Herr Minister Corts, die Zeit für die Umsetzung des Gesetzes ist viel zu kurz. Darauf weisen die Hochschulen einmütig und eindeutig in ihren Stellungnahmen hin. Da ist durch die Bank zur Umsetzung des Sommersemesters 2004 von „unmöglich“ die Rede. Die Universität Kassel spricht sogar von „unseriös“, Frau Kollegin Kühne-Hörmann.Die Daten,die zur Bearbeitung der Fragen,ob Ausnahmetatbestände vorliegen oder nicht, notwendig sind, sind an den Hochschulen momentan überhaupt noch nicht vorhanden. Die müssen erst erhoben und geprüft werden.
Von daher kann mit einer Umsetzung frühestens zum Wintersemester 2004/2005 gerechnet werden. Das heißt aber im Umkehrschluss: Die 24 Millionen c, die Sie im Haushaltsjahr 2004 einsetzen, werden nicht eingenommen werden. Aber – siehe letzte Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst – die Landesregierung, Sie, Herr Minister Corts, bleiben die Antwort schuldig, wer denn die Differenz zahlt: der Finanzminister, der Wissenschaftsminister oder die Hochschule. Wie sieht es denn
Herr Minister Corts, ich fordere Sie daher im Namen meiner Fraktion auf, heute hier die Zusicherung abzugeben, dass die eventuellen Mindereinnahmen aus den Studiengebühren und Verwaltungskostenbeiträgen nicht bei den Hochschulen hängen bleiben. Gehen Sie hier vor, und sagen Sie das den Studierenden in diesem Land zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, doch selbst wenn man diese grundsätzlichen Überlegungen, die ich gerade angestellt habe, zur Strafsteuer und zum Verwaltungsaufwand beiseite lassen würde – es fällt mir schwer, aber wenn es mir gelingt und ich es beiseite lasse –, dann ist dieses Gesetz nicht zustimmungsfähig, da es unglaublich schlecht gemacht ist. Das trifft auch im Zusammenhang mit der zugehörigen Verwaltungsverordnung zu.
Erstes Beispiel. Das Gesetz führt massenweise zu Ungerechtigkeiten. Entsprechend der Starrheit des von Ihnen gewählten Strafgebührmodells mit Studienguthaben, die sich aus fixen Regelstudienzeiten berechnen, brauchen Sie natürlich – oben einen starren Rahmen – unten eine Vielzahl von Regelungen, um die vielfältigen individuellen Lebenssituationen von Studierenden aufzufangen und diesen gerecht zu werden.
Doch statt dann einheitlich das Studienguthaben für kranke, behinderte, Kinder erziehende, pflegende, in Hochschulgremien engagierte oder auch berufstätige Studierende angemessen zu erhöhen, also den Rahmen auszuweiten, entwickeln Sie einen Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen, die eine Reihe von Ungerechtigkeiten produziert.
Kollegin Sorge hat schon einige zutreffende Beispiele aufgeführt, sodass ich es hier kurz machen kann. Aber allein § 6 Abs.1 Nr.1,eine kleine drei Zeilen lange Passage,führt drei Tatbestände auf, die unterschiedlich gewertet werden. Wenn ich als Studierende über der zugestandenen Guthabenzeit bin und ein Kind von drei Jahren habe, dann werde ich befreit. Ist das Kind vier Jahre alt – ich kann Ihnen als Mutter von zwei Vierjährigen sagen, dass es eine Anstrengung ist und nicht weniger aufhält –, gibt es keine Befreiung mehr. Ich komme aber auch nicht in das Teilzeitstudium hinein, weil die rückwirkende Anerkennung des Teilzeitstudiums nach dem Gesetzentwurf und der dazugehörenden Verordnung ausgeschlossen ist, obwohl meine beiden Vierjährigen als Dreijährige auch schon belastend waren und sicherlich mit zu den ersten elf Semestern geführt haben. Pustekuchen – keine rückwirkende Anerkennung.
Das trifft auch einen Großteil der bereits berufstätigen Studierenden, die immatrikuliert sind. Als in den Hochschulgremien Aktive muss ich mich jetzt beurlauben lassen. Man kann es nicht mehr so machen, wie ich es damals als Mitglied des alten Konvents gemacht habe, dass ich mich in der Hochschule engagiert und mit gebremstem Schaum weitergemacht habe. Das ist in dem Gesetzentwurf und in dem Verordnungsentwurf nicht mehr vorgesehen.Was ich Ihnen wirklich anheim stellen würde, noch einmal zu überdenken, das ist die Regelung zu behinderten und zu chronisch kranken Studierenden.
Die Regelung zu behinderten und kranken Studierenden – hier besteht kein Anspruch mehr auf Befreiung. Hier wird eine Härtefallregelung in das Ermessen der Hochschule gestellt. Ich glaube, das kann man wirklich nicht so lassen. Dass das Gesetz darüber hinaus die Mobilität von Studierenden im und vom Ausland behindert, weil nämlich die Zeit, der Countdown, das Abrechnen der Semester hier weiterläuft, während ich im Ausland Scheine absolviere, weil es keine Regelung für ausländische Studierende gibt, dass die Durchlässigkeit zwischen FH und Universität behindert wird, das sind weitere Gründe, die bei uns zur Ablehnung führen.
Liebe Kollegen, auf jeden Fall kann man feststellen – das entsetzt mich wirklich –, dass hier ein Paradigmenwechsel vorgenommen wird, weg von der Priorität für den Bildungsbereich, hin zu Bürokratieaufbau statt Verschlankung, und das in einem Umgangston – das sagen die Stellungnahmen deutlich, und das wird durch das Durchpeitschen dieses Gesetzentwurfes bewiesen –, der an einen Feudalherren erinnert.
Diesen ganzen Paradigmenwechsel hätte ich mir, den hätte sich meine Fraktion, ehrlich gesagt, nicht vorstellen können. Dass man in sechs Monaten das Ding so von den Füßen auf den Kopf stellen kann! Hier wird so viel Porzellan zerschlagen, dass das nicht eine „Aktion sichere Zukunft“ ist, sondern dass die Zukunft des Bildungsstandortes Hessen extrem gefährdet ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vorhin wurde angesprochen, dass im Sozialhaushalt angeblich ein Kahlschlag verursacht worden wäre. Wenn man sich aber die Zahlen anschaut – der Ministerpräsident hat es dankenswerterweise in die richtige Relation zu den Gesamtsparmaßnahmen gebracht –, auch wenn man es im Vergleich zum Sozialhaushalt insgesamt sieht, ohne die Kürzungen dort wären es immerhin 572 Millionen c, kann man sagen, dass es nur knapp über 5 % des Sozialhaushaltes sind, die gekürzt werden. Das heißt, knapp 95 % der Mittel stehen nach wir vor zur Verfügung. Da von Kahlschlag zu sprechen, ist reine Polemik.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum haben Sie 100 % Kürzungen, wenn es nur 5 % sind? – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Milchmädchen haben dagegen ein Matheexamen! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))
Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen,dass wir in diesem Land seit drei Jahren kein wirtschaftliches Wachstum mehr haben. Das hat seine Ursachen in der verfehlten Politik dieser Bundesregierung.
Das fing in der ersten Legislaturperiode dieser Bundesregierung mit solchen Dingen wie der Abschaffung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse oder der Verkomplizierung des Scheinselbstständigengesetzes, der Körperschaftsteuerreform, unter der wir noch heute alle leiden, an. Herr Schmitt – wo ist er denn? er ist gar nicht da – hat vorhin selbst eingeräumt, dass das ein Fehler dieser Regierung war.Nach der letzten Bundestagswahl am 22.September ging es weiter mit Steuererhöhungen, nachdem man vor der Wahl davon nichts gesagt hatte. Dann gab es am 20. November letzten Jahres das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz, de facto 48 Steuern erhöhende Maßnahmen, die nachhaltig zur Verunsicherung in der Wirtschaft und zur Verunsicherung von Entscheidungsträgern von mittleren und kleinen Unternehmen geführt haben,
die den Schwerpunkt unserer Wirtschaft bilden und die Masse der Arbeitsplätze stellen. Insoweit meine ich, dass das Chaos, das die Bundesregierung, insbesondere der Bundesfinanzminister, angerichtet hat, das zu den katastrophalen Verhältnissen unserer Wirtschaft geführt hat, bei der Bevölkerung zu Recht als desaströs angesehen wird.
Es geht mittlerweile schon so weit, dass Sie feststellen, wenn Sie die Zeitung aufschlagen, dass das schlechte Image dieses Bundesfinanzministers Werbezwecken dient.Wenn Sie sich diese Zeitungsanzeige anschauen,
dann sehen Sie, unter der Überschrift „Brauchen Sie eine Auszeit?“ kommt:„Eichel,nein danke“.Sie sehen,mit negativen Meldungen über Herrn Eichel können Sie mittlerweile sogar Werbung machen. So katastrophal ist das Image dieser Bundesregierung und dieses Finanzministers.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), einen anderen Zeitungsausschnitt hochhaltend: Ich habe hier zufällig gerade etwas anderes!)
Der Dank gebührt dagegen Finanzminister Weimar, der Dank gebührt Ministerpräsident Koch, dass sie mit der „Operation sichere Zukunft“ die Verhältnisse in Hessen nachhaltig verbessern,
(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!)
dass sie die Verbesserung in der Politik eingeleitet haben. Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande – das zeigen die Umfragen – haben das ebenfalls erkannt und danken der Landesregierung für diese mutigen Entscheidungen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD und des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ich finde es hingegen außerordentlich passend, dass insbesondere die SPD von „düsterer Zukunft“ redet.
Denn mit der SPD verbinden die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land wirklich eine düstere Zukunft.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Nicola Beer (FDP) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war der Textbaustein vom Februar!)
Danke, Herr Caspar. – Meine Damen und Herren, ich habe vorsorglich den Gong eingesetzt, weil wir jetzt zum Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 3 und zu Tagesordnungspunkt 5 gekommen sind. Ich stelle fest, dass die erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung für ein Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2004 (Haushaltsgesetz 2004) , Drucks. 16/834, stattfand. – Es liegt eine Wortmeldung des Herrn Geschäftsführers Kaufmann vor. Bitte sehr.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie es nach einer ersten Lesung üblich ist,werden die Gesetzesvorhaben in die Ausschüsse zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen. Durch die Debatte heute haben wir sehr deutlich erfahren,dass in dem Gesetzentwurf – dies wurde durch den Änderungsantrag der CDU von gestern zu dem Gesetzentwurf umso deutlicher –, der sich mit dem Namen „Zukunftssicherungsgesetz“ vorgestellt hat, eine Vielfalt von Rechtsmaterien und -komplexen zusammengefasst ist.
Um dies ordnungsgemäß abwickeln zu können, beantragen wir, das Zukunftssicherungsgesetz – so hat es die Landesregierung genannt –, an verschiedene Ausschüsse zur Vorbereitung der zweiten Lesung und insbesondere zur Durchführung entsprechend sachgemäßer Anhörungen zu überweisen: beteiligt an den Innenausschuss – das bezieht sich insbesondere auf Art. 1, 2, 3, 4 und 10 –, an den Rechtsausschuss – insbesondere wegen der Art. 5 und 11 –, an den Sozialpolitischen Ausschuss – wegen der beiden neu im Änderungsantrag befindlichen Artikel, Art. 3 neu, Stichwort: Hessisches Gleichstellungsgesetz, und Art. 16 neu, Stichwort: Hessisches Blindengeldgesetz –, an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst – bezüglich der Art. 12 und 13, die wir zuletzt diskutiert haben –, an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz bezüglich des Art. 15, Änderung des Forstgesetzes; den Gesamtkomplex federführend an den Haushaltsausschuss zusammen mit dem Gesetzentwurf für ein Finanzausgleichsänderungsgesetz und mit dem Gesetzentwurf über den Haushaltsplan. So weit unser Antrag.
Ich denke,weitere Worte zur Begründung sind nicht nötig. Alle, die die Debatte verfolgt haben, sehen, dass es eine sehr komplexe Materie ist. Das, was erkennbar vorgesehen ist, nämlich alles in den Haushaltsausschuss hineinzuschieben und zu sagen, er solle alle notwendigen Anhörungen durchführen – meine sehr verehrten Damen und Herren, ich spreche insbesondere in Richtung Regierungsfraktion –, wäre keine ordnungsgemäße Behandlung.
Denn es kommt bei einer Anhörung nicht nur darauf an, dass diejenigen, die etwas zu sagen haben, gehört werden, sondern auch darauf, dass diejenigen, die fachlich mit der jeweiligen Materie umgehen und innerhalb unserer Verteilung auch dafür zuständig sind, im Landtag die entspre
chenden Fragen stellen und die Themen diskutiert können, damit mögliche Fehler – wir meinen, schon reichlich Fehler erkannt zu haben; das hat die Diskussion ergeben – und Probleme im Gesetzgebungsverfahren entdeckt und gegebenenfalls bereinigt werden, damit wir nicht hinterher ein Desaster erleben. Deswegen macht eine solche Beratung einen Sinn. Alles andere wäre, von Rechtsfragen, die ich jetzt nicht diskutieren will, völlig abgesehen, auch in der Sache völlig unangemessen. Insoweit bitte ich die Mehrheitsfraktion,sich doch noch einmal Gedanken darüber zu machen, ob das, was gestern Abend im Haushaltsausschuss angekündigt wurde, nicht vielleicht doch die schlechtere Lösung ist und ob Sie unserem Überweisungsantrag folgen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden Ihrem Geschäftsordnungsantrag nicht folgen.
(Michael Siebel (SPD): Das ist eine sachferne Beratung, die Sie durchsetzen wollen! Das werden wir so nicht akzeptieren! – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben gesehen,dass es sich im Detail zum Teil um sehr kleine Regelungen handelt, die im Haushaltsausschuss mit behandelt werden können. Deswegen sind wir für dieses Verfahren.– Herr Kollege Siebel,weil Sie am lautesten dazwischen rufen: