Wir haben viel darüber gehört, was Rot-Grün falsch gemacht hat, aber nichts darüber, was Schwarz jetzt richtig machen will. Wir haben nur etwas über den derzeitigen Stand gehört, darüber, wie sich die Statistik der Frau Kultusministerin im Augenblick darstellt. Aber wir haben nichts Programmatisches dazu gehört, welche Ressourcen Sie in den kommenden Jahren zur Verfügung stellen wollen – wenn Sie noch Gelegenheit dazu haben werden –, um Ihre vollmundig verkündeten Versprechen wahr werden zu lassen.
Bei all der Vergangenheitsbewältigung habe ich nichts über den „erbitterten“ Widerstand der CDU-Fraktion im Jahr 1995 gehört, als die damalige rot-grüne Landesregierung das Ausbauprogramm für Ganztagsschulen zunächst gestoppt hatte. Dazu hätten Sie nämlich nicht viel zu sagen gehabt. Das beweisen die Ausführungen Ihres damaligen schulpolitischen Sprechers eindeutig. Besser kann man nicht zum Ausdruck bringen, was man von der Idee der Ganztagsschule hält.
All Ihre Wortverdrehereien im Zusammenhang mit Ganztagsangeboten, die dann „Ganztagsschulen“ heißen, täuschen nicht darüber hinweg, dass Sie sich noch auf demselben Stand wie damals befinden und dass Sie nicht bereit sind, anzuerkennen, dass es, wenn wir auf dem Bildungssektor Chancengleichheit herstellen wollen, auch in pädagogischer Hinsicht notwendig ist, den Ausbau der Ganztagsschulen stärker zu forcieren,als Sie das getan haben.
Frau Ministerin, ich will noch etwas zur pädagogischen Mittagsbetreuung sagen. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen die Unterstellungen, die Sie und auch Frau Kölsch hier wieder vorgetragen haben. Das zeigt nur, dass Sie mir in keiner Weise zugehört haben, ja, dass Sie mir bisher noch nie zugehört haben, wenn ich etwas über Ganztagsschulen gesagt habe.
Ich habe nämlich immer ausdrücklich gesagt, dass die pädagogische Mittagsbetreuung ein Angebot ist, das Eltern, Schüler und Lehrer wahrnehmen. Aber die Schulen sind weiter, als Sie es sich vorstellen. Deswegen habe ich vorhin gesagt, viele hätten Konzepte, mit denen sie inzwischen weit über das hinausgingen, was mit der einen Lehrerstelle für pädagogische Mittagsbetreuung möglich ist. Diese Schulen wollen die Konzepte umsetzen. Dazu brauchen sie auch Lehrerstellen. Sie brauchen Ressourcen. Das Bereitstellen genau dieser Ressourcen verweigern Sie seit Jahren.
Die Frau Ministerin hat gesagt, sie stellten verstärkt Stellen bereit. Wir wissen ja, wie viele es sind. Dazu möchte ich einen Hinweis geben: Im Jahre 1999 gab es für die damals 130 Schulen 460 Lehrerstellen,weil die damalige Regierung davon ausgegangen ist, dass die Schulen zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen, dass sie jeweils eigene Formen der Ganztagsschule einrichten und dass sie für einzelne Modelle nicht nur eine, sondern mehrere Lehrerstellen brauchen. Es ging um 460 Lehrerstellen. Heute, im Jahre 2007, sind wir bei 860 Lehrerstellen, und angesichts dessen redet die Frau Kultusministerin von den großen Fortschritten, die wir gemacht hätten. Ich finde das nur blamabel.
Deswegen bleibt es dabei:Aus der – laut Kartmann – rotgrünen Luftblase ist eine riesengroße schwarze Luftblase geworden. Ich denke, das wissen die Schüler, die Eltern, die Lehrer und alle, die sich in diesem Land dafür interessieren, sehr wohl.
Die beiden Anträge sollen an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Dem widerspricht niemand. Dann ist das so beschlossen.
Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abg. Weinmeister das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In diesen Minuten sitzen die hessischen Schülerinnen und Schüler, die den regulären Termin nicht wahrnehmen konnten, über ihren Abiturarbeiten im Fach Biologie.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber ihr wisst schon,dass alles geklappt hat! Das ist ja spannend!)
Diesen und den Prüflingen, die morgen ihre Physikarbeiten schreiben, wünschen wir genauso wie allen hessischen Abiturienten, die ihre schriftlichen Prüfungen bereit hinter sich haben, sehr gute Ergebnisse und alles Gute für die Zukunft.
Morgen, wenn auch die letzten Nachschreibtermine vorbei sind, wird sich Folgendes feststellen lassen. Erstens. Das Landesabitur ist inhaltlich hervorragend vorbereitet worden. Zweitens. Die Aufgabenstellungen waren fair und angemessen. Drittens. Die Organisation klappte problemlos.
Dafür gilt es, Dank zu sagen: Wir danken den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern, den Schulen, den Schulverwaltungen, dem Ministerium und – darauf lege ich besonderen Wert – der Vorbereitungskommission.
Was dort geleistet worden ist, wird in diesen Tagen deutlich. Man muss sich die Zahlen einmal näher anschauen. An dem diesjährigen Landesabitur – wie auch an den in den Jahren zuvor durchgeführten Abiturprüfungen – waren über 250 Schulen beteiligt: öffentliche Schulen, Schulen in privater Trägerschaft, gymnasiale Oberstufen und berufliche Gymnasien. Das Landesabitur ist aus der Pra
xis heraus entwickelt worden.Vorher gab es viele Unkenrufe, und man fragte sich, wie das Landesabitur gestaltet werden könne.
Eines ist hervorragend auf den Weg gebracht worden – dieses Essential ist mit ein Grund dafür, dass es so gut gelaufen ist –:Wir haben diejenigen, die – als Schulleiter, als Fachbereichsleiter oder als Tutoren – über Jahre und Jahrzehnte hinweg erfolgreich Abituraufgaben gestellt haben, zusammengerufen. Die Landesregierung hat eine Kommission gebildet. Diejenigen, die aus der Praxis kamen, haben die Aufgaben für das Landesabitur entwickelt.
Die Fachkommission hat seit 2004 getagt. Sie hat damit angefangen, Beispielaufgaben zu erstellen, was dazu geführt hat, dass wir schon 2005 für die damaligen Elftklässler – also für diejenigen,die zurzeit ihr schriftliches Abitur ablegen – Beispielaufgaben ins Internet gestellt haben, um sie darüber zu informieren, was auf sie zukommt, und um ihnen deutlich zu machen, dass sie sich nicht zu fürchten brauchen, sondern dass all das machbar ist. Dass man die Aufgaben ins Internet gestellt hat, hat zu viel Transparenz geführt und auch dazu, dass die Nervosität ein Stück weit abgebaut wurde. Ich denke, dass wir damit den Wünschen der Schülerinnen und Schüler nachgekommen sind.
Durch die Einführung landesweit geltender Prüfungselemente werden eine größere Nachvollziehbarkeit und eine größere Vergleichbarkeit der Abiturleistungen hergestellt. Ich kann mich noch an meine eigene Abiturzeit erinnern.
Ich weiß, dass es sehr unterschiedlich war und davon abhing, von welchem Lehrer bzw. von welcher Lehrerin man vorbereitet worden ist.Da gab es welche,die schon einmal den einen oder anderen Tipp gegeben haben. Mit der Art und Weise, wie sie unterrichtet haben, haben sie das Thema stark eingeengt, sodass man relativ schnell nachvollziehen konnte, was am Ende dabei herauskommen würde.Dann gab es andere,die sich völlig zugeknöpft verhalten und keine besonderen Hinweise gegeben haben.
Das hat sich jetzt verändert. Solch unterschiedliche Startchancen gibt es nicht mehr.Vielmehr hat jeder die gleiche Chance, die gleiche Startvoraussetzung, und ich glaube, das ist notwendig.
Ich möchte noch auf einen anderen Punkt hinweisen. Es gibt in meiner Nähe zwei gymnasiale Oberstufen, die sich über Jahrzehnte hinweg durch ein bestimmtes Merkmal auszeichneten. Die Schüler der einen gymnasialen Oberstufe waren im Abitur stets um 0,3 Notenpunkte besser als die Schüler der anderen gymnasialen Oberstufe.
Nun kann man sagen: Okay, die in der einen gymnasialen Oberstufe sind halt schlauer als die in der anderen. – Aber wenn das kontinuierlich über 10, 15 Jahre geht, dann scheint dahinter eher Methode zu stecken. Ich glaube, auch das ist nicht im Sinne derjenigen, die geprüft haben, und nicht im Sinne der Gleichbehandlung unserer Schülerinnen und Schüler.
Meine Damen und Herren,mit einem Abiturzeugnis muss man vieles anstellen. Man muss sich an Hochschulen bewerben. Da gibt es einen Numerus clausus. Da ist die Abiturnote eine ganz wichtige Note. Wenn man einseitig bevorteilt oder benachteiligt wird, hat das Auswirkungen. Ebenso sind hochschulinterne Zugänge sehr oft von Notendurchschnitten abhängig. Auch die Bewerbungen auf
Ausbildungsplätze werden in der Vorauswahl nach Notendurchschnitten durchgeschaut, bevor die einzelnen Bewerber eingeladen werden.
Deswegen halten wir es für notwendig und haben es auch umgesetzt, dass wir diese Vergleichbarkeit der Abschlussprüfungen ganz nach oben gestellt haben. Das sieht nicht nur das Land Hessen so, sondern mit uns auch die überwiegende Mehrheit der anderen Bundesländer, die bereits landesweite Abiturprüfungen eingeführt haben bzw. noch einführen. Insgesamt sind wir jetzt zu vierzehnt. Ich glaube, dass es eine Konsequenz aus PISA war, dass sich die Kultusministerkonferenz darauf geeinigt hat, zentrale Abschlussprüfungen in der gesamten Bundesrepublik einzuführen. Auch Jürgen Baumert, der deutsche Mister PISA, sagt dazu: Zentrale Abschlussprüfungen helfen, Standards zu sichern. – Genau diesen Weg haben wir erfolgreich eingeschlagen und werden ihn weitergehen.
Meine Damen und Herren, einen besonderen Effekt erwarten wir von zentralen Abschlussprüfungen dahin gehend, was der Erziehungswissenschaftler Udo Rauin von der Goethe-Universität in Frankfurt festgestellt hat: Die Leistungen der Abiturienten werden steigen. – Bei allen zentralen Prüfungen sei dieser Effekt zu beobachten. Das haben wir bereits im Land Hessen beobachtet, und zwar haben wir dies bei den mehrfach durchgeführten Hauptund Realschulprüfungen als besonderes Merkmal anzuerkennen.Auch dort hat es vorher viel Skepsis gegeben. Ich denke, dass sich die Abschlussprüfungen an Haupt- und Realschulen etabliert haben und gut angenommen werden.
Wenn man sich das alles vor Augen führt, dann dürfte es in Hessen eigentlich keinen Gegner des Landesabiturs mehr geben. Nein, aber doch: Da haben wir die verehrte Opposition.
Die FDP hält landesweite Prüfungen für ein probates Mittel. Es sei sinnvoll und diene der Qualitätsentwicklung. Liebe Frau Kollegin Henzler, dem gibt es eigentlich nichts hinzuzufügen. Das sehen wir genauso.
Eigentlich könnten wir jetzt alle zufrieden sein. Aber da gibt es noch die Kassandra der sozialdemokratischen Bildungsmystik. Liebe Frau Kollegin Habermann, es hätte mich – das gebe ich offen zu – in meinen mentalen Grundfesten erschüttert, wenn Sie etwas Positives zum Landesabitur gesagt hätten.