn wir selbst nicht in der Lage und willens sind, diese Technologie auch in unserem Land zur Anwendung zu bringen?

(Beifall der Abg. Frank Gotthardt und Brigitte Kölsch (CDU))

Die Nutzung im eigenen Lande ist die Grundvoraussetzung, damit diese Technologie eine Chance hat, exportiert zu werden.

Dieses technologische Projekt ist eines, auf das wir richtig stolz sein können. Wir müssen verhindern, dass es durch den Export der Blaupausen in den Fernen Osten im Grunde genommen dazu kommt, dass diese Technologie in anderer Art und Weise dort fortgeführt wird und wir sie somit geklaut bekommen haben.Wir müssen dafür Sorge tragen, dass anspruchsvolle Arbeitsplätze, bei denen auf technologisch hohem Niveau gearbeitet wird, in unserem Land auch zukünftig eine Chance haben. Deshalb wollen wir, dass eine in Deutschland erfundene und zur Serienreife gebrachte Technologie auch eine operative aktive Anwendung in diesem Land findet.Wir glauben, dass das Land Hessen hierfür optimale Bedingungen mit dem Standort des Werkes in Kassel und der Möglichkeit, eine Referenzstrecke zwischen Frankfurt und dem Flughafen Frankfurt-Hahn mit der Option der Weiterführung nach Luxemburg und Brüssel zu bauen, bietet.

Der Transrapid ist eine Technologie, die sich ganz besonders für den Einsatz auf längeren Strecken eignet. Deshalb ist die Strecke von Frankfurt zum Flughafen Frankfurt-Hahn mit der Möglichkeit der Weiterführung nach Luxemburg und Brüssel dafür geradezu geeignet. Die Strecke von Frankfurt zum Flughafen nach Hahn beträgt etwa 115 km. Wenn man sie von Hahn nach Brüssel weiterführen würde, käme man auf 250 km. Mit einer solchen Strecke würden mehrere Verkehrsknotenpunkte miteinander verbunden. Die Flughäfen Frankfurt und Frankfurt-Hahn würden damit miteinander zu einem Drehkreuz und zu einem Tor zur Welt verbunden. Das zu

erreichen ist unser Ziel. Es besteht da eine gute Chance. In Luxemburg gibt es keine ordentliche Anbindung an einen internationalen Flughafen. Nachdem die Sabena, die insbesondere am Flughafen in Brüssel tätig war, nicht mehr besteht, gibt es auch in Belgien keine echte Anbindung mehr. Somit würden wir mit dieser Magnetschwebetechnik für den Flughafen Frankfurt unter Einbeziehung des Flughafens Hahn eine weitere Chance eröffnen.

Wer wie selbstverständlich über diese Technik spricht, muss natürlich auch einen Exkurs in die Vergangenheit wagen. Hätte die SPD in Hessen in den Neunzigerjahren eine offenere und konstruktivere Haltung eingenommen, dann hätten wir heute in Deutschland diese Technologie schon längst in der Anwendung.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Das müssen wir ganz deutlich sagen: In den Neunzigerjahren waren die Sozialdemokraten Gefangene in der Koalition mit den GRÜNEN. Im Grunde genommen durften sie damals nicht die Positionen einnehmen, die sie heute in einem Antrag, den sie in diesem Parlament vorgelegt haben, vertreten. Das wäre Mitte der Neunzigerjahre überhaupt nicht denkbar gewesen. Deshalb ist die Haltung der Sozialdemokraten zu dieser Technologie in diesem Jahr umso bemerkenswerter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Mitte der Neunzigerjahre wurde in diesem Hause alles verhindert. Es wurde die Kerntechnologie aus dem Land getrieben. Damit wurden 2.500 Arbeitsplätze am Standort Hanau direkt und weitere 2.500 Arbeitsplätze im Umfeld von Hanau quasi ausradiert mit dem Ergebnis, dass es nichts außer dem Abbau von Arbeitsplätzen gebracht hat. Die Kerntechnologie in Deutschland ist weiterhin funktionsfähig.Wir haben immer noch die besten Kernkraftwerke.

Die Biotechnologie wurde angefeindet, und das Land Hessen hat damit unwiederbringliche Chancen vertan. Die Gentechnik wird von den GRÜNEN heute noch verteufelt. IT und Sonstiges waren zu diesen Zeiten des Teufels. Das hat die Sozialdemokraten gehindert, in diesem Land Fortschritt möglich zu machen. Deshalb sind wir heute angetreten, zu sagen: Im Land Hessen darf mit Technologie nicht weiter so umgegangen werden. Wir müssen dafür sorgen, dass dieser schäbige Umgang mit Spitzentechnologie, der anderswo auf der Welt überhaupt nicht möglich wäre, nicht so weitergeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht darum, wie wir das verwirklichen wollen. Auch hierzu gebe ich eine Antwort. Das Geld, das von der Bundesregierung für Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden sollte, steht – so denken wir – weiterhin auch für uns in Hessen zur Verfügung.

Wir sind in dieser Auffassung durch den Antrag der Sozialdemokraten in diesem Haus bestärkt, die ebenfalls davon ausgehen, dass dieses Geld – nachdem NordrheinWestfalen ausgestiegen ist – nunmehr auf Hessen umgeleitet werden kann. Wir glauben, dass uns dies gelingen kann.

Entweder steht das Geld weiterhin zur Verfügung, dann haben wir darauf einen Anspruch, oder es könnte sein, dass Schröder Herrn Steinbrück nach Nordrhein-Westfalen die Anweisung gegeben hat, dass er nicht mehr an einer Sache festhalten soll, für die anschließend kein Geld da ist.

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.

Dann allerdings hätte Schröder Herrn Steinbrück und seine nordrhein-westfälischen Kollegen von Anfang an hinters Licht geführt.

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Mitte der Neunzigerjahre konnten rund 7 % GRÜNE im Landtag die Auffassung von 93 % Befürwortern für den Transrapid blockieren. Heute haben wir eine umgekehrte Situation. Über 90 % Befürworter haben eine einzigartige Chance, also nutzen wir sie. Der FDP rate ich, die Herren Bauckhage und Brüderle aus Rheinland-Pfalz hinter die Sache zu bringen.

Herr Reif, es nutzt nichts. Sie müssen trotzdem zum Ende kommen.

Von der SPD erwarten wir,dass sie in Berlin die Mittel auf Hessen umleitet. Dann ist mir um den Transrapid in Hessen nicht bange. – Herzlichen Dank.