Protokoll der Sitzung vom 30.05.2007

(Mark Weinmeister (CDU): Das kann die Versammlung doch auch auf den Weg bringen!)

Das kann die Versammlung sehr wohl machen. Aber, Herr Kollege Weinmeister, wenn es hier darum geht, Spielräume zu schaffen, und Sie auf der anderen Seite den offenen Kanälen mit der 70 : 30-Regelung einen Maulkorb verpassen, dann wird dies nicht so schnell der Fall sein.

Ich habe auch gesagt, wir müssen gemeinsam darüber nachdenken. Wir als Liberale wollen uns für eine solche Internetplattform einsetzen,die nach Art eines Open Web Hessen funktionieren könnte. Dies hätte finanzielle Vorteile. Es hätte gleichzeitig den Vorteil einer Verbreiterung dessen, was in den offenen Kanälen gemacht worden ist. Wir wollen die erfolgreiche Arbeit, die dort gemacht worden ist,nicht gering schätzen,sondern wir müssen darüber nachdenken, wie wir das kostengünstiger und unter Einbeziehung neuer Technologien machen können.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dies zu den offenen Kanälen. – Ich will auf ein paar andere Punkte zu sprechen kommen, die eine Rolle gespielt haben. Die sozialdemokratische Fraktion hat einen Antrag eingebracht – wir haben die Frage auch hier diskutiert –: Wer kann offene Kanäle nutzen? Sie wissen, dass wir einen unerfreulichen Vorfall hatten, bei dem sich Redakteure der „Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen“ im offenen Kanal verbreitet haben. Wir halten das für falsch. Ich habe es bereits im Ausschuss gesagt: Wir würden die gesetzliche Regelung, die die Sozialdemokraten vorgeschlagen haben, derartige Unternehmen auszuschließen, für richtig halten. Wir halten es nicht für richtig, das im Zuständigkeitsbereich der Anstaltsversammlung zu lassen. Hier ist eine eindeutige gesetzliche Regelung sinnvoll. Das habe ich bereits im Ausschuss gesagt, und wir haben diesem Petitum der Sozialdemokraten zugestimmt.

Einen weiteren Punkt will ich ansprechen, weil er Gegenstand vielfältiger Diskussionen im Landtag war. Es geht um die Wirtschaftsberichterstattung, besser gesagt „Main FM“. Wir haben eine Vielzahl von Diskussionen gehabt, die sich mit dem Zulassungsbescheid beschäftigt haben und damit,ob die Auflagen und Nebenbestimmungen eingehalten worden sind. Ich will das nicht repetieren und hier wieder zum Gegenstand machen.

Man wird zu der Schlussfolgerung kommen können, dass die bisher noch gültige Formulierung im Privatrundfunk

gesetz die Anforderungen an ein derartiges Wirtschaftsradio viel zu hoch angesetzt hat und deswegen eine Korrektur erforderlich ist. Ich will für die Liberalen sagen: Hier hat sich etwas etabliert, was wir nicht kaputt machen dürfen. Deswegen stimmen wir in diesem Zusammenhang der Präzisierung, die im Änderungsantrag der CDU enthalten ist,zu.Wir wollen,dass dieses Radio eine Zukunftschance hat und nicht aufgrund einer unglücklichen Gesetzesformulierung, die gegenwärtig Gültigkeit hat, möglicherweise aufgeben müsste. Uns geht es darum, eine Vielfalt in der Medienlandschaft sicherzustellen. Deswegen tragen wir diese Formulierung mit.

Herr Kollege Posch, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Einen letzten Punkt will ich noch kurz ansprechen. Wir bedauern sehr, dass die Fraktionen von CDU und GRÜNEN nicht bereit waren, die Aufnahme von Nebenbestimmungen, die der Integration dienen, in die Zulassungsbescheide mitzutragen. Wir hätten dies für sinnvoll gehalten, weil wir konkrete Anlässe dazu hatten. Private Medienunternehmen müssen verpflichtet werden können, den Integrationsauftrag wahrzunehmen. Das war unsere Initiative. Sie waren nicht bereit, das mitzutragen. Es war ein Petitum,das unsererseits wichtig war,um hier voranzukommen, um Integration zu realisieren.

Dies alles, insbesondere unsere Haltung zu der 70 : 30-Regelung, führt dazu, dass wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können. Aber bei der nächsten Gelegenheit werden wir diese Frage mit Sicherheit in anderem Zusammenhang wieder diskutieren. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Posch. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Dr. Jürgens für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Landesregierung hat mit dem heute diskutierten Gesetzentwurf von vornherein zwei Ziele verfolgt. Das erste Ziel ist der im Wesentlichen unstreitige Teil: Sie wollte das Hessische Privatrundfunkgesetz an geänderte Inhalte im Rundfunkstaatsvertrag anpassen. Das zweite Ziel ist der hoch streitige Teil: Sie wollte die Bürgermedien in Hessen, die offenen Kanäle und die nicht kommerziellen Lokalradios, zerschlagen. Dieses Ziel hat sie – Herr Posch hat zutreffenderweise darauf hingewiesen – nicht offen verfolgt. Sie wollte die OKs und die NKLs nicht aus dem Gesetz streichen, sondern sie wollte sie durch die Verpflichtung der LPR finanziell austrocknen, für OKs, NKLs und Medienkompetenzprojekte nicht mehr Mittel auszugeben als für die anderen Aufgaben der LPR – das ist die 50 : 50-Regelung. Zur Erinnerung: Bisher betrug das Verhältnis etwa 80 % :20 %.Das hätte also

eine eklatante Streichung der Mittel für die Bürgermedien und damit faktisch ihr Aus bedeutet.

In der Anhörung, die wir durchgeführt haben, haben praktisch alle geladenen Sachverständigen mit Ausnahme des Hessischen Rundfunks den Entwurf der Landesregierung an diesem Punkt heftig kritisiert. In der Folgezeit hat sich auch etwas ergeben, was ich persönlich als ein gewisses Highlight für die demokratische Kultur in Hessen empfinde. Diejenigen, die unmittelbar betroffen sind, nämlich die Nutzerinnen und Nutzer der NKLs und der offenen Kanäle, haben sich mit massenhaften Einschreiben, E-Mails und Sonstigem, die wir alle erhalten haben, an uns gewandt und haben klargemacht, wie wichtig für die Medienkompetenz in Hessen diese Einrichtungen sind. Das hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen, dass die Mehrheitsfraktion zumindest zum Teil zu anderen Ergebnissen gekommen ist.

Wohlgemerkt, die Anhörung, von der ich gesprochen habe, fand bereits im November letzten Jahres statt. Erst Anfang Mai hat die CDU-Fraktion ihren eigenen Änderungsantrag dem Hauptausschuss zugeleitet.

(Mark Weinmeister (CDU):April!)

Herr Kollege Weinmeister, Sie wissen es besser als ich. – Allein dieser zeitliche Abstand belegt, welch erheblichen Aufwand Sie gehabt haben, Ihre eigene Landesregierung davon zu überzeugen, dass das, was sie bisher hineingeschrieben hat, schlicht Käse war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings ist Ihnen die Überzeugungsarbeit nur zum Teil gelungen; denn das, was Sie jetzt vorschlagen, ist keineswegs ein tragfähiger Kompromiss. Die jetzt vorgeschlagene Verteilung der Mittel von 70 : 30 bedeutet immer noch eine deutliche Kürzung für die Bürgermedien und die Medienkompetenzprojekte von rund – bezogen auf den LPR-Haushalt 2007 – 400.000 c. Die Versammlung wird für den Haushalt 2008 entscheiden müssen, wo diese 400.000 c herkommen sollen.Wir haben in der Anhörung gehört, die offenen Kanäle und die Lokalradios sind sozusagen auf der unteren Kante finanziert. Da kann man praktisch nichts mehr wegnehmen. Denn das würde bedeuten, dass der eine oder andere zumachen würde.

Die Konsequenz wird sein, dass bei den Medienkompetenzprojekten gekürzt wird. 400.000 c werden bei den Medienkompetenzprojekten gekürzt.Das ist die Folge Ihres Beschlusses. Da kann man wirklich nur fragen: Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Kriegen Sie überhaupt nicht mit, dass wir im Augenblick darüber reden, dass z. B. durch Einsatz von Computerspielen und Sonstigem die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen zunimmt? Es wird sehr darüber gestritten, welche Konzepte hier richtig sind.Völlig unstreitig ist aber, dass die Kompetenz der Kinder und Jugendlichen bei der Nutzung von neuen Medien gestärkt werden muss.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber Sie wollen 400.000 c wegstreichen, und zwar nicht etwa aus Geldmangel, sondern weil Sie diese 400.000 c Unternehmen zur Förderung des Medienstandortes geben wollen.

(Mark Weinmeister (CDU): Das ist eine sehr selektive Wahrnehmung!)

Es kann doch nicht wahr sein, dass Sie bei der Medienkompetenz 400.000 c wegnehmen wollen, um sie den

Unternehmen zu geben. Sind Sie eigentlich noch ganz bei Trost?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Ja, das ärgert mich wirklich. Es kann wohl nicht wahr sein. Ist die ganze Diskussion über die Medienkompetenz an Ihnen vorbeigegangen? Anders können Sie zu einer solchen Entscheidung gar nicht kommen. Das ist doch vollkommen undenkbar.

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

Die Situation wird sich übrigens ab 2011 deutlich verschärfen. Schauen Sie in Ihren eigenen Gesetzentwurf.

(Michael Boddenberg (CDU): Herr Banzer hatte wohl doch recht!)

Die Förderung landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur als einer der übrigen drei Teile, für die Sie die 30 % ausgeben werden, ist nach Ihren Vorstellungen bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Das heißt, ab dem 1. Januar 2011 dürfen hierfür gar keine Mittel mehr ausgegeben werden. Damit sinkt automatisch der Anteil der 30-%-Mittel. Damit sinkt aber auch automatisch der Anteil der 70-%-Mittel. Es ist völlig klar, dass wir spätestens ab dem 1. Januar 2011 genau die gleiche Situation haben werden wie heute.

(Mark Weinmeister (CDU): Das stimmt überhaupt nicht!)

Sie haben mit Ihrem Vorschlag die Situation nur um drei Jahre aufgeschoben. Wir hatten den Vorschlag gemacht – das ist das einzig Richtige –, der LPR-Versammlung zu überlassen, indem wir keine Vorgaben hineinschreiben, in welchem Umfang für welche ihrer Aufgaben die Mittel sinnvollerweise verwendet werden. Das wäre der richtige Änderungsvorschlag gewesen. Dem haben Sie sich leider verschlossen und stattdessen eine Gängelung der LPRVersammlung mit der 70 : 30-Verteilung eingefügt. Herr Posch hat es schon gesagt. Das macht keinen Sinn.

An zwei Stellen muss ich allerdings einräumen, dass Sie sich unseren frühzeitig eingebrachten Änderungsvorschlägen durchaus angeschlossen haben. Sie haben auf der einen Seite unseren Vorschlag aufgegriffen, die Landesanstalt für privaten Rundfunk umzubenennen in Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Das war der Vorschlag, den die LPR selbst unterbreitet hat. Wir haben das ungefähr drei Wochen nach der Anhörung gemacht. Sie haben es sechs Monate nach der Anhörung gemacht. Okay, Erkenntnisprozesse sind manchmal unterschiedlich schnell.

Einen zweiten Punkt haben Sie übernommen. Sie wollen der dringenden Bitte des HR-Intendanten folgen und die Befristung des HR-Gesetzes wieder herausnehmen.

(Nicola Beer (FDP):Völliger Quatsch!)

Hintergrund dafür ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das gesagt hat, dass es eine institutionelle Garantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, deswegen natürlich auch eine gesetzliche Grundlage hierfür zwingend notwendig ist und somit die Befristung wahrscheinlich sogar unzulässig sei.

(Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Diese Argumentation deckt sich genau mit dem, was wir seit einigen Jahren immer wieder im Hessischen Landtag sagen. Eine Befristung von Gesetzen suggeriert im

Rechtsverkehr, diese könnten nach Ablauf der Frist ersatzlos außer Kraft treten, sodass man sie möglicherweise nicht mehr bräuchte. Das ist schlicht bei den Gesetzen falsch, die aufgrund höherrangigen Rechts zwingend erhalten bleiben müssen, weil sie entweder im Grundgesetz oder der Hessischen Verfassung, oder auch im normalen Bundesrecht zwingend vorgeschrieben sind.

Ich finde es gut, dass sich die CDU-Mehrheit unserem Einwand erstmalig anschließt. Dies sollte dazu beitragen, die Befristung auch an anderer Stelle grundsätzlich infrage zu stellen.

Soweit Ihre Änderungsvorschläge die Inhalte unserer eigenen Anträge übernehmen, sind sie natürlich in Ordnung. Wir werden dem Gesetzentwurf gleichwohl nicht zustimmen können, weil die Gesamtausrichtung in Bezug auf die Bürgermedien und die Medienkompetenzförderung „krass“ falsch ist. Ich muss es noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Das ist „krass“ falsch.

Der Entwurf der FDP-Fraktion hatte zum Ziel, regionale Werbung im Radio zuzulassen.Wir waren von Anfang an sehr skeptisch und haben uns gefragt, ob dies Sinn mache. Wir sind aufgrund der Anhörung zu der Überzeugung gelangt, dass es keinen Sinn macht.

Ich möchte an dieser Stelle lediglich die Stellungnahme von Radio FFH herausgreifen. Radio FFH ist bekanntermaßen ein landesweiter Radiosender, der, wenn es das Gesetz vorsehen würde, natürlich als Hauptbetroffener in der Pflicht stünde, diese Möglichkeit einer regional begrenzten Werbung zu ermöglichen.Radio FFH hat gesagt, sie seien gegen regionale Werbung, und zwar nicht so sehr wegen der technischen Probleme, die damit verbunden wären – es müssten für solche Werbebeiträge möglicherweise,wenn landesweit gesendet würde,lokale Fenster geöffnet werden; das wäre technisch sicherlich zu machen, obgleich es mit einem gewissen Aufwand verbunden wäre –, sondern vor allen Dingen deshalb, weil es nicht dazu führte, dass die Werbeeinnahmen stiegen. Stattdessen sei anzunehmen, dass die Einnahmen sinken würden, da sich diejenigen, die bisher landesweit werben, künftig die Rosinen herauspickten und nur noch in den Regionen werben würden, in welchen sie sich tatsächlich einen Erfolg versprächen. Diese Verminderung der Einnahmen würde nach Ansicht des Radiosenders auch nicht dadurch kompensiert, dass andere lokal Werbende hinzukämen.

Das ist jedoch nur ein Argument gegen den Vorschlag der Fraktion der FDP. Die Begründung, die von den Zeitungsverlegern immer wieder angeführt wird, ist ein Weiteres, sodass wir zu dem Ergebnis gekommen sind: Der Vorschlag der FDP macht keinen Sinn, sodass auch wir diesen Gesetzentwurf ablehnen werden. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Dr. Jürgens, herzlichen Dank. – Als Nächster hat Herr Kollege Weinmeister für die Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Dr. Jürgens, Sie haben in Ihrer Jugendzeit, die heute schon einmal thematisiert wurde, nicht nur keine Medienkompetenzförderung genossen, sondern es sind bei Ihnen

wohl auch einige andere Dinge nicht durchgeführt worden.