Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Der Gesetzentwurf war dem Sozialpolitischen Ausschuss in der 118. Plenarsitzung am 12. Dezember 2006 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung zurücküberwiesen worden.

Der Sozialpolitische Ausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 12. Dezember 2006 behandelt und ist mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zu dem zuvor genannten Votum gelangt.

Zuvor war der Änderungsantrag Drucks. 16/6691 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden.

Vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Dr. Pauly-Bender für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese jetzt bevorstehende Verabschiedung der CDUNovelle zum HGlG ist ein frauenpolitischer Tiefstpunkt in unserem schönen Hessen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Eieiei!)

In Hessen ist lila Pause, seit die CDU regiert. Doch diese minimalistische Novelle hat das Zeug zum Clou.Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz von 1993 war ein frauenpolitischer Pionierstein. Seit 2003 fordern wir von der CDU-Landesregierung eine starke Novelle des Gleichberechtigungsgesetzes. Nach umfänglichen Verwaltungsreformen, Personalabbau und zahlreichen Privatisierungen in Land und Kommunen brauchen wir in Hessen eine HGlG-Novelle, die so konsequent Beispiel gibt wie das Ursprungsgesetz von 1993.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Frau Lautenschläger, es wäre an Ihnen gewesen, zu handeln.Auf die FDP können Sie seit 2003 nichts mehr schieben. Mit den Fachleuten aus Fachverbänden, Gewerkschaften und Frauenverbänden und mit den Frauenbeauftragten haben alle politischen Frauenorganisationen in Hessen, eingeschlossen die Frauenunion, bemängelt, dass diese Novelle gegen elementare Mindeststandards der Frauenförderung verstößt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verfassungsrechtlich gefordert ist jetzt die wirksame Weiterführung der Frauenförderung. Gefordert ist insbesondere, den verbindlichen Frauenförderplan zum Maßstab zu machen, natürlich auch bei Verlagerungen in private Rechtsformen.Im Vorfeld auf Ihren Refrain sage ich: Gute Experimente schließt das nicht aus. Ausgeschlossen werden müssen jedoch Experimente mit der Verbindlichkeit.

Nötig gewesen wäre auch die rechtliche Verankerung des Gender-Prozesses. Wie nötig das ist, zeigen die üblichen völlig uninformierten Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion, z. B. bei der Diskussion der zweiten Lesung.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nötig wäre auch gewesen, die Weisungsunabhängigkeit der Frauenbeauftragten festzuschreiben, ebenso ein praktikables Durchsetzungsinstrumentarium.

Meine Damen und Herren, das Verbessern von Instrumenten war von dieser Frauenministerin aber nie gewollt. Unvergessen ist im Lande: Lange hatte sie noch erwogen, das Gesetz komplett zu kassieren.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund haben Sie sich zu keinem Zeitpunkt für Verbesserungsvorschläge interessiert, noch nicht einmal für jüngste gute Beispiele aus anderen CDU-Ländern, wie sie die SPDFraktion in Anlehnung an die Zusammenstellung der Gesetze des Kommentators von Roetteken nach der zweiten Lesung eingebracht hat.

Fragt man, warum, ist die Antwort einfach. Sie wollen nicht wie Ihre CDU-Kolleginnen in Bayern und BadenWürttemberg streiten: für behinderte Beschäftigte, für die Ausgestaltung des Gender-Prozesses, für die Regelung im Falle von Privatisierungen, für die Vergabe freiwilliger Leistungen, für die sogenannte Entscheidungsquote, für die beste Fortbildung, für die besten Rückkehrerregelungen, für die beste Teilzeit, für die Rechte der Frauenbeauftragten, für den Diskriminierungsbegriff, für Sanktionen und für ein Clearing im Falle von Kontroversen.

Dabei wissen wir, dass Sie hart und durchsetzungsfähig sind, Frau Lautenschläger. Wir werden Ihre Unerbittlichkeit nie vergessen,in der Sie, freilich nach unten, Ihr „Projekt der düsteren Zukunft“ im Lande Hessen durchgesetzt haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber nach oben wollen Sie nicht hart und durchsetzungsfähig kämpfen – für die Frauen im hessischen öffentlichen Dienst und gegen die etablierten Interessen und tradierten Rollenbilder. Da könnte man sich vielleicht in Kabinett und Landesverband unbeliebt machen.

Frau Lautenschläger lässt es kalt, wenn für die Frauen an den privatisierten Kliniken weder Tarifvertrag noch HGlG gilt. Sie lässt es unberührt, wenn in privatisierten Betrieben Vereinbarkeitsprojekte gestoppt werden. Sie findet es natürlich, wenn in den Sparkassenaufsichtsräten nahezu ausschließlich Männer residieren. Sie findet es gut, wenn sich die Frauenbeauftragte im Konfliktfall totlaufen kann an einer ganz experimentell uneinsichtigen Hausleitung.

Ja,statt den verlangten Förderbericht vorzulegen und sich kritischen Fragen auszusetzen, speisen Sie die Beschäftigten und die Öffentlichkeit mit den von Ihnen persönlich gefühlten Förderergebnissen ab. Dürfen die Bürger jetzt auch fühlen, so frage ich die Hessische Landesregierung, ob sie genug Gesetze beachten?

Frau Lautenschläger, wir meinen, eine Frauenministerin, die nicht nach oben für Frauenrechte kämpft, die den Frauen im öffentlichen Dienst am Ende dieses Jahres 2006 Steine statt Brot schenkt, die hat ihrerseits ein Jahresendgeschenk verdient. Für minimalistische Frauenpolitik und Tausende enttäuschter Frauen in Hessen verleiht Ihnen die SPD-Fraktion dieses Hauses heute die frauenpolitische Gurke 2006.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Judith Pauly-Ben- der versucht, Ministerin Silke Lautenschläger eine mit lila Schleife geschmückte Gurke zu überrei- chen.– Ministerin Silke Lautenschläger:Sie können sie gerne behalten! – Abg. Dr. Judith Pauly-Bender (SPD): Dann gebe ich sie zu Protokoll! – Abg. Dr. Judith Pauly-Bender (SPD) legt die Gurke auf das Stenografenpult.)

Frau Pauly-Bender, ich darf Sie bitten, die Gurke wieder mit auf Ihren Platz zu nehmen.

(Abg. Dr. Judith Pauly-Bender (SPD) geht mit der Gurke zu ihrem Platz. – Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Rentsch.

Herr Präsident! Ich möchte zunächst einmal mit der Frage anfangen: Ist es überhaupt erlaubt, Lebensmittel in den Plenarsaal zu bringen?

Sie können ein Rechtsgutachten anfertigen.

(Heiterkeit – Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht sollte ich dann Platz machen für den Ältestenrat. Wenn das gewünscht wird, würde ich meine Redezeit spenden.

Frau Ministerin, wir müssen uns entschuldigen. Die FDPFraktion hat leider kein Geschenk vorbereitet. So schnell haben wir auch nichts mehr organisiert bekommen. Die Gemüsestände auf dem Markt haben leider schon geschlossen; denn sonst hätten wir auch noch etwas aus dem Hut gezaubert.

(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben doch extra dafür den Ladenschluss geändert!)

Meine Damen und Herren, es bleibt dabei, wie wir es in der zweiten Lesung angekündigt haben – ich bitte Sie,sich wieder zu beruhigen;wir haben noch ein paar Minuten gemeinsam zu tagen –: Die FDP-Fraktion wird dem Gesetz aus formalen Gründen nicht zustimmen. Wir sind der Meinung, es ist falsch, dass Sie, Frau Ministerin, die Evaluierung, die wir, FDP und CDU, gemeinsam beschlossen haben, nicht durchgeführt haben. Dies ist der falsche Weg. Die FDP hält sich an das, was sie damals beschlossen hat. Wir halten es für den richtigen Weg, gesetzgeberisches Handeln nach einer gewissen Zeit zu überprüfen, zu schauen, welche Wirkung dieses Handeln entfaltet hat.

Sie tun das nicht, und das bedauere ich. Denn ich glaube, es wäre der richtige Weg, als Gesetzgeber immer wieder zu kontrollieren, ob das, was wir machen – wir sind nicht unfehlbar; keine Fraktion in diesem Hause ist dies –, die gewünschten Ergebnisse zeitigt.

Zum Schluss möchte ich es mit dem Kollegen Reißer halten. Er hat vorhin den Familien in Hessen ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr gewünscht. Das geht natürlich genauso in Bezug auf die Frauen in Hessen. Wir wünschen ihnen ein frohes neues Jahr und ein schönes Weihnachtsfest.

Herr Reißer, ich weiß nicht, ob Sie irgendwelche Geschenke für die Frauen in Hessen vorbereitet haben. Die Frau Ministerin hat jetzt ärgerlicherweise alleine ein Geschenk bekommen. Ich denke, vielleicht gibt es auch noch Geschenke für die Frauen in Hessen. Das Gesetz ist es möglicherweise. Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen.

Aber dazu warte ich auf die Rede der Ministerin. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Dorothea Henzler (FDP) – Florian Rentsch (FDP): Oh, etwas wenig Applaus!)

Vielen Dank, Herr Rentsch. – Es gibt heute keine Geschenke mehr.Ich bitte jetzt um Aufmerksamkeit für Frau Kollegin Ravensburg von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden heute nach der dritten Lesung ein zukunftsweisendes Gesetz für die Frauen in der hessischen Verwaltung auf den Weg bringen.

(Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Nachdem ich die Rede von Frau Dr. Pauly-Bender gehört habe, stelle ich fest, dass sie zwar lange geredet hat, aber heute nichts Neues hinzugekommen ist. Das einzig Spektakuläre war die Preisüberreichung, die ihr auch nicht gelungen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael Sie- bel (SPD): Ich fand sie sehr gelungen!)

Sie sagen, wir sollen das Gesetz zurückziehen. Sie geben uns Gesetzesfragmente anderer Gesetzgeber hinzu. Wir sagen Ihnen klar und deutlich: Wir stehen zur föderalen Struktur in unserer Bundesrepublik. Damit hat Hessen nicht nur die gesetzgeberische Verantwortung für das Gleichberechtigungsgesetz, sondern wir nutzen auch die Möglichkeiten, Gesetze in Hessen so zu gestalten, dass sie unser Land bestmöglich voranbringen. Da brauchen wir uns auch keinesfalls vor anderen Bundesländern zu verstecken.

(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Armes Hessen!)

Denn das gilt auch für das moderne HGlG. Deshalb schenken wir der Sozialministerin heute unsere volle Zustimmung für dieses Gesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Liebe Kollegen, wenn Sie von der SPD erneut das Zurückziehen oder Verschieben des Gesetzes fordern, dann stehen Sie ohne ausreichende Begründung für den Stillstand.Meine Fraktion wird heute für das Gesetz stimmen. Denn wir lassen Frauenpolitik in Hessen keineswegs stillstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael Sie- bel (SPD): Das glaubt Ihre eigene Fraktion nicht mehr!)

Deshalb will ich Ihnen ganz kurz unsere Eckpunkte der Gesetzesnovelle noch einmal darstellen. Ich denke, die Argumente sind in erster und zweiter Lesung ausführlich ausgetauscht worden.Wir sind für die Aufnahme des Ziels der Chancengleichheit für Frauen und Männer als Leitprinzip im Gesetz.Wir stehen für die Schwerpunktsetzung auf den gleichberechtigten Zugang zu Maßnahmen der Personalentwicklung und Fortbildung, um Frauen ebenso wie Männern zielgerecht Förderung zukommen zu lassen und sie zu qualifizieren, damit auch für Frauen bei der Besetzung von höherwertigen Positionen und der Über