Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich gemeldet, um auf Frau Lautenschläger zu replizieren. Ich will fünf kurze Bemerkungen machen.
Erstens. Unter der Regierung Wallmann – an die wir uns natürlich auch noch erinnern – haben Sie sich eines Kindergartengesetzes gerühmt, mit dem Sie lediglich 6.000 neue Plätze geschaffen haben.
Zweitens. Anschließend, in der 13. und 14. Legislaturperiode, hat in Hessen Rot-Grün regiert und in einem beispiellosen, bundesweit anerkannten investiven und konsumtiven Ausbauprogramm 60.000 neue Plätze in Hessen geschaffen.
Wir haben die erweiterten Öffnungszeiten auf 50 % der vorhandenen Plätze ausgedehnt und mit der CDU in den Kommunalparlamenten darüber gestritten, ob das wirklich nötig ist.
Ja, damals war ich Sprecherin. Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Ich habe Buch geführt. Herr Kollege, das ist keine Märchenstunde. Wenn Sie diese Information nicht haben, dann sind Sie vielleicht als Generalsekretär an dieser Stelle besser in der schweigenden Rolle.
Drittens. In der Familienenquete dieses Hauses haben wir mit der CDU darüber gestritten, ob eine Mutter arbeiten gehen darf. Wir konnten uns lange nicht darauf einigen, wie das Familienbild zwischen den Parteien verhandelt werden soll.
Deshalb hat die hessische CDU bei ihrer Regierungsübernahme zu Beginn der vorletzten Legislaturperiode beim Thema Kinderbetreuung auf der Bremse gestanden – mein vierter Punkt. Wenn Sie die Zahlen zusammennehmen und das einrechnen, was Sie den Kommunen wegnehmen und als Eigenes deklarieren,
Fünftens. Wenn sich heute die Ministerin hinstellt und vom BAMBINI-Programm spricht, dann deshalb, weil sie dafür Bundesmittel verwendet. Und warum spricht sie von besseren Betreuungsquoten? Sie kann sich auf den demografischen Wandel stützen. Wir haben weniger Kinder.Wenn wir sagen, heute ist die prozentuale Abdeckung besser, dann liegt das nicht an den Platzzahlen, sondern ganz besonders daran, dass die hessischen Kommunen die Kindergärten umstrukturieren, erweiterte Gruppen einrichten und deshalb die Kleinsten besser versorgen können, da wir objektiv einfach weniger Kinder haben. Meine Damen und Herren,die Märchenstunde hält hier die Hessische Landesregierung ab.
Herr Reißer, wenn Sie früher nicht hier waren, dann rechne ich Ihnen das gerne zu.Aber wenn man hier so auftritt wie Sie, dann sollte man die alten Diskussionen nachblättern, damit man weiß, worüber man redet.
Es ist vereinbart, die beiden Anträge dem Sozialpolitischen Ausschuss zu überweisen. – Dem widerspricht niemand, dann ist das beschlossen.
Antrag der Fraktion der FDP betreffend Senkung des Mehrwertsteuersatzes von Arzneimitteln auf 7 % – Drucks. 16/6073 –
Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Das Wort für die Antragsteller hat Herr Kollege Rentsch.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen heute einen weiteren Versuch unternehmen, die gesundheitspolitische Kompetenz der Landesregierung für Hessen zurückzugewinnen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist uns leider aus den verschiedensten parteipolitischen Gründen bei der Gesundheitsreform nicht gelungen – wo Hessen eigentlich bis zum Eintritt in die Große Koalition eine sehr vernünftige Position hatte. Seitdem ist das leider nicht mehr der Fall.
Meine Damen und Herren, wir versuchen heute, die Chance zu nutzen, dass Hessen bei einem sehr wichtigen Problem eine Initiative startet und seine Kompetenzen im Rahmen des Bundesrates nutzt.
Es geht um die Kosten der Arzneimittel in Deutschland. Jeder von uns ist einmal Patient. Sie wissen alle, dass Arzneimittel in Deutschland teurer sind als in anderen europäischen Ländern. Das hat unterschiedliche Gründe. Ein Hauptpunkt ist, dass in Deutschland auf Arzneimittel ein höherer Mehrwertsteuersatz erhoben wird als in anderen Ländern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Länder haben eine Abstufung: den normalen Mehrwertsteuersatz und einen vergünstigten.Nicht erst seit Friedrich II.– der das damals mitbegründet hat und Lebensmittel und andere Gegenstände des unmittelbaren täglichen Bedarfs zu einem geringeren Steuersatz hat verkaufen lassen – haben wir in Deutschland die Diskussion, warum wir nicht Arzneimittel, die unstrittigerweise ein lebenswichtiges, täglich notwendiges Gut sind, mit einem ermäßigten Steuersatz belasten.
Ich glaube, das ist wichtig.Wenn Sie mit Patientenverbänden sprechen, mit Apothekern, mit Krankenhäusern, mit Vertretern der gesetzlichen Krankenkassen – alle Experten werden Ihnen sagen, es ist falsch, dass wir in Deutschland einen erhöhten Mehrwertsteuersatz auf Medikamente haben.
Die Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland – die Steuer wurde trotz des SPD-Versprechens von 16 auf 19 % erhöht – sorgt dafür, dass wir in diesem Jahr Mehrausgaben bei den Arzneimitteln von 900 Millionen c haben werden. Ein Irrsinn.
Das zeigt, dass wir nicht das Verfahren linke Tasche, rechte Tasche machen sollten, sondern dafür sorgen, dass die Arzneimittel in Deutschland genauso eingestuft werden wie viele andere Güter des lebensnotwendigen Bedarfs.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich das anschauen, werden Sie feststellen, dass natürlich auch ein
Apotheken stehen in Deutschland natürlich mittlerweile auch im Wettbewerb zu Apotheken aus anderen Ländern. Frau Kollegin Schulz-Asche, Sie können die Arzneimittel auch über Supermärkte verkaufen, wenn Sie das wollen. Fakt ist aber,dass Arzneimittel in Deutschland teurer sind als in anderen Ländern.
Diese Tatsache sorgt dafür, dass zurzeit Apotheken in Deutschland einen Wettbewerbsnachteil haben. Es wäre gut, wenn wir aus Hessen dieses Signal setzen würden, dass wir wollen, dass Arzneimittel genauso behandelt werden wie andere lebensnotwendige Güter des täglichen Bedarfs.
Meine Damen und Herren, ich möchte zu diesem Punkt noch etwas sagen. Es ist doch abstrus, dass wir in Deutschland beispielsweise Zuchttiere, Maultiere, Eigelb – ausgenommen ungenießbare Eier – und andere Güter mit einem verringerten Mehrwertsteuersatz versehen,
aber Arzneimittel – Herr Kollege Frömmrich, dazu komme ich noch –, die unstrittigerweise zum wichtigen täglichen Bedarf gehören, mit einem erhöhten Mehrwertsteuersatz. Meine Damen und Herren, diese Systematik können Sie niemandem erklären.
Herr Kollege Frömmrich, es ist richtig, dass Tierspielzeug und Hundefutter ebenfalls dazugehören, ebenso wie Schnittblumen. Meine Damen und Herren, es ist abstrus, was dort in Deutschland passiert.
Deshalb sagen nicht nur viele Experten des Gesundheitssektors, es ist dringend notwendig, in Deutschland endlich die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken. Denn einerseits ist sie eine Belastung für Patienten und Verbraucher in unserem Land. Sie ist aber auch eine Belastung für die gesetzliche Krankenversicherung und die Apotheken in Deutschland,die letztendlich auch im Wettbewerb zu Apotheken aus anderen Ländern in Europa stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Liberale sind der festen Überzeugung – ich weiß,das wird auch von dem kompetenzpolitischen Teil der Union geteilt, aber auch von anderen Fraktionen in diesem Haus –, dass es dringend notwendig wäre, die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zu senken.
Nachher in der Debatte wird wahrscheinlich das Argument kommen: Das würden wir alles gerne tun, aber die Große Koalition hindert uns daran.
Frau Lautenschläger, lassen Sie sich nicht entmutigen.Als Unterstützer haben Sie auf jeden Fall die FDP in diesem Hause, die an Ihrer Seite steht,
wenn Sie gegen die Große Koalition auf Bundesebene kämpfen wollen. Wir stehen an Ihrer Seite. Auch der Ministerpräsident kann sicher sein, die FDP wird nicht locker lassen, wenn es darum geht, hier Anstrengungen zu unternehmen, um die Union vom Besseren zu überzeugen.
Lassen Sie uns heute diesen Antrag beschließen. Es wird dann immer noch einen Kampf geben, ob wir das auf Bundesebene umsetzen können. Aber das ist ein Kampf, der sich im Interesse der Patienten in Deutschland lohnt. – Vielen Dank.