Protokoll der Sitzung vom 16.10.2003

Meine Damen, meine Herren, mir liegen zu dieser Aktuellen Stunde keine weiteren Wortmeldungen vor.Damit ist die Aussprache geschlossen und das Thema beendet.

Ich rufe jetzt vereinbarungsgemäß Tagesordnungspunkt 37 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend LKW-Maut – Drucks. 16/691 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 68:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einführung einer LKW-Maut in Deutschland – Drucks. 16/748 –

sowie Tagesordnungspunkt 72:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend LKW-Maut – Drucks. 16/757 –

Die Redezeit beträgt 15 Minuten. Als erster Redner hat Herr Abg. Dr. Lübcke für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Normalerweise könnte ich es kurz machen: PPP – Pleiten, Pech und Pannen in Berlin.

(Beifall bei der CDU)

Aber das Thema ist für unser wachsendes Bundesland Hessen so wichtig, dass wir hier einige Punkte detailliert ansprechen müssen.

Meine Damen und Herren, das Chaos und das Missmanagement bei der Einführung einer LKW-Maut richtet in unserem Land einen großen finanziellen Schaden an.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Der finanzielle Schaden beläuft sich zurzeit pro Monat auf ca. 160 Millionen c, die uns „flöten“ gehen, weil die derzeitige Bundesregierung in Person des Herrn Ministers Stolpe nicht in der Lage war, ein vernünftiges Controlling und Management aufzubauen. Der Bundeshaushalt ist schon leidlich unterfinanziert. Wir hatten uns erhofft, und wir hatten vereinbart, dass die Einnahmen aus der Maut – das war die Grundlage unserer Zustimmung – auf die Mittel für Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen draufgesattelt werden. Was ist aber passiert? In dem Moment, als wir unsere Zustimmung gegeben haben, hat der unglückliche Hans Eichel die Mittel gestrichen. Er hat gesagt, die Mittel kommen aus der Maut wieder drauf. Meine Damen und Herren, das sind Taschenspielertricks. Das lassen wir mit uns nicht machen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen diese Mittel in Hessen.Wir sind ein Transitland.Wir sind ein wirtschaftswachstumsstarkes Land. Wir brauchen die Mittel für die Infrastruktur.

Wenn man sich aber die Einführung der Maut ansieht, dann stellt man fest, dass die entstehenden Kosten von den Speditionen nicht aufgefangen werden können. Die Speditionen sind gezwungen, diese Kosten weiterzugeben.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

An wen werden sie aber weitergegeben? Herr Wagner, hören Sie zu.Die Verbraucher werden belastet.Es kommt ein Milliardenbetrag an Mehrbelastungen auf die Verbraucher zu.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP) – Zurufe von der CDU: Richtig! – Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Aufgrund der erhöhten Transportkosten müssen die Verbraucher für ihre Produkte mehr bezahlen. Das ist ein weiterer Beweis für Ihre unsoziale Politik in Berlin. Sie zocken die kleinen Leuten ab.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist die materielle Seite. Viel schlimmer für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist, dass wir uns hier bis auf die Knochen blamiert haben.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Denzin (FDP))

Wir haben nur eine Chance – unser Ministerpräsident unterstreicht es immer wieder –, und zwar indem wir unsere Hirnzellen nutzen, dass wir etwas veredeln, dass wir Produkte auf den Markt bringen.

Die Bundesregierung ist überheblich angetreten und wollte ein erstklassiges Mautsystem entwerfen. Was haben wir? Wir haben ein Desaster, ein Chaos. Die Welt lacht über Deutschland. Vom Transrapid bis zum Faxgerät,wo das Patent verkauft worden ist – es ist furchtbar für unsere Republik, dass wir unseren Wirtschaftsstandort lächerlich machen. Die Arbeitsplätze gehen flöten. Die Arbeitslosigkeit steigt. Das diskutieren wir in diesem Hause auch immer im Rahmen der Haushaltsberatungen.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat sich damals entschlossen, ein eigenes Mautsystem aufzubauen.Wir wollen ein einheitliches Europa. In Österreich gibt es zumindest ein System,das funktioniert.Es ist preisgünstiger, einfacher zu handhaben und nicht zu kompliziert, vielleicht auch besser – das kann ich nicht beurteilen.Wenn wir ein einheitliches Europa wollen, dann müssen die Spediteure die Möglichkeit haben, auch ein einheitliches System einzubauen. Es darf nicht sein, dass sie, je nachdem, in welches Land sie fahren, das entsprechende System installieren und einschalten müssen.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt bei der Maut ist das Ausschreibungsverfahren. Ich will jetzt keine falschen Behauptungen aufstellen. Es gibt aber immer ein gewisses Geschmäckle, wenn man schaut, wer in welchem Unternehmen die Führungsriege stellt und wer die Aufträge bekommt: DaimlerChrysler, die Telekom. Ron Sommer hat eine schöne Abfindung gekriegt. – Nach meiner Einschätzung ist nach einer ungenügenden Prüfung durch das Bundesverkehrsministerium der Zuschlag erteilt worden. Was war damals? Die Bundestagswahl stand vor der Tür. Herr Bodewig wollte noch schnell glänzen und hat den Vertrag zwei, drei Tage vor der Bundestagswahl unterschrieben. Herr Wagner, vielleicht hat er ihn auch nicht richtig geprüft, hat schlampig gearbeitet, um noch einmal zu beweisen, was er für ein „Motz“ ist. Herr Stolpe ist damit voll auf die Nase gefallen.

Herr Wagner, bei DaimlerChrysler dauert die Entwicklung eines normalen LKW 30 Monate, und Sie haben sich angemaßt, dieses System in 15 Monaten zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Dieses System ist zu komplex.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das ist echte deutsche Technologie!)

Frau Wagner, Sie haben sicherlich Recht. Ein LKW ist sicherlich leichter zu produzieren als ein solches technisches System.

Meine Damen und Herren, ich möchte nur ein Beispiel aus Hessen nennen. Das ist der Riederwaldtunnel. Er sollte aus dem groß angekündigten Stauprogramm finanziert werden.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was sind denn die weiteren Beispiele?)

Ein weiteres Beispiel wäre der Ausbau der A 66 bei Gründau-Lieblos. Das betrifft auch diese Autobahn.

Das ist ein hochsensibler Bereich. Dafür hätten Mittel aus dem Anti-Stau-Programm zur Verfügung gestellt werden sollen.Wir wollen, dass für Frankfurt die Möglichkeit der Entlastung der Bürger besteht. Der Verkehr soll flüssig bleiben. Alle haben sich auf dieses Projekt gefreut. Denn wir hatten das Gefühl, damit etwas bewegen zu können. Sie haben das damals groß angekündigt. Da gilt aber dasselbe wie zu dem vorigen Tagesordnungspunkt, über den wir hier diskutiert haben.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie sind doch mit Ihrem Partner in der Koalition in Berlin. Reden Sie sich hier nicht heraus. Die positiven Seiten stellen Sie doch auch heraus.

Der nächste „Gag“, der passiert ist, betrifft die Verträge, die geschlossen wurden.Wir unterhalten uns hier im Hessischen Landtag über Papierkörbe, von denen vielleicht

die falschen angeschafft wurden.Wir unterhalten uns über Bleistifte, die irgendwo angeschafft werden. Hier geht es aber um Milliarden und Millionen Euro, um die wirtschaftliche Entwicklung und die wirtschaftliche Infrastruktur. Dazu sagen Sie gerade einmal so viel: Der Vertrag ist als geheim eingestuft, er darf also in der Öffentlichkeit nicht besprochen werden.

(Hildegard Pfaff (SPD): Wer sagt das denn? Wer sagt das denn, bitte?)

Haben Sie heute Morgen ins Internet geguckt? Die DaimlerChrysler AG hat angeboten,die Verträge den Obleuten vertraulich zur Kenntnis zu geben. Wir von der Union im Hessischen Landtag fordern, dass die Verträge offen gelegt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Wir wollen nachlesen können, welche Bestimmungen dort eingebaut sind.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Frau Pfaff, Sie wissen ganz genau, dass Ihr verehrter Genosse und Parteikollege, Herr Stolpe, am 30. Juli 2003 einen Vertrag unterschrieben hat, demzufolge der Eintritt der Haftung weiter nach hinten verschoben wurde.

(Hildegard Pfaff (SPD): Das ist falsch!)

Sie können nachher das Gegenteil beweisen.Am 30. Juli 2003 wurde dieser Vertrag unterschrieben. Demnach muss die Firma Toll Collect für vier Monate keine Ausfallgebühren bezahlen. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es dabei um einen Betrag von 160 Millionen c pro Monat geht. Wenn das nicht der Fall sein sollte, dann beweisen Sie mir das Gegenteil. Ich glaube, wir könnten das Geld gut gebrauchen.

Herr Stolpe interpretiert den Vertrag so, dass er die Bürger informieren kann. Er ist aber von der Betreibergesellschaft Toll Collect zurückgepfiffen worden.

Ich komme zu dem nächsten schwer wiegenden Punkt bei dieser Angelegenheit. Herr Stolpe hat sich hingestellt und gesagt, man könne die Verträge kündigen und einen anderen Bewerber auswählen, der dann das Mautsystem in Deutschland einführen würde.

(Hildegard Pfaff (SPD): Das hat er so nicht gesagt! Auch das ist eine Unterstellung!)

Ich habe das der Presse entnommen. Vielleicht können Sie auf Herrn Stolpe einwirken, dass er das noch einmal klarstellt.