Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

(Andrea Ypsilanti (SPD):Was denn sonst?)

Wir wissen auch, dass diese Einmalzahlung kein 1 : 1-Ausgleich ist. Das ist uns völlig klar. Es ist eine Anerkennung für besondere Leistungen, die abverlangt werden und abverlangt wurden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es ist eine Verhöhnung!)

Wenn wir tatsächlich um 17 % erhöhen wollten, dann hätten wir uns die Operation ersparen können.Wir haben sie aber gemacht, und wir halten sie nach wie vor für richtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vor allen Dingen wirkt diese Operation nachhaltig. Es wird ein bisschen schwer mit dieser Schere im Kopf: Auf der einen Seite geht der Haushälter morgens hin und sagt, das Land ist verschuldet, und mittags stellt sich der innenpolitische Sprecher der SPD hin und sagt, die Beamten müssten unbedingt sehr viel mehr Geld bekommen. Das ist eine etwas merkwürdige Debatte, die Sie hier führen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rudolph, Sie haben mich ein bisschen überrascht, weil Sie nichts zum Verfahren gesagt haben, da die Einmalzahlungen für dieses Jahr bereits geleistet worden sind. Sonst hätte ich Ihnen gerne gesagt, dass es mich an dieser Stelle etwas erstaunt, dass Sie dann noch die dritte Lesung beantragen. Das ist Ihr gutes Recht, und ich gehe davon aus, dass Sie einen hervorragenden Vorschlag für die dritte Lesung haben, was Ihnen so vorschwebt jenseits der Forderung nach Rückkehr in die TdL. Von daher bin ich sehr gespannt auf die Beratungen in der dritten Lesung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Zeimetz-Lorz. – Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Den haben wir heute schon gehört!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! – Herr Kollege Irmer, das war eine andere Rede heute Morgen. Die war eher in Ihre Richtung gemeint.

Spaß beiseite. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, die Art und Weise, wie Sie hier auf die Vorschläge und die Einwände

des Kollegen Rudolph eingegangen sind, zeigt die Arroganz, mit der Sie mittlerweile in diesem Hause Politik machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Ich will das deutlich machen, auch in Ihre Richtung, Herr Finanzminister.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Haben Sie noch einen Einwand? – Sie legen einen Gesetzentwurf vor, mit dem Sie den hessischen Beamtinnen und Beamten Einmalzahlungen für das Jahr 2006 und das Jahr 2007 ins Fenster hängen. Dieser Gesetzentwurf geht im Hessischen Landtag am 04.09.2006 ein. Wir terminieren die schriftliche Anhörung im Innenausschuss für den 15.11.2006. Die zweite Lesung dieses Gesetzentwurfs ist bekanntlich heute, Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, nämlich am 23.11.2006.Aber wir stellen fest, dass es Sie überhaupt nicht interessiert, was dieses Parlament diskutiert, was dieses Parlament beschließt und wie der Gang des Gesetzgebungsverfahrens im Parlament ist. Sie zahlen einfach schon einmal fröhlich 29 Millionen c mit dem Novembergehalt an die Beamtinnen und Beamten aus, ohne sich darum zu kümmern, was dieses Parlament beschließt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der FDP)

Der Innenminister schreibt dann allen Beamtinnen und Beamten einen Brief:

Der Landesregierung ist es ein Anliegen,dieses Engagement mit einer Einmalzahlung in Höhe von 250 c zu honorieren... Die Einmalzahlung stellt insbesondere einen Kompromiss zwischen der angespannten Haushaltslage in Hessen und Ihrem berechtigten Interesse an einem angemessenen Anschluss an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse dar.

Das schreibt der Innenminister an die Beamtinnen und Beamten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie hier mit dem Parlament als Haushaltsgesetzgeber umgegangen wird, wie hier mit dem Parlament als Gesetzgeber umgegangen wird, ist eine schlichte Frechheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP – Lachen des Mi- nisters Volker Bouffier)

Nicht oft,aber in diesem Fall stimme ich ausdrücklich dem Kollegen Hahn zu. Der Kollege Hahn hat gestern in der Generaldebatte von Beamtenbestechung gesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht nur Beamtenbestechung, sondern Sie setzen sich über die Diskussionsprozesse im Hessischen Landtag und über das, was das Parlament beschließt, hinweg. Das erinnert an eine Zeit, in der in Deutschland Parteien auf Parteitagen beschlossen haben, was Regierungen umsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wohin kommen wir, wenn aufgrund von Beschlüssen einer Fraktion diese Regierung 29 Millionen c zulasten des Landes auszahlt? So geht es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, der Redner hat das Wort. Ich bitte Sie, ein bisschen ruhiger zu sein.

(Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar)

Ich weiß, dass Sie da aufgeregt sind, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber es wird Ihnen letztlich nichts helfen. Sie versuchen, jetzt kurz vor der heranziehenden Landtagswahl mit Geschenken in Richtung der Beamtinnen und Beamten etwas anzudeuten

(Lachen des Ministers Karlheinz Weimar)

und zu sagen: Wir setzen uns für die hessischen Beamtinnen und Beamten ein.

Das hätten Sie auf der Demonstration des Deutschen Beamtenbundes vorgestern erleben müssen: Die einen verteilen Zettel „Verkocht“,die anderen schreiben:„Der Ministerpräsident ist aus der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder mit dem Ziel ausgetreten, die Tarifautonomie auszuhebeln. Er will diktieren, statt verhandeln.Aber das machen wir nicht mit. Mit uns gibt es keinen hessischen öffentlichen Dienst nach Gutsherrenart.“ Die Beamten im Lande Hessen haben recht, und sie lassen sich von Ihren 250 c nicht beirren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit den Versprechen der Union,insbesondere auch dieses Ministerpräsidenten, wissen die Beamtinnen und Beamten umzugehen, weil dieser Ministerpräsident genau vor der letzten Landtagswahl etwas versprochen hat, was er auch nicht eingehalten hat. Er ist nämlich seinerzeit über die Lande gezogen und hat gesagt, mit ihm werde es keine Sonderopfer für die hessischen Beamtinnen und Beamten geben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kaum war die Landtagswahl vorbei, haben die Beamtinnen und Beamten gesehen, wie es ihnen ergangen ist. Dann wurde das „Zukunftssicherungsgesetz“ vorgelegt – aus Ihrer Sicht; bei uns heißt es „Operation düstere Zukunft“ –, und die Beamtinnen und Beamten wurden rasiert.

(Andrea Ypsilanti (SPD): So sind sie halt!)

Meine Damen und Herren, es ist schon interessant, wie Sie mit den Beamtinnen und Beamten umgegangen sind: Sie streichen das Urlaubsgeld, Sie streichen das Weihnachtsgeld, Sie heben die Arbeitszeit auf 42 Stunden pro Woche an, und dann kommen Sie kurz vor einer Landtagswahl an und zahlen 250 c aus. Das ist ein Umstand – da muss man vorsichtig sein, wie man formuliert –, bei dem sich die Frage stellt: Für wie dumm halten Sie die Beamtinnen und Beamten in Hessen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Gehaltseinbußen waren dramatisch, die Sie den Beamtinnen und Beamten zugemutet haben. Durch die gerade aufgezählten Einschnitte hat ein Beamter im Lande Hessen 12,5 % seines Einkommens verloren.

(Michael Boddenberg (CDU): Das waren noch 14 %!)

Das macht – wir haben das einmal ausgerechnet – für einen Oberkommissar mit zwei Kindern, wenn man die Arbeitszeit mitrechnet,eine Gehaltseinbuße von 4.700 c pro

Jahr aus. Jetzt versuchen Sie, für die Jahre 2006 und 2007 250 c an die Beamtinnen und Beamten als Sonderzahlung auszuweisen. Diese Rechnung nach dem Motto: „Jetzt zahlen wir, und wir signalisieren der Beamtenschaft,dass die hessische Union aufseiten der Beamtinnen und Beamten steht“,funktioniert nicht,die wird nicht aufgehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden einen Änderungsantrag vorlegen. Deswegen beantragen auch wir die dritte Lesung. Wenn Sie schon argumentieren, dass Sie jetzt an Beamtinnen und Beamte 250 c auszahlen wollen, weil sie in besonderem Maße herangezogen worden sind, dann meinen wir, dass auch die 18.000 bis 19.000 Angestellten, die mittlerweile unter gleich schlechten Bedingungen wie die Beamtinnen und Beamten arbeiten, an der Sonderzahlung von 250 c teilhaben sollten.

Das ist zwar kein Ausgleich für das, was Sie ihnen zugemutet haben. Das ist auch, wie ich meine, nichts, was man unter moderner Tarifpolitik versteht. Es ist das Gegenteil davon. Aber ich glaube, dass wir auch diesen 18.000 bis 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes diese 250 c zukommen lassen sollten.

Meine Damen und Herren, wir beantragen die dritte Lesung. Unterm Strich muss ich sagen: Das, was Sie im Lande Hessen an Personalpolitik machen, ist nicht modern. Wir würden uns wünschen, dass Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wieder ins Gespräch kommen, Tarifverhandlungen aufnehmen und, wenn Gehaltserhöhungen, Sonderzahlungen oder dergleichen eingeführt werden, dass mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verhandelt und nicht von der Landesregierung diktiert wird. Ihr Weg ist ein anderer. Aber wir sagen Ihnen auch, dass die Rechnung, die Sie aufmachen, nämlich die Beamtinnen und Beamten kurz vor der Kommunalwahl mit 250 c wieder einzufangen, nicht aufgehen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Minister Volker Bouffier: Wenn schon: Landtags- wahl!)

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Herr Kollege von Hunnius für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen über die Einmalzahlung oder Zweimalzahlung nicht zum ersten Mal – also nicht einmal, sondern mehrfach, um bei diesem Bild zu bleiben. Mein Kollege, Fraktionsvorsitzender Jörg-Uwe Hahn, hat eine Äußerung gemacht, die bei Teilen der Landesregierung auf lebhaften Widerspruch gestoßen ist. Er hat von Beamtenbestechung gesprochen.

Lassen Sie mich dazu drei Dinge sagen: Erstens. Es ist inhaltlich voll und ganz zutreffend.