Noch einen Satz. – Wir wollen, dass alle Bürger, vor allem auch junge Menschen, Europa nicht als Risiko begreifen, sondern als ihre Chance für Freiheit, für Demokratie und für Wohlstand. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sie glauben uns hoffentlich, dass wir das gern täten.Aber wir hatten eine ausführliche Debatte zur Europapolitik aus Anlass der Regierungserklärung der Landesregierung zu Europa. Das will ich jetzt nicht wiederholen. 50 Jahre nach Abschluss der Römischen Verträge stellen wir dreierlei fest.
Erstens. Die europäische Idee hat eine große und erfolgreiche Vergangenheit. Das ist von allen gesagt worden. Zweitens. Die europäische Idee hat auch eine große Gegenwart,die viel bedeutender ist,als die Gründungsväter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft es sich hätten träumen lassen. Aber das Dritte ist, dass bedauerlicherweise die Zukunft der Europäischen Union nebelverhangen ist und ausgesprochen düster aussieht.
Zu diesem Schluss muss gelangen, wer die ominöse Berliner Erklärung sorgfältig durchliest und wer sich vor Augen hält, dass dies bereits der größtmögliche Einigungsgrad von 27 Mitgliedstaaten sein soll. Meine Damen und Herren, wenn das alles ist, worauf sich die 27 Mitglied
Graham Watson, der Vorsitzende der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament, hat bei der Debatte über die Berliner Erklärung gesagt, die Berliner Erklärung müsse so formuliert sein, dass man sie auch in Form von Thesen an die Kirchentür von Wittenberg nageln könnte. Diesem hohen Anspruch wird diese Erklärung weiß Gott nicht gerecht.
Bezeichnend ist,dass das Europäische Parlament diese Debatte führen musste, ohne die Erklärung zu kennen. Inzwischen habe ich eine gewisse Vermutung, warum das so war. Ich vermute, dass sich die Frau Bundeskanzlerin schlicht geschämt hat, den Text hinzuschicken. Man hat lieber diskutiert und anschließend den Text veröffentlicht. Denn der Text ist in der Tat eine Sammlung von Plattitüden.
Die gesamte Berliner Erklärung enthält eine einzige halbwegs konkrete Aussage: Bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 soll die Europäische Union auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage gestellt werden. – Da ist keine Rede von Verfassung, von Verfassungsvertrag, von Grundlagenvertrag oder Grundvertrag. Es ist keine Rede von den hehren Zielen, keine Rede von Außen- und Sicherheitspolitik, kein Wort zur Weiterentwicklung des europäischen Binnenmarktes, kein Wort zur Überwindung des Einstimmigkeitsprinzips. Es ist keine Rede von den demokratischen Rechten für das Parlament, keine Rede von inhaltlicher Vertiefung
es wäre schön, wenn auch die Landesregierung dem Redner zumindest dem Schein nach ihre Aufmerksamkeit widmen könnte –,
Wenn wir das alles in Kauf nehmen und uns den einzigen Satz anschauen, in dem eine konkrete Aussage steht, dann stellen wir fest,dass auch dieser Satz bereits innerhalb von 24 Stunden zunichte gemacht worden ist, weil zwei Mitgliedstaaten – Polen und Tschechien – erklärt haben, man könne bis 2009 allenfalls einen Text haben, eine Ratifizierung dauere dann aber noch mehrere Jahre. Also ist auch diese Aussage bedauerlicherweise nichts wert.
Nein,diese Berliner Erklärung ist windelweich.Die Europäische Union hat es verdient, ob ihrer Erfolge gefeiert zu werden, die Berliner Erklärung indessen wahrlich nicht.
Dass Europa unsere gemeinsame Zukunft ist, ist unbestreitbar wichtig. Aber das ist ein solcher Allgemeinplatz, dass damit z. B. Wladimir Putin in der „Sonntags-FAZ“ wortgleich zitiert worden ist. Wir müssten uns doch auf mehr als darauf einigen können, Putin recht zu geben.
Wenn dies die Weichenstellung der deutschen Ratspräsidentschaft zur Hälfte ihrer Amtszeit gewesen sein sollte,
dann muss ich leider feststellen: Der europäische Zug fährt nach Nirgendwo. Ich sage nicht, dass dies die Schuld der Bundeskanzlerin oder ihres Außenministers ist. Aber von irgendetwas wie einem Erfolg kann wirklich nicht die Rede sein.
Meine Damen und Herren, wer das nicht glaubt und sich darauf verlässt, dass Monsieur Chirac die Frau Bundeskanzlerin mit einem Handkuss bedacht hat, wer ihr Outfit lobt und wer sich darüber freut, dass alle aufgestanden sind, als sie die europäische Hymne gesungen haben – die sorgfältig platziert worden ist, es wird sich keiner geweigert haben –,der möge die Weltpresse lesen,der soll lesen, was „El Mundo“ schreibt, der soll lesen, was „La Stampa“ schreibt, was „Le Soir“ schreibt, was die „Times“ schreibt und was in Bulgarien berichtet wird. Dann wird man sehr schnell eines feststellen:Wenn Europa unsere Zukunft ist, dann sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der historischen Pflicht, sie konstruktiv gemeinsam weiterzuentwickeln.
Wenn der Fortschritt der Idee Europa nicht im Geleitzug der 27 Mitgliedstaaten möglich ist, dann müssen wir uns endlich offen zu dem Prinzip bekennen, als Avantgarde voranzumarschieren und andere folgen zu lassen. Nichts wäre schlimmer und für uns alle verheerender als ein Scheitern der Idee Europa an Selbstzufriedenheit, Ideenlosigkeit oder Provinzfürstentum. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist viel Positives über Europa gesagt worden. Ich will das nicht wiederholen. Ja, Europa ist ein einmaliges Projekt. 50 Jahre sind allemal ein Grund zum Feiern.Aber es ist an der Zeit, mehr als schöne Reden über Europa zu halten. Denn man kann nicht leugnen, dass Europa in einer Krise ist.Herr von Hunnius hat das eben schon gesagt: Die wolkige Berliner Erklärung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Prozess der europäischen Einigung stockt.
Die CDU hat die Aktuelle Stunde beantragt. Schauen wir einmal, was diese Hessische Landesregierung macht. Wir haben 60-Jahr-Feiern für Hessen en masse gehabt. Wie viele 50-Jahr-Feiern für Europa gab es in Hessen? Ich kann mich an keine wesentliche der Landesregierung erinnern. Da zeigt sich doch schon, welchen Stellenwert Eu
Wenn man Herrn Hoff in seinen Reden über Europa hört, stellt man fest, dass er immer nur einen positiven Satz über Europa sagt, und dann erweckt er den Eindruck: Da kämpft ein Europaminister energisch gegen den Moloch der europäischen Bürokratie, da kämpft ein Europaminister gegen die FFH-Richtlinie, da kämpft er gegen Abgasnormen, die angeblich zu streng sind, da kämpft er gegen REACH.
Man könnte die Liste beliebig fortsetzen, gegen was alles Herr Hoff und auch sein Vorgänger gekämpft haben und kämpfen und sich für Hessen ins Zeug legen. Herr Minister, liebe Landesregierung, liebe CDU-Fraktion, wo ist denn aber das Projekt Europa, das Sie mit Euphorie nach vorne bringen? – Das ist Fehlanzeige.
Dass Herr Hoff in diesem Punkt ein getreues Abbild des Herrn Ministerpräsidenten ist,kann man daran erkennen, dass es der Herr Ministerpräsident tatsächlich fertiggebracht hat, quasi im zweiten Satz einer in Brüssel gehaltenen Rede zu sagen: Europa ist so lange gut, wie es uns in Ruhe lässt. – Das zeigt, dass diese Landesregierung im Kern unheimlich provinziell ist. Das ist das Problem, wenn diese CDU Europadebatten veranstaltet.
Europa ist in der Krise. Der Verfassungsprozess kommt nicht voran. Wir haben dieses Thema vorgestern in der Fragestunde behandelt. Es nützt nichts, zu sagen: Okay, irgendwie wird es weitergehen. – Es geht an diesem Punkt eben nicht weiter. Man muss sich Gedanken darüber machen, wie es vorangehen soll. Wir warten darauf, dass die Landesregierung an irgendeinem Punkt einen konstruktiven Vorschlag macht.Aber der kommt nicht.
„Feiern statt Taten“ kann man dazu nur sagen. Das ist nicht der Weg, auf dem Europa an vielen Punkten vorangebracht wird.
Was sagt diese Landesregierung zu einem der wichtigsten Punkte? Dafür muss man Angela Merkel loben; sie hat ihn zumindest auf die Tagesordnung gesetzt. Dazu gibt es jetzt viele Erklärungen. „20-20-20“ ist ein hohes Ziel. Dem können wir zustimmen, auch wenn wir uns „30-30“ als Ziel gewünscht hätten. Aber das ist immerhin ein erster Schritt. Für die CDU ist das sogar ein gewaltiger Schritt, wie man sagen muss.
Aber wenn man sich die Realität anschaut, stellt man fest, dass es, wenn es so bleibt, wie es ist, auch da keinen Erfolg geben wird. So, wie die Kyoto-Ziele in vielen Punkten nicht erreicht werden, wird auch diese Strategie wahrscheinlich keinen Erfolg haben, wenn die Klimaschutzpolitik in Europa nicht gleichzeitig mit einem Sanktionskatalog verbunden wird. Das heißt, wir müssen verbindlich festlegen, dass derjenige, der diese Ziele in Europa nicht erreicht, auch mit Strafen rechnen muss. Das wäre ähnlich wie beim Euro.