In dieser Frage haben wir dann also einen entscheidenden Punkt erreicht, der heute so stört, weil die Gewerbesteuer von den Unternehmen anders zu kalkulieren ist, als das bei der restlichen Körperschaftsteuer der Fall ist. Insofern halte ich es für einen riesengroßen Vorteil, dass das hier angestrebt wird. Man muss jetzt die Module berechnen.
Jetzt komme ich noch einmal zurück auf den Punkt, den Sie angesprochen haben und der hier immer Gegenstand von Diskussionen ist: die Frage der gewinnunabhängigen Elemente.
Historisch ist es so, dass in Deutschland nach dem Krieg, als das Steuersystem konzipiert wurde, kein Eigenkapital da war. Deutschland war ein zerstörtes Land.Also ist man hergegangen und hat Fremdkapital steuerlich günstiger gestellt als Eigenkapital.
Das haben wir 50 Jahre lang nicht geändert mit dem Ergebnis, dass zum einen die großen Konzerne und internationalen Betriebe – darüber haben wir geredet – diese Transaktionsmöglichkeiten über das Steuergefälle und die Anrechnung von Zinsen und Sonstigem mehr in Deutschland entsprechend nutzen. Zum Zweiten stellen wir heute schon fest,dass im mittelständischen Bereich als Serviceleistung für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Sonstiges diese Internationalität sozusagen künstlich herbeigeführt wird.
Da kann man irgendwann einmal sagen: Wenn Sie einen Computer, ein Notebook haben, machen Sie eine Ich-AG für sich selbst
und würden dann irgendwo über das Ausland Ihre privaten Einkünfte transferieren. Dann wären wir irgendwann so weit, dass Sie auch dieses Steuergefälle noch entsprechend ausnutzen können. Man muss einmal zu Ende denken, was da passiert. – Das ist also der eine Bereich.
Der zweite Bereich, Herr von Hunnius, ist, dass eine Vielzahl der Leute, die sagen, sie würden durch eine wie auch immer geartete Substanzbesteuerung existenziell getroffen, eigentlich fast überhaupt keine Steuer zahlt.
Wir reden bei einem Großteil der Firmen davon, dass nur, sagen wir, bis zu 30.000 c versteuert werden.
Da müssen wir sehen: Wie viel Steuern werden denn tatsächlich bezahlt? Was wollen Sie denn an Boni oder an Negativaufschlägen überhaupt noch machen?
Es gibt eine dritte Gruppe.Aufgrund des Steuersystems – auch das muss man sehen – ist über Jahre dazu geraten worden, Geld aus der Firma herauszuziehen.
Es ist in erheblichem Umfang auch in den privaten Konsum und in Sonstiges hineingeflossen, weil natürlich der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, der seinen Mandanten gut beraten hat, in der Vergangenheit gesagt hat:
Sie haben vielleicht die Bewertung einer großen Gesellschaft erlebt, die Fraport analysiert hat und gesagt hat: „Wir müssen mal gerade 1 Milliarde c als Sonderausschüttung an die Aktionäre vornehmen, weil so viel Eigenkapital schlecht wäre.“ Diese Frage habe ich sehr konsequent anders beantwortet, aber man muss sehen, dass das natürlich eine Systemfrage ist, bei der man jetzt sinnlogisch, Herr von Hunnius, hergehen und sagen müsste: „Bitte bringt das herausgezogene Kapital wieder in die Gesellschaft ein.“ Da kann man auch Übergangszeiten mit Flexibilität akzeptieren.
Das, was jetzt in der Unternehmensteuerreform an Eckpunkten drin ist, hat einen Mangel: Bei unserem hessischen Vorschlag, der nun wirklich national überall bestens
angekommen ist und als bestes System gilt, ist die Begünstigung von Eigenkapital nicht positiv ausgeprägt. Diese Komponente fehlt. Diese wäre bei der Überlegung „Je mehr Eigenkapital ich habe, desto weniger Steuern habe ich zu bezahlen“ natürlich ein Punkt gewesen, der sich sehr positiv ausgewirkt hätte. Aber das, was jetzt beschlossen worden ist, verschüttet das natürlich.
Im Gegenteil, wir haben über die Einführung der Abgeltungsteuer dann auch noch die Chance, unser System tatsächlich verfeinert oder neu als zusätzliche Komponente bei Gelegenheit entsprechend einzubringen. Ich glaube, dass die Einführung der Abgeltungsteuer – wir müssen sehen, was dort vor der Wahl und nach der Wahl nicht nur bei CDU und FDP, sondern auch bei SPD und anderen gelaufen ist – eine der ganz großen Leistungen in unserem Steuersystem sein wird, die uns substanziell erheblich weiterhelfen wird. Wenn wir irgendwann einmal den Sprung zur Abgeltungsteuer geschafft haben, werden wir gemeinsam darüber zu diskutieren haben, wie sie auszugestalten ist, damit sie einerseits sozial gerecht ist und andererseits uns die Erträge sichert, die wir haben wollen. Ich glaube nicht, dass der Weisheit letzter Schluss mit den Beschlüssen, die hier sozusagen die Eckpunkte signalisieren, erreicht ist.Aber ich bin grundsätzlich sehr zufrieden damit, dass sich die von uns in besonderer Weise protegierte Idee der Abgeltungsteuer hier wieder findet.
Jetzt komme ich noch einmal auf die Frage der gewinnunabhängigen Elemente zurück. Ich habe Ihnen gesagt, es gibt unheimlich viele, die das herausgezogen haben. Übrigens kaufen z. B. Hedgefonds Firmen bei uns, ziehen sofort das Eigenkapital heraus, ersetzen es durch Fremdkapital, führen es ab und finanzieren damit manchmal zu einem beachtlichen Teil den Kaufpreis des gesamten Unternehmens. Das geht in Deutschland steuerlich alles. Wenn Sie das alles freigeben, dann haben Sie doch überhaupt nichts mehr in der Hand, um solche Dinge zu vermeiden. Ich verstehe auch seitens der FDP nicht,
dass sie nicht die strategische Seite sieht, dass wir mit Steuervorteilen bzw. mit steuerlicher Gestaltung genau diese Elemente zusätzlich fördern.Es ist doch kein Zufall, dass z. B. der Kollege Peiner aus Hamburg, von Hause aus Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, dann Chef der Gothaer Versicherung und heute Finanzsenator (CDU), sich sehr exponiert zu diesen Fragen äußert, weil er doch noch mehr als wir, da er Kommunalminister und gleichzeitig auch Stadtstaatminister ist, sieht, was hier passiert. Wir können doch als zuständige Minister überhaupt nicht darüber reden, was an der Stelle passiert. Ich darf doch nicht darüber sprechen, aber man kann sich aus einer Vielzahl von Informationen zusammenbasteln, was da passiert.
Dann bleibt ein kleiner Rest – Herr von Hunnius, da gebe ich Ihnen Recht –, und darüber müssen wir nachdenken: Das sind die Start-ups, und das sind die Firmen, die in einem Wettbewerb stehen, weil die ganze Branche insgesamt unter Wettbewerbsdruck kommt und Fremdfinanzierungsmittel notwendig sind. Ich glaube aber, dass man das lösen kann, ohne das ganze System wieder zu verkomplizieren.
Gleichzeitig ist auch ein positiver Punkt, der hier beschlossen worden ist, dass man eine immer engere Gleichstellung zwischen Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften vornimmt.Wir sind sehr stark für die Thesaurierungsrücklage, die dann nach den Regeln der Körperschaften versteuert wird. Ich glaube, dass das für die klei
nen und mittleren Unternehmen einen erheblichen Vorteil bieten könnte. Die Investitionsrücklage wird von uns kritischer gesehen. Wir sind noch am Prüfen, aber ich denke, wir bekommen das hin.
Eine letzte Bemerkung zu den Modulen der so genannten gewinnunabhängigen Elemente. Das ist im Moment noch alles offen. Wir rechnen wirklich sehr intensiv. Wir als Hessen sind dabei auch in besonderer Weise involviert. Ich bin sehr stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter das können und das auch anerkannt wird. Früher waren es immer die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen; heute sind wir diejenigen,die rechnen.Das zeigt auch,wie sich die Situation verändert hat.
Der BMF will alle Zinsen und Finanzierungsanteile, Mieten, Pachten, Lizenzen und Leasingraten zu je 50 % bei Körperschaft- und Gewerbesteuer hinzurechnen. Ich bin anderer Meinung.Das kann so nicht kommen.Die Bayern wollen eine Mindestbesteuerungslösung haben, dass der Gewinn durch Fremdkapitalaufwendungen um maximal 60 % gemindert werden und der Rest in die Folgejahre übertragen werden kann.
Wir in Hessen haben eine Zinsschwankungsregelung vorgeschlagen, dass die Zinsgewinne von den Finanzierungskosten abzuziehen sind, der Finanzierungssaldo dem Einkommen hinzuzuaddieren ist, dann die Finanzierungskosten bis 40 % des bereinigten Einkommens als Betriebsausgabe abgezogen werden und der Rest vorgetragen werden kann, also eine deutliche Verstetigung dessen, was vorhanden ist, ohne dass hier etwas verloren geht.
Ich glaube nach all den Diskussionen, die wir geführt haben, dass wir die Modelle, die jetzt notwendig sind, sehr vernünftig hinbekommen und dass übrigens dort für jeden derzeit die Chance besteht, seine Elemente – allerdings innerhalb dieses Systems – vorzutragen. Es hat keinen Zweck, nach außen zu suggerieren, dass die Leitplanken, die jetzt beschlossen worden sind, verlassen werden; sonst haben Grundsatzbeschlüsse keinen Zweck. Aber innerhalb dieser Leitplanken ist der Klugheit Tür und Tor geöffnet, Vorschläge zu machen, die diese ganze Sache verbessern.
Wir haben schon vieles berechnet. Wir haben zu vielen Punkten eine klare Vorstellung, wie sie gelöst werden müssen und sollten. Ich glaube, dass mit Bundesfinanzminister Steinbrück eine ausgezeichnete Möglichkeit besteht, eine Vielzahl von Problemen zu lösen. Wir werden übrigens die Erbschaftsteuerfrage für die Unternehmen entsprechend positiv regeln, bis hin zur Erbschaftsteuer bei kleinen Betrieben und der Frage, dass bisher dort das Betriebsvermögen und das dem Erbe unterliegende Vermögen getrennt ist und dass wir das zusammenführen, und manches mehr, was wir bei Gelegenheit nutzen werden, um grobe Ungerechtigkeiten des Steuerrechts zu beseitigen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wenn ich das an der Stelle ohne jede parteipolitische Unterstellung sagen darf: Wir haben alle An
lass, unserem Ministerpräsidenten ganz außerordentlich für das zu danken, was er bisher dort auf die Wege gebracht hat, denn ohne sein Mitwirken im guten Einvernehmen mit Steinbrück wäre bisher nicht möglich gewesen, was erreicht worden ist. Darauf können wir alle gemeinsam sehr stolz sein. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Walter (SPD) – Norbert Schmitt (SPD): Ohne den letzten Satz hätten alle geklatscht! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU): Das wollte er ja nicht!)
Vielen Dank, Herr Staatsminister Weimar. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.Wir sind damit am Ende der Aussprache zum Antrag der Fraktion der FDP betreffend Steuern, Steuern und nochmals Steuern.
Der Antrag soll zur weiteren Beratung an den Haushaltsausschuss überwiesen werden. – Kein Widerspruch. Dann können wir so verfahren.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU für ein Gesetz zur Einführung von Studienbeiträgen an den Hochschulen des Landes und zur Änderung weiterer Vorschriften – Drucks. 16/5747 –
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Ja zu Studienbeiträgen – jetzt die richtigen Weichen stellen – Drucks. 16/5749 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP betreffend Studienbeiträge und Finanzautonomie der Hochschulen – Ja zum Kompromissvorschlag – Drucks. 16/5810 –
Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Nein zu Studiengebühren – jetzt die richtigen Weichen stellen – Drucks. 16/5811 –
Zur Einbringung des Gesetzentwurfes darf ich Herrn Dr. Wagner, Fraktionsvorsitzender der CDU, das Wort erteilen.Vereinbarte Redezeit: 15 Minuten.