Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit dem,womit Herr Kollege Kaufmann seine Rede beendet hat, nämlich mit dem Dank an den Hessischen Rechnungshof und in Person den Präsidenten, der nicht nur für die Vorbereitung der Sitzung des Landesschuldenausschusses, sondern auch für den Bericht verantwortlich zeichnet, der in einer besonders transparenten Art und Weise darstellt, wie sich der Schuldenstand entwickelt und wie sich die Schulden aufteilen. Er liefert darüber hinaus Hintergründe und Vergleiche mit anderen Bundesländern. An dieser Stelle danke ich auch dem Finanzministerium, das bei der Landesschuldenverwaltung eine extrem gute Arbeit leistet. Angesichts dieser Zahlen ist es enorm wichtig, dass die Mitarbeiter der Landesschuldenverwaltung zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Produkten am Kreditmarkt agieren. Dadurch werden jedes Jahr viele Millionen c für das Land Hessen eingespart, und zwar allein durch ein gutes Management dieser Verwaltung. Ich meine, das sollte den Dank des ganzen Hauses wert sein.
Den Bericht haben Sie zitiert und interpretiert. Sie sagten, wenn das Zinsniveau nach dieser Zinsniedrigphase ansteigen werde, dann würden natürlich auch die Schulden teurer. Natürlich besteht ein Zusammenhang zwischen einer schwachen Konjunktur und niedrigen Zinsen. Die Zinsen sind deshalb niedrig, weil die Konjunktur schwach ist.
Ich erinnere daran, dass wir im Jahr 2004 in Hessen und in Deutschland ein extrem schwieriges Jahr hatten. Herr Kollege Kaufmann, damals trugen Ihre Parteifreunde in Berlin noch Regierungsverantwortung. Es war eine Phase, in der bundesweit alle öffentlichen Haushalte mit zurückgehenden Steuereinnahmen zu tun hatten. Wenn die Steuereinnahmen zurückgehen, bleibt nichts anderes übrig, als die Schulden zu erhöhen, also gegenzusteuern. Die Ausgaben haben mit den Einnahmen nicht mehr Schritt halten können.
Meine Damen und Herren, der Schuldenbericht zeigt, dass wir auch in den Neunzigerjahren konjunkturelle Probleme hatten. Auf Seite 16 des Berichts haben Sie einen schönen Bogen, den Sie sich einmal anschauen sollten. In den Jahren 1993, 1994, 1995, 1996 und 1997 wurde die Verfassungsgrenze überschritten. Nur in den Jahren 1998, 1999 und 2000, als sich die Konjunktur deutlich besser entwickelt hatte und die Steuereinnahmen wieder angestiegen sind, waren die Schulden nicht höher als die Ausgaben für Investitionen,sodass die Verfassungsgrenze eingehalten wurde.
Insofern sollten wir in der heutigen Debatte, die sachlich geführt werden sollte,nicht so tun,als sei Hessen auf einer Insel der Glückseeligen, die losgelöst von allen ökonomi
schen Trends in Deutschland agieren kann. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Landesregierung unter schwierigsten Bedingungen verdammt gut gehandelt hat.
Abschließend erinnere ich daran, dass wir im Jahr 2004 die bei Ihnen so beliebte „Operation sichere Zukunft“ durchgeführt haben,um nicht tatenlos zuzusehen,dass die Schulden immer weiter steigen, während die Steuereinnahmen sinken. Mit einem Einsparvolumen von 1 Milliarde c, das unter schwierigsten Bedingungen von der CDU getragen wird, haben wir genau die Antwort gegeben, die die Konjunktur von uns verlangt hat und die die Menschen von uns erwartet haben. Ich bin stolz darauf, dass wir es geschafft haben, entgegen der Aktion, die Sie auf der Straße gemacht haben,
gegen die konjunkturellen Schwierigkeiten anzukämpfen. Wir haben unter den härtesten Bedingungen Einsparungen vorgenommen,von denen andere manchmal nur träumen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Milde. – Als nächster Redner hat Herr Kollege von Hunnius von der FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Milde, Grund zum Stolz hätten Sie, wenn die Verfassungsgrenze eingehalten worden wäre. Das wäre ein Grund gewesen, stolz zu sein.
Frei nach dem Kollegen Blüm, der einen großen Flop gelandet hat mit der Aussage, die Renten seien sicher, kann man sagen: Eines ist sicher, die Schulden steigen weiter. Sie steigen mal schneller und mal langsamer, aber sie steigen von Jahr zu Jahr weiter. Das ist eine der Lehren aus dem Landesschuldenbericht, der uns nun vorliegt.
Die Ursache ist, dass wir uns alle daran gewöhnt haben, dass der Staat permanent über seine Verhältnisse lebt. Wenn man das macht, dann muss man die erforderlichen Mittel irgendwoher beschaffen. Man beschafft sich die Mittel üblicherweise vom Kreditmarkt. Daher stellt sich diese Kurve ein.
Die Grafik ist zwar klein, aber man kann erkennen, dass es bergauf geht. Mit der Pro-Kopf-Verschuldung geht es unaufhaltsam bergauf. Eine Trendwende ist nicht zu erkennen, Herr Kollege. Zumindest für mich ist sie nicht zu erkennen.Wahrscheinlich ist sie aber auch für Sie nicht zu erkennen.
Ich will mit großer Anerkennung sagen,dass wir kein Problem mit dem Schuldenmanagement haben. Das Schuldenmanagement des Landes ist ausgezeichnet. Deshalb habe ich vorhin meinen Beifall gezollt, als Sie das gesagt haben, Herr Kollege Milde.Wenn dies nicht so wäre, dann
würde uns die Zinslast noch viel mehr erdrücken, als sie uns ohnehin schon erdrückt. Das Management der Schuldenaufnahme, des Umschuldens und des Versuchs, die besten Zinsen zu erreichen, funktioniert hervorragend.
Wir haben aber ein Problem mit der Schuldenpolitik.Man kann natürlich sagen, dass wir alle Sünder sind und wir alle Schulden machen. Das ist für uns aber nicht ausreichend. Es gibt viele Rechtfertigungsversuche für die Aufnahme von Schulden. Wer auch immer hier vorn steht, kann einige davon vorbringen. Wir kennen sie alle auswendig. Es gibt viele Rechtfertigungsversuche. Keiner davon ist wirklich überzeugend. Alle haben ein Fünkchen Wahrheit, aber keiner ist überzeugend.
Da ist eine Behauptung: Wir haben neue Aufgaben, und wir brauchen neue Mittel. – Wenn das der Fall wäre, dann würde der Schuldenberg in der Tat ins Unermessliche wachsen, und es kämen immer neue Aufgaben dazu. Das kann es nicht sein.
Dann wird gesagt:Wir haben sinkende Einnahmen. – Das hat Kollege Milde gerade wieder gesagt. Ich empfehle einen Blick auf die Seite 39 des Berichts. Hier erkennen Sie
man sieht es aus der Ferne vielleicht nicht so deutlich – eine rote Linie. Die steigt und steigt und steigt. Dann sehen Sie darunter Linien der Zinsausgaben, der Steuereinnahmen, der Steuern nach LFA und der bereinigten Gesamteinnahmen. Sie sehen deutlich, dass sich die Schuldenaufnahme von der Einnahmensituation emanzipiert hat.Das heißt,Schulden werden relativ unabhängig davon aufgenommen,wie die Einnahmen sind – mit einigen kleinen Schwankungen, die man aber bei der Debatte vernachlässigen kann.
Investitionen – das ist ein Wort wie das Wort Kaninchen, wenn ich sage, was darunter zu verstehen ist. Da sind weder Nettoinvestitionen noch Festinvestitionen abgesetzt worden,noch haben wir die implizite Verschuldung,die zu berücksichtigen ist. Das ist einfach nicht wahr. Wir nehmen faktisch die Schulden auf, um Zinsen zu bezahlen, und mehr nicht.
Dann sagen Sie: Wir sind besser als die anderen Bundesländer. – Das ist schon vorhin vom Kollegen Kaufmann angesprochen worden. Erstens würde mich das überhaupt nicht beruhigen, dass andere noch schlechter als wir sind.
Zum Zweiten müsste man danach streben, bei uns eine Trendwende zu erreichen und nicht in Baden-Württemberg oder Bayern oder sonst wo.Wenn ich Hessen mit den anderen Flächenländern und nicht mit Bremen, Berlin und Hamburg vergleiche,
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Wir sind immer noch besser als in den letzten Jahren! 2005 ist das für Hessen eindeutig!)
Weiter geht es. Dann gibt es die Behauptung: Der LFA drückt uns. – Der Länderfinanzausgleich ist natürlich ein riesiges Problem. Er ist in seiner Struktur ungerecht.Aber er muss in die Ausgabenplanung einbezogen werden. Insofern kann ich das nicht als gerechtfertigt gelten lassen.
Dann wird noch gesagt: Die Wachstumsschwäche hindert uns daran, anders zu operieren; wir investieren praktisch antizyklisch. – Das ist nun überhaupt nicht richtig, denn wir wissen alle, dass Kredite zwar mit der Ausrede Wachstumsschwäche aufgenommen werden. Aber sie werden anschließend nicht zurückgeführt. Das zeigt die blanke Erfahrung.
Nein, die wirklichen Hauptgründe für die steigenden Schulden sind nicht die Rechtfertigungspunkte, die ich hier angeführt habe und die nur Scheinrechtfertigungen sind, sondern das sind erstens die Angst, Prioritäten zu setzen – denn Prioritäten setzen heißt, ich muss anderes weniger gewichten –, und zweitens die Bequemlichkeit der einfachen Einnahmeerzielung. Schulden sind schnell gemacht. Das Land Hessen bekommt immer noch Kredite;auch im jetzigen Rating ist es relativ einfach.Deshalb ist eine der Lehren aus diesem Bericht: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik. – Den muss man in der Tat wollen.Wenn ich mir vor Augen halte, dass die FDP-Fraktion im Zusammenhang mit dem Haushalt 2006 den Antrag gestellt hat, das Fachziel „Einhaltung der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze“ einzuführen, und dieses Ziel von der Mehrheit des Hauses mit den Stimmen der CDU abgelehnt wurde, dann muss ich sagen: Es fehlt offenbar an dem Willen, dieses Ziel zu erreichen. Wenn man es nicht erreichen will, erreicht man es natürlich auch nicht.
Frau Präsidentin, ich bedanke mich für den Hinweis und sage: Nein, es darf nicht dazu kommen, dass der Wahnsinn, auf Kosten unserer Kinder zu leben, für normal gehalten wird. Wir müssen, wenn man das schon einsehen darf, die Konsequenz ziehen. Das ist für mich die Lehre aus dem Bericht, den der Hessische Rechnungshof dankenswerterweise aufgestellt hat. Alles andere ist Technik, sind Kleinigkeiten. Diese Lehre müssen wir beherzigen. Nur dann werden wir den Anforderungen gerecht. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr von Hunnius. – Als Nächstem erteile ich Herrn Kollegen Schmitt von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst dem Dank anschließen, der hier von den
Rednern an die Adresse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium vorgetragen worden ist, die für das Zinsmanagement verantwortlich sind. Das ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit,für die man ein Näschen braucht, für die man Kontakte braucht, ich glaube, auch Entschlusskraft braucht; und man braucht auch eine glückliche Hand. Das ist zumindest in den letzten Jahren gelungen. Deswegen an dieser Stelle auch von uns den Dank an die Mitarbeiter in Ihrem Hause, Herr Minister.