Protokoll der Sitzung vom 05.09.2007

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese Frage zur Entwicklung eines Ballungsgebiets stellt sich nicht nur in der RheinMain-Region, sondern überall in der Welt, denn es ist zu fragen: Wie kann man wirtschaftlichen Wohlstand erhalten, gleichzeitig den sozialen Frieden sichern sowie die ökologische Verträglichkeit gewährleisten?

Vor dieser Herausforderung stehen wir. Ich glaube, es muss zu einer Optimierung hinsichtlich aller dieser Gesichtspunkte kommen und nicht nur zur Maximierung eines einzelnen.

Die Internationale Bauausstellung hätte eine hervorragende Plattform sein können, um solche Perspektiven hinsichtlich der Entwicklungen zu diskutieren. Eine Bauausstellung darf sich natürlich nicht nur auf Architektur und die Bauten beschränken. Vielmehr muss der Anspruch darin bestehen,eine regionale Antwort auf die globalen Herausforderungen zu finden. Das heißt, eine Metropolitana in der Rhein-Main-Region muss das Prädikat der Nachhaltigkeit tragen. Das muss das Markenzeichen einer deutschen Bauausstellung sein.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir denken, es hätten vernetzte Anstrengungen unternommen werden müssen, um exemplarisch eine konkrete Lösung der genannten globalen Herausforderungen beschreiben zu können. Zunächst einmal würde es dabei um die ökonomischen Herausforderungen gehen.Die globale Wirtschaftsfunktion des Frankfurter Raums ist mit der Entwicklung der regionalen Wirtschaft in eine gute Wettbewerbssituation zu bringen.

Es geht dabei um die kulturelle und die soziale Nachhaltigkeit, also um die Fragen:Wie wollen die Menschen miteinander leben? Wie wollen sie das soziale Miteinander gestalten?

Es geht natürlich auch um nicht weniger als um die ökologische Nachhaltigkeit, also um die Fragen: Wie gehen wir mit dem Verbrauch der Ressourcen um? Wie reduzieren wir die Emissionen? Wie verbessern wir die Lebensqualität der Menschen dieser Region?

Inhaltlich geht es also um die soziale Moderne. Das muss global ausgerichtet, regional verankert und kulturell weltoffen sein. Da muss konkret Lebenswertes geschaffen werden. Das muss ökologisch und sozial nachhaltig sein. So eine Art Moderne wollen wir Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) und Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da unterscheiden wir uns mit Sicherheit von manchen hier im Hause, die eher eine radikale Marktmodernisierung wollen. Die Internationale Bauausstellung könnte für uns ein Baustein hin zu dieser Orientierung sein.

Ich sage auch ganz klar:Wir wollen dieses Projekt mit den Menschen in der Region ganz demokratisch und ganz offen besprechen. Davor haben Sie gekniffen.

(Beifall bei der SPD)

Die Internationale Bauausstellung könnte sogar eine strategische Antwort auf die demografischen Herausforderungen finden, denen wir im Rhein-Main-Gebiet gegenüberstehen. Wir haben die Entwicklung, dass die Stammbevölkerung der Rhein-Main-Region immer älter wird. Gleichzeitig werden wir viele Kinder haben, die aus Migrantenfamilien kommen.Wir werden eine Zuwanderung von Menschen haben, die außerhalb Deutschlands leben. Wir werden auch eine Zuwanderung von Menschen aus Deutschland haben.

Es wird deshalb auch darum gehen, dass es nicht zu einem abgegrenzten Nebeneinander dieser verschiedenen Kulturen kommt. Ich glaube, in Frankfurt leben Menschen 136 verschiedener Nationalitäten. Sie leben mit ganz wenigen Ausnahmen sehr gut und sehr friedlich miteinander.

Es geht also darum, das Miteinander zu fördern. Es geht um die Förderung der Integration und nicht um Ausgrenzung. Auch darin würden wir uns deutlich von Ihnen unterscheiden.

(Beifall bei der SPD)

Wir glauben, dass den Menschen in der Rhein-Main-Region ein Weg in die Zukunft aufgezeigt werden muss, auf dem die bebaute Umwelt der Region mit der Lebens- und der Arbeitswelt zusammengebracht wird. Das muss also das soziale Miteinander umfassen.In der Rhein-Main-Region muss der Kern eines solchen Modells für den Fortschritt in der ökologischen Nachhaltigkeit bestehen. Darauf muss das besondere Augenmerk gelegt werden.

Ich finde übrigens,es ist unhaltbar,dass die Studie,die Sie, also die Landesregierung, vor zwei Jahren zur Vorbereitung eines solchen Projektes in Auftrag gegeben haben, der Öffentlichkeit vorenthalten wird.

(Norbert Schmitt (SPD):Aha!)

Meine Damen und Herren, das ist einfach eine weitere Fehlentscheidung in der Kette der Fehlentscheidungen, die Sie getroffen haben. So wird die Region nicht vorangebracht.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Mathias Wag- ner (Taunus) und Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir brauchen dieses Projekt der sozialen Moderne. Deshalb fordern wir die Landesregierung und auch die Abgeordneten der CDU-Fraktion auf, endlich ihre unsinnige und verantwortungslose Blockadehaltung aufzugeben. Eine Internationale Bauausstellung im Rhein-Main-Gebiet kann im besten Sinne Fortschritt in die Region, aber auch nach ganz Hessen bringen.

Herr Minister, deshalb fordern wir Sie auf: Veröffentlichen Sie die Machbarkeitsstudie, die Herr Prof. Jourdan vorgelegt hat. Lassen Sie uns in einen breit angelegten Dialog mit den Akteuren der Region eintreten. Die Akteure der Region haben signalisiert, dass sie ein solches Projekt haben wollen, dass sie über ein solches Projekt

diskutieren wollen und dass sie an einem solchen Projekt teilhaben wollen.

Was mehr als die Offenheit der Bevölkerung und der politischen und kulturellen Akteure können Sie haben wollen? Nehmen Sie Ihre Entscheidung zurück. Legen Sie dem Landtag eine Konzeption zur Implementierung und Umsetzung einer Internationalen Bauausstellung vor.

Binden Sie auch endlich die Öffentlichkeit in diesen Prozess ein, und fördern Sie damit die Entwicklung eines regionalen Bewusstseins in der Rhein-Main-Region. Meine Damen und Herren, lassen Sie die Kräfte dieser Region aus Wirtschaft, Kultur, Stadtentwicklung und Politik gemeinsam Perspektiven entwickeln.Wir sind dazu bereit.

Ich habe aber schon die große Befürchtung, dass Sie mit dieser Absage das Thema zu den Akten gelegt haben. Ich glaube, Sie haben weder den Mut noch die Kraft, das noch einmal neu aufzugreifen.

Wir haben uns der Sache angenommen. Ich sage Ihnen auch: Wir werden uns im April 2008 der Sache ganz konkret annehmen. Denn wir glauben, dass diese Region ein Entwicklungsmodell braucht, das langfristig tragfähig ist und die Integration von Ökonomie, Ökologie, Kultur und Sozialem gewährleistet. Eine nachhaltige Metropolitana würde die Zukunftschancen für die Rhein-Main-Region und übrigens nicht nur für Hessen, sondern auch für die angrenzenden Bundesländer gewährleisten.

Ich glaube, Sie zaudern. Zaudern Sie weiter. Wir werden dann im nächsten Jahr bei diesem Thema kraftvoll zupacken.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, ich will nur darauf hinweisen, dass die ebenfalls antragstellende Fraktion der FDP bisher keine Wortmeldung abgegeben hat. Vielleicht wollt ihr jetzt sprechen. – Alles klar. Dann erhält jetzt Herr Kollege Milde für die Fraktion der CDU das Wort.

(Minister Udo Corts: Entschuldigung!)

Herr Minister, Sie wollen sofort sprechen. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich hätte ich der FDP als antragstellende Fraktion noch den Vortritt gelassen. Da aber ein Wunsch geäußert wurde, möchte ich einiges klar- und richtigstellen. Frau Ypsilanti, vielleicht darf ich auch einige Erläuterungen abgeben. Denn Sie sind einfach – ich muss es so formulieren – auf dem falschen Dampfer.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Wie immer!)

Ich habe den Eindruck, Sie haben diese Studie noch nicht einmal gelesen. Das, was heute Morgen von Ihnen kam, waren Allgemeinplätze soziologischer Art. Ich habe mir diese Studie von vorne bis hinten angeschaut.

(Zuruf von der SPD:Wollen Sie sie alleine lesen?)

Ich habe das zwar zum Teil gefunden. Frau Ypsilanti, wie Sie mit dieser Studie aber inhaltlich aufgestellt sein wollen, erkenne ich nicht.

(Axel Wintermeyer (CDU): Das ist richtig!)

Man muss zwei Aspekte sehen. Es gibt einen formalen und einen inhaltlichen Bereich in Ihrem Antrag und in der von Ihnen geführten Diskussion. Zum Formalen will ich Ihnen mit Erlaubnis des Präsidenten zwei Passagen vorlesen.

Es gibt zwischen der Kulturinitiative und Herrn Jourdan bzw. seiner Firma einen Vertrag; und zwar wird – das sage ich noch einmal ausdrücklich – zwischen der Kulturinitiative und Herrn Jourdan ein Vertrag über die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie über eine Internationale Bauausstellung in Frankfurt und Rhein-Main, also in der Metropolregion Rhein-Main, angestrebt.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das haben Sie doch mitfinanziert!)

Das Land ist nicht Vertragspartner.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Das haben Sie doch mitfinanziert!)

Sie hätten sich das von Herrn Jourdan geben lassen sollen. – § 1 beschreibt den Vertragsgegenstand:

Das Land Hessen, die Wirtschaftsinitiative Frankfurt Rhein-Main und die Kulturinitiative RheinMain erwägen, in der Metropolregion Rhein-Main über zehn bis zwölf Jahre eine Internationale Bauausstellung zur Förderung und Entwicklung der Metropolregion zu veranstalten.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Ja, und? – Norbert Schmitt (SPD): Ja eben!)

Zu diesem Zweck soll durch das Büro Jourdan eine Machbarkeitsstudie erstellt werden, die darstellt, wie ein solches Ereignis in der Metropolregion zu organisieren ist.

Das Folgende ist ganz wichtig.Sie sollten sich einmal Seite 246 dieser Studie anschauen. Dazu, was das kosten soll, wird sehr wenig ausgesagt.

Grundlage ist die Konzeption, die Herr Prof. Jourdan im Auftrag der Kulturinitiative erarbeitet hat. Sie stammt vom März 2004.Auch die habe ich mir angeschaut.