Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Hierzu nenne ich Ihnen ein Beispiel, das Sie nicht zitiert haben.Wenn zur Vermittlungsbörse der Frankfurter Paktpartner am 05.07.2006 von 1.900 eingeladenen Bewerbern gerade einmal 300 kommen, ist das keine gute Resonanz, und es zeugt von wenig Einsatzbereitschaft für den eigenen Arbeitsplatz.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen also immer alle Seiten beleuchten und können dies nicht nur einseitig tun. Die von der Wirtschaft innerhalb des Einstiegsqualifizierungsprogramms im vergangenen Jahr gemeldeten Praktika sind nur – auch das wurde schon gesagt – zu zwei Dritteln ausgeschöpft worden. Das war etwas, was uns seinerzeit die Kammern während einer gemeinsamen Sitzung mit dem Wirtschaftsausschuss gesagt haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Initiative der Landesregierung beschränkt sich aber bei Weitem nicht auf den Pakt für Ausbildung. Die Landesregierung investiert zusätzlich in die Programme für die Ausbildung der Jugendlichen. So wird im Jahre 2007 die Förderung der Ausbildungsstellen von 11 auf 28 Millionen c mehr als verdoppelt.

(Beifall bei der CDU)

Die Zahl der geförderten Lehrstellen steigt um 1.600 auf 4.000. Um noch einmal die Programme zu nennen, weil auch diese heute angesprochen wurden: Das betrifft im Einzelnen die Ausbildungsstellen für Altbewerber, Existenzgründungen, Auszubildende aus insolventen Betrieben und Ausbildungsverbundprogramme sowie Maßnahmen zur Verbesserung des Ausbildungsumfeldes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen alle, dass im Bereich der Ausbildung auch in den nächsten Jahren eine große Herausforderung auf uns zukommt. Es ist daher ganz wichtig – auch das haben wir heute und gestern besprochen; es ist für die Opposition oft ein Nonsens –, dass wir mit den Maßnahmen früher einsetzen, damit Jugendliche zum einen einen Schulabschluss machen und

zum anderen entsprechend qualifiziert sind, damit sie einen Ausbildungsplatz erhalten.

Ich habe schon am Anfang darauf hingewiesen, dass es immer noch genügend Ausbildungsplätze gibt, die nicht besetzt werden können. Daher müssen wir sehr früh die Weichen stellen, und das hat die Regierung schon mit vielen Maßnahmen in die Wege geleitet, z. B. mit der Stärkung der Hauptschule – darüber haben wir uns schon ausreichend unterhalten – und den Abschlussprüfungen. Damit hat sich die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss schon von 21 auf 15 % verringert. Das sind doch alles Schritte auf dem richtigen Wege in eine für die Ausbildungsplatzsuchenden hoffentlich bessere Zukunft. Natürlich ist diese Zahl noch zu hoch, und unser gemeinsames Ziel muss es sein, sie weiter zu verringern.

Daher will ich auch noch einmal ganz besonders auf den Erfolg der SchuB-Klassen hinweisen, der hier gestern etwas kleingeredet wurde.Wenn am Ende des letzten Schuljahres 91 % der ersten SchuB-Klassen-Absolventen einen Hauptschulabschluss und davon 62 % einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz erhalten haben, dann ist das ein Riesenerfolg.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele haben denn abgebrochen, Frau Kölsch?)

Es sind gerade die Schülerinnen und Schüler, die in der Phase des Übergangs zwischen Schule und Beruf besondere Förderung beim Lernen und Arbeiten brauchen.Daher ist es nur konsequent, dass die Zahl zum neuen Schuljahr erhöht wurde und es nun 82 SchuB-Klassen an 62 hessischen Schulen gibt.

Meine Damen und Herren, wir sind im Bereich der Ausbildung auf einem erfolgreichen Weg; denn diese Regierung handelt. Die Forderungen aus den Anträgen von SPD und GRÜNEN, die in schöner Regelmäßigkeit nach den Sommerferien ein Szenario heraufbeschwören, das es in diesem Ausmaß nicht gibt – und vor allem zu dieser Zeit nicht gibt –, sind auf dem Wege. Wir werden in den Ausschüssen sicherlich noch ausführlich darüber diskutieren. Bilanziert wird zum einen beim Abschluss des Berufsberatungsjahres am 30. September, zum anderen für den Ausbildungspakt erst am Ende des Jahres.– Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kölsch. – Zu einer Kurzintervention hat sich nun Frau Hölldobler-Heumüller zu Wort gemeldet.

Frau Kollegin Kölsch, es gibt doch Dinge, die mich immer wieder fast sprachlos machen – aber zum Glück nur fast. Denn es gibt mir die Gelegenheit, Sie zu fragen: Finden Sie, bei 13.000 Jugendlichen, die keine Ausbildungsstelle haben, beschwören wir ein Szenario herauf? Das können Sie doch nicht ernsthaft meinen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Zu Ihrer Rede lässt sich sagen: Diese Rede kannten wir schon identisch aus dem letzten Jahr, inklusive der

Schuldzuweisung an die Jugendlichen. Ich kann Ihnen aus meinen Erfahrungen als Mutter berichten, wie das ausschaut, wenn sich ein Kind bei verschiedenen Stellen, die wir für solche Zwecke vorsehen, nur beraten lassen will.

Meine Tochter kam jedes Mal völlig frustriert wieder und sagte, egal, wo sie gewesen sei, ob Studienberatung oder Arbeitsamt, habe ihr jeder erklärt: Egal, was du machst, du bekommst später sowieso keinen Job. – Dieses Kind hat Abitur, es hat ein gutes Abitur und war interessiert, etwas zu machen. Deshalb überlegen Sie es sich sehr gut, welche Schuld Sie den Jugendlichen zuschieben. Manchmal muss man sich fragen, ob die Maßnahmen, wenn die Jugendlichen sie nicht annehmen, die richtigen Maßnahmen sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Sie haben dargestellt, was getan wird. Ich habe das vorhin genauso dargestellt. Für mich stellen sich wirklich nur die Fragen, die ich gern von Ihnen beantwortet bekommen würde:

Erstens. Sehen Sie in der Bugwelle von 13.000 Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden, ein Problem?

(Michael Boddenberg (CDU): Wer soll denn da kein Problem sehen?)

Sie hat es so dargestellt. Sie hat gesagt, wir beschwörten ein Szenario herauf. Frau Kölsch kann sicher selbst antworten und ist nicht auf Ihre Intervention angewiesen, Herr Boddenberg.

Zweitens. Halten Sie die bisherigen Maßnahmen für ausreichend? Denn genau so hörte sich Ihre Rede an,aber sie sind es nicht.

Drittens. Was sind die Antworten der CDU-Fraktion auf diese Situation, außer dass Sie sagen, es sollte alles so weitergemacht werden? Das ist auch nicht schlecht, aber wir sagen: Es muss deutlich mehr gemacht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die vierte Frage, die Sie nicht beantwortet haben, ist: Unterstützen Sie die Initiative des Hessischen Ministerpräsidenten, oder tun Sie es nicht? – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kölsch hat Gelegenheit zur Antwort.

Ich habe ganz ausdrücklich davon gesprochen, dass es ein vielschichtiges Problem ist, dass wir alle wissen, dass es eine große Herausforderung ist. Ich habe nicht alle Jugendlichen unter Generalverdacht gestellt, sondern ich habe von einem Teil gesprochen. Ich habe gesagt, dass wir dies alles so sehen müssen, und selbstverständlich unterstütze ich den Vorschlag des Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Rednerin erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Lautenschläger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Debatte sind inzwischen durchaus sehr viele Punkte zum vielschichtigen Problem der Ausbildung schon auf den Tisch gekommen.Lassen Sie mich trotzdem einige Zahlen wiederholen, um zu zeigen, was bis heute schon gemacht wurde. Aber wir müssen sicher alle gemeinsam das Problem sehen, das bewältigt werden muss.

Dass alleine 53 Millionen c im Jahr 2005 in den Hessischen Pakt für Ausbildung geflossen sind, hat mein Kollege Holler bereits zu Beginn gesagt. Damit konnten rund 9.000 Plätze gefördert werden. Das ist sicher ein guter Erfolg, aber wir wissen, dass wir uns auf diesem Erfolg der Förderung, auch durch das Land, nicht ausruhen können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Pakt für Ausbildung wird jedes Jahr fortgeschrieben und vorangetrieben. Ich will im Namen der Landesregierung all denen danken – den Kammern, aber auch der Bundesagentur und vielen anderen Beteiligten –, die immer wieder engagiert sind, um die Zahl der Ausbildungsverträge zu erhöhen und um immer wieder neue Unternehmen zu finden, die ausbilden.

Für den Haushalt des Jahres 2007 haben wir ganz klar einen weiteren Schwerpunkt gesetzt. Frau Kollegin Kölsch hat gerade noch einmal darauf hingewiesen, dass das Programm im Wirtschaftsministerium mehr als verdoppelt wurde. 17 Millionen c stehen zusätzlich für den Ausbildungsstart im nächsten Jahr zur Verfügung, weil es darum geht, die Zahl von 1.500 auf 4.000 Ausbildungsstellen im Jahr 2007 zu erhöhen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, es ist uns allen hier im Hause durchaus bewusst, dass wir ein Problem haben; denn es geht darum, dass wir eine Bugwelle zu bewältigen haben: jugendliche Menschen, die zurzeit in vollzeitschulischer Ausbildung für ein Jahr sind, weil sie auf dem Ausbildungsmarkt nicht versorgt wurden. Wir nehmen zur Kenntnis, dass immer größere Zahlen von Jugendlichen dort aufhören und in verschiedene Jobs hineingehen. Wir finden sie an Kassen oder an anderen Orten. Sie sagen, die vollschulische Ausbildung bringe ihnen in dem Moment nicht mehr viel. – Sie haben dann keine Ausbildung, und sie verschwinden dadurch zum Teil komplett aus den Statistiken.Wir wissen aber: Selbst wenn sie sich heute mit Jobs über Wasser halten können, fehlt ihnen eine gesicherte Ausbildung, um nicht dauerhaft zu den Verlierern auf dem Arbeitsmarkt zu gehören und um bessere Chancen zu haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,ich glaube auch, dies ist genau das Problem, das uns alle umtreiben muss. Auf der einen Seite gibt es Programme, die das Land macht, den Ausbildungspakt und das, was die Bundesagentur dazu einfließen lässt. Die Zahlen wurden genannt, und das sind wichtige Maßnahmen.Aber wir sehen auch, dass wir in den nächsten Jahren noch steigende Abgängerzahlen haben werden sowie eine Bugwelle von Menschen, die immer wieder Runden drehen und als Altbewerber häufig keinen Ausbildungsplatz finden, auch wenn die eigentliche Ausbildungslücke für das Jahr vielleicht wiederum noch kleiner wird oder sogar geschlossen wird.Das können wir heute so noch nicht feststellen.Aber wir wissen, dass die Zahl der Altbewerber und die Zahl derjenigen, die kaum noch in Statistiken auftauchen, weil sie in einfache Jobs gegangen sind, immer größer wird. Deshalb ist es allen Schweißes der Edlen wert, dass wir

hier gemeinsam darüber nachdenken, wie wir an verschiedenen Stellen kurzfristig Abhilfe leisten können.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass die Landesregierung das Programm unterstützt, bei dem sich der DGB und die VhU in einem gemeinsamen Papier in Kooperation dafür ausgesprochen haben, wie praktische Ausbildung in Betrieben stattfinden soll und dass dies aus dem Überschuss der Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr bewerkstelligt werden soll. Ich kann nur unterstreichen, dass ich dies für einen richtigen Weg halte, weil dies die Möglichkeit eines Befreiungsschlages gibt, sodass diejenigen, die immer wieder als Altbewerber kommen, in eine fundierte Ausbildung und damit in den Arbeitsmarkt einsteigen können.

Herr Kollege Rentsch, wenn Sie sagen, der Überschuss soll natürlich an die Versicherten zurückgegeben werden, dann meine ich,wir sind gar nicht so weit auseinander.Auf der einen Seite ist es völlig selbstverständlich – die Vereinbarung ist auch schon im Koalitionsvertrag auf Bundesebene getroffen –, dass die Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 2 Prozentpunkte gesenkt werden sollen und auch müssen. Am Ende des Jahres müssen wir aber schauen, wie hoch der Überschuss genau sein wird und ob es noch Spielräume für eine weitere Senkung gibt;denn es hat sicher keinen Sinn, für nur zwei oder drei Monate zu senken. Schließlich kommen in diesem Jahr einige besondere Punkte dazu, dass der Überschuss so hoch ausfällt. Sie wissen, nicht jedes Jahr sind 13 Monatsbeiträge zu verzeichnen, sondern das ist eine einmalige Geschichte.

(Florian Rentsch (FDP): Das kann man nur einmal auf Kosten der Unternehmer machen!)

Das ist nur einmal gewesen, deswegen wird es nicht für alle Jahre so sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob noch mehr Spielraum als für eine Senkung um 2 Prozentpunkte besteht,das werden wir sicherlich gemeinsam beraten.Trotzdem ist es aus unserer Sicht ein ganz wichtiger Punkt, wenn ein Teil des Überschusses in ein Programm für Ausbildung gesteckt wird. Ich will daran erinnern, was in § 1 des SGB III steht. Herr Kollege Rentsch, danach gehört zur Arbeitsförderung, die der Bundesagentur für Arbeit zugewiesen ist, gerade die Aufgabe, den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu unterstützen. Also ist es genau in diesem Bereich durchaus auch die Aufgabe der Bundesagentur, mit diesen Mitteln, wenn Überschüsse da sind, die Chance zu nutzen, ein solches einmaliges Programm aufzulegen, mit dem viel mehr Jugendliche in ein Ausbildungsverhältnis gebracht werden können, als wir mit allen anderen Programmen die Möglichkeit hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich will die Kollegen der SPD-Fraktion darauf hinweisen: Ich halte es nicht für richtig, Mittel aus dem Eingliederungstitel,aus SGB II,dafür zu nehmen.Sie sind zwar zum Glück endlich nicht mehr gesperrt, werden aber in diesem Bereich jetzt gebraucht, um sie vor Ort einsetzen zu können. Die Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit sind aus unserer Sicht, weil sie ein einmaliges Ergebnis sind – Stichwort: 13 Monatsbeiträge in diesem Jahr –, die Möglichkeit, auf der einen Seite gerade nicht den Bundeshaushalt, sondern alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Senkung der Arbeitslosenbeiträge zu entlasten und auf der anderen Seite etwas für die Jugendlichen zu tun, die sonst weitere Runden drehen müssten,

weil mit allen anderen Möglichkeiten nicht so schnell Abhilfe geschaffen werden kann.