Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

Frau Ministerin, entschuldigen Sie bitte. – Es ist im Saal eine extreme Unruhe. Ich würde doch sehr bitten, der Ministerin zuzuhören oder den Raum für Privatgespräche zu verlassen.

Zu den Zahlen, die der Kollege Weinmeister vorgetragen hat: Wenn man die Steigerung von 118 Millionen auf 164 Millionen c in diesem Jahr berücksichtigt, dann sind das in der Rechengröße Prozent 39 %.Wenn Sie die 10 Millionen, die in dem neuen Gesetzentwurf stecken, addieren, dann werden das erneut 6,1 % mehr sein. Das heißt, es ist eine erhebliche Steigerung, die weit über dem liegt, was wir in anderen Ländern nach gleichen Berechnungsschlüsseln haben.

Meine Damen und Herren, auch die übrigen Maßnahmen – verkürzte Wartefristen, das Wiederanheben auf 75 % – zeigen, dass diese Landesregierung die Arbeitsleistung, die Profilierung der Privatschulen, der Ersatzschulen respektiert, dass sie weiß, dass sie insgesamt für unser Bil

dungssystem, nicht nur für die betroffenen Kinder, sondern auch konzeptionell daran profitieren.

Daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit, dieses System weiterzuentwickeln, so wie es die Möglichkeiten der Berechnungen, aber auch die Gespräche ergeben. Diese Gespräche sind in einigen Runden bereits geführt worden und haben im Wesentlichen dazu geführt, dass auch die Träger, die nicht in allen Fragen einig sind, aber doch in großen Teilen, gesagt haben: Jawohl, wir wollen vom Grundsatz her bei einer pauschalen Zuweisung bleiben, wir wollen eine möglichst weit gehende Transparenz der Kosten, und wir wollen im Zweifelsfall auch dort, wo es Verschiebungen aufgrund dieser Transparenz gibt, Übergangsfristen gewährleisten, die es möglich machen, dass die Träger nicht in einer Größenordnung hochschnellen bzw. auch verlieren, wie dies gegeben wäre, wenn man auf einen Satz umspringt.

Diese Möglichkeit werden wir in wenigen Jahren haben, sodass der Wunsch, mehr Transparenz zu haben, erfüllt werden kann, weil wir SAP nicht nur einführen, sondern in einem Abstand von zwei oder drei Jahren von den Zahlen, von den Berechnungsmodalitäten her validieren können, sodass wir dann auch sehr viel klarer, transparenter und ohne Unsicherheiten von Jahr zu Jahr, sondern in einer stabilen Berechnungsart nachweisen können, wie die tatsächlichen Kosten der Schulsysteme sind. Das ist in der Tat der Zeitpunkt, zu dem auch Förderschulen ihre Antwort bekommen werden.Aber eine Antwort auf der einen Seite bedingt immer auch Antworten für alle Schulformen, die entsprechend der Kostensituation im öffentlichen Bereich und der Berechnungen für die anderen Schulsysteme zu geben sind.

Wir werden diese Gespräche fortsetzen, wir werden die Berechnungen fortsetzen, und wir werden das, was Frau Kollegin Henzler eben angesprochen hat, nämlich den Rechnungshofbericht, der angefertigt worden ist, der sich noch im Verfahren befindet, auch in diese Überlegungen einbeziehen. Natürlich sind die Vorhaltungen des Rechnungshofs,die sich zum Teil selbst beiseite geräumt haben, weil sie zum Teil grundfalsch waren, auch Vorhaltungen, die uns überlegen lassen müssen, ob wir diesen Richtungen folgen und welche Konsequenzen das dann für die Finanzierung der Ersatzschulen hat, oder ob wir politische Setzungen deutlich machen und sagen, diesen Empfehlungen des Landesrechnungshofs wollen wir auch an anderen Stellen nicht folgen. Das wird nach dem Abschluss des Anhörungsverfahrens mit dem Landesrechnungshof auch dem Ausschuss auf den Tisch gelegt werden, sodass das mit dem Gesetzentwurf beraten werden kann.

Meine Damen und Herren, ich halte fest: Es sind bereits im letzten Entwurf Verbesserungen ganz erklecklicher Art für die Ersatzschulen geleistet worden. Es wird jetzt in einer Größenordnung von rund 10 Millionen c eine messbare weitere Verbesserung für die Ersatzschulen geben.Es wird weitere Erleichterungen etwa im Bereich der Wartezeit geben, es wird ein Folgen gegenüber dem Bundesverfassungsgericht geben, und die Gastschulbeiträge werden auf die übliche Prozentzahl, die wir auch bei der Personalförderung ansetzen, steigen. Das bedeutet nicht, von 1996 mit Kürzungen ausgehend, jetzt auf 100-%-Forderungen zu gehen, sondern es bedeutet, in einer kontinuierlichen Förderung der Privatschulen weiter fortzufahren – in der Kontinuität der letzten sieben Jahre in die künftigen Jahre hinein.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Wolff. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende auch dieser Aussprache angelangt.

Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Novellierung des Ersatzschulfinanzierungsgesetzes,Drucks.16/5483,dem Kulturpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 15:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend keine Privatisierung der hessischen Straßenmeistereien – Drucks. 16/5512 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Pfaff für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kabinettsausschuss Verwaltungsreform der Staatskanzlei hat im Mai 2005 das Wirtschaftsministerium beauftragt, ein Konzept zur modellhaften Privatisierung einer Straßenmeisterei zu erarbeiten und gleichzeitig die Privatisierung von weiteren Diensten, und zwar von Winterdiensten und Grünschnittarbeiten, zu prüfen. Dies geschah offenbar ohne die Mitwirkungsbereitschaft des zuständigen Ministers. Gleichwohl kündigte er inzwischen in einer Pressemeldung vom 24. April die auf drei Jahre befristete modellhafte Privatisierung einer Straßenmeisterei, beginnend im ersten Halbjahr 2007, an. Wenn das Projekt erfolgreich verlaufe, dann werde eine Ausweitung auf andere Straßenmeistereien vorgenommen, so der Minister.

Meine Damen und Herren, gestern ist wohl im Lenkungskreis eine Entscheidung gefallen: Groß-Umstadt wird modellhaft privatisiert, Friedberg und Hofheim werden Vergleichsmeistereien der Verwaltung.

Die SPD-Fraktion hält dies für eine falsche Entscheidung und lehnt das Modellprojekt einschließlich einer Ausweitung auf andere Straßenmeistereien ab.

(Beifall bei der SPD)

Nach meinen Informationen hat übrigens der zuständige Landrat der Modellprivatisierung keine Zustimmung erteilt, weil es auch keiner Zustimmung an dieser Stelle bedarf. Es ist allein Sache des Landes. Hessens Straßenmeistereien stehen heute schon im Wettbewerb, arbeiten wirtschaftlich und müssen ein Benchmarking weder mit anderen Bundesländern noch mit Privaten scheuen.

(Beifall bei der SPD)

Zudem habe ich erhebliche Zweifel, ob der Modellversuch wirklich ergebnisoffen vorgenommen werden soll. Die politische Absicht der Regierung Koch ist im Regierungsprogramm unmissverständlich festgehalten. Die Zielvorgabe lautet: Alle Bereiche der Landesverwaltung sind auf ihre Privatisierungspotenziale hin zu überprüfen und im Falle eines erfolgreichen Ergebnisses konsequent zu privatisieren. Damit ist klar, wirtschaftliche Beweggründe stehen in diesem Fall nicht im Vordergrund, sondern ein ordnungspolitisches Politikmodell, das die Rolle des Staates auf ein Minimum reduzieren will.

(Beifall bei der SPD)

Dies geht nicht immer, aber in der Regel zulasten der Beschäftigten und des Lohnniveaus. Exemplarisch wird dies an der Privatisierung der Unikliniken Marburg und Gießen deutlich. Ich bin überzeugt, auch im Falle des Straßenbetriebsdienstes bleibt es nicht bei diesem Modellversuch. Er hat lediglich Alibifunktion. Am Ende steht die scheibchenweise Privatisierung des gesamten Betriebsdienstes.

Es geht im Übrigen bei dem Projekt nicht nur um die 33 Beschäftigten von Groß-Umstadt, sondern vielmehr um rund 1.400 Beschäftigte und um rund 100 bis 120 Ausbildungsplätze bei den 49 Straßenmeistereien des Landes Hessen.

(Beifall bei der SPD)

Im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ wurden bereits 410 Stellen in der Straßen- und Verkehrsverwaltung gestrichen. Jetzt stehen weitere rund 1.400 Arbeitsplätze zur Disposition. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind verunsichert und zutiefst verbittert. Sie haben auf die Unterstützung des Ressortchefs und des Staatssekretärs vertraut.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatssekretär Abeln hat stets gegenüber der Mitarbeiterschaft erklärt, der Betriebsdienst sei gut für den Wettbewerb aufgestellt. Die bereits vorgenommenen tiefgreifenden Rationalisierungsmaßnahmen der letzten Jahre zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Kostensenkung seien unter den Bundesländern vorbildhaft. Wir fordern Sie, Herr Minister Rhiel, auf, sich auch weiterhin in diesem Sinne vor Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stellen und die von der Staatskanzlei geforderte Privatisierung abzulehnen.

(Beifall bei der SPD)

Die Beschäftigten Ihres Hauses haben in den letzten Jahren erhebliche Beiträge zur Optimierung geleistet,und sie sind bereit, im Rahmen des neuen Projektes „minus 10 %“ erneut zu einer weiteren Optimierung und Kostenreduzierung beizutragen. Die Leistungen werden im Übrigen zur vollsten Zufriedenheit der Verkehrsteilnehmer und der hessischen Landkreise erbracht,

(Zuruf von der CDU: Das glauben nur Sie!)

die derzeit alle, bis auf Limburg-Weilburg, die Betreuung ihres Kreisstraßennetzes nicht bei Privaten, sondern beim Land einkaufen.

(Beifall bei der SPD)

Leider hat der Kreisausschuss des Landkreises LimburgWeilburg, dem ich im Übrigen nicht angehöre, weswegen ich demzufolge auch nichts mit dieser Entscheidung zu tun habe, einem Privaten den Vorzug gegeben.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Wie schön für Sie! Da haben Sie ein richtig gutes Gewissen!)

Frau Kollegin Pfaff, darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen?

Ja, Frau Präsidentin. – Wenn die Staatskanzlei privatisieren will, dann liegen hier ideologische Gründe vor.

(Beifall bei der SPD)

Es ist schon erstaunlich, Herr Minister Rhiel, wie die Staatskanzlei ständig in Ihr Haus hineinregieren kann und wie Sie sich von Herrn Koch, vom Ressortchef zum Frühstücksdirektor degradieren lassen.

(Lachen und Zurufe von der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Abschluss. Wir befürchten, dass bei dem geplanten Kosten- und Leistungsvergleich zwischen denen der Modellprivatisierten und denen der Verwaltung keine fairen und auch keine gleichen Rahmenbedingungen herrschen und von vornherein die Privaten Vorteile genießen. Es muss aber Gleiches mit Gleichem verglichen werden, nicht Äpfel mit Birnen. Wir werden im Ausschuss Gelegenheit haben, noch viele Fragen zu stellen, denn grundsätzliche, auch rechtliche Fragen, sind noch offen. Dazu hätten wir gerne Antworten.

Abschließend noch ein Hinweis. In der Begründung des Antrags, erster Absatz vorletzte Zeile, hat sich leider ein Fehler eingeschlichen. Da muss es natürlich „Kreisstraßen“ und nicht, wie ausgedruckt, „Bundes- und Landesstraßen“ heißen. Ich bitte, dies bei der Beratung zu berücksichtigen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Pfaff, vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Posch für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet.

(Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) und Roland von Hunnius (FDP))

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Pfaff, es wird Sie sicherlich nicht überraschen, dass ich völlig anderer Auffassung bin.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU)

Ich glaube, das, was die Landesregierung vorsieht, ist richtig. Sie will mit einem Modellversuch ergründen, ob eine Privatisierung in dem infrage stehenden Bereich sinnvoll ist oder nicht.

Wenn Sie die Grundsatzdebatte aufmachen wollen, dann greife ich das gerne auf. Ich kann mich aber auch an Sozialdemokraten erinnern, die durchaus der These zustimmen, der Staat solle sich auf die Kernaufgaben konzentrieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Welcher Sozialdemokrat sagt das?)

Ich kann mich auch daran erinnern, dass wir mit Ihnen gemeinsam über die Frage diskutierten, ob in bestimmten Bereichen der Straßenverkehrsverwaltung Wettbewerb geschaffen werden soll. Ich erlaube mir schon, die Auffassung zu vertreten, dass der Dienst, der die Straßen unterhält, keine Aufgaben erfüllt, die zu den originären Aufgaben eines Staates gehört.