Protokoll der Sitzung vom 07.03.2007

Wenn Sie gegen die Klimaveränderung, die wir gerade beschreiben, mit Ihren Kernkraftwerken etwas tun wollen – sozusagen ihre Fortsetzung schreiben –, dann werden wir an andere Grenzen stoßen. Das heißt, Sie bauen für wenige Jahre mit Milliarden Euro auf eine Technik, die unter Umständen, die Sie bekämpfen wollen, gerade nicht mehr richtig funktioniert – ein völlig absurdes Verhalten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Was ist mit Wasserkraft im Sommer?)

Der nächste spannende Punkt in Ihrer Debatte. Es funktioniert nicht, was Sie so süß vorschlagen. Ich darf mit Ihnen, wenn Sie Ihr großes Misstrauen in politische und wissenschaftliche Ratgeber kultivieren, einmal auf die Unternehmensseite gehen. Viele haben vor viereinhalb Jahren die Studie bejubelt, die BP und Shell vorgelegt haben. In der steht: Bis zum Jahre 2050 kann die Hälfte des Gesamtweltenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien realisiert werden.

Was sozusagen Voraussetzung war, ist ein Konzept ohne Energieeinsparung, sondern geht von einer Verdoppelung des Weltenergieverbrauchs aus. Wenn wir aber an der Stelle schlicht das, was wir heute schon angedacht haben, anfangen mit der energetischen Gebäudesanierung bis zur Reduzierung von Verbrauch und Industrie ernst zu nehmen, dann sind wir in einer Situation, dass der Anteil erneuerbarer Energien bis 2050 die Hälfte weit überschritten hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)

Sie legen Steine in den Weg, statt es zu befördern. Sie sorgen dafür, dass wir in der Vergangenheit verhaftet bleiben, dass dieses Betondenkmal in Biblis weiterlaufen wird,

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

statt dass wir dafür sorgen, dass die Menschen, die nach uns kommen, eine Chance haben, mit dem zu leben, was sie brauchen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu passt auch – das finden wir in vielen Zeitungsartikeln –, dass Sie im Prinzip all das, was in die richtige Richtung geht, abgeschafft haben und dafür Ihre Pflasterprogramme für kleine und regenerative Energien haben. Ich finde es schon spannend, dass in Hessen der Landwirtschaftsminister – ich nenne Sie für einen kleinen Moment so – mehr als der Wirtschaftsminister für die Energieversorgung getan hat, der in dieser Frage auch einen Großteil zu tun hätte. Das finde ich schon ein ganz spannendes Konzept.

(Zuruf des Ministers Dr. Alois Rhiel)

Der spannende Punkt ist – das habe ich schon einmal hier gesagt –: Witzig finde ich, dass es immer dann passiert, wenn der Bauernverband ein neues Geschäftsfeld entdeckt hat. Da gibt es vielleicht Zusammenhänge, aber das ist ein anderes Kapitel.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich würde gerne noch einmal darüber reden, wie Sie bei der Debatte über Klimaschutz im Prinzip die ganzen schönen Formeln

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vom Landwirt zum Ölscheich!)

von Unternehmertum in Deutschland einfach auf den Kopf stellen. Normal heißt das, wenn Sie die großen Konzerne erleben, die über ihre Unternehmen in den Zeitungen reden, dass Sie sagen: Wir müssen technologisch vor den anderen sein; wir brauchen eine Frühmarkteinführung;

(Elisabeth Apel (CDU): Was haben Sie denn in Ihrer Regierungsverantwortung getan?)

wir müssen Marktanteile früher erobern; wir müssen uns ehrgeizige Ziele setzen; wir müssen an der Stelle dafür sorgen, dass wir, die zuerst am Markt sind, auch zusätzliche Gewinne machen.

(Elisabeth Apel (CDU): Eben!)

Was passiert aber beim Klimaschutz? Beim Klimaschutz – Sie haben es heute in den Zeitungen nachlesen können – machen wir nur im Geleitzug mit den anderen Ländern mit. Das heißt, der Langsamste bestimmt die Geschwindigkeit. Das heißt, wir verschenken extra Gewinne und Marktanteile. Wir warnen ausdrücklich davor, uns ehrgeizige Ziele zu setzen.

(Elisabeth Apel (CDU): Wo sind denn Ihre ehrgeizigen Ziele unter Ihrer Regierungsverantwortung?)

Sie haben doch gerade die ehrgeizigen Ziele bekämpft, die wir setzen. Sie haben doch gerade bekämpft, dass wir uns in Hessen auf den Weg machen, eine vernünftige Energiepolitik zu machen – genau Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Ich sage Ihnen einmal, wo das endet. Wir hatten das alles schon einmal.

(Elisabeth Apel (CDU): Wo denn?)

Wir waren in Deutschland in der Situation, dass die deutsche Industrie die Nummer eins bei den ökologisch nachhaltigen Technologien waren. Es war eine CDU-Bundesregierung, die das Schritt für Schritt demontiert und Deutschland wieder in die Situation gebracht hat, dass wir plötzlich hinter anderen Ländern der Welt herhinken.

(Elisabeth Apel (CDU): Was hatten Sie denn unternommen?)

Genau das Gleiche tun Sie heute wieder. Ich glaube, an dieser Stelle müssen wir die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Ihnen schützen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Vogelsbergkreis sehen Sie, was wir auf den Weg gebracht haben!)

Ich finde es relativ spannend, dass Sie im Prinzip in einer Welt agieren, in der es irgendwie nur um die großen Kraftwerke geht.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Al-Wazir, hier vorne ist der Redner. – Danke schön.

Das ist schon okay. – Man kann es so oder so diskutieren, wie Sie mit der Frage Verkehr umgehen. Aber dass die hessische CDU den CO2-Ausstoß auf einem Autobahnteilstück in Hessen gerade um 15 bis 20 % erhöht hat, ohne dass darüber eine Debatte stattgefunden hat, finde ich schon ganz spannend. Man kann sagen: Wir wollen das. – Aber Sie können auf keinen Fall so tun, als sei das etwas, was nichts mit CO2 zu tun habe.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich den Gesamttenor Ihres Beitrages anschauen, dann, so glaube ich, hat das schon etwas mit dem Sendeschwerpunkt des „Hessischen Rundfunks“ zu tun. Der hat nämlich die Fünfzigerjahre in den Mittelpunkt gestellt.

(Heiterkeit des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich gehe weiter in die Achtzigerjahre. Da sind die Gründer wie Bill Gates verspottet worden, weil sie auf kleine intelligente Personalcomputer gesetzt haben. Nein, hieß es, solche Rechenleistung können wir nur mit großen Anlagen leisten. – Sie leisten sich gerade die gleiche Debatte. Ihre Energiepolitik hat mehr mit Breschnews Tonnenideologie zu tun als mit intelligenten Lösungen in der Geschichte.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Punkt ist exakt das Gleiche:

(Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Wir sind heute in der Lage, große Einrichtungen durch dezentrale Einrichtungen zu ersetzen, die so gestrickt sind, dass sie gemeinsam so funktionieren wie große Anlagen, die aber die Wertschöpfung in der Region lassen. Was Sie machen, ist, die Menschen in der Region mit der Wertschöpfung alleine zu lassen, weil Sie nicht in der Lage sind, den technologischen Fortschritt in der Steuerung von Anlagen zu begreifen, sondern weil Sie schlicht Großanlagen-Tonnenideologie betreiben. Das ist eine Energiepolitik, die nicht nur von gestern, sondern von vorgestern ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Das merkt man übrigens auch bei der Debatte um Ihre Windrotoren, die Sie gerade angeführt haben. Sie haben nur im Kopf, dass eine Windanlage besser und leistungsfähiger sei, wenn sie größer wird. Was ein Quatsch.

Wir haben in Deutschland Ingenieure, die in der Lage waren, in den letzten Jahren dafür zu sorgen, dass Anlagen bei gleichbleibender Masthöhe das Doppelte oder Dreifache ihrer früheren Leistung erreichen. Sie aber verhindern, dass diese Anlagen aufgestellt werden. Sie verhindern mit Ihrer Regionalpolitik sogar, dass die Anlagen, die es heute gibt, so nachgerüstet werden, damit wir das, was wir brauchen, noch machen können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elisabeth Apel (CDU): Was ein Quatsch!)

Meine Damen und Herren von der CDU, an dieser Stelle sage ich Ihnen relativ freundlich: Sie reden immer davon, dass Sie etwas für den ländlichen Raum tun. Sie sind aber die Investitionsverhinderer im ländlichen Raum.

Wir sagen, die Gemeinden sollen selbst entscheiden können, wie sie ihre Energieversorgung sicherstellen und welche Energieproduktion sie auf ihrem Territorium zulassen wollen. Das ist praktizierte Demokratie, praktizierte Regionalpolitik. Mit Verlaub: Das nutzt Arbeitsplätzen, der Wirtschaft und der Umwelt. Das ist eine andere Energiepolitik als Ihre.

Ich gestatte mir noch die Bemerkung: Ich bin bereit, mit Ihnen zu wetten, dass Sie zukünftig in der Energiepolitik diesem Vorschlag hinterherrennen werden, weil es der ist, der sich gesellschaftlich durchsetzen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Das Wort hat Herr Abg. Heidel für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit Interesse habe ich diese Debatte eben ver