Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Den Umständen entsprechend hervorragend!)

Es geht doch hier um eine Situation, in der wir, über zwei Jahre gerechnet, das Land Hessen mit 58 Millionen c belasten. Das bedeutet, dass wir heute in der dritten Lesung über etwa 2 Millionen c Zinsen entscheiden, die wir Jahr für Jahr für Jahr bezahlen müssen. Das ist das, was dieses großzügige Geschenk der Landesregierung das Land Hessen kostet. Dieses Geschenk haben nicht in erster Linie wir zu bezahlen, sondern unsere Kinder, unsere Enkel und unsere Urenkel, weil sie Zinsen abzuzahlen haben.

(Beifall bei der FDP)

15 c pro Monat, oder mehr oder weniger eine Pizza, das ist für die Beamten vergleichsweise wenig, aber 58 Millionen c sind für das Land Hessen verdammt viel,

(Beifall bei der FDP)

insbesondere dann,wenn man den Schuldenstand von insgesamt 33 Milliarden c vor sich herschiebt, wie das in Hessen der Fall ist.

Herr Kollege Frömmrich war so nett, den Herrn Fraktionsvorsitzenden der FDP in lobender Weise zu zitieren. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich in seinem Namen.

(Florian Rentsch (FDP): Das macht er in letzter Zeit öfter!)

Kollege Hahn hat in zutreffender Weise gesagt, dass es sich – nicht im rechtlichen Sinne, aber im tatsächlichen Sinne – um eine Art von Beamtenbestechung handele. Das kann ich voll und ganz unterstützen.Aber, meine Damen und Herren von der SDP-Fraktion und von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, diese Beamtenbestechung wird doch nicht dadurch besser, dass man die Angestellten einbezieht. Im Gegenteil, dadurch wird es noch viel schlimmer.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie sich diesem Vorwurf anschließen, dann ist Ihr Vorschlag inkonsequent, wenn es darum geht, Belastungen von künftigen Generationen fernzuhalten.

Es ist schon gesagt worden, dass in § 3 des Gesetzentwurfs der Auszahlungszeitpunkt festgelegt ist. Ich weiß nicht, wie die Landesregierung, wenn das Gesetz verabschiedet worden ist, das regeln will, dass die Auszahlung bereits erfolgt ist. Der Herr Minister hat uns freundlicherweise vorhin mitgeteilt, worauf er seine Entscheidung beruhen lässt. Er sprach letztens im Hessischen Landtag von Kap. 03 01 Titel 461 01. In diesem Titel – „Globale Mehrausgaben für Personalausgaben“ – ist kein Ansatz drin, das ist klar. Er enthält folgenden Haushaltsvermerk:

Bei Besoldungserhöhungsgesetzen sind das Ministerium der Finanzen und das Ministerium des Innern und für Sport ermächtigt, bereits vor Verabschiedung des Gesetzes entsprechend dem Vorgehen des Bundes Abschlagszahlungen auf die zu erwartenden Erhöhungsbeträge zu leisten.

Dazu stelle ich fest: Erstens. Es geht um keine Besoldungserhöhung, weil der Herr Minister das letzte Mal selbst ausgeführt hat:Wir wollen damit eine Anerkennung zum Ausdruck bringen. – Anerkennung ist sicherlich keine Besoldungserhöhung, zumal es für die Betroffenen keine dauernde Einnahme ist.

Zweitens können wir sagen, es geht nicht um das Vorgehen des Bundes, es ist jetzt Vorgehen des Landes. Man kann immer noch sagen: Das war damals eine andere Rechtslage. – Okay, Land im Sinne von Bund.

Drittens müssen wir sagen, es handelt sich nicht um Abschlagszahlungen, denn der gesamte Betrag ist bereits ausgezahlt worden. Ein Abschlag von 100 % ist keine Abschlagszahlung im allgemeinen kaufmännischen Denken. Es geht auch nicht um noch zu erwartende Erhöhungsbeträge, der Abschlag ist komplett ausgezahlt worden.Wenn ich diesen Haushaltsvermerk heranziehe, muss ich sagen, ist er nur unter äußerster qualvoller Auslegung heranziehbar für das Vorgehen der Hessischen Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das kann man allerdings noch heilen. Wir haben morgen die dritte Lesung des Nachtragshaushalts. Man könnte einen Haushaltsvermerk noch ändern. Der Antrag könnte für morgen noch zur Plenarsitzung eingebracht werden. Man könnte ihn wie folgt formulieren: Bei Einmalzahlungen sind das Ministerium der Finanzen und das Ministerium des Innern und für Sport ermächtigt, auf der Grund

lage von Gesetzentwürfen der CDU-Fraktion den Gesamtbetrag auch ohne Zustimmung des Landtags zu leisten. – Das wäre eine Möglichkeit. Man könnte formulieren: Im Zweifel gelten Gesetzentwürfe der CDU-Fraktion als Gesetze. – Auch das wäre eine Möglichkeit.

(Beifall bei der FDP)

Seien Sie doch so konsequent, und bringen Sie eine der beiden Formulierungen ein. Dann wäre das entsprechend geheilt.

Im Kern haben wir es damit zu tun, dass im Hinblick auf den Wahltag im Jahr 2008 eine Gruppe, von der man meint, sie sei a) zu kurz gekommen und b) prinzipiell CDU-geneigt, in die Lage versetzt werden soll, das entsprechende Votum abzugeben. Das bedeutet, hier wird mit Steuergeldern handfest daran gearbeitet, dass die CDU im Jahr 2008 einen Wahlsieg erringt. Das kann nicht die Aufgabe des Landtags sein.

(Beifall bei der FDP)

Das kann auch keine Aufgabe sein,die der hessische Steuerzahler mit 58 Millionen c zu bezahlen hat.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das Gesetz ist falsch. Wir folgen auch nicht dem Erweiterungsantrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir bleiben dabei: Es ist falsch, und es bleibt falsch.Wir stimmen gegen dieses Gesetz.Wir möchten gerne den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern des Landes Hessen die Chance geben, dass ihnen 2 Millionen c Zinsen pro Jahr erspart werden gegenüber dem Zustand, der sich hier ergeben würde.

Wir sagen ausdrücklich, dass wir die Leistungen der Beamtinnen und Beamten natürlich anerkennen. Deswegen muss es eine gescheite Besoldungsregelung geben, die im Jahr 2008 hoffentlich kommen wird. Bis dahin ist es das Beste, man verzichtet auf dieses Gesetz. Ich befürchte, dass sich die Vernunft hier keine Bahn brechen wird.Aber dass wir hier für die Vernunft plädieren, wird uns hoffentlich keiner übel nehmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Rudolph für die SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es bleibt dabei, Hessens Beamte sollen von dieser Landesregierung ein Trostpflaster bekommen. 1 % Kompensation für 17 % Einbußen macht ein Minus von 16 %. Da können Hessens Beamtinnen und Beamte genau nachrechnen. Es bleibt dabei: Herr Innenminister, es ist in der Tat ein Wahlgeschenk.Am 27. Januar 2008 wollen Sie die Ernte dafür einfahren. Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie vor drei Wochen bei der Demonstration des Beamtenbundes unter dem Motto „Verkocht“ dabei gewesen wären – von der CDU hat sich ja keiner hingetraut –, hätten Sie gemerkt, dass die Leute verärgert sind.Vor der Wahl wird gesagt, es gebe kein Sonderopfer, und nach der

Wahl machen Sie genau das Gegenteil. Dann ist man verstimmt, und Hessens Beamtinnen und Beamte sind verstimmt über diese Landesregierung. Sie haben recht.

29 Millionen c pro Jahr macht insgesamt 58 Millionen c. Wenn Sie schon Wahlgeschenke verteilen,dann hätten Sie auch die 30 Millionen c Kürzungen im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ zurücknehmen können. Auch das wäre konsequent gewesen. Deckungsvorschlag: Steuermehreinnahmen. Aber das wollten Sie nicht, weil Ihnen die ganze ideologische Ausrichtung dieser Kürzungen passt. – Also auch da nicht konsequent.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege von Hunnius, Sie haben recht, wenn Sie auf den Änderungsantrag hinsichtlich der Tarifangestellten hinweisen. Das ist möglicherweise nicht ganz konsequent. Wenn man aber den Beamten, die 42 Stunden arbeiten müssen, eine Einmalzahlung gewährt, warum verwehrt man dies dann den Tarifangestellten, die 42 Stunden arbeiten? Auch hier ist die Landesregierung nicht konsequent. Bis heute haben wir nicht eine Antwort darauf erhalten, warum man so verfährt. Auch das zeigt, dass die Regierung dies nicht sinnvoll erklären kann. Sie schaffen im öffentlichen Dienst ein unterschiedliches Recht, und Sie spalten und entsolidarisieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Auch das ist falsche Personalpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Herr Innenminister, Sie rühmen sich immer mit dem Austritt aus der Tarifgemeinschaft. 14 Bundesländer haben den Tarifvertrag abgeschlossen. Selbst wenn man nicht jede Einzelheit eines solchen Tarifvertrags übernehmen muss, 60.000 Arbeiter und Angestellte im Land Hessen haben einen Anspruch darauf, dass Personalpolitik nach Gutsherrenart endlich einmal aufhört.

Nun rühmen Sie sich mit Ihren tollen Abschlüssen. Der Marburger Bund – Sie wissen das – ist eine Sondergruppe im öffentlichen Dienstrecht. 14 Länder machen das. Jetzt könnte man natürlich sagen, die machen das alle falsch. Aber das ist eher die These eines Geisterfahrers nach dem Motto: „Einer kommt mir entgegen? – Das sind Tausende.“

Nein, Herr Innenminister, Sie sollten endlich einmal mitkriegen – das gilt für die gesamte Landesregierung –: Eine moderne Personalpolitik macht man immer mit Mitarbeitern, all diese Dinge wie Umstrukturierung und die Einführung neuer Steuerungsmodelle. Das lernt man schon im ersten Kurs der Volkshochschule. Man muss die Mitarbeiter mit auf die Reise nehmen, dann bekommt man auch Verständnis. Nein, das ist nicht gewollt. Sie verfahren nach dem Motto: „Mehrheit ist Wahrheit“. Das ist der alte CDU-Slogan: „Wir verteilen Wahlgeschenke auf Kosten der Steuerzahler“.Das ist übrigens eine ganz tolle Masche und seit der absoluten Mehrheit besonders ausgeprägt. – Herr von Hunnius, vorher war es gelegentlich mit der FDP der Fall.

(Heinrich Heidel (FDP): Na, na!)

Von daher haben Sie das noch verschärft,aber ich bin sehr sicher, die Mitarbeiter werden das erkennen. Deswegen bleibt es dabei: Es ist ein Trostpflaster. Die Menschen haben es erkannt, und sie sind verstimmt. Wir freuen uns deswegen für jeden einzelnen Beamten, wenn er im Monat 15 c netto mehr bekommt. Das sind zwei gute Pizzen. Aber es ersetzt natürlich nicht die rapiden Einbußen, und deswegen können wir einem solchen Gesetzentwurf nicht

zustimmen.Da der einzelne Beamte oder die einzelne Beamtin natürlich gern das Geld nimmt, was wir verstehen, werden wir uns im Interesse der Beamten der Stimme enthalten. Aber machen Sie endlich für die Mitarbeiter in Hessens Verwaltungen eine vernünftige Politik, und hören Sie auf mit dieser subtilen Art, vor den Wahlen etwas zu versprechen, was Sie nachher nicht einhalten. Hören Sie endlich auf, Mitarbeiter hin- und herzuschieben. Machen Sie eine Personalpolitik, die dem 21. Jahrhundert gerecht wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Bouffier das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Ich habe es fast geahnt. Eigentlich habe ich seit der zweiten Lesung kein neues Argument gehört.

(Nicola Beer (FDP): Unsere sind noch immer gut!)

Deshalb erlaube ich mir, auf meine Ausführungen in der zweiten Lesung zu verweisen. Das gestattet mir, mich sehr kurz zu fassen.

Herr Kollege Rudolph, zum einen wollen wir die Angelegenheiten der Tarifbeschäftigten im Tarifvertrag lösen – als Antwort auf Ihre Frage.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie verhandeln ja nicht!)

Richtig, und ich trage es immer wieder vor. Wir bieten den Vertretungen seit zwei Jahren Verhandlungen an. Diese haben uns wissen lassen, dass sie zu Verhandlungen nicht bereit sind, solange wir nicht in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehren.