Herr Kollege Frömmrich, ich will auf die Frage der Zuwanderung insgesamt eingehen. Der Petitionsausschuss ist ein Spiegel der Zuwanderungspolitik der Bundesrepublik Deutschland.Dazu muss ich feststellen:Ich glaube,das, was dieses Land in diesem Bereich seit Jahrzehnten macht, ist ein großer Fehler. Die Bundesrepublik hat in den Fünfzigerjahren angefangen, Leiharbeiter – Gastarbeiter, wie man sie nannte – nach Deutschland zu holen mit der Perspektive: Gehen Sie wieder nach Hause, wenn Sie Ihre Arbeit getan haben. – Viele dieser Menschen sind in Deutschland geblieben. Sie haben sich hier eingelebt, ein Zuhause aufgebaut.Wir haben immer gesagt:Wir schicken sie nach einer gewissen Zeit wieder zurück.
Das zweite Problem war und ist, dass es keine politische Kraft bis jetzt geschafft hat, ein klares Signal an die Menschen im Ausland zu senden, dass wir in Deutschland die Zuwanderung hoch qualifizierter Personen brauchen. Auch das ist eines der Probleme, die wir im Petitionsausschuss haben: Wir beschäftigen uns in der Regel eben nicht mit Hochqualifizierten, sondern mit Leuten vom anderen Ende der Skala. Das ist ein Problem. Ich denke, wir werden in den nächsten Jahren nicht darum herumkommen, hoch qualifizierte Facharbeiter, Akademiker nach Deutschland zu holen, wenn wir einen weiteren wirtschaftlichen Aufschwung in unserem Land haben wollen.
Dieses Land muss den Menschen im Ausland ein klares Signal senden, dass wir Hochqualifizierte in Deutschland haben wollen.Wir haben vor einigen Monaten den Antrag eingebracht, die Ergebnisse der sogenannten SüssmuthKommission hier noch einmal zu prüfen und zu berücksichtigen.
Wenn Sie sich einmal anschauen,was die Greencard-Initiative von Herrn Schröder gebracht hat: Im Jahre 2005 kam immerhin die „große“ Zahl von 900 Hochqualifizierten in unser Land, während eine sechsstellige Zahl von Hochqualifizierten aus Deutschland ins Ausland gegangen ist. Da scheint irgendetwas nicht richtig zu laufen.Anscheinend ist Deutschland für unsere eigenen Leute nicht mehr interessant, aber es ist auch für das Ausland nicht interessant, weil wir von dort keine Hochqualifizierten bekommen.
Der Petitionsausschuss ist deshalb ein gutes Instrument, weil er uns immer wieder die Probleme vor Augen führt, die wir haben. Ich denke, dass Thema Hochqualifizierte wird und muss uns in den nächsten Monaten beschäftigen, denn der wirtschaftliche Aufschwung in der Bundesrepublik ist damit verbunden. Ich würde mich freuen, wenn wir das gemeinsam angehen könnten, Herr Innenminister, denn wir brauchen Konzepte, wie wir dieses Problem lösen können.
Ich darf mich abschließend auch einmal bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen sehr herzlich
bedanken, die uns hervorragend unterstützen. Ein herzlicher Dank an Sie und auf eine weitere gute Zusammenarbeit.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Als „Hauptkunde“ des Petitionsausschusses möchte ich ein paar Bemerkungen zu einigen Punkten machen, die angesprochen wurden.
Ich darf zunächst einmal den Dank, der Mitarbeitern auf unterschiedlichster Ebene gesagt wurde, insbesondere Mitarbeitern der Landtagsverwaltung, der Fraktionen, aber auch des Ministeriums, gerne aufnehmen. Ich will aber auch seitens der Landesregierung einen Dank an die Mitglieder des Petitionsausschusses aussprechen. Die Landesregierung nimmt die Arbeit dieses Ausschusses sehr ernst.Sie wissen aus vielfacher Befassung mit den Petitionen, wie intensiv und umfangreich sich alle Seiten um diese Dinge bemühen. Ob man immer zu einem übereinstimmenden Ergebnis kommt,ist zweitrangig,aber es gibt ein sehr, sehr breites Engagement. Das kann man hier wechselseitig feststellen.
Frau Kollegin Dörr, ich möchte Ihnen seitens der Landesregierung, aber auch ganz persönlich danken. Hier vorne ist ein bisschen Wehmut aufgekommen. Sie waren fünf Jahre lang Vorsitzende des Ausschusses. Sie haben das mit Herzblut gemacht.Viele, die eben hier gesprochen haben, haben gesagt, Sie hätten es mit den Mitgliedern des Ausschusses nicht leicht gehabt, und umgekehrt habe man es mit Ihnen nicht leicht gehabt. Für die Landesregierung darf ich Ihnen sagen: Wir waren immer der Auffassung, das war eine großartige Zusammenarbeit. Ich möchte Ihnen im Namen der Landesregierung herzlich dafür danken und alles Gute wünschen.
Ich will auf ein paar Bemerkungen eingehen. Die Probleme der Menschen, die keine deutsche bzw. keine EUStaatsbürgerschaft haben, aber trotzdem in diesem Lande sind, machen nach wie vor die Masse aller Petitionsverfahren aus. Es hat sich ein wenig entspannt. Dafür bin ich dankbar. Wir haben den geringsten Stand an Petitionen seit fünf Jahren. Das ist das Ergebnis engagierter Arbeit aller. Es ist sicherlich auch ein Ausfluss der vorläufigen Bleiberechtsregelung.
Kollege Frömmrich hat vorgetragen, wie die Zahlen im Moment aussehen. Ich will das noch ein bisschen konturieren. Wir haben immer gesagt: Wie viele wird diese Regelung in Hessen treffen? Wir kamen zu dem Ergebnis, es könnten etwa 15.000 Menschen sein, die, mit welcher Form eines vorläufigen Aufenthalts auch immer versehen, betroffen sind.
Aus meiner Sicht ist bemerkenswert, dass rund 50 % der Betroffenen einen Antrag gestellt haben. Das kann man von zwei Seiten betrachten. Man kann sich fragen:Warum nur 50 %? Eigentlich müssten doch alle ein Interesse daran haben, wenn man sich die Debatten der letzten
Es zeigt sich, dass die Debatten teilweise doch sehr vordergründig geführt werden. Wenn ich mir vergegenwärtige, dass wir von 7.580 Anträgen über 6.000 endgültig oder vorläufig positiv beschieden haben, dann zeigt das die Wirksamkeit dieser Arbeit, es zeigt aber auch das Bemühen, die Sache reifen zu lassen.
Ich möchte auf zwei Bemerkungen überleiten,die Kollege Frömmrich gemacht hat. Es ist eine Illusion, zu glauben, damit seien die Probleme gelöst. Das ist mitnichten so. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass ich es für falsch gehalten habe, dass der Deutsche Bundestag dazu ein Gesetz beschlossen hat. Die Regelungen der Innenministerkonferenz sind hier immer zielführender, weil sie flexibler sind, und wir haben das gemeinsame Interesse viel besser umgesetzt.Wir werden erleben, dass uns Ende 2009 eine Fülle von Rechtsverfahren erreichen, die zum Gegenstand haben, ob die Vorraussetzungen, die jetzt für die Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltserlaubnis verlangt werden, Ende 2009 erfüllt sein werden. Es spricht sehr viel dafür, dass sie in einem großen Teil der Fälle nicht erfüllt sein werden, weil die Menschen immer noch nicht in Arbeit sind.
Dann werden wir die gleiche Debatte führen wie immer, aber dann sind diese Menschen noch drei Jahre länger in Deutschland gewesen als heute. Dann wird es heißen: Sie sind schon so lange hier, und jetzt sollen sie abgeschoben werden, weil sie immer noch keine Arbeit haben? Man hat das Problem nicht gelöst, sondern man hat es im Grunde genommen gesetzgeberisch vertagt. Ich habe das immer scharf kritisiert, und ich tue das auch hier, weil ich glaube, man hätte dieses Problem klüger lösen müssen, insbesondere im Interesse der Betroffenen. Man macht den Menschen Hoffnung, ohne ihnen wirklich zu sagen, wie es weitergehen wird.
Das ist die Überleitung zu dem, was auch der Kollege Rentsch gesagt hat: Sie haben recht mit der spannenden Frage: Wen brauchen wir in unserem Land? Jemand hat einmal gesagt: Wir brauchen nicht die, die uns ausnutzen, sondern die, die uns nützen. – Das hat Günther Beckstein gesagt, und er wurde dafür hart kritisiert. Der Kern dieser Aussage ist aber richtig. Die Menschen, um die es hier geht, sind in aller Regel keine hoch qualifizierten Fachkräfte, von denen wir immer lesen, dass wir sie in diesem Lande brauchen, sondern es kommen Menschen infolge einer Armutswanderung oder in Notlagen zu uns. Das sind in aller Regel beruflich schlecht bis gar nicht Qualifizierte.
Deshalb: Man kann aus humanitären Gründen Entscheidungen nach dem Bleiberecht treffen.Man muss das allerdings dann auch klar sagen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Frage, wie wir es schaffen, genügend qualifizierte oder gar hoch qualifizierte Arbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland zu haben, kann man unterschiedlich beantworten: ob man Menschen, die hier sind, qualifiziert, damit die Arbeitslosigkeit sinkt, oder man Menschen aus dem Ausland einreisen lässt – nach welchen Kriterien auch immer. Das ist aber ein Ansatz, der unser Problem in aller Regel nicht löst. Deshalb müssen wir uns darüber im Klaren sein – darauf haben einige Redner hingewiesen –: Die Arbeit wird weitergehen, egal in welcher Weise.Wie wollen wir uns darauf einrichten?
Ich will eine vorletzte Bemerkung machen. Es ist sehr, sehr ernst. Der Ruf wird ja nicht nur von Herrn Frömm
rich erhoben,sondern ich höre ihn an allen Ecken und Enden: Wir müssen uns nach den Kindern richten. – Wer wollte sich nicht nach den Kindern richten? Nur: Jeder, der sich mit der Sache befasst und auskennt, weiß, dass das dummes Zeug ist, denn wir haben eben nicht nur die Kinder. Diese Kinder haben Eltern, sie haben Familien, die ebenfalls in Deutschland sind. Wer sagt, unsere Entscheidung knüpfen wir ausschließlich daran, ob die Kinder hier aufgewachsen oder geboren sind, der muss doch eine Antwort auf die Frage geben, was wir mit diesen Kindern machen.Wollen wir die allein hier lassen? Oder wollen wir sie ins Kinderheim stecken?
Das kann doch nicht ernsthaft sein. Ich habe es schon einmal vorgetragen, und das ist mir sehr wichtig. Ich glaube, dass Menschen dort verführt werden, weil man ihnen immer wieder Hoffnung macht, ohne den Mut zu haben, ihnen wirklich die Wahrheit zu sagen.Wer sagt, es geht ausschließlich nach den Kindern, der muss sich von allen anderen Rechtsvorschriften verabschieden.
Der muss sich davon verabschieden, zu berücksichtigen, dass die Eltern über viele Jahre hier illegal gelebt haben. Der muss sich davon verabschieden, dass Straftäter deshalb hier bleiben dürfen, weil sie das „Glück“ haben, hier Kinder zu haben. Das kann man so entscheiden. Sie kennen die Fälle.Ich habe sie Ihnen vorgetragen.Soll ich denjenigen, der wegen Heroinhandels zu drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist, hier lassen
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Da ziehen wir einmal Akten und schauen die uns gemeinsam an!)
Deshalb sage ich noch einmal:Wer es mit den Leuten ehrlich meint und ihnen nicht irgendetwas erzählt, sich dann herumdreht und heimgeht, der muss ihnen entweder sagen: Die Kinder allein sind entscheidend, völlig egal, was sonst ist. Oder aber wir sagen ihnen, wie die Rechtslage ist.
Damit die Sache einmal auf den Punkt kommt. Wir bemühen uns in diesem Land, einen Hassprediger loszuwerden. Der hat sechs Kinder, die alle hier groß geworden sind. Der genießt nach Art. 6 Grundgesetz den Schutz von Ehe und Familie. Er ist über 15 Jahre hier aufenthaltlich. Ich kann nicht durchgehen lassen, dass man je nachdem, wie gerade das Publikum ist und die Schlagzeile lautet, einmal eine solche Antwort und einmal eine andere Antwort gibt. Ich möchte diesen Menschen nicht mehr in diesem Land haben.
Dann gilt ganz klar: Die Kinder teilen das Schicksal der Eltern. – Wer sich nicht dazu bekennt, ist zu feige, eine klare Antwort zu geben. Meine Damen und Herren, ich möchte Sie immer wieder darauf hinweisen, wir werden den Menschen und schon gar nicht den Kindern gerecht, wenn die Eltern in ihrer Elternverantwortung versagen. Eltern, die zehn und mehr Jahre wissen, dass sie ausreisen müssen, die darf man sicher auch fragen, ob es im Interesse des Kindeswohls ist, dass sie mit Begründungen ver
schiedenster Art immer versuchen, den Aufenthalt hier zu verlängern. Das Problem für eine gedeihliche Entwicklung ihrer Kinder wird immer schwieriger. Zum Elternrecht gehört auch die Elternpflicht.
Genau das – das ist wirklich die letzte Bemerkung – ist auch der Punkt beim Thema Afghanistan oder Kongo.Wir müssen differenzieren.Es wird niemand ernsthaft von uns verlangen – aber Sie haben es getan –,dass wir niemanden mehr nach Afghanistan zurückschicken. Wir schauen uns den Einzelfall genau an. Aber wir wissen auch, in weiten Teilen dieses Landes gibt es keine spezifische Gefährdung für junge Männer. Es gibt eine allgemeine Gefährdung. Die haben wir häufig in der Welt. Aber dass wir junge Männer und junge Straftäter nicht mehr außer Landes bringen sollen, kann ich nicht vertreten.
Deshalb bitte ich um Verständnis. Wir haben auf der anderen Seite darauf hingewiesen, dass wir sehr differenziert und gründlich mit den Dingen umgehen. Dafür bedanke ich mich.Aber dann gilt umgekehrt auch: Dort, wo es wehtut und wo es keiner gern macht, hätte ich gerne, dass wir gemeinsam dazu stehen, wie die Rechtslage in Deutschland nun einmal ist. Sie ist klug, und sie ist bedacht. Sie nimmt uns nicht das Dilemma zwischen menschlichem Mitleid und Erfüllung eines Gesetzesbefehls. Dafür sind wir sozusagen on top.
Ich will ausdrücklich anerkennen, dass sich viele der Kolleginnen und Kollegen – nicht nur aus dem Ausschuss – mit großem persönlichen Einsatz und großer persönlicher Betroffenheit um die Dinge bemühen. Ich kann nicht immer deren Wunsch entsprechen.Aber seien Sie versichert, wir machen das mit großer Ernsthaftigkeit. Wo immer es geht, haben wir auch Regelungen gefunden, die pragmatisch waren und den Betroffenen geholfen haben. – Ich danke Ihnen.
Ich würde gerne auf zwei Dinge eingehen, die der Minister angeführt hat. Ich glaube, dass wir uns da gar nicht unterscheiden. Wenn ich die praktische Arbeit im Petitionsausschuss Revue passieren lasse, ist dem auch so. Herr Innenminister, uns geht es nicht um die Fälle, die Sie gerade angesprochen haben. Es geht nicht um den Hassprediger oder irgendwelche Leute, die mit Heroin handeln, oder um Menschen, die sonst wie straffällig geworden sind.