Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Frau Hartmann, Sie wollen nicht antworten?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Kann sie nicht!)

Dann hat Herr Beuth für die Fraktion der Union das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht damit beginnen: Herr Hahn, zunächst einmal freut mich, dass Sie nicht der völligen Liberalisierung das Wort geredet haben. Das war zunächst dem Antrag nicht zu entnehmen. Insofern glaube ich, dass es zumindest eine Diskussionsbasis gibt,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Lesen Sie einmal die Begründung!)

sodass wir im Ausschuss die Gelegenheit haben – –

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Lesen Sie die Begründung!)

Herr Kollege Hahn, in aller Ruhe.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nee! Wenn Sie die Unwahrheit sagen!)

Es passiert schon einmal, dass man hier im Landtag alleine steht. Das ist nun einmal so. Damit müssen Sie jetzt umgehen. Das ist Ihr Problem. Daran kann ich nichts ändern.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es geht darum, dass Sie Mist erzählen!)

Herr Kollege Hahn, es erfreut mich, dass wir zumindest eine Basis gefunden haben, auf der wir im Ausschuss weitermachen können. Ich glaube nicht, dass sich die Ministerpräsidenten verzockt haben. Ich glaube nicht, dass sie auf weißen oder schwarzen Wolken geschwebt haben, als sie sich gestern auf den Staatsvertrag geeinigt haben, sondern dass Sie sich verrannt haben. Sie haben sich ver

rannt. Sie haben geglaubt, dass aufgrund der durchaus immensen wirtschaftlichen Interessen, die natürlich bei diesem Spiel beteiligt sind, die Ministerpräsidenten und die Länder keine Einigung zustande bekommen. Sie haben es am gestrigen Tag aber getan, zumindest in der übergroßen Mehrheit. Das zeigt, mit welcher Besonnenheit die Länder vorgehen. Ich glaube, das sollten wir hier zur Kenntnis nehmen.

Lieber Herr Kollege Hahn, das, was Sie hier an markigen Worten wie „Suchtbekämpfungsmonopol“ usw. in die Runde geworfen haben, hilft in der Diskussion am Ende niemandem. Das ist auch klar.Am Ende konnte man den Eindruck gewinnen, dass Sie der relativ einseitigen Fußballprofiargumentation aufgesessen sind.

Meine Damen und Herren, es hilft uns nicht, wenn wir hier darüber diskutieren, Bet and Win zum Gegenstand nehmen und das Trikotsponsoring für Schoppenmannschaften gegen die Sportbundförderung und die Förderung von Übungsleitern gegeneinander ausspielen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Hat das hier jemand gemacht?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich räume ein, einem Monopol das Wort zu reden, ist nicht ganz einfach. Aber es gibt gleichwohl ordentliche Rechtfertigungsgründe.

Ich glaube, der Kollege Hahn möchte gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Der Kollege Hahn will das nachholen,was er gestern nicht gemacht hat! Er hat noch Nachspielzeit von gestern!)

Vielen Dank für den Hinweis, wir haben es gesehen. – Herr Hahn, Sie haben das Wort.

Ich war gestern im Kreistag. – Herr Kollege Beuth, können Sie mir helfen und mir sagen, wer vorhin – war das Frau Hartmann oder ich? – versucht hat, die Hemdchen der Schoppenmannschaften und die Unterstützung der Vereine gegeneinanderzustellen? Ich habe das nicht mitbekommen. Können Sie mir helfen und sagen, wer das gesagt hat?

Ich kann mich sehr wohl an das erinnern, was Sie hier vorgetragen haben. Ich weiß nicht, in welcher Runde Sie zusammen gesessen haben, aber die Stichworte Frankfurter Flughafen, Deutscher Fußballbund und Theo Zwanziger habe ich mir gemerkt. Die Argumentation, die Sie daraus ableiten, ist für mich eindeutig. Dies habe ich mit der Bemerkung vorhin – Thekenmannschaften, Schoppenmannschaften und Trikotsponsoring im Gegensatz zur Landessportbundförderung – auf den Punkt gebracht.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Er lacht wenigstens!)

Meine Damen und Herren, ich war gerade dabei, einzuräumen, dass es mir nicht leicht fällt, am Ende einem Monopol das Wort zu reden. Gleichwohl meine ich, dass die Rechtfertigungsgründe sehr ordentlich sind.Herr Kol

lege Hahn, vielleicht finden wir hier wieder zueinander; denn sogar Sie haben konstatiert, dass der Weltmarkt am Ende Beschränkungen unterliegen muss.

Ich glaube, dass das staatliche Monopol europarechtlich konform ist. Ansonsten hätten die Ministerpräsidenten gestern nicht die entsprechende Entscheidung getroffen. Darüber hinaus unterliegt der Glücksspielmarkt nicht nur in Deutschland, sondern in Europa und auch in Übersee entsprechenden Beschränkungen, sodass es klug ist, dass man heute, ein halbes Jahr nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung, den Markt nicht völlig freigibt; denn die Kollateralschäden, die das am Ende haben könnte, wären zu groß, und am Ende will sie auch niemand.

Herr Kollege Hahn, niemand will Kollateralschäden. Ich glaube, dass das mit eine Begründung dafür war, dass die FDP-Kollegen in den Koalitionen der Länder bei der Zustimmung zu dem Staatsvertrag mitgemacht haben. Ich meine sogar,aus Nordrhein-Westfalen sei ein FDP-Innenminister mit dabei gewesen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da hat der Airbag nicht funktioniert beim Kollateralschaden! – Heiterkeit)

Ich glaube insofern, dass wir nicht Sorge haben müssen, dass FDP-Positionen nicht entsprechend bedacht worden sind.

Meine Damen und Herren,das Bundesverfassungsgericht hat erklärt, dass es für das Sportwettenmonopol eine Rechtfertigung gibt, die in den legitimen Gemeinwohlzielen begriffen ist. Das geht so weit, dass der staatliche Eingriff, dass die Normierung und die Kontrolle gerechtfertigt sind.Hierzu bietet das Bundesverfassungsgericht zwei Möglichkeiten an. Die eine hat die Kollegin Hartmann hier bereits vorgestellt. Für diese Möglichkeit haben sich die Ministerpräsidenten gestern entschieden: das Sportwettenmonopol. Die andere Möglichkeit wäre die Konzessionierung.

Jedenfalls ist aber eine Beschränkung zulässig. Herr Kollege Hahn,insofern glaube ich,dass wir in der Analyse des Urteils vom Bundesverfassungsgericht doch ein bisschen auseinander liegen. Es eröffnet nämlich dem Gesetzgeber vielmehr die Wahlfreiheit zwischen den zwei Alternativen: Entweder bleibt das Wettmonopol bestehen, wird aber verfassungskonform ausgestaltet, wie das in dem Staatsvertrag nunmehr versucht wird, oder die gewerbliche Veranstaltung von Sportwetten durch Private wird gesetzlich normiert und kontrolliert zugelassen. Entscheidet sich der Gesetzgeber für den Erhalt des Wettmonopols, so sind folgende Anforderungen zu erfüllen:

Art und Zuschnitt der Sportwetten müssen gesetzlich festgelegt sowie Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung getroffen werden. Die Werbung hat sich auf eine Information und Aufklärung über Möglichkeiten zu Wetten zu beschränken. Vorkehrungen für den Einzelschutz des Spielers, z. B. die Selbstsperren, sollten eingeführt werden, und Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren, die über das bloße Bereithalten von Informationsmaterial hinausgehen, sind zu ergreifen.

Des Weiteren sind die Vertriebswege so zu wählen, dass Möglichkeiten des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Dabei läuft insbesondere eine Verknüpfung von Wettmöglichkeiten mit Fernsehübertragungen von Sportereignissen aus Sicht der Richter dem Ziel zuwider.

Diesen Vorgaben kommt unseres Erachtens der Staatsvertrag, der gestern zum Abschluss in Aussicht gestellt wurde, entgegen. Ich glaube auch, dass die Frage der Suchtprävention in der Tat ein starkes Argument ist. Kollegin Hartmann war so freundlich, die Argumente hier vorzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Insbesondere im Bereich der Sportwetten ist das, so glaube ich, unbestritten. Denn die Sportbegeisterung nutzt am Ende noch viel intensiver Emotionen aus als andere Glücksspiele. Wenn ich insbesondere daran denke, dass Online-Live-Wetten mit angeboten wurden, bei denen durch zusätzlichen Nervenkitzel im Grunde eine erhöhte Gefahr bestanden hat, dann glaube ich, dass es richtig ist, dass man sich diesem Argument in der Tat vernünftig zuwendet.

Daher sind Suchtprävention und Jugendschutz ein sachlicher und nicht von der Hand zu weisender Grund. Dieser Punkt ist bereits von den staatlichen Anbietern entsprechend aufgegriffen worden. Frau Kollegin Hartmann war so freundlich, das hier bereits vorzutragen.Aber darüber hinaus hat das Wettmonopol natürlich auch noch eine weitere Aufgabe. Es bewahrt nämlich auch vor kriminellen Strukturen, die aufträten, wenn wir eine völlige Liberalisierung hätten.

Ich glaube, am Ende zählt aber – und das ist bei beiden Beiträgen deutlich geworden – natürlich auch die Frage des Geldes. Das wirtschaftliche Interesse, das hinter Sportwetten steht, ist natürlich immens. Es sind insgesamt 8,5 Milliarden c, die in dem Bereich des Glücksspiels zu verdienen sind. Das ist natürlich ein gewichtiges Argument. Bei den Sportwetten hatten wir in den vergangenen Jahren eine Steigerung von 400 % zu verzeichnen. Eine solche Zahl habe ich gelesen. Das ist am Ende ein hochinteressantes Geschäft. Daher kann man auch täglich in Zeitungen in großen Anzeigen nachlesen, dass die Wettlobby ein ganz anderes Interesse hat als das, was wir hier wahrzunehmen haben.

Aber ich glaube auch, dass es richtig ist, dass wir uns davon nicht unter Druck setzen lassen. – Der Kollege Klee ist so freundlich, die schwarz-rot-goldene Broschüre, die den Landtagsabgeordneten vorgestern zur Kenntnis gebracht wurde, hochzuhalten. – Ich glaube, dass wir mit dem Staatsvertrag, der ab 2008 gilt, am Ende auch eine ordentliche Übergangsfrist einräumen, sodass man sich danach richten kann.

Die Gemeinwohlorientierung ist schon dargestellt worden. Ich will das in folgendem Punkt noch einmal aufgreifen. Mit dem, was z. B. Lotto Hessen im Jahr 2005 umgesetzt hat, nämlich 630 Millionen c, wurde in ganz erheblichem Maße nicht nur der Sport gefördert, der hier in Rede stand, sondern darüber hinaus auch der Denkmalschutz, die freie Wohlfahrtspflege, die Jugendbildung, der Jugendring, der Deutsche Olympische Sportbund, der hier zu den Destinatären gehört. Insgesamt sind es fast 40 Millionen c, die hier für Zwecke des Gemeinwohls ausgeschüttet werden.

Wenn wir uns den Bereich des Sports ansehen, der sachnah an den Sportwetten ist, sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen, dass der Landessportbund damit nicht etwa Funktionäre bezahlt, sondern das kommt schlicht und ergreifend den Übungsleitern, den Zuschüssen für Übungsleiter in den Vereinen, den Versicherungen für die

Vereine, dem Sportstättenbau oder auch der Bezuschussung von langlebigen Sportgeräten zugute.

(Zuruf des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Ich finde, an dieser Stelle ist es klug, wenn wir besonnen damit umgehen. Denn am Ende fehlt zumindest mir die Vorstellung dafür, was passiert, wenn diese Einnahmen aus dem Lotto nicht mehr den jetzigen Destinatären zukommen und wenn dann der FDP-Fraktionsvorsitzende oder der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion mir nichts,dir nichts sagt,dass wir dies in Zukunft aus dem Staatshaushalt bezahlen werden. Insofern glaube ich, es ist klug, dass wir wirklich sehr besonnen mit dieser Frage umgehen.

Ich denke, wir haben mit dem Staatsvertrag, der gestern zum Abschluss in Aussicht gestellt wurde, eine gegenwärtig richtige Maßnahme ergriffen. Ich glaube, das eröffnet uns auch die Zeit, zu überlegen, wie am Ende der Wettspielmarkt vernünftig organisiert werden kann. Es ist daher, Herr Kollege Hahn, weder ein Schnellschuss, noch ist es unüberlegt. Sondern es dient gerade dazu, dass man in Ruhe und Gelassenheit die Frage miteinander noch einmal erörtern kann und unter anderem auch die europarechtlichen Regelungen noch einmal miteinander diskutiert. Denn das, was Sie als Gegenpart zu dem Wettmonopol anzubieten haben, nämlich das Konzessionsmodell, ist genauso eine Marktbeschränkung und unterliegt genauso europäischen Regelungen. Wenn Sie das schon infrage stellen, dann ist es da genauso wenig sicher, dass am Ende diese Marktbeschränkung Gültigkeit haben wird.

Es ist klug, dass wir im Bereich der Sportwetten besonnen handeln. Das haben die Ministerpräsidenten gestern gemacht, indem sie den Staatsvertrag zumindest einmal ausgehandelt haben. Insofern ist es klug, dass wir auch weiter so besonnen handeln, indem wir den Antrag im Ausschuss weiter beraten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Frömmrich das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Beuth hat gerade noch einmal gesagt, dass wir in dieser Frage ruhig und besonnen diskutieren und argumentieren sollten.Das würde ich auch sagen.Wir hatten am Freitag letzter Woche – ich glaube, da war das – die Freude, dieses Thema auch bei der Landessportkonferenz anzusprechen. Die Freude darüber, dass wir im Hessischen Landtag an exponierter Stelle über dieses Thema als gesetzten Beitrag reden, ist dort nicht gerade auf Gegenliebe und Zuneigung gestoßen. Ich hätte mir gewünscht, dass wir uns dafür in diesem Bereich, der in der Tat relativ komplex ist, der auch schwierig zu regeln ist und für den es auch nicht die einfache und schnelle Antwort gibt, Zeit genommen hätten und das intensiv in den Ausschüssen mit Sachverstand hätten diskutieren können. Das ist nun nicht der Fall. Deswegen diskutieren wir es heute hier im Plenum des Hessischen Landtags.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ohne Sachverstand!)