Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Frau Ministerin, Sie sind gut darin,Anforderungen an die Schulen zu stellen. Sie sind gut darin, zu sagen, was die Schulen alles tun müssen. Es wäre schön, wenn Sie diesen Anspruch auch gegenüber sich selbst gelten lassen würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Riege für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Titel der Aktuellen Stunde – Blockadehaltung der Kultusbürokratie gegen Selbstverantwortung plus beenden – hat die FDP-Fraktion den Nagel auf den Kopf getroffen, Herr Klein. Daran gibt es nichts zu deuteln.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Es geht nicht darum, die Hausspitze zu verdächtigen, das seit fast drei Jahren laufende Modellprojekt zu blockieren,sondern es geht um die nachgeordneten Dienststellen dieses Hauses,die offensichtlich nicht gewillt oder nicht in der Lage sind,das umzusetzen,was wir vor drei Jahren beschlossen haben.Wir waren uns alle einig, dass es ein Bottom-up-Projekt werden soll.Das heißt,es soll etwas wach

sen. Jeder, der etwas wachsen lassen will, weiß aber, dass eine Bodenvorbereitung, ein bisschen Dünger und vielleicht auch ein bisschen Licht erforderlich sind.

All das hat es nicht gegeben, obwohl wir vier Fraktionen sehr genau wussten, auf was wir uns einlassen, wenn wir den Schulen ein zeitlich befristetes Modellvorhaben – verbunden mit bestimmten Versprechungen – anbieten. Wir waren überrascht, dass so viele Schulen Gebrauch davon gemacht haben. Jetzt stellen wir fest, dass die Kultusbürokratie nach drei Jahren noch nicht begriffen hat, welche Rahmenbedingungen für die Umsetzung dieses Projekts erforderlich sind.

Die Schulen haben mehrmals schriftlich auf dieses Problem hingewiesen. Es ist ein recht ungewöhnlicher Vorgang, dass sich die Schulen an das Parlament wenden, um darüber Klage zu führen, dass ihnen gegenüber die in der Ausschreibung zugesagten Bedingungen nicht eingehalten worden sind.

Herr Klein,das ist die Wahrheit,die im Übrigen schriftlich vorliegt. Was Sie stümperhaft nennen, das ist der Duktus der Projektleitenden dieses Versuchs. Sie haben die Forderungen so aufgeschrieben, wie sie Frau Henzler nun ins Parlament eingebracht hat.Diese Forderungen sind so zutreffend, dass Sie sie in Ihren eigenen Antrag übernommen haben.

(Hugo Klein (Freigericht) (CDU): Der Antrag ist stümperhaft formuliert!)

Alle vier Punkte, die sich auf die Rahmenbedingungen des Projekts beziehen, sind Gegenstand sowohl unseres als auch Ihres Antrags.

Ich habe überhaupt keine Bedenken, dass es uns in der nächsten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses gelingen wird, die Nachsätze, die Sie geschrieben haben, damit zwischen diesen beiden Anträgen noch ein Unterschied besteht, wieder hinauszuverhandeln, weil sie Selbstverständlichkeiten beinhalten. Natürlich müssen die Modellschulen das Haushaltsrecht beachten. Natürlich müssen sie ihren Unterrichtsverpflichtungen nachkommen. Das ist Bedingung bei der Bewerbung zu diesem Verfahren gewesen. Das wissen die Schulen auch. Das müssen wir ihnen als Parlament nicht noch einmal ins Gedächtnis rufen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Aber eines ist auch klar:Wenn Selbstverantwortung übernommen werden soll, dann muss es auch welche geben, die Verantwortung abgeben. Daran hängt es.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Niemand will Verantwortung abgeben. Deswegen können die Schulen auch keine bekommen.

Ich will die fünf Punkte vortragen, die in unseren beiden Anträgen stehen, zunächst vier. Den Modellschulen muss eine gesicherte Stellenzuweisung zur Verfügung stehen. Meine Damen und Herren, wer mit gesundem Menschenverstand selbstverantwortlich eine Schule führen will, für den ist das eine Selbstverständlichkeit.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Sie müssen das nun drei Jahre nach Beginn des Projekts schriftlich fordern, weil ihnen das bisher verweigert worden ist.

(Hugo Klein (Freigericht) (CDU):Das ist doch vorhanden! – Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Nein, das ist eben nicht so. Auf dem Papier, im Haushaltsplan des Landes Hessen, steht das so.Aber die Schulen haben das Geld nicht zur freien Verfügung. Die Modellschulen müssen über alles, was sie beantragen, einen einzelnen Antrag einreichen. Dann hängt es vom Wohlwollen des Schulamts oder der Kassenlage ab, ob diesen Wünschen entsprochen wird.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Genau!)

„Die Modellschulen müssen über ein gesichertes Budget verfügen können“, steht in unseren beiden Anträgen.

(Beifall der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Die Modellschulen müssen über die vereinbarten disponiblen Mittel, die sogenannten 5 % des Personaletats, verfügen können. Nicht nur, dass sie ihnen zustehen, sie müssen auch darüber verfügen können. Das ist in der Praxis ein Unterschied.

Viertens. Sie müssen Personalentscheidungen in eigener Verantwortung treffen können. – Alles das ist in unseren Anträgen gleich.

Letzter Punkt. Ich bin durchaus dafür, dass wir in der nächsten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses noch einmal verhandeln,ob wir das Ministerium bitten können, die Zusage aus der letzten Ausschusssitzung zu wiederholen und an dem Gutachten über die rechtliche Frage, die eine ganz entscheidende Frage ist, aber sehr schwierig, weiter arbeiten zu lassen.Dann können wir den Monat ruhig noch verstreichen lassen.Aber die Schulen sollen wissen: Das Parlament steht hinter diesen Forderungen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Denn es ist wahr: Die Kollegen in den Schulen arbeiten seit drei Jahren in diesem Modellvorhaben. 17 von 118 beruflichen Schulen in Hessen, das ist eine nennenswerte Zahl. Sie haben sich damit zusätzliche Arbeit aufgeladen und keine Lust, die für den Papierkorb zu machen,

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Es wäre auch schade!)

sondern sie wollen jetzt endlich die Bedingungen haben, die ihnen versprochen worden sind.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Kollege Riege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Ich halte es für selbstverständlich, dass jeder noch im Kopf hat, dass das Ganze ein zeitlich befristetes Modellprojekt war, an dessen Ende geprüft werden soll, ob man das so machen kann. Das heißt, dort sollte etwas ausprobiert werden. Wenn aber niemand Kordel gibt, dann kann man nichts ausprobieren.Darum suchen wir dringend nach,dass endlich so viel Platz geschaffen wird, dass die Schulen Erfolg haben können, denn den brauchen wir.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Wir wollen das, was herauskommt – nicht nur für die 17 Schulen, sondern für alle Schulen in Hessen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat die Kultusministerin, Frau Staatsministerin Wolff.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon den Eindruck, dass in der Sache der Fortentwicklung der eigenverantwortlichen Schule – was alle Fraktionen gemeinsam mit der Landesregierung begonnen haben,was immer wieder gemeinsam betont und auch formuliert worden ist – bis zum heutigen Tage kein Streit besteht. Heute werden aber ganz offensichtlich Kleinigkeiten und durchaus auch Dinge, die in einzelnen Verwaltungen noch auszumerzen sind, aufgepumpt und zu einer Landtagsdebatte entwickelt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das hat dieses Thema nicht verdient.

(Beifall bei der CDU)

Ich will sehr deutlich sagen: Es ist notwendig und es ist wichtig, dass alle Fraktionen wieder zu einer Gemeinsamkeit, auch im Antragsverfahren, zurückkehren. Denn es gibt letztendlich in der Sache keinen Streit.

Ich darf auf den Beginn und den Verlauf dieses Jahres zurückkommen. Wir haben in diesen Monaten auf Grundlage von Meilensteinen Aussagen des Ministeriums entwickelt, die auf ausdrückliche Zustimmung der Schulleiter – das sind alles Männer – gestoßen sind, die auch auf ausdrückliche Zustimmung, Herr Riege, von Ihnen gestoßen sind. Sie werden durchgeführt und haben ihren Niederschlag in Erlassen gefunden: im Einstellungserlass, im Auswahlerlass für Beförderungsstellen und in der Lehrerzuweisung. – Das sind ganz klare rechtliche Grundlagen, nicht nur für die Schulen hinsichtlich der Verlässlichkeit darauf, was sie dürfen, sondern auch hinsichtlich des Anspruchs an die Schulverwaltung,dies vor Ort in jedem Detail durchzuführen.

Deswegen ist doch klar, dass im Zuweisungserlass dieses Jahres die Schulen „Selbstverantwortung plus“ mit ihren Stellen separat ausgewiesen sind. Deswegen ist es klar und richtig, dass wir mit den Schulen in einem positiven Gespräch über die Verteilung von Eingangsstellen und Beförderungsstellen sind und dass sie diesen Weg akzeptieren.Wir haben in der Frage des Budgets Klarheit. Dies wurde ausverhandelt. In Vereinbarungen mit den Schulleitern haben wir für 2007 hervorragende Grundlagen geschaffen. Dort sind wir auch zu Zielvereinbarungen gekommen.

Meine Damen und Herren, ich halte es für falsch, wenn sich Fraktionen dann von einem Schulleiter aufsatteln lassen, der ganz offensichtlich Probleme mit seiner Schulverwaltung hat. Lassen Sie uns differenzieren. Herr Riege, Sie wissen, von was wir reden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schuld sind immer die anderen!)

Sie wissen, wovon wir reden, wenn es darum geht, die Schulaufsicht für ein solches Projekt nicht zu zentralisieren, sondern die Schulaufsicht auf dem Weg zur eigenver

antwortlichen Schule mitzunehmen und die Schulaufsicht vor Ort in allen 15 Staatlichen Schulämtern auf dem Weg, diese Aufsicht der eigenverantwortlichen Schule zu wollen, mitzunehmen. Diesen Weg wollen wir gehen.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Das heißt eben auch, die letzten zwei Staatlichen Schulämter, die diesen Weg noch nicht in jedem Detail mitgehen, mitzunehmen und sehr nachdrücklich aufzufordern. Sie können sich darauf verlassen, dass wir dies auch tun.

(Beifall bei der CDU)