Protokoll der Sitzung vom 17.05.2006

Ich hatte schon früher eine etwas andere Meinung als die Mehrheit meiner Fraktion. Allmählich denken viele meiner Kollegen um.

(Michael Siebel (SPD): Frau Kühne-Hörmann, bei Ihnen muss die Not groß sein!)

Ich will noch ein weiteres prominentes Beispiel von Mitgliedern der SPD nennen. Es betrifft Herrn Matschie, den ehemaligen – –

(Zuruf)

Herrn Schmitt, den kennen Sie kaum noch.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Gerhard Bökel (SPD): Doch, das ist der Mann aus Thüringen!)

Die Vernünftigen wurden bei Ihnen schnell abgemeiert. Das ist die Strategie in der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Matschie, ehemals Staatssekretär bei Frau Bulmahn, hatte in den Bundestag ein Papier der jungen Abgeordneten eingebracht. In diesem Strategiepapier sprachen sie sich für die Erhebung von Studiengebühren aus. Nachlaufende Studiengebühren wurden dort richtig begrüßt.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das darf man bei uns! – Norbert Schmitt (SPD):Unsere Position wird heute hier diskutiert!)

Ich möchte Ihnen jetzt noch verraten, wer dieses Papier auch unterschrieben hat. Dieses Papier wurde von Sigmar Gabriel mit unterschrieben.

(Clemens Reif (CDU): Oh!)

Vielleicht ist auch er einer derjenigen,die sich heute kaum noch daran erinnern können.

Ich will damit Folgendes sagen: Wenn man in die Reihen der hessischen SPD guckt, findet man keinen Einzigen, der ein Reformer ist.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Sie sind diejenigen, die Reformen ablehnen und dann den Reformen hinterherlaufen müssen. Das betrifft die Privatisierung der Klinika. Das betrifft die Studiengebühren. Das betrifft die Freiheit der Hochschulen und deren Finanzierung. Immer sind Sie in der SPD bei den Ewiggestrigen. Das schadet unserem Land.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP) – Norbert Schmitt (SPD): Wenn soziale Gerechtigkeit von vorgestern ist, dann möchte ich gerne von vorgestern sein!)

Herr Schmitt, jetzt spreche ich. Ich bitte um etwas Ruhe. – Frau Kollegin, gestatten Sie Zwischenfragen?

(Gerhard Bökel (SPD): Was ist eine Reform? Wer ist ein Reformer?)

Nein. – Jetzt will ich darauf zu sprechen kommen, dass es auch bei den GRÜNEN vernünftige Leute gibt. Herr AlWazir wollte das nicht glauben. Natürlich gibt es auch bei den GRÜNEN vernünftige Leute. Der Herr Minister hat vorhin Herrn Berninger genannt.Auch er hat sich eindeutig geäußert. Aber ich will noch jemanden anführen, die etwas näher an diesem Thema dran ist.Das ist Anna Lührmann. Sie ist immerhin noch Studentin. Sie hat in der „Zeit“ gesagt, sie betrachte die Erhebung von Studiengebühren als sinnvoll, wenn das zu einer Verbesserung der Studienbedingungen führen würde.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau das ist bei Ihnen aber nicht der Fall!)

Sie sagt, sie könne sich gut vorstellen, dass die Grundfinanzierung so funktioniert, wie es heute der Fall ist, und dass die Studierenden dann nach Abschluss des Studiums zurückzahlen. Das sagte Anna Lührmann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ebenso äußerte sich Fritz Kuhn. Er sagte, Studiengebühren seien ein Instrument, den Reformprozess voranzubringen. Frau Sorge, auch die GRÜNEN in Baden-Württemberg haben darauf anders als Sie reagiert.

(Gerhard Bökel (SPD): Ihre Zitatensammlung ist richtig perfekt! – Norbert Schmitt (SPD): Jetzt sagen Sie einmal Ihre eigene Meinung!)

Auch dort gibt es Reformer,die den Prozess für die Hochschulen voranbringen wollen.

Wir führen heute eine Debatte über einen Antrag der SPD-Fraktion und um Anträge der drei anderen Fraktionen.

Die Regierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt und ihn in den ersten Kabinettdurchgang eingebracht. Sie hat diesen Gesetzentwurf, dieses Modell für Hessen, auf Internetseiten eingestellt. Dazu kann ich nur lobend sagen: Sie hat damit für Transparenz gesorgt. – Zusätzlich wurde

eine E-Mail-Adresse freigeschaltet, unter der jede eingehende Frage beantwortet wird.

Herr Corts hat schon darauf hingewiesen: Zusätzlich wurde durch eine Broschüre frühzeitig informiert. – Transparenter kann man es nicht machen.

Ich erkläre hier: Wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, halten es für den richtigen Weg, den Gesetzentwurf möglichst schnell in das parlamentarische Verfahren einzubringen, damit er sachlich beraten werden kann und viele Gerüchte und Mutmaßungen aus dem Weg geräumt werden können.

Folgendes ist mir wichtig: Die Einnahmen aus den Studienbeiträgen werden allein den Hochschulen zugute kommen.

(Beifall des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Es wird geschätzt, dass Einnahmen in Höhe von rund 150 Millionen c anfallen werden. Diese Einnahmen werden ausschließlich zur Verbesserung der Qualität der Lehre und der Studienbedingungen verwendet werden dürfen. Die von den Studierenden gezahlten Beiträge kommen ihnen selbst direkt zugute. Denn die Betreuungsintensität wird verbessert werden. Die Studenten beklagen häufig, dass dort einiges im Argen liege. Dadurch werden sich die Studienzeiten verkürzen. Eine geringere Abbruchquote wird die Folge sein.

Herr Siebel, ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass gerade für diejenigen, die aus einkommensschwächeren Familien stammen, ein langes, ineffizientes Studium nicht bezahlbar ist. Jedes Semester, das ein Studium länger dauert, weil es an dieser Hochschule schlecht strukturiert ist, benachteiligt genau diejenigen, die jeden Monat und jedes Semester ihre Lebenshaltungskosten aufbringen müssen. Das ist unsozial. Das werden wir ändern.

(Beifall bei der CDU)

Was wird das Ergebnis sein? Die finanziellen Aufwendungen jedes einzelnen Studierenden werden insgesamt reduziert werden. Denn die Quote der Abbrecher wird sinken, und die Studienzeit wird verkürzt werden. Das wird insgesamt zu einer Kosteneinsparung führen.

Ich bin froh, dass in der Debatte, die wir jetzt führen, auch darüber geredet wird, wie viel die einzelnen Studiengänge kosten. Der Herr Minister hat es schon gesagt: Insgesamt kommen den hessischen Hochschulen jährlich 1,2 Milliarden c zugute. Die einzelnen Studiengänge sind aber unterschiedlich teuer.

Das Studium der Sozialwissenschaften kostet pro Person 25.000 c, ein Studium der Ingenieurwissenschaften an den Universitäten kostet 80.000 c. Bei Medizin und Zahnmedizin sind es ca. 150.000 c.

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die einzelnen Studiengänge in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich teuer sind. Konkret bedeutet das, dass die Steuerzahler für einen Zahnarzt 150.000 c bezahlt haben. Ein Ingenieur, der das wissenschaftlich studiert hat, hat bis zur Beendigung seines Studiums Leistungen im Umfang von 80.000 c aus Steuermitteln erhalten. Ein Sozialwissenschaftler hat 25.000 c aus Steuermitteln erhalten.

Das bedeutet aber auch, dass jedes Semester, das zusätzlich ohne Abschluss studiert wird, den Steuerzahler erheblich Geld kostet.

Das sind beträchtliche Summen. Ich habe den Eindruck, dass sich die meisten Studierenden dieses Sachverhalts nicht bewusst sind.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist eine peinliche Rechnerei, die Sie hier vorführen!)

Angesichts dieses finanziellen Engagements der Bevölkerung für ihre Akademiker könnte man wahrlich mehr Dank erwarten.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollen dafür danken, dass sie zahlen müssen? – Zuruf von der CDU: Was hat das Studium des Herrn Al-Wazir gekostet?)

Es ist inzwischen mein Eindruck, dass es lediglich eine Selbstverständlichkeit ist, die hingenommen wird. Ich sage ganz deutlich: Es ist nicht selbstverständlich, sondern es ist eine besondere Leistung.

(Unruhe)

In Anbetracht der Proteste, die jetzt laut werden, könnte man den Eindruck gewinnen, die Studierenden müssten ihr Studium komplett selbst bezahlen.Das hieße für einen zukünftigen Zahnarzt, dass er 150.000 c bezahlen müsste. Bei zehn Semestern und dem jetzigen System würde er für sein Studium – ohne sonstige Vergünstigungen – einen Eigenbeitrag von 5.000 c bezahlen. Das heißt, die Allgemeinheit würde mit 145.000 c noch immer die Grundfinanzierung tragen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Zahnarzt studiert aber länger als zehn Semester!)

Man muss sich einmal klarmachen, dass das ein Solidaritätsbeitrag ist; denn das Studium eröffnet die Aussicht auf einen Arbeitsplatz mit überdurchschnittlichem Gehalt und unterdurchschnittlichem Risiko, arbeitslos zu werden.

Derzeit stellt sich die Situation wie folgt dar – Herr Siebel, da bin ich beim Gerechtigkeitsgedanken –: Der überwiegende Bevölkerungsanteil, die Nichtakademiker, zahlt durch Steuern das Studium der Akademiker, die dann ein entsprechend höheres Gehalt erzielen können. Meine Damen und Herren, das allein ist jedenfalls im Sinne der Gerechtigkeit – wie Sie das von der SPD sagen – so nicht zu vertreten.