Protokoll der Sitzung vom 13.09.2006

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Heinrich, da hast du gerade noch einmal die Kurve gekriegt! – Gegenruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP):Vorsicht, Lob von der falschen Seite!)

Das war falsch.

(Beifall bei der FDP)

Wenn von der zweiten Miete geredet wird – wie Frau Ypsilanti es getan hat –, dann stelle ich die Frage, wie das mit der Mehrwertsteuererhöhung zusammenpasst. Allein die Mehrwertsteuererhöhung wird die deutschen Haushalte in Milliardenhöhe belasten. Frau Ypsilanti, das hätten Sie unter den sozialen Gesichtspunkten ansprechen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Das hätten Sie auch unter dem Gesichtspunkt ansprechen können und müssen, wie unser Wirtschaftswachstum gesteigert werden kann. Davon habe ich aber nichts gehört.

Stattdessen legt die SPD-Fraktion einen Antrag vor, in dem etwas von 12,5 %, von 4,2 % des Gesamtverbrauchs, von Energieeffizienz usw. gefaselt wird. Herr Schmitt, ich vermisse konkrete Maßnahmen.

(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich! Biogasanlage Bürstadt!)

Sie sagen, es hänge am Genehmigungsverfahren. Der Umweltminister wird Ihnen sicherlich gleich sagen, dass es daran nicht hängt. Gehen Sie doch einmal durch das Land, und reden Sie mit den Menschen, die etwas in diesen Bereich investieren wollen. Es hängt nicht mehr daran, dass die Genehmigungsverfahren nicht funktionieren.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Es hängt an ganz anderen Sachen, die Sie nicht wahrnehmen. Zum einen geht es darum, wie man beispielsweise Biogasanlagen oder anderes wirtschaftlich betreiben kann. Es ist nämlich nicht gottgegeben, dass alles wirtschaftlich ist. Das ist sehr schwierig. Das wissen Sie auch. Zum anderen geht es darum, Standorte zu finden, damit die gewonnene Energie verwertet werden kann. Es ist nicht damit getan, Strom zu erzeugen, sondern es geht im Wesentlichen um die Wärmenutzung. Auf dieses Thema müssen wir uns in Zukunft viel mehr konzentrieren. Was machen wir mit der Wärme, die in vielen Bereichen entsteht?

(Beifall bei der FDP)

Herr Schmitt, beim Thema der Getreideverbrennung, das wir im Ausschuss schon sehr intensiv diskutiert haben, hätte ich gern Ihre Unterstützung. Dies ist eine Möglich

keit, mit der wir schnell und effektiv erneuerbare Energien verwerten können.

(Beifall bei der FDP)

Wir tun uns politisch keinen Gefallen damit, wenn wir lange Genehmigungsverfahren und Pilotprojekte auf den Weg bringen und eine Chance, die sich jetzt bietet, nicht nutzen. Ich befürchte, dass wir diese Chance verpassen und wieder hintenanstehen werden, wenn es so weitergeht und wir uns über NOx-Werte im Mikrogrammbereich streiten, ohne den praktischen Einsatz in der Masse zu testen.

Frau Ypsilanti, ich hätte mir gewünscht, dass Sie an der Stelle gesagt hätten: Ich werde bei meinen Kolleginnen und Kollegen Landesvorsitzenden bundesweit dafür werben, dass wir dort einen Schritt weiterkommen.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin der festen Überzeugung, das wäre etwas gewesen, um die Verantwortung erneuerbarer Energien schnell und unbürokratisch auf den Weg zu bringen.Wir werden morgen noch eine Debatte zum Thema Klimaschutz haben, die am Rande zum CO2-Ausstoß geführt wird. Ich bitte zu bedenken, wenn wir die Atomindustrie abschalten, dass dann der CO2-Ausstoß massiv nach oben gehen wird. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

(Michael Boddenberg (CDU): Das hat Frau Ypsilanti vergessen! – Gegenruf der Abg. Andrea Ypsilanti (SPD): Nein!)

Das ist ein Punkt, den wir nicht vernachlässigen sollten und nicht vernachlässigen können.

(Beifall bei der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Nennen Sie die Szenarien!)

Herr Kollege Schmitt,die Zahl von 200 Millionen t CO2Mehrausstoß müssten Ihnen zu denken geben.

(Norbert Schmitt (SPD): Sie müssten in dem Bericht der Enquetekommission nachlesen, wo wir dann landen! – Andrea Ypsilanti (SPD): Und der Restmüll?)

Ich stelle fest, die hessische FDP wird das positiv unterstützen, was man jetzt auf den Weg bringen will, nämlich eine Laufzeitverlängerung für die Kraftwerke in Biblis. Die hessische FDP wird die vielfältigen und noch so kleinen Möglichkeiten, die es gibt, alternative Energien auszuschöpfen, fördern und unterstützen, wenn es darum geht, eine Chance – da sind wir wieder beieinander – für Wirtschaftswachstum, für Entwicklung im ländlichen Raum zu nutzen. Die ist sicherlich vorhanden, und die sollten wir – das möchte ich betonen – nicht allein den Großkonzernen und den Multis überlassen.

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

Sie wissen auch, die Welt können wir uns malen. Aber die Tatsachen sehen anders aus.

(Beifall bei der FDP – Andrea Ypsilanti (SPD): Man muss dazu den politischen Willen haben!)

Ich meine, das ist eine Aufgabe, wo Hessen politisch gefordert ist. Das werden wir vonseiten der hessischen FDP unterstützen. Ansonsten sollten wir im Ausschuss noch einmal über beide Anträge intensiv diskutieren. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Abg. Lenhart für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der heutigen Diskussion bin ich in dem Vorteil, dass ich politisch nicht in der Brunstzeit stehe

(Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der SPD: Ein sehr sachlicher Beitrag!)

und mich insofern allein auf die sachlichen Themen beschränken kann. Frau Ypsilanti, insofern muss ich feststellen, dass Sie in Ihrer Situation die Energiepolitik mehr als ein Thema der Bekenntnis verstehen, aber weniger als ein wichtiges Thema der Erkenntnis. Daran könnten Sie sicherlich noch ein bisschen feilen. Ich bin bei dem aktuellen Stand dankbar für den Antrag der SPD, um die wirklichen Punkte, die zur Erkenntnis gehören, hier anführen zu können. Ich beziehe mich allein auf das, was die Fachwelt zusammengefasst hat. Ich lasse bewusst die Kraftwerksbetreiber heraus und schaue, was die Deutsche Physikalische Gesellschaft und das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln hierzu hervorgebracht haben. Frau Ypsilanti, ich muss zunächst zusammenfassen, das ist ein Punkt – was sehr bedauerlich ist –, der in der deutschen Politik immer im Vordergrund gestanden hat: Die Klimapolitik läuft bei Ihnen sekundär.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Doch überhaupt nicht! – Norbert Schmitt (SPD): Das sagt ausgerechnet jemand von der CDU!)

Wenn man im Fernsehen sieht und in der Zeitung liest, dass wir schmelzende Pole haben, dass wir Hurrikane im Atlantik und im pazifischen Raum haben,dass auch in unserem Raum die Gletscher schmelzen,

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dann ist es für jeden erkennbar,dass Energiepolitik – Frau Hammann – auch unter dem Gesichtspunkt des Klimawandels gesehen werden muss.Es ist einvernehmlich,dass die Erdtemperatur um mindestens – ich sage es einmal fachlich – zwei Grad gesenkt werden muss, was bedeutet, dass die Industrieländer deutlich den Ausstoß an Emissionen herunterfahren müssen.

Herr Kollege, gestatten Sie jetzt Zwischenfragen?

Ich will erst einmal ausführen,und dann sehen wir einmal, ob noch eine Frage von Herrn Schmitt offen ist.

(Norbert Schmitt (SPD): Zur Frage Klimapolitik gibt es von Ihren Vorgängern sehr schöne Äußerungen!)

Herr Schmitt, ich führe erst einmal aus. Vielleicht ist dann Ihre Frage beantwortet.

(Norbert Schmitt (SPD):Ausgerechnet!)

Zumindest muss man feststellen, das deutsche Ziel, bis 2005 die CO2-Emissionen um 25 % zu vermindern,ist verfehlt, und die Trendprognose geht weiter. Frau Ypsilanti, wenn man am Ziel 2020 festhält, dann müssen wir sehen,

dass die immer wieder erwähnten Einsparmöglichkeiten nicht ausreichen werden, um diesen negativen Trend umzukehren. Das ist ein Fakt.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Nicht allein die Einsparung!)

Wenn wir die acht wichtigsten Verfahren zur Energiegewinnung anschauen, haben wir die fossilen Kraftwerke – wir unterstellen einmal hohe Effizienz –, die Fotovoltaik, die Windkraft, die ich noch im Besonderen ausführen werde, die Biomasse, die alternativen Treibstoffe, die Kernenergie. Dann haben wir die fossilen Kraftwerke, CO2-sequestrierte Kraftwerke und solarthermische Kraftwerke. Das ist das, was wir jetzt haben. Wir können feststellen, dass die letzten beiden nichts dazu beitragen werden, um den CO2-Ausstoß zu vermindern, weil sie bis 2020 keine maßgebliche Stromproduktion bringen.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Sie haben keine Ahnung!)

Herr Schmitt, sie sind noch nicht gebaut. Strom aus erneuerbarer Energie, hauptsächlich Windkraft, bringt eine CO2-Minimierung zwischen 8 und 15 Millionen t im Jahr. Wenn wir die Modernisierung von Kraftwerken nehmen – dazu muss die Verdoppelung des Gasanteils auf 32 % kommen –, erreichen wir 23 Millionen t Verminderung. Die Einführung alternativer Kraftstoffe im Verkehr bringt eine Minderung um 20 Millionen t. Jetzt kommt es. Nach Abschalten der Kernkraftwerke und Ersatz durch fossile Kraftwerke mit Steigerung des Gasanteils auf 40 % haben wir eine Erhöhung von 112 Millionen t an CO2Ausstoß.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Sie haben mir nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren und speziell Frau Ypsilanti, da müssen Sie sich noch einarbeiten. Das ist in Ordnung. – Wir müssen ganz einfach sagen:Wenn wir eine Optimierung im CO2-Ausstoß haben, können wir nicht nach dem Motto „entweder – oder“ gehen, sondern da kann nur „sowohl als auch“ greifen. Dazu gehört die Kernenergie. Daran kommen wir nicht vorbei. Ob das wünschenswert ist oder nicht – das ist Fakt.