Wir haben uns das schon angeguckt. Wir hatten sogar Wetten abgeschlossen, welches Thema Herr Koch sich diesmal für das Public Mobbing für Angela Merkel aussuchen wird.
Übrigens habe ich die Wette verloren, da ich auf die Gesundheitsreform getippt hatte, aber darauf mussten wir dann erst bis zur Intervention von Frau Lautenschläger am Dienstag warten.
Am Montag ging es bei dieser Konferenz um die Wiederaufbereitung einer Presseerklärung von Herrn Koch und dem Ifo-Institut vom 20. Februar. Fix, wie unsere CDUFraktion in diesem Hause ist, haben Sie gesagt: Februar 2003, da machen wir eine Aktuelle Stunde.
Ich muss Ihnen ehrlich sagen, jetzt stehen wir hier und haben fünf Minuten Redezeit zu dem Entwurf eines Bundesgesetzes – wohlgemerkt: nicht hessischen Gesetzes – mit 157 Seiten zur Abschaffung des Bundessozialhilfegesetzes, der Änderung von 50 weiteren Gesetze, 10 Verordnungen sowie einer Grundgesetzänderung. Darüber wollen Sie hier ernsthaft diskutieren?
Deswegen werden Sie es mir erlauben, dass ich mich auf ein paar Unzulänglichkeiten dieses Gesetzentwurfs beschränken werde.
Erstens. Der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf ist konfus und in sich nicht schlüssig. Zum Beispiel werden die Änderungen, die Sie noch im letzten Jahr im hessischen OFFENSIV-Gesetz vorgeschlagen haben, jetzt aufgehoben, nach dem Motto: letztes Jahr Ministerpräsident hü, dieses Jahr Kanzlerkandidat hott.Nach diesem Motto verfahren Sie hier und beschäftigen dieses Haus mit irgendetwas.
Zweitens.Der Entwurf enthält in weiten Teilen bereits beschlossene Bestimmungen, und zwar aus Hartz I und Hartz II, z. B. die so genannte Ich-AG und die Förderung von Minijobs.Was Sie hier diskutieren, ist zum Teil längst beschlossen und auf dem Weg.
Drittens. Weitere Regelungen sind seitens der Bundesregierung längst vorgesehen, beispielsweise in der vorliegenden Fassung des Gesundheitsstrukturmodernisierungsgesetzes und in den Eckpunkten zu Hartz III und Hartz IV.
Übrigens finden seit Monaten Expertenanhörungen zur Frage der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, zu Jobcentern wie auch zur Reform der Bundesanstalt für Arbeit statt. Das können Sie auch heute Morgen noch einmal in den Zeitungen nachlesen, wenn Ihnen dazu die Zeit verbleibt.
So wird niemand nachvollziehen können, warum Sie auch bereits vorliegende Beschlüsse, z. B. des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Hessischen Städtetages, einfach ignorieren und diametral entgegenstehende Vorschläge machen.
Viertens. Manche Vorschläge beruhen einfach auf mangelnder Kenntnis der Gesetzesbücher. Beispielsweise behaupten Sie eine Regelungsbedürftigkeit der Erwerbsfähigkeit. Dazu empfehle ich Ihnen das Sozialgesetzbuch VI, in dem diese Definition bereits vorliegt, die sich in der Diskussion wahrscheinlich auch durchsetzen wird.
Fünftens. Manche Ihrer Vorschläge sind äußert fragwürdig. Wir alle setzen uns für bessere Betreuungsmöglichkeiten von Kindern unter drei Jahren ein, weil wir wissen, dass 20 % der Sozialhilfeempfängerinnen allein erziehende Frauen mit Kindern in diesem Alter sind. Was Sie aber vorschlagen, das ist ein Rechtsanspruch für erwerbsfähige Sozialhilfeempfängerinnen – ohne gleichzeitig für die Frauen in dem ebenfalls von Ihnen vorgeschlagenen Niedriglohnbereich die gleichen Regelungen vorzusehen. Das heißt, es besteht die Gefahr, dass Frauen im Niedriglohnbereich, die jetzt noch einen Betreuungsplatz haben, aufgrund jenes Rechtsanspruchs, den Sie einführen wollen, in die Sozialhilfe abgedrängt werden. Das müssen Sie den Leuten einmal erklären: welche Konsequenzen einfach so dahingeschriebene Teile Ihres Gesetzentwurfes haben.
Sechstens.Weitere Regelungen sind einfach nicht zu Ende gedacht und zum Teil regelrecht gefährlich, unter anderem für die Wirtschaftsentwicklung. Die von Ihnen versprochene Verpflichtung, dass allein die Kommunen in Hessen 70.000 Jobs zur Verfügung stellen sollen, ist einfach absurd – davon abgesehen, dass Sie vor kurzem noch gegen AB-Maßnahmen gewettert haben: In welchen Bereichen sollen denn diese Jobs geschaffen werden? Bereits heute fürchten doch schon Klein- und Mittelbetriebe um ihre Existenz durch zu viele kommunale Aktivitäten.
Wir reden hier aber über ein Bundesgesetz. Was ein solches Bundesgesetz für ostdeutsche Kommunen und für Großstädte bedeutet, bei einer Arbeitslosigkeit von zum Teil über 20 %, was das für die Wirtschaftsentwicklung dort bedeutet, das kann man sich nicht einmal in seinen kühnsten Träumen vorstellen.
Siebtens.An einigen Stellen – auch das muss man sagen – enthält dieser Gesetzentwurf durchaus auch gute Ansätze, nämlich dort, wo Sie sich von neoliberalem Gedankengut lösen können, z. B. bei der Kinder-Grundsicherung. Da haben Sie von den GRÜNEN abgeschrieben.
Ich möchte nur noch kurz sagen: Dieses Gesetz ist weder aktuell noch neu. Es ist nicht einmal für das Sommerloch geeignet.Also müssen wir uns doch die Frage stellen, warum dieser Entwurf überhaupt eingebracht worden ist.
Herr Gotthardt, ganz einfach: Nach dem Quasi-Maulkorb bei der Gesundheitsreform will der Herr Ministerpräsident bei den Verhandlungen über Hartz III und Hartz IV einfach dabei sein. Herr Ministerpräsident, nach der Qualität dieser Vorlage zu urteilen, können wir uns für dieses Land nur wünschen, dass Sie auch da vor der Tür bleiben müssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen von SPD und GRÜNEN, ich spreche Sie noch einmal besonders an, da ich nochmals den Versuch unternehmen will,
über die Arbeitslosen- und Sozialhilfereform stellt. Vielleicht kommen wir an dieser Stelle irgendwann doch noch einmal ein Stück weiter, und Sie verstehen wenigstens, worum es bei den Grundlagen dieses Gesetzentwurfes geht.
Meine Damen und Herren, in der Arbeitsgruppe zur Arbeitslosen- und Sozialhilfereform wurde relativ viel über die Zusammenlegung diskutiert. Festzustellen bleibt: Bisher hat die Bundesregierung keinen Gesetzentwurf vorgelegt. Das Land Hessen aber hat nach dem OFFENSIVGesetz auch hier wieder den Schritt getan, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu forcieren,
vor allem das Prinzip Leistung für Gegenleistung festzuschreiben. Denn es geht uns gerade nicht darum, dass die einen in der Sozialhilfe sind, die anderen aber überhaupt keine Chance haben, wieder aus der Sozialhilfe herauszukommen, obwohl sie heraus wollen.
Fangen wir einmal mit einem ganz einfachen Beispiel an. Unser Gesetzentwurf hat eine Familienkomponente. Er hat eine Komponente, die es wieder möglich macht, durch mehr Arbeit zum Schluss auch mehr Geld in der Tasche zu haben. Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Punkt, der heute jeden interessiert, der in einem Bereich arbeitet, in dem wir noch nicht so hohe Arbeitseinkommen haben:dass er mehr als Sozialhilfe hat,dass er sich selbst wieder finanzieren und seine Familie vernünftig ernähren kann.
(Zurufe der Abg. Frank Gotthardt und Uwe Brückmann (CDU) – Michael Boddenberg (CDU): Frau Ministerin, andere nennen das Ausbeutung!)
Ich will Ihnen ein ganz einfaches Beispiel vortragen.Vielleicht ist es dann auch für Sie leichter verständlich. Heute kann jemand höchstens 148,50 c zu seiner Sozialhilfe hinzuverdienen; alles, was er darüber hinaus verdient – also wenn er selbst wieder tätig wird, sich nicht auf den Staat verlässt, sondern einen Job annimmt –, wird ihm zu 100 % entzogen. Das ist natürlich ein Grundfehler der heutigen Gesetzeslage.