Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

Entschuldigen Sie bitte, Frau Henzler. – Wenn wir hier schon so viel Harmonie haben, bitte ich das Auditorium, der Rednerin zuzuhören, damit es diese Stimmung auch genießen kann.

(Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Jeder sollte zuhören, vor allem die anderen!)

Vielen Dank. Es geht um die Erwachsenen- und die Weiterbildung. Dabei kann jeder zuhören. – Wir haben in der ersten Lesung darüber gesprochen, dass insbesondere das lebenslange Lernen in den Gesetzentwurf aufgenommen werden soll. Das ist auch geschehen. Dennoch haben wir in der intensiveren Beratung nach der Anhörung einvernehmlich vier neue Punkte in diesen Gesetzentwurf eingefügt. Bei dem ersten Punkt geht es um den barrierefreien Zugang. Es ist zwar unserer Meinung nach selbstverständlich, dass Einrichtungen der Erwachsenenbildung über einen barrierefreien Zugang verfügen, sodass jeder dorthin kommen kann; es ist jedoch auch wichtig, dass man das in dem Gesetzentwurf präzisiert und noch einmal betont.

Der zweite Punkt ist die Einbindung der beruflichen Schulen.Wir wollen sie zu selbstverantwortlichen Schulen und zu Kompetenzzentren in der Region machen. Sie sollen sich aktiv in die Weiterbildung einbringen. Ein besonderes Beispiel ist das Haus des lebenslangen Lernens in Dreieich. Dort hat man diesen Weg eingeschlagen und ist damit schon ziemlich weit gekommen. Das sollte auch bei anderen beruflichen Schulen so sein. Deshalb ist es sehr wichtig, dass sie in diesem Gesetzentwurf extra erwähnt worden sind.

Wichtig wäre die Teilrechtsfähigkeit der beruflichen Schulen. Man ist bereits auf dem Weg. Vielleicht schaut man einmal nach Niedersachsen. Dort hat man das mit einem Erlass relativ schnell geregelt, sodass die beruflichen Schulen auf dem Weg in die Selbstständigkeit dort schon weiter sind als bei uns.

Bei dem dritten Punkt handelt es sich um die Aufnahme des Vereins Weiterbildung in das Kuratorium für Erwachsenenbildung. Dieser Verein vertritt 200 Weiterbildungseinrichtungen. Ich denke, seine Stimme sollte man im Kuratorium durchaus hören.

Bei dem vierten Punkt geht es um den Innovationspool, auf den die FDP sehr großen Wert gelegt hat. Der Grund

gedanke und die Grundrichtung des Innovationspools waren richtig; deswegen haben wir ihn damals eingerichtet. Allerdings war das Verfahren in den letzten fünf Jahren mehr als – ich sage einmal – unangenehm. Diejenigen, die sich um Geld aus dem Innovationspool beworben haben, haben auch in dem Entscheidergremium gesessen, das darüber zu bestimmen hatte. Das darf nicht sein. Das riecht sehr nach Vetternwirtschaft. Wir wollen das dadurch beenden, dass der Kulturpolitische Ausschuss künftig frühzeitig erfährt, in welche Innovationsprojekte das Geld fließen soll. Somit ist eine parlamentarische Kontrolle der Verwendung dieses Geldes vorhanden.

Insgesamt ist das ein sehr guter Gesetzentwurf. Er bringt den Trägern der Weiterbildung Sicherheit, und er bringt Hessen bei der Erwachsenenbildung und dem lebenslangen Lernen weiter. – Danke.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Henzler. – Als Nächster hat sich Herr Kollege Wagner für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Olé, olé, olé!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon gesagt: Die Fraktionen in diesem Haus sind sich bei diesem Thema einig. Wir haben einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht, und alle Fraktionen dieses Hauses werden dem Gesetzentwurf zur Änderung des Hessischen Weiterbildungsgesetzes zustimmen. Frau Kollegin Henzler hat die Änderungen gerade im Detail vorgestellt.Auch ich wollte das machen. Aber ich glaube, ich muss das jetzt nicht wiederholen. An diesem Punkt und an diesem Vormittag kann ich mich den Ausführungen von Frau Henzler anschließen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

In anderen bildungspolitischen Debatten wird das wieder anders sein.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das liegt an Ihnen, Herr Wagner! Das liegt nur an Ihrer Lernfähigkeit!)

Herr Hahn, lassen Sie einfach einmal Frieden in dieses Haus einkehren, und stören Sie nicht schon wieder, bitte.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits vor fünf Jahren hat meine Fraktion dem Weiterbildungsgesetz zugestimmt, unter dem damals das Erwachsenenbildungsgesetz und das Volkshochschulgesetz zusammengefasst worden sind.Wir können nach fünf Jahren feststellen, dass sich das Weiterbildungsgesetz bewährt hat. Mit der Novellierung und dem Änderungsantrag der Fraktionen machen wir es jetzt noch ein Stück besser und schaffen damit die Voraussetzungen dafür, dass wir in Hessen tatsächlich ein – wie es jetzt immer heißt – „System des lebensbegleitenden Lernens“ etablieren.

Alle Voraussetzungen sind in diesem Gesetzentwurf angelegt. Bis zur tatsächlichen Etablierung eines solchen Systems des lebensbegleitenden Lernens ist es noch ein weiter Weg. Wir werden noch sehr viel über die Finanzausstattung reden müssen. Aber die gesetzlichen Grundlagen sind gelegt. Wir alle sind aufgefordert, das mit Leben zu erfüllen. Deshalb wird meine Fraktion sowohl dem Änderungsantrag als auch dem Gesetzentwurf insgesamt zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank,Herr Wagner.– Für die Landesregierung hat sich Frau Kultusministerin Wolff zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ergebnis der Anhörung zur zweiten Novellierung des Hessischen Weiterbildungsgesetzes ist ausgesprochen positiv ausgefallen. Dieser Gesetzentwurf hat eine sehr breite Akzeptanz gefunden. Das findet sich in dem gemeinsamen Änderungsantrag wieder, der die Anregungen,die aus der Anhörung hervorgegangen sind,mit aufnimmt.

Lediglich die Kammern formulieren noch grundsätzliche Bedenken. Ich glaube, auch an dieser Stelle kann man feststellen, dass die Unternehmen und einzelne Kammern im Zusammenwirken mit Einrichtungen der Weiterbildung sehr viel weiter sind, als es die Vertreter der Spitzenorganisationen zu formulieren wagen.

Ich denke z.B.an das Modell in Dreieich,das hier genannt worden ist, aber auch an das, was sich in anderen Städten und Regionen, z. B. in Nordhessen oder in Frankfurt, abspielt. Dort sind Unternehmen gemeinsam mit Weiterbildungseinrichtungen zugange, wenn es darum geht, berufliche und persönliche Weiterbildung – auch in einem weiteren Sinne – zu organisieren und zu bezahlen sowie in Netzwerke einzusteigen, die unser Weiterbildungssystem insgesamt weiterbringen werden. Insofern gebe ich mich auch mit den uns im Moment entmutigend vorkommenden Stellungnahmen zufrieden; denn ich weiß, dass die Praxis anders aussieht.

Die Weiterbildung ist auf einem guten Weg zu einem lebensbegleitenden Lernen. Sie ist auch auf dem Weg, in Netzstrukturen eingebunden zu werden, deren Bildung das erste Gesetz,das vor fünf Jahren verabschiedet wurde, ermöglicht hat. Folgendes hat das Gesetz ermöglicht: eine Flexibilisierung, die Gleichberechtigung der öffentlichen und der freien Träger, den Übergang von der Finanzierung des Personals nach klaren Schlüsseln der Bevölkerungszahlen zu einer Bezahlung nach Leistung.

Jetzt kommt hinzu, dass dies sowohl in der Struktur als auch in der Finanzierungsstruktur flexibilisiert werden kann.Dadurch schaffen wir im Gesetz eine Öffnung dahin gehend, dass es auf dem sehr diversen Gebiet der Weiterbildung weitere Konzepte geben kann und dass es weder zu Denk- noch zu Strukturverboten kommt.Vielmehr sollen ausgehend von dem, was wir haben, neue Netzwerkstrukturen geschaffen werden. Das ist ermutigend, und es bringt das voran, was wir mithilfe des letzten Weiterbildungsgesetzes gemacht haben.

Der Weiterbildungsbericht hat das ausdrücklich bestätigt. Die Sozialforschungsstätte in Dortmund hat uns zu weiter

gehenden Schritten ermutigt. Herr Dr. Lübcke, nachdem Sie über das Zusammenbinden der verschiedenen Fraktionen darauf hingewirkt haben, diese Öffnungen mit aufzunehmen, statt voreilige Zementierungen weiterer Schritte vorzunehmen, kann man sagen, dass dieser Entwurf für ein Weiterbildungsgesetz sehr modern und bundesweit innovativ ausgefallen ist und in zweiter Lesung gut verabschiedet werden kann.

Es ist darauf hingewiesen worden, dass wir in den beruflichen Schulen weitere Schritte gehen werden und wahrscheinlich weitere rechtliche Öffnungen brauchen, um die Kooperationsstrukturen dort tragfähig, flexibel und handhabbar zu machen, statt über Brückeninstitutionen und -organisationen mögliche Innovationen voranzutreiben.

Ich will das auch für einen anderen Bereich deutlich machen. Wir haben heute noch eine relativ klare Abschottung zwischen Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung. Ich glaube, dass wir im Sinne des lebensbegleitenden Lernens auf dem Weg sind, diese Begriffe neu zu definieren und die Übergänge fließender zu gestalten, als dies bisher der Fall ist. Schon jetzt ist es möglich, in eine Ausbildung Weiterbildungselemente einzubeziehen. Es muss in Zukunft möglich sein, Weiterbildungszertifikate auch als modulare Elemente einer formalen Ausbildung geltend zu machen und damit höherwertige Abschlüsse zu erzielen.

Insofern werden wir, ausgehend von dem heute zu verabschiedenden Gesetz, dort sehr viel mehr Öffnungen haben, die dann besonders viel bewirken, wenn es uns gelingt, tragfähige, transparente und anerkannte Zertifizierungssysteme weiterzuentwickeln. Diese Zertifizierungssysteme machen es möglich, in unterschiedlichen Lebensphasen zusätzliche Module und zusätzliche Teilzertifikate zu erwerben, um eine neue Qualifikation zu erlangen.

Lassen Sie uns über diesen gemeinsamen Antrag und eine einvernehmliche Abstimmung über diesen Gesetzentwurf schon heute den Blick darauf werfen, dass wir solche Modelle in Zukunft noch weiter entwickeln können, um in Bezug auf die Lebensphasen, in denen gelernt wird, noch mehr Öffnungen zu schaffen, noch mehr Transparenz und Zukunftsfähigkeit herzustellen und dadurch die Menschen zu ermutigen, zusätzliche Abschlüsse, zusätzliche Zertifikate und zusätzliche Kompetenzen zu erwerben. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Wolff. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP, Drucks. 16/5725, abstimmen. Wer für die Annahme dieses Änderungsantrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus, damit angenommen.

Dann lasse ich über den Gesetzentwurf in geänderter Fassung abstimmen, Drucks. 16/5659 zu Drucks. 16/5276.Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist ebenfalls das gesamte Haus. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Jetzt rufe ich noch Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über das Deutsche Institut für Bautechnik – Drucks. 16/5677 –

Zur Einbringung erteile ich Herrn Minister Rhiel das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kurz vor der Mittagspause kann ich diese formelle Einbringung relativ kurz gestalten. Es geht um die Marktaufsicht für Bauprodukte, die in der Kompetenz der Länder liegt. Diese Aufsicht soll bundeseinheitlich neu geregelt werden. Dem Deutschen Institut für Bautechnik sollen mehr Funktionen eingeräumt werden, um diese länderübergreifende Kooperation zu ermöglichen. Dazu wird dort eine Koordinierungsstelle eingerichtet.

Damit dies geschehen kann, muss ein Abkommen über das Deutsche Institut für Bautechnik neu vereinbart werden. Dieses Abkommen ist bereits notifiziert. Es muss letztlich durch den Beschluss des Landtags rechtskräftig werden.

Wie gesagt, es geht darum, dass das Deutsche Institut für Bautechnik Koordinierungsaufgaben übernimmt und es den Ländern erleichtert, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Im Übrigen sollen diese Aufgaben bei den Regierungspräsidien angesiedelt sein. Was noch bei uns verbleibt, sind die engeren marktaufsichtlichen Regelungen und Prüfungen für solche Bauprodukte.

Im Einzelnen können wir sicherlich im Ausschuss noch vertieft darüber diskutieren. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, vielen Dank für die Einbringung. – Eine Aussprache ist zu dem Tagesordnungspunkt nicht vorgesehen.

Daher schlage ich vor, diesen Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch.

Damit sind wir am Ende der vor der Mittagspause zu erledigenden Tagesordnungspunkte angelangt. Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr und wünsche Ihnen allen einen guten Appetit.

(Unterbrechung von 13.03 bis 15.03 Uhr)

Meine Damen und Herren, es liegt ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend sechs Jahre Erfolgsmodell Wachpolizei, Drucks. 15/5727, vor. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Sie wird bejaht. Dann wird der Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 82 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 28 aufgerufen werden.