Es geht doch nicht mehr darum, ob das nun der Porsche, die S-Klasse oder der Siebener-BMW ist; es geht darum, ob diese Arztpraxen noch ihre Mitarbeiter bezahlen und Ausbildungsplätze finanzieren können. Sie aber werfen den Menschen vor, dass sie auf der Einnahmenseite lieber die 100 c aus der PKV schnell in der Kasse haben wollen, als das Geld möglicherweise erst nach der dritten Quartalsabrechnung – das ist das nächste Problem – aus der GKV zu bekommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine Folge des Systems, das jetzt schon Mist ist. Aus dem Mist wollen Sie noch Murks machen.Auch wenn wir bereits in manchen Bereichen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft haben, ist es unerträglich, wenn mit Neiddiskussionen die Gesundheit der hessischen Bürgerinnen und Bürger zunächst nur im ländlichen Raum, aber bald auch in den Mittelzentren belastet wird. Mit der FDP ist das nicht zu machen.
Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, sich nicht weiter ruhig zu verhalten. Die Landesregierung muss aktiv werden. Frau Sozialministerin und Herr Ministerpräsident, Sie müssen sich auch noch daran erinnern, was Sie vor der Bundestagswahl gesagt haben.
Heute schreibt zu Recht die „Welt“ darüber. Ich kann mich daran erinnern, dass Sie an den Vorarbeiten beteiligt waren, die die Union im Jahr 2005 für das Gesundheitswesen geleistet hat. Sie haben auch davon berichtet, was Sie da getan haben. Der Landesvorsitzende der CDU hat auf dem Landesparteitag im Juli 2005 – das ist also noch gar nicht so lange her – gesagt:
Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin. Es war richtig und wichtig, dass wir gemeinsam und frühzeitig mit der CSU ein gutes Konzept erarbeitet haben.
Frau Sozialministerin, warum haben Sie das Konzept, das Sie – ich sage „Sie“ ganz bewusst großgeschrieben – erar
Meine Damen und Herren, als Begründung anzugeben, das würde dem Koalitionsfrieden dienen, möglicherweise habe man bei den Beratungen während der Koalitionsverhandlungen nicht ganz aufgepasst und sei über den Tisch gezogen worden, reicht nicht ganz aus. Sie haben eine Verantwortung für die Menschen unseres Landes und nicht für die Union oder die SPD.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt die Worte wiedergeben, die der Ministerpräsident und CDU-Vorsitzende in seiner Rede auf dem Landesparteitag bzw. auf einem Gesundheitskongress der hessischen CDU gesagt hat.
Er sagte, es solle eine Entkopplung der Gesundheitsausgaben und der Kosten der Arbeit vorgenommen werden. – Der Beitrag der Arbeitgeber soll aber nicht festgeschrieben werden.
Er sagte, er solle eine Entbürokratisierung erfolgen. – Stattdessen soll mit dem sogenannten Fonds ein weiteres bürokratisches Instrument hinzukommen.
Es sollte, so Roland Koch, Vorsorge wegen der demografischen Entwicklung getroffen werden. – Jetzt soll es bei der Umlagefinanzierung zulasten der jungen Generation bleiben.
Forderung Nummer fünf war, Transparenz müsse im Gesundheitswesen Einzug halten. – Weder bei den Beiträgen noch bei den Abrechnungen soll in irgendeiner Weise nach dem Transparenzgebot gehandelt oder das Sachleistungsprinzip beachtet werden.
Ich komme auf den nächsten Punkt zu sprechen. Eine Forderung der CDU Hessen war, die Versicherten sollten Wahlfreiheit haben. – Nach dem neuen Modell wird es keine Wahlfreiheit der Versicherten geben.Wer in der gesetzlichen oder in der privaten Krankenversicherung ist, wird gezwungen, immer dasselbe weiter zu tun. Das hat mit Wahlfreiheit nichts zu tun.
Ich fordere deshalb insbesondere die Abgeordneten der Union des Hessischen Landtags auf: Schieben Sie diesen Unsinn vom Tisch. – Sie sagen uns in den vielen Gesprächen, die wir führen, immer wieder eines. Ich meine dabei jetzt nicht die persönlichen Gespräche, die wir hier führen. Dazu werde ich nie etwas von diesem Pult aus sagen. Vielmehr meine ich die vielen Gespräche, die wir auf Podien und bei Interessierten führen. Meine sehr verehrten Damen und Herren der Union, da sagen Sie, es würde schon gut sein, wenn nach der nächsten Bundestagswahl dieser Mist zusammen mit der FDP weggeräumt würde. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Ihrer Untätigkeit, auch der der Hessischen Landesregierung, schaffen Sie Fakten, die nach der nächsten Bundestagswahl nicht mehr rückholbar sein werden.
Sie werden bis dahin das System verstaatlicht und sozialisiert haben. Es ist deswegen dringend notwendig, dass
Ich habe das gestern schon gesagt. Ich wurde von meinem Kollegen, Herrn Dr. Wagner, dafür getadelt. Ich sage es trotzdem noch einmal. Wenn wir einen starken Ministerpräsident haben sollten – wir alle gehen davon aus, dass wir einen starken Ministerpräsidenten haben – und wenn dieser Ministerpräsident am nächsten Montag oder Dienstag zum stellvertretenden Vorsitzenden der CDU auf Bundesebene gewählt werden sollte, dann gehe ich davon aus, dass er sich an das erinnert, was er vor der Bundestagswahl gesagt hat, und das dann auch umsetzt. Das würde dann heißen: Schluss mit dem Murks im Gesundheitswesen in Berlin. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Kollege Hahn, vielen Dank. – Als nächster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Schulz-Asche für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die vorgesehene Gesundheitsreform ist unausgegoren, widersprüchlich und sozial ungerecht. Deswegen ist sie, medizinisch gesehen, kontraindiziert. Denn sie würde unser Gesundheitswesen teurer statt besser machen.
Auch wir fordern mit unserem Dringlichen Antrag, dass die Landesregierung im Bundesrat Nein zu dieser Gesundheitsreform sagt. Herr Kollege Hahn, ich möchte aber auch eines ausdrücklich sagen:Auch Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass die Bürgerversicherung nicht nur in Umfragen von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wurde.Vielmehr hat auch die Bundestagswahl ein deutliches Zeichen dahin gehend gegeben, dass die kapitalgedeckte Kopfpauschale, wie sie von Ihnen und Teilen der CDU vertreten wird, in diesem Land keine Mehrheit gefunden hat. Das müssen Sie einfach einmal akzeptieren.
Ich glaube, es gibt wenige Gründe für eine Große Koalition in Deutschland. Aber wenn es einen Grund dafür gibt, dann geht es dabei um die Frage, wie man die gegensätzlichen Pole der Bürgerversicherung – deren Einführung war aufgrund der Konstellation nicht möglich, die sich mit der Koalition ergeben hat – und der Kopfpauschale zu einem System zusammenführt und dabei versucht,das Grundproblem zu lösen.Man muss also nach einem dritten Weg suchen. Das ist der Auftrag an die Große Koalition. Diesen Auftrag hat sie nicht erfüllt. Da hat sie die Messlatte gerissen. Stattdessen kam es zu Murks. Das hat Herr Hahn richtig festgestellt. Auch mir fällt dafür kein besserer Begriff ein.
Meine Damen und Herren der FDP,aber auch Sie müssen die Tatsache akzeptieren, dass es keine Mehrheit für das von Ihnen vorgeschlagene System der neoliberalen Regelung der Krankenversicherung gibt. Das müssen Sie akzeptieren.
Diese Gesundheitsreform wird wenige Probleme lösen. Bei einigen gelang dies, darauf werde ich noch eingehen. Es werden mit der Gesundheitsreform aber auch viele neue unüberwindliche Probleme geschaffen werden. Die Zeche werden nicht nur die Organisationen zahlen, die von Ihnen angeführt wurden. Die Zeche werden insbesondere die Versicherten und die Kranken bezahlen. Deswegen unterstützen wir den Protest, der sich nicht nur, aber auch hier in Hessen gegen diese Gesundheitsreform formiert.
Als Erstes möchte ich auf den Gesundheitsfonds eingehen. Dabei handelt es sich um eine Reformattrappe, die eigentlich nur geschaffen wurde, damit CDU und SPD ihre Gesichter wahren konnten. An der Organisation der Versicherungen wird damit nichts verbessert werden. Zusätzliche Verwaltungskosten werden entstehen. Die jetzt schon absehbare Unterfinanzierung wird zu Beitragserhöhungen führen.
Meiner Meinung nach am gravierendsten ist aber, dass zwischen Arzt und Patienten neben der Kassenärztlichen Vereinigung noch eine weitere zusätzliche bürokratische Hürde geschoben werden wird. Damit wird nicht mehr Wettbewerb erzeugt. Vielmehr wird der Wettbewerb in diesem Bereich vernichtet werden.
Herr Hahn legt sehr viel Wert auf den Begriff Wettbewerb. Mit dem Gesundheitsfonds wird das einzige Mittel, das die Krankenkassen momentan haben, um gegeneinander in Wettbewerb zu treten, abgeschafft werden. Ich meine die Beitragshöhe. Die Höhe des Beitrags soll dann von der Bundesregierung festgesetzt werden. Das hat wahrlich nichts mit einer vernünftigen Lösung und einem besseren Wettbewerb im Gesundheitssystem zu tun.
Mit dem zusätzlichen Beitrag, den die Kassen erheben können sollen, wird praktisch die kleine Kopfpauschale eingeführt werden. In der aktuellen Situation und in dem Kontext des Gesundheitsfonds wird das bedeuten, dass Geringverdiener weiterhin vergleichsweise höher belastet werden. Die Kassen, in denen viele Geringverdiener versichert sind, werden sich mit höheren zusätzlichen Beiträgen über Wasser halten müssen. Dadurch wird ein in diesem Fall völlig absurder Wettbewerb auch der gesetzlichen Kassen um die einkommensstarken Mitglieder stattfinden. Mit Solidarität zwischen Arm und Reich, zwischen Besser- und Geringverdienenden hat das wirklich nichts mehr zu tun.
Wenn man sich die Details betrachtet, erkennt man, dass das, was beim Gesundheitsfonds vorgesehen ist, totaler Quatsch ist. Das ist kontraproduktiv. Meine Hauptkritik besteht darin, dass der grundlegende Bruch in der Logik, der in unserem System mit der Trennung zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, nicht aufgelöst wird. Es ist tatsächlich relativ egal, ob man das umlagefinanziert oder kapitalgedeckt macht oder ob man das als Bürgerversicherung oder als Pauschale macht. Das Grundübel besteht doch darin, dass unsere Bevölkerung in zwei Gruppen aufgespalten wird und sich unterschiedlich versichern kann.
Es gibt dann die Besserverdienenden, die Jüngeren, die Gesünderen und Kinderlosen, die sich privat versichern
können. Daneben gibt es die normalen Bürgerinnen und Bürger, diejenigen, die Risikogruppen angehören, die Geringverdienenden und die Familien, die in den gesetzlichen Versicherungen und den Ersatzkassen versichert sind. Mit Solidarität und Familienfreundlichkeit hat das nichts zu tun.
Dieses Grundübel des deutschen Versicherungssystems zu beseitigen, wäre die große Aufgabe der Großen Koalition gewesen, die sie aber nicht bewältigt hat. Eine Reform die dieses Grundübel nicht beseitigt, ist eine Reform, die wirklich versagt. Das muss man hier konstatieren.