Wir haben uns viel Mühe gemacht. Wir haben auch viele Diskussionen geführt.Wir haben uns das eine oder andere Mal gestritten. Wir kennen uns auch. Wir sind aber gemeinsam zu einem Ziel gekommen, weil wir meinen, eine Opposition, jedenfalls wenn sie kritisch-konstruktiv arbeitet wie die Liberalen, ist selbst in der Verantwortung, Vorschläge zu unterbreiten, wie man die Probleme lösen kann.
Unser 45-Punkte-Programm ist ein runder Lösungsvorschlag für die Konsolidierung der hessischen Finanzen, dieses Haushaltes. Herr Al-Wazir, lassen Sie mich an dieser Stelle sagen: Ich finde es sehr charmant, wenn Sie androhen, dass Sie jetzt auch so etwas vorlegen.
Sie dürfen aber erst dann über andere Ausgaben schimpfen, die nicht mehr getätigt werden, wenn Sie dies vorgelegt haben.
Was Sie hier veranstaltet haben, ist wieder einmal die berühmte Fundamentalopposition: Schaum vor dem Mund, hau einfach drauf, ohne zu wissen, was ich selbst will. – Das ist halt Al-Wazir, und das sind die GRÜNEN in Hessen. Das muss man den Menschen gar nicht mehr erklären. Sie wissen es: Sie sind konzeptionslos, es wird draufgeschlagen.
Herr Al-Wazir, das unterscheidet Liberale in ihrer Verantwortung für ein Bundesland von den GRÜNEN. Wir machen uns vorher Gedanken. Wir legen vorher ein umfassendes Konzept vor, das im Übrigen von breiten Kreisen der Öffentlichkeit unterstützt wird. Sie maulen ein bisschen herum, nach dem Motto: „Da ist der Kahlschlag hier und der Kahlschlag da.“ Auf dem einen oder anderen Feld wird es möglicherweise Kahlschläge geben. Das können wir alle bedauern.Wir dürfen aber das Oberziel nicht aus den Augen verlieren. Das verlieren Sie aber aus den Augen, wenn Sie sich in die Spiegelstrichdiskussion begeben.
Das Übel dieser Politikergeneration der letzten zehn Jahre ist, dass wir alle – Rote, Grüne, Blau-Gelbe und Schwarze in allen Parlamenten, von der Kommune bis hin zum Bundestag – Geld ausgeben, das wir nicht haben,
und dass wir zur Bank gehen und sagen:Gib uns das Geld. – Wir haben zusammengerechnet und wissen, dass wir das in unserer Generation nicht mehr zurückzahlen können, weder die Zinsen,geschweige denn die Tilgung.Wir sagen: „Dann soll das doch bitte die nächste Generation machen.“ Das ist das Grundübel der Politik in den letzten 10 bis 15 Jahren in diesem Land.
Wir sind alle daran beteiligt. Es braucht keiner mit dem Finger auf einen anderen zu zeigen. – Bei meinen drei Vorrednern und dem Ministerpräsidenten fand ich interessant, dass immer nur mit dem Finger auf den anderen gezeigt worden ist. Liebe Freunde, ihr wisst: Dann zeigen immer vier Finger auf einen zurück. Bedenkt das bei der politischen Arbeit in diesem Land.
Die Menschen in diesem Land sind es leid, wenn wir dieses Ritual abfeiern. Deswegen feiern wir Liberale es auch nicht mehr ab. Wir sind davon überzeugt, dass wir den Menschen sagen müssen: Jawohl, es gibt weniger Geld für viele, viele Bereiche. Es gibt eine längere Arbeitszeit für Beamte. Es gibt eine niedrigere Sonderzuwendung für Beamte. Wegen der Gleichbehandlung muss es auf alle Fälle auch eine längere Arbeitszeit für Angestellte im öffentlichen Dienst geben. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist sicherlich nicht gerade eine Aussage, für die man Beifall bekommt. Wir müssen aber doch einmal beginnen, ehrlich zu sein. Ich sage Ihnen: Wenn wir nicht ehrlich sind und den Menschen weiterhin etwas vorgaukeln, wie wir das derzeit machen, dann müssen wir uns nicht wundern, dass uns die Demoskopie nach jeder Umfrage sagt: „Bei den anderen werden die Zahlen größer.“ Die „anderen“ sind nicht irgendwelche lieben freien Wähler, sondern das sind Extremisten. Das wissen wir ganz genau, denn wir kennen die Demoskopie. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, davor habe ich Angst, davor haben wir als Liberale Angst. Deswegen sagen wir: Endlich muss die Wahrheit auf den Tisch.Wir können uns nicht weiter durchwurschteln.
Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN, dazu sage ich mit Verlaub: Das, was Sie heute abgeliefert haben, war leider nur ein Durchwurschteln. Es war ein Diskutieren entlang der Spiegelstriche in den Vorschlägen der Landesregierung. Sie, damit meine ich Ihre beiden Parteien, sind noch nicht in der Lage, ein Konzept vorzulegen. Das unterscheidet die FDP dieses Hauses von den anderen Oppositionsfraktionen, von der SPD und den GRÜNEN.
Herr Ministerpräsident, lassen Sie mich noch einmal auf die Frage zurückkommen, wo die Aufgabenkritik dabei geblieben ist. Warum ist das von Ihnen vorgelegte Papier eigentlich nicht so aufgebaut, dass man erkennen kann, wie es erarbeitet wurde? Oder wurde es tatsächlich nur nach dem Motto erarbeitet: „Wir nehmen da und da ein
mal etwas weg, und irgendwie werden wir das schon gedeckelt bekommen“? Sie müssen sich doch ernsthaft die Frage stellen: Kann das Land Hessen noch all das leisten und erbringen, was es zurzeit erbringt? – Wir beide haben uns ja nicht erst heute kennen gelernt.Vielmehr haben wir schon häufig Diskussionen auch in einem sehr internen Kreis geführt. Lieber Herr Ministerpräsident, ich kann deshalb nur sagen: Ihr müsst an diese Arbeit herangehen und die Aufgabenkritik machen. Es geht nicht so weiter, dass man ein bisschen dort und dort wurschtelt. Das muss weitergehen. Das müssen wir gemeinsam machen. Es war doch die FDP dieses Hauses, die gesagt hat: Wir sollten eine gemeinsame Veranstaltung von uns allen daraus machen. – Denn die Regierung ist dazu allein nicht in der Lage. Dies ist nicht deshalb so, weil es die Regierung von Roland Koch ist. Vielmehr ist keine Regierung in der Lage, das allein zu schaffen. Herr Ministerpräsident, das Angebot dieses Hauses haben Sie dankend unter Hinweis auf Unterschiede in der rechtlichen Bewertung der Verfassung abgelehnt. Ich glaube, das war falsch.
Wir als Liberale sind weiterhin dazu bereit. Ich glaube, für ein solches Vorgehen könnten wir auch die beiden anderen Fraktionen gewinnen. Denn man merkt, dass das Gefühl der Verantwortung bei jedem so langsam aufkommt. Wenn ich mir die Interviews in der Presse der letzten Tage ansehe, kann ich feststellen, dass dies bei Herrn Walter etwas schneller geschieht als bei Frau Ypsilanti.
Aber irgendwann wächst es bei jedem. Deswegen meine ich immer noch, es wäre klug, wenn wir gemeinsam an die Arbeit gehen würden. Dann könnten auch Herr Al-Wazir und die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten zu Hause nicht erklären, dass gerade das, was da gemacht werden soll, ganz großer Mist sei. Wir würden dann gemeinsam die Verantwortung für die Sparmaßnahmen tragen. Herr Ministerpräsident, ich kann aber nur Angebote für die FDP-Fraktion aussprechen. Mehr kann ich nicht tun.Wenn Sie sie nicht annehmen wollen, dann ist das leider falsch und nicht zu verhindern.
Sie haben meinen Worten entnehmen können, dass wir Liberale für eine Verlängerung der Arbeitszeit der Beamten sind. Sie haben meinen Worten entnehmen können, dass wir natürlich auch wollen, dass die Arbeitszeit der Angestellten verändert wird. Herr Ministerpräsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,das ist kein Geheimnis. Denn auch das wurde von Roland von Hunnius und von mir in der letzten Legislaturperiode von diesem Pult aus schon mehrfach gesagt. Ich finde es auch vernünftig, dass betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr per se ausgeschlossen werden sollen. All das ist vernünftig. Herr Ministerpräsident, nur dann lassen Sie mich an dieser Stelle auch noch Folgendes sagen. Denn das liegt nun wahrlich nicht in der Verantwortung der FDP. Vielmehr steht da die Union in der Verantwortung. Sie wollen den Mitarbeitern der Landesverwaltung und den Beamten längere Arbeitszeiten zumuten. Sie wollen dort weniger Stellen haben. Sie erachten betriebsbedingte Kündigungen als notwendig. Fangen Sie damit doch bitte bei Ihrem Kabinett an.
(Beifall bei der FDP und der Abg. Norbert Schmitt (SPD), Tarek Al-Wazir und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich habe gestern und vorgestern Gespräche mit zwei Regierungspräsidenten geführt. Der eine muss 29 % seiner Mitarbeiter einsparen, der andere 15 oder 17 %. Herr Ministerpräsident, ich meine, es wäre doch sicherlich kein Verlust für dieses Land, wenn ein Minister und ein Staatssekretär weniger Ihrem Kabinett angehören würden. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran.
(Beifall bei der FDP, bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
Es reicht nicht aus,dass man bei den Diäten die Erhöhung ein wenig aussetzt. Es reicht nicht aus, ein bisschen bei der Erhöhung der Gehälter der Staatssekretäre und der Minister auszusetzen.
Lieber Frank Lortz, du kennst meine Meinung dazu, so wie ich deine dazu kenne. Eigentlich ist das alles, was wir da verteilen, weiße Salbe.
Die Regierung sollte aber mit einem Zeichen deutlich machen:Wenn ich betriebsbedingte Kündigungen bei den nachgeordneten Behörden, Stellenabbau in den Ministerien und bei den nachgeordneten Behörden als gut erachte,dann muss das auch für die Landesregierung gelten. Auch wenn es einen Minister und einen Staatssekretär weniger geben würde, könnte dieses Land sicherlich weiterhin so regiert werden, wie es zurzeit regiert wird.
Ich komme zu einem dritten wichtigen Punkt für uns beim Haushalt des Jahres 2004. Dies betrifft die Frage der Investitionen. Ich muss es immer wiederholen.Wir sind vom Grundsatz her für dieses Papier.Wir haben die Union dahin getrieben, etwas vorzulegen. Nur, liebe Freunde von der Union, wir hätten uns nie gedacht, dass in eurem Programm etwas von einer Reduzierung der Investitionen stehen könnte. Ich sage das jetzt einmal so flapsig:
Sie merken schon, das kann man eigentlich nur so karikierend behandeln, wie es Herr Kollege Walter manchmal macht. Das kann ich nicht so gut.Also lasse ich das.
Ich kann da nur mein Unverständnis zu Protokoll geben. 60 Millionen c bei den Investitionen einsparen zu wollen hat einen doppelt und dreifach negativen Effekt.
(Beifall bei der FDP, bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
Es wird dann weniger Arbeitsplätze geben. Es wird weniger Koinvestitionen geben, die mit den investiven Mitteln verbunden sind. Lieber Herr Ministerpräsident, lieber Herr Finanzminister, ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass das eine kleine Retourkutsche für die vier Jahre der erfolgreichen Beteiligung der FDP an der Regierung werden sollte. Es war die FDP, die dafür gesorgt hat, dass der Landesstraßenbau hochgefahren wurde. Wir haben darauf bestanden, dass die Beträge aufgestockt wurden. Heute kann man mit Fug und Recht behaupten: Hätte es
unsere Beteiligung an der Regierung nicht gegeben, hätte es diese Investition offensichtlich schon vorher nicht gegeben.
Das ist eine Frage, die für mich etwas unverständlich beantwortet wurde. Lieber Frank Lortz, das will ich an anderen Beispielen auch noch einmal deutlich machen. Investitionen dürfen nicht gestrichen werden. Sie bilden das Grundgerüst für das Funktionieren der Volkswirtschaft.
Ich komme zum vierten Punkt. Er betrifft die Schwerpunktsetzung. Das war ein Credo.Wir haben es schon fast wie eine Monstranz in den letzten vier Jahren vor uns hergetragen. Wir hatten die drei Schwerpunktbereiche Bildung,Wirtschaft und innere Sicherheit. Ich brauche dafür gar nicht auf den Zettel zu gucken. Man hätte mich nachts wecken können, und ich hätte das sofort gesagt. Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, in zwei Bereichen beginnen Sie, sich davon zu verabschieden.
Okay, bei der inneren Sicherheit ist nach meiner Auffassung auch als Fachsprecher wenig zu deuteln. Da ginge es dann wirklich nur um die Behandlung einzelner Spiegelstriche. Das wollen wir hier als Liberale nicht tun. Aber ich hatte es schon gesagt. Dass hinsichtlich der Wirtschaftspolitik die Investitionen des Landesstraßenbaus um 30 Millionen c gekürzt werden sollen – man muss einmal sehen, wie viel dabei letztlich herauskommt –, ist ganz schlecht. Bei den freiwilligen Leistungen wird das Wirtschaftsressort weitere 17 Millionen c erbringen müssen. Die Mittelstandsförderung und die Unterstützung der kleinen mittelständischen Unternehmen sind gerade in einem Land wie unserem wichtig. Wir haben keine Strukturen mit Großindustrie. Das einzig Große, was wir haben, ist der Flughafen. Das haben wir hoffentlich im Griff. Hoffentlich haben wir auch die Genehmigungsbehörden im Griff. Bei der Wirtschaft muss einiges getan werden. Das reicht von der Messe über Ausbildungsplatzinitiativen bis hin zu Initiativen für Handwerker. Da sollen jetzt also 17 Millionen c eingespart werden. Das war einer unserer Schwerpunkte.